Faksimile 0777 | Seite 1599
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widrig Widrigen widrigens
Wīdrig, a.:
zuwider (s. d.) seind (vgl. widerlich), z. B. ineinandergreifend:
1) konträr, entgegenstehnd, entgegengesetzt etc., z. B.:
a) Ein w–er Wind, nam. (vgl.
2) in Bezug auf Schiffahrt (Cham. 4, 240; Forster R. 1, 8; Platen 4, 337; Sch. 852a etc.), aber auch: Nicht fern von ihm begann eine Glocke zu läuten, nur leise durch den w–en Wind. Heyse N. 1, 129 etc. b) (vgl. a und 2) Mein w–es [feindliches] Schicksal. W. 1, 74; In den heftigsten Stürmen des w–en Glücks. Luc. 6, 159 etc., auch: Beistand gegen einen so unverhofften w–den Zufall. W. 14, 78; 11, 213 etc. Dazu: Die W–keiten, w–e Ereignisse, Begebenheiten, z. B. Ense T. 1, 271; 5, 24; Guhrauer Less. 2, 235; Fasse Muth nach langen W–keiten. JESchlegel 1, 451. c) Ein männlich Herz, das, wenn es einen kühnen Vorsatz hegt, vor jeder andern Stimme w. [sich abwendend, sich ihr widersetzend etc.] sich verschließt. G. 34, 197 etc.; So wohnt ein herrschend Gesetz in unserer Seele, | das, befolget, uns Glück, w. [im entgegengesetzten Fall; wenn man dawider handelt] die Strafe gebeut. Knebel 1, 27 (Matthisson A. 8, 33), vgl.: Im W–en (Zinkgräf 1, 87); w–ens (Olearius B. 100a), im entgegengesetzten Fall; sonst etc. d) Eine Hitze und Heftigkeit, die alle Kräfte seiner Natur durch einander arbeitete, brachte die w–sten [entgegengesetztesten] Wirkungen hervor und ließ ihm zuletzt nur eine Ermattung übrig etc. G. 14, 114; Der Sonne w–e [„,streitende“. Ramler F. 1, 166] Bekenner. Lichtwer 48, von denen der eine immer —, der andre nie in die Sonne sah. e) als Ggstz. zu gemäß (s. d. I), zumeist verschmelzend mit Bstw., vgl.: Daß ich gegen alles [Ordnungs-?] W–e protestiere. W. 13, 159 etc. und z. B.: Anstands-w. Schwegler (46) 887; Wie befehls- w. er sich .. gezeigt. G. 16, 190; Solche Befehls-W–kei- ten; Bundes-w. Demokr. Stud. 432; Die Censur- W–keit dieser Gedichte. Freiligrath SW. 6, 170; 171 etc.; Der Haut die Eigenschaft der Fäulnis-W–keit .. zu ertheilen [gärbend]. Knapp Techn. 2, 519; Ließ er sich zu einem Entschluß verleiten, der in seinem Sinne als eine Folge-W–keit erschien. AGodin Kat. 216, Jnkonsequenz; Eine form-w–ere Vollmacht ließ schwer sich denken. Mommsen 3, 337; Keine Behauptung ist geschichts- w–er. Meiners 1, 33; Sie fand den Ausspruch der Richter ungerecht und geschmack-w. W. 21, 13; Rom’s Kirchen sind .. von der trostlosesten Geschmacks-W–keit. Stahr Jt. 2, 265; Gesetz-w–e Steuern eingetrieben. Sch. 842a; 796a; 1011b; W. 17, 27; 24, 139 etc.; Mit einiger Methode kommt man dem Gesetz dieser G-W–keit [abnormer Zustand] schon um Vieles näher. G. 37, 48 etc.; Grundgesetz-w–e und gewaltsame Mittel. W. 30, 414; Durch Gesundheits-W–keiten .. die Kraftkeime der menschlichen Natur vernichtet. Gartenl. 