Arm
Stimme
I. Arm, m., –(e)s; –e; Ärmchen, (e)lein; -:
1) der Theil des menschlichen Körpers von der Schulter bis an die Hand (anatomisch: bis zum Ellbogen = Ober-A., v. da ab bis z. Hand: Vorder-, Unter-A.), oft im Ggstz. zu Bein: A. und Bein [Hand und Fuß] haben. Fr. 1, 57; Einem Arm und Bein entzweischlagen. 10, 126; Zittern mir Arm und Bein. 176 etc. —
Stimme, die, möcht’ ich sagen, wie ein A. so stark aus ihrer Kehle strömt. Heinse A. 2, 248. — 5) auch von Thieren, zunächst die Vorderfüße aufrechtgehnder oder ihre Beute springend damit packender Thiere, bei Luther auch von Schaf und Ochsen (5. Mos. 18, 2); bei Pferden der Vorderschenkel v. der Schulter bis z. Knie, auch Vor-A. (Kegel); bei Vögeln der dem Rumpf nächste Knochen am Flügel, auch Hinter-A.; bei Krebsen die Vorderfüße, woran die Scheeren; auch die fußförmigen Ansätze am Hinterleib; bei vielen Weichthieren die ihnen zum Fang dienenden dicken Fäden am Körper, Fang-A–e etc.: a) Den A. heben, er-, aufheben; nach Etwas (aus-) strecken; Die A–e in die Seite stemmen, kreuzen, unterschlagen, verschränken; Den A. steif halten, krumm machen, krümmen, biegen; Einer Dame, um sie zu führen, den A. bieten, reichen, geben; Die A–e [Ellbogen, s. d.] frei haben, vgl. f. Die A–e um Jemand schlingen, schlagen. —
b) Eine Dame am A. führen; An Jemandes A. eintreten. 11, 159; Den Schild am A. 112 etc. — An meiner Schwester A–en, | an meines Freundes Brust. 13, 75 etc. vgl.: In euren A–en. 34, 18. —
c) Ein Kind auf dem A. haben, halten, tragen; es auf den A. nehmen; An ihrer Brust, auf ihrem A. | hat sie ihn eingesungen. Pol. 1, 74. —
d) Sich aus Jemandes (z. B. auch: des Schlafs, s. 2) A–en (los)reißen, winden; Jemand Einem aus den A–en locken. 13, 21 etc. —
e) Ein Kind in den A–en, im A. tragen, halten, haben, wiegen; Einem im A., in den A–en liegen, ruhen, sich schmiegen; Einen in die A–e, in (den) A. nehmen, schließen; Einem in die A–e fallen; Sich (einander) in die A–e fallen, schließen, schlingen; Sich Einem in die A–e werfen, auch bildl.: sich ihm übergeben, überlassen, z. B.: Dem Schlaf, der Wollust etc.: In deinem Arm, an deiner Brust. Garb. 75; Der hatt’ ein armes Mädel jung | gar oft in A. genommen. 1, 144; Ich nahm ihn in [unter den, s. h.] A. und ging mit ihm auf und nieder. A. 1, 84; 15 etc. — Nam. auch: A. in A. mit Jemand gehn, eig.: so, daß die gebognen Arme in einander verschlungen sind und man sich gegenseitig stützt, übertr.: innige, liebevolle Verbindung bezeichnend (vgl. Hand in Hand): A. in A. mit Dir, | so fordr’ ich mein Jahrhundert in die Schranken. 254a (ungewöhnl.: A. in A–e, 756b). — Auch subst.: Noch so ein Arm-in-Arm! [vertraut zusammen gehendes Paar]. 7, 254. —
f) Etwas mit steifem A. aufheben; Einen mit A–en fassen. 13, 49; 312; Mit offnen A–en [mit größter Freude und Bereitwilligkeit] aufnehmen. 25. Ahnlich: Offnen A–s. 2b; Fahre ich nun mit froherem Muth und freieren A–en [Ellbogen, ungehinderter] in meiner Erzählung fort. 19, 172 etc. —
g) Über den A. arbeiten (bergm.), mit der Rechten über den Arm weg, vgl.: Zur Hand arbeiten. —
