artig
Artigkeit
Ārtig, a. (~keit, f.; –en): 1) arthaft (ſ. d. u.
I. Art). Dazu auch: Ein frei-a–er Acker, über deſſen
Beſtellung und Feldarten der Beſitzer frei ſchalten kann.
— 2) was eine Art hat, — ſelten außer in Zſſtzg.,
z. B.: Ein aal-a–er, der aal-a–ſte Höfling; Das berg-a.
terraſſenweis unterbrochene Land. G. 19, 395; Menſchen,
die berg-a. waren. 18, 36; Einer elaſtiſchen Flüſſigkeit, ſie
ſei nun luft-, dunſt- oder feucht-a. Sch. 2, 176 und ſo ins
Unendliche (vgl. -ähnlich, -haft). — Doch z. B. auch:
Eine ſolche abgeleitete Tugend wird ein Gleichnis, ein Bild,
ein A–es genannt. G. 39, 76 [was die Art des Urſprüng-
lichen hat, vgl. 152; 173: Als Wirkung, Gleichnis,
Gleich-a–es]. — 3) der guten Lebensart gemäß und,
da dieſe in Feinheit und Gewandtheit des Benehmens,
in Schliff und Politur, kurz in Außerlichkeiten ſich
kundgiebt, ſo bezieht ſich a. und der Ggſtz. un-a. nach
heutigem Gebrauch (ſ. Anm.) nicht auf die innre Art
und Natur, auf das Weſen des Ggſt., ſondern auf das
Außre. So geht — was vielleicht im erſten Augenblick
gegen das Geſagte zu ſprechen ſcheint, — a., un-a. von
Kindern als Bez. des Wohl- oder Ubelverhaltens, des
geſitteten oder ungeſitteten Betragens, doch nur auf das
Benehmen, als äußre Kundgebung der Zucht (vgl.
ſinnverwdt.: Wohl-, ungezogne Kinder), nicht auf die
innre Art und Weſenheit. So werden ruhige Kinder
oft a. genannt, ohne daß ſie beſſer wären als die wil-
den und unartigen: Er iſt ein guter Junge, aber oft un-a.;
ſein Bruder iſt a–er, aber nicht ſo gut. Wird a. in Bezug
auf die Sitten Erwachsner gebraucht, ſo bez. es eben-
falls das äußre Wohlverhalten, beſ. das Feine, Zier-
liche, Gewandte des Benehmens, das Galante: Ein
galanter Herr iſt a., zuweilen auch über-a. und zudringlich
und dadurch un-a.; Einer Dame A–keiten [Komplimente]
ſagen. G. 21, 218 u. o. — Ferner gilt a. (aber nicht
un-a.) von Perſ. und Sachen als Bez. des durch äußre
Nettigkeit, Niedlichkeit, Zierlichkeit einen wohlgefälligen
Eindruck Machenden (ſinnverwdt.: hübſch): Da er aus-
bleibt, war das wenigſtens nicht a. [höflich], daß er zu kom-
men verſprach. B. 301 a; Ei, a–e [hübſches] Spielding!
Chamiſſo 3, 303; Schönheiten und a–e [hübſche] Mädchen.
Forſter B. 1, 447; Daß die Schönheit der Dichter .. in der
Miſchung der Dialekte, in hundert A–keiten [feinen Kleinig-
keiten] beſteht. A. 1, 83; Ein a–es [nettes] Haus. G. 13,
229; An einem a. beſetzten Tiſch. 14, 10; Sehr a–e fran-
zöſiſche Verſe. 165; Sie ſind ein junger, a–er [feiner, ga-
lanter], hübſcher Mann. 171; Daß ich mit Friederiken zu
a. [freundlich, ſchön] gethan. 36; Eines Frauenzimmers,
die ſich am a–ſten gegen mich erwieſen. 22, 8; Daß Tugend
lächerlich und Laſter a. [zum feinen Ton gehörend] wird.
Haler 121; Mit der a–ſten [höflichſten] Art zur Thüre
herausſtoßen. L. 2, 411; Groß willſt du und auch a. ſein? |
Marull, was a. iſt, iſt klein. 1, 2; Daß das Große, das
Schreckliche, das Melancholiſche beſſer auf uns wirkt, als das
A–e, das Zärtliche. 6, 41 ꝛc. — 4) (ſ. 3) wie hübſch,
nett ꝛc., oft im Gegenſinn, ſinnverwdt.: tüchtig, ge-
waltig, ſehr ꝛc.: So geb’ ich denn euren zwei tüchtigen
Backen | zur Kurzweil drei a–e Nüſſe zu knacken. B. 66 a;
Daß wir a. gepflückt worden ſind [tüchtig haben bezahlen
müſſen]. Forſter B. 1, 155; So mag es manchmal a. über
mich hergegangen ſein. L. 12, 459 ꝛc.
Anm. Zu 3: gegen den heutigen Gebrauch zur Bez. des
innern Weſens: Un-a–e [böſe] Väter haben gewöhnlich un-
geſchlachte Kinder. Schaidenraißer 14 a und mit Uml. (z. B.
auch H. Sachs 1, 511 ꝛc.): Von dem unärtigen Niemands.
39 a [Odyſſ. 9, 460] ꝛc.