9, 279a; Widerchristlich und gottes-w. Luther SW. 26, 24; Der Anwalt ist für alle Konstitutions-W–keiten verantwortlich. Trotsche 1, 298; Dessen kriegsartikel-w–e Widersetzlichkeit. Spindler V. 3, 270; Diese kunst-w–en Gespenste [der ind. Mythologie]. G. 22, 109; Die rechts- und mo- ral-w–e Stellung England’s. Nat.–Z. 17, 471; Natur- w–e, empörende Laster. Sch. 1052a; 1121a; Sein ordnungs-w–es Verfahren. Höfer V. 11; Pflicht-w–e Handlungen; Polizei-w., z. B. auch scherzh.: Sie ist polizei-w. häßlich (s. erlauben 1c); Dein Versprechen ist rechts-w., mithin rechtsunkräftig. Fichte 6, 104; Regel- w–e Verse; Stampfte respekt-w. auf den Boden. Klinger Giaf. 105; Den satzungs-w. gewählten Vorort. Nat.–Z. 18, 37; Vernunft- und schrift-w. H. R. 9, 341, der (heiligen) Schrift zuwider; Sinn-w. Herrig 16, 101: Die sitten-w–e Anstalt. Jahn M. 108; Sprach-w. 16; Platen 2, 292; Das Recht der Krone verfassungs- w. beschränken. Volksz. 13, 29; Die verhältnis-w–e [unverhältnismäßige] Kälte. Forster R. 1, 72; W. 21, 92; Daß der Erzähler sie ganz wahrheits-w. angegeben. 33, 64; Eine leibhafte Zeit-W–keit [Anachronismus] auf die moderne Staatsbühne gestellt. Scherr Bl. 1, 18 etc.; Eine so zweck-w–e Kopfbedeckung. Kohl J. 1, 93; G. 21, 198; W. 30, 143; Eine Zweckmäßigkeit . ., die eine Zweck- W–keit voraussetzt. Sch. 1135a etc. 2) Widerwillen erregend, unangenehm, fatal etc. (s. nam. ekelhaft 1. H.): W–e Zärtlichkeiten. Arnim 357; Dem Geschmack ist das Strenge und das Schale .. w. Engel 4, 274; Was den w–en Eindruck .. noch w–er macht. 8, 265; Des Menschen w. Gesicht. G. 11, 151; 44; 16, 290; W. greinend. Heine Rom. 265; Statt des w–en Ausdrucks „Sternschnuppe“. Humboldt K. 1, 393; Kant SchE. 16; L. 4, 118; Warum | mit w–em Bericht fruchtlos die Zeit verlieren? Sch. 29b; Wär’ ich wider die Katzen naturet und wären mir sehr w. Schweinichen 1, 230; V. H. 2, 322; Uns erst gleichgültig, dann langweilig, endlich w. und unerträglich werden. W. 23, 97; 24, 101 etc. Dazu: Eine plattgedrückte Nase und eine geschwollene Oberlippe gaben seinem Anblick eine W–keit, welche alle Weiber von ihm zurückscheuchte. Sch. 706b etc.; [Das] ließ seine hochmüthige Herrschaft in ihrer ganzen W–keit sehen. 807a etc.
3) (s. 2) verhasst: Was ihn Euch w. macht, macht mir ihn werth. 408a; Eh du jene Mißheirath vollzogen | mit dem verhaßten w–en Geschlechte. FSchlegel Al. 21; Welcher des Abts Freund, war dem Vogt von Ramschach widerig; welcher dem Vogt angenehm, war beim Abt verhasst. Stumpf 369b; Dem Bund zu Schwaben bes. w. war die Freundschaft .., so die Eidgenossen mit dem König von Frankreich hielten. 744a etc.
4) (ugw., vgl. 2) Die Volks-W–keiten [Mißstimmungen des Volks] dauern hier noch fort; daß man die Fenster beim Könige eingeworfen. Ense T. 1, 1 etc.
~en: s. widern 1c; erwidern 1e. ~enS, adv.:
s. widrig 1c.