h) Etwas unterm A. haben, halten; Einen unter den A. nehmen, fassen; Mit Gewandtheit faßte der Arzt Egon unter m A. R. 5, 29; Einem [seltner: Einen, R. 1, 17] unter die A–e greifen, ihm helfen, z. B. auch (s. 2): Dem blinden Zufall unter die A–e greifen. Rev. 1, 140 etc. — 2) Auch allegorischen — zunächst in menschlicher Gestalt gedachten — Wesen werden A–e beigelegt (s. 1): Als die Todesangst mit eis’gem A. mich faßte. Arr. 7; Wer hat des Verstandes A. gemessen | und wer bestimmt, wie weit er reichen kann? 1, 8; Den du aus den A–en der Verzweiflung rettest. 13, 239; Im sanften Arm des Glücks gewiegt. 264; Dem ehernen Geschick sie aus den A–en zu tragen. 23; Ihn hält die Ewigkeit mit starken Armen fest. 167; Vom weichen Arm der Einsamkeit umschlungen. 271; Ruht er zärtlich in der Schönheit A. 321; Mit Riesen-Armen reißt die Zeit das Neue hervor. 1, 342; Mich weckt .. mit rauhem A. die Gegenwart. 48b; In deinen A–en .., Natur. 77a; Dem A. der Justiz zu entlaufen. 104a; Dem verwüsterischen A. der Barbarei. 1, 263 u. ä. m. — Ferner, wo — vgl. 1 und 6 — überall der A. als ausgestreckt, weitreichend, oder als umfassend, ergreifend, haltend gilt: Das Wasser habe mit verliebten Armen nach der schönen Aue gegriffen. 8, 5: Ocean, der mit ausgespannten A–en unser wartet. 2, 44; Welke Blumen sinken traurig | in der Fluthen A. hinab. G. 49; Wie nicht der Erdleib schwankt, | weil ihn der A. umflicht | der Luft. Rost. 90a; Das Feuer würde seine vernichtenden Flammen- A–e über den ganzen Flecken geschlagen haben. Nem. 1, 212; Der Mondschein breitet seine weichen, schlaftrunkenen A–e um deine [der Knospe] Hülle. A. 2, 23 etc. — 3) A. als Symbol thätig wirkender Kraft. So bibl.: Gottes gewaltiger, starker, mächtiger, ausge(st)reckter A. etc.; Der Herr wird seinen Arm [Macht] an den Chaldäern beweisen. 48, 14; Und ich habe nicht A–e, nicht Mark, wie ihr [Männer]. 9, 222; Daß wir noch A. und Muth genug haben, uns zu vertheidigen. 10, 10; Wie verkürzen sie 6* in Wien ihm nicht den Arm, | beschneiden ... ihm die Flügel! 332a u. o.; Einen mit Mund und A. [mit Hand und Mund, = mit That und Wort] vertreten. 186a etc. — Nam. auch zur Bez. der Arbeitskraft: Ihr habt ja zwei gesunde A–e; Arbeit giebt’s immer. W. 4, 127; Pol. 2, 72 etc. — Dann auch als Theil fürs Ganze = Held, Arbeiter etc.: Gott laß ihn mitleidige Herzen und tapfre A–e in England finden, um den verfluchten A. [Tyrannen] zu zerbrechen, der schwer auf unserm armen Vaterland liegt. 306a; Jrland hat selbst müßige A–e [Arbeitskräfte] genug. I. 1, 254; Er ist der A. des Jünglings in der Schlacht, | des Greises leuchtend Aug’ in der Versammlung. 13, 57; Der beste Mann im Land, der bravste A. 539a u. o. — Nam. auch: Jemands rechter A. [rechte Hand], zur Bez. einer Person, ohne die er Nichts vermag. 16, 191; 17, 161 etc. — 4) zur Bez. eines Maßes s. Arm-dick, -lang, -voll etc., auch: Die
Vögel. .., regt Ärmelein und Beine. Ab. 251; Panther-A–e. 2, 38; Der Bär ist in vordern Schenkeln oder A–en sehr stark. Th. 90; Polypen-A–e. 101b; Zwischen den beiden A–en einer Fangscheere. Oc. 2, 4; Fang-A–e. 24; Kneif-A–e. 10; Kneip-A–e. 87; Die Hummer-A–e. Ov. 2, 173 etc. — 6) überh. ein sich seitlich abzweigender, armartig hervorstreckender Theil (vgl. 2), z. B.: a. Ast (s. d.), Zweig einer Pflanze etc.: Brotbaum neigest hier die vollen A–e nieder. D. 181; A–e seines Gezweigs. 