Zſſtzg: 1) [2] mit allen konkret zu faſſenden
Hauptw.: Affen-a; Die Affenartigkett des Negers ꝛc. —
2) in beſonderm Sinn mit einzelnen Hauptw.: Der
Deutſche begab ſich bei den Franzoſen in die Schule, um
lebens-a. zu werden [Lebensart zu gewinnen]. G. 21,
53. — Die mund-a–e Haltung der Volksſchrift. Auerbach
SchV. 244; vgl. Mundartlich ꝛc. — 3) mit Ew.,
Fürw., Zahlw., vgl. II. Arten 4, z. B.: Durch an-
ders-a–e [Ggſtz.: eigen–a.] ſittliche, rechtliche und ſtaat-
liche Begriffe das Deutſchthum verunſtalten. Jahn M. 206.
— Dazu ſind ihm verliehn die beider-art’gen Zähne, | die
einen von dem Lamm, die andern der Hyäne. Rückert OV. 4,
161. — Ein bösartiges Fieber. L. 11, 448; Die Un-
klugen ſowohl als die Bös-a–en. G. 10, 179; Die Unarten
(ſ. unter 4), ja manchmal die Bös-a–keiten meiner Geſellen.
20, 34 ꝛc. — Von etwas Der-a–em kann bei Leſſing nicht
die Rede ſein. Danzel 4 ꝛc., vgl. als adv.: Derart. — Die
liebe deutſch-a–e alte Felſenſchrift. Klopſtock 12, 406. —
Der Daktylus, welcher eigen-a. [eigenthümlich] wirkt.
Eckermann G. 2, 108; Nach trefflicher, eigen-a–er Beſtimmung.
G. 27, 242; Auf beſondere preußiſche Eigen-a–keiten erpicht.
Droyſen Y. 274; Eine der Eigen-a–keit des Stoffes ſo ganz und
gar entſprechende Form. Freiligrath H. X. — Sein Philoktet,
Ajax ꝛc. nähern ſich dem Ein-a–en ihres Urſprungs, dem dra-
matiſchen Bilde mitten im Chor. H. 13, 243; Die Behauptung
der Ein-a–keit des Menſchengeſchlechtes [der Abſtammung von
einem Stammpaar]. Vogt Köhl. 38. — Jm fremd-a–en
Volk. V. Od. 8, 211; Die abſtoßende Fremd-a–ket dieſer
Natur. Sch. G. 2, 84 ꝛc. — Sage ich gleich-a. [homogen],
ſo heißt Das [im Gegentheil] immer noch zuſammengeſetzt.
G. 38, 89; Dieſe Gleich-a–keit nehmen wir in der ganzen
Maſſe wahr. FSchlegel Gr. 156; Ungleich-a–e Maſſe ꝛc.,
und in Bezug auf mehrere verglichne Ggſt.: Seinen
gleich-a. [ihm gleich] ſtrebenden Zeitgenoſſen. Burmeiſter gB.
2, 97; Dem gleich-a–en Kinde des Pfarrherrn. V. Luiſ. 3,
2, 435; Kein | ungleich-a–es Kind ſchimpft die Gebärerin.
Ramler 193; Das ungleich-a–ſte Geſchöpf mit Amorn. W.
10, 122. — Nach groß-a–en Thaten. Platen 2, 276;
Groß-a–keit des Unternehmens; Noch viel mehr Groß-a–keiten
[großartige Dinge]. Rahel 1, 468. — Das gut-a–ſte
Geſchöpf (ſ. Bös-a.); Allgehorſam und Fraubaſen-Gut-
artigkeit. Heinſe A. 1, 90. — Hundert-a–e deiner Kinder.
H. 15, 160. — Durch tauſendart’ge Gaben. W. 11, 176.
— Mit den verſchieden-a–ſten Leuten zu verkehren. Im-
mermann M. 3, 256. — Das nahe Murgthal mit ſeiner
viel-a–en Betriebſamkeit. Enſe Denkw. 1, 6; 177; Viel-a.
an Kraft und Verſtand, doch desſelbigen Vaters | Kindlein
alle. V. 1, 26; Die Vielſeitigkeit und Viel-a–keit des deut-
ſchen Volks. Arndt Ber. 316; Eine viel-, zwei-, drei-,
vier-a–e Gattung ꝛc. — 4) mit Vorſ., welchen Zſſtzg.
ſtatt der Fortbildungen auf –keit im Allg. die Zſſtzg.
von Art (ſ. d.) entſprechen, z. B.: Ab-a–e Bienen, die
nicht mehr ſo gut ſind, wie früher. Krünitz 1, 30; Die
über die ab-a–e Bildung des Engels ſo ſcheu ward. Thüm-
mel 3, 30. — Aus an-a–em [angeartetem] Muthwillen.
SClara Jud. 1, 59. — O ſchwarzfarbes Dunkel der Nacht, |
was ſendeſt du den miß-a–en Traum mir? V. Ar. 3, 194.
— Un-a. [3]: Un-a–e Kinder; Fuhr er den Beſuch ein
wenig un-a. an. Engel 12, 24; Seit mir meine Vorſicht
einen ſo un-a–en Streich geſpielt. G. 14, 53 ꝛc., und vgl.:
Man lobt die Artigkeit und tadelt die Unart eines Kindes;
Einer Dame Artigkeiten, der andern Unarten ſagen; Die Un-
arten, ja manchmal die Bösartig keiten meiner Geſellen.
G. 20, 34; doch hört man zuw. Un-a–keit. — Wi-
der~a–e Wörter wären’s, welche die franzöſiſche Sprache aus
der deutſchen nähme. Klopſtock Spr. 2, 11, Nicht das Fremde
verwerfen ſie, nur das wider-a–e Fremde. Kolbe Sprachreinh.
107 ꝛc.
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