21, 29; Die Palme hebt ihre Fächer-A. W. 2, 99; Ihre gewaltigen Wurzel-A–e um das Gestein geschlungen. Hühn. 20 u. o. — b) ein von einem Gewässer sich abzweigender Theil etc.: Ein A. des Flusses. R. 1, 212; Auf diesem A. der See. 124; See-A. 136; Meeres-A. 239; Ein Bach-A. A. 3, 277; Den Mühlenbach-A. R. 2, 82; Seiten-A. des Flusses. gH. 3, 1; Nachdem beide Nil-A–e sich vereinigt. Gsch. 12; Rhein-A. 3, 421 etc. — Ähnlich auch: Ein nachstürzender A. des Schneestroms [der Lawine]. A. 1, 269; Neben-A–e einer Lawine. 3, 49 etc. — c) sich lang und schmal hinstreckende (Seiten-) Theile etc.: Nach zwei Meeren streckt der Berg seine A–e [„Schatten-A–e“ 45] aus. 1, 43; Klippen strecken ihre starren A–e hervor. 8, 94; Diejenigen Land-A–e, Fühlhörner gleichsam, mit denen Großbritanien am meisten nach Irland hin vorgreift. E. 1, 257 etc. — A–e eines halbrunden Vorhofs. 23, 304; Zwei parallele Mauer-A–e bilden eine Thorgasse. gR. 210 etc. — A–e [Flügel] eines Heers; Solang in dieses Hafens A–e Segel wallen. 68 etc.; A. eines Wegweisers. V. 139; Gleich dem A–e von Holz, der Andern zeiget die Straße. 1, 80; Was wollt ihr Kneipen all von mir? | Winkt nicht mit eurem langen A. 16 etc.; A–e eines Kreuzes. J. 2, 214; eines Krans. E. 2, 281; Ärmchen eines Quirls. komm Sag. 1, 67; A–e eines Kronleuchters; Glas-A–e mit Wachslichtern. H. 26; A–e eines Lehnstuhls; des Throns. 5, 100 etc. — A–e des Ankers, die sich in die Hände (s. d. = Flügel) endigenden Hälften des eisernen Schafts; eines Knies, die beiden winkelbildenden Zacken eines Krummholzes; der Säge, die Hölzer, zwischen denen das Sägeblatt befestigt ist; einer Scheere, die Theile, wobei man sie schneidend fasst; eines Wagens, zwei Stücke Holz am Vdrderwagen, das dicke Ende der Deichsel umfassend, der Scheere des Hinterwagens entsprechend; der Wasserräder, Speichen u. a. m. Nam. aber bei jedem Hebel die Entfernung des Angriffspunkts einer Kraft vom Drehpunkt etc., so: A. der Wage etc. — Ferner in den Stampfmühlen die die Stampfen aufhebenden Hölzer in der Welle (s. Daumen); Hebe-, Zieh-A. — Dazu viele Zsstzg., z. B.: Balgen-A. (Hüttenw.), die vor den Balgenbrettern vorragenden Hölzer; Beutel-A. (Mühle), das den Beutel schütternde Holz; Glocken-A., der Hebel-A., woran der die Glocke bewegende Strick hängt; Hebe(l)-A. (s. o.); Pumpen-A., Schwengel; Schlägel-A., in Olmühlen der den Preßkeil treibende Baum an der Schlägelwelle etc. — d) die sich entsprechenden Reimsätze in ihrer mannigfaltigen Verschlingung heißen A–e des Reims. — 7) veralt.: Ärmel. Limp. 40.
Anm. Ärme z. B. Gd. (1757) 87; R. 1, 38; Leb. 3, 37; hohe Br. 1, 265; 6, 410; W. 3, 55 etc.; Armen, nam. bei Schlesiern, z. B. 151; 199 etc.; 2, 83; Leich. 144; 1, 36; 43 etc., doch auch 94; 182; 202 etc.; Weim. 442. — Aus A.-voll wird schwzr. Arfel m. der Fortbildung: Umarfeln = umarmen etc. — Goth. arms etc., vgl. lat. armus. Vorderbug der Thiere, gr. ἁρμὸς, Fuge, v. ἄρω, füge. Vielleicht gehört auch lat. ramus (Ast) hierher. S. II Anm. Zsstz. s. v.; ferner z. B.: Ammen-, Vater-, Mutter-, Riesen-, Rächer-, Retter-A.; ferner: Lilien-, Schwanen-A., nach der Weiße etc. Man beachte nam. die Zsstzg., um ein Wesen, eine Person nach der Beschaffenheit des Armes zu bez., vgl. Armig: Bin zum verkrüppelten Ein-A. geworden. 8, 144; Riefest den Hundert-A. 190b [,,den hundertarmigen Riesen“ Il. 1, 402] etc. — Vorwärts, du wackrer Eisen-A.! [Mann, mit dem Arm stark wie Eisen]. Rod. 180; Kurz- A.; Lang- A. [z.B. auch ein Affe mit langen Armen, Gibbon); Die Göttin Schwanen-A. 166b etc.
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