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ubel Ubelkeit ubeln
Ūbel: I. a.:
(goth. ubils, ahd. ubil, mhd. übel): „nicht gut, insoweit eine widrige Empfindung damit verbunden ist“. Mendelssohn (s. arg 2) und so nam. auch adverbiell als Ggstz zu wohl (s. d.). Für das so ungemein häufige Wort bedarf es im Allgem. kaum der Belege (s. 6); insofern die Bed. näher best. oder nüancirt ist durch damit verbundne Wörter, s. d., und so erwähnen wir denn nur:
1) Wohl oder ü. sehr häufig zu bez., daß Etwas jedenfalls statthabe und geschehe, freilich ohne Rücksicht auf das Wie? oder die Art und Weise des Geschehns, also gleichviel, z. B. ob diese gut oder schlecht, angenehm oder unangenehm sei, ob es gern oder ungern geschehe etc., z. B.: Sie ahmten ihren französischen Dialekt wohl oder ü. nach. Lewald W. 1, 45, so gut wie sie nun eben konnten; mochte es ihnen nun gut oder nicht gut gelingen; Daß das Spanische .. allgemein verstanden und auch wohl oder ü. gesprochen werde. Monatbl. 2, 233a; Vorträge .. ganz anderer Art als die jetzigen wohl oder ü. sein müßten. Raumer Päd. 3, 1, 145; Während Menschen .. sich seiner Allgewalt so wohl oder so übel bedienen, als es ihre Fähigkeiten . . erlauben. W. 17, 88 etc. (vgl. veralt.: Übelwohl gezierte Personen. Garzoni 851a) und bes. (vgl. nolens volens) z. B.: Wollten sie wohl oder ü., so mußten sie die Bergfei bitten etc. Hebel 3, 15; 239; 496 etc.; Also ließ er sich wohl oder ü. auch einen [Zahn] ausreißen. 224; 175; Höfer V. 86; Mommsen 3, 297 etc.
2) Nicht ü. (vgl. bitter 4), zur Bez. des Ggstzs von ü., z. B.: Das wäre nicht ü. = Das sollte mir (oder dir etc.) wohl gefallen, behagen etc.; Das klingt, Das schmeckt nicht ü. etc.; Daß sie das frz. tendre . .. durch „innig“ .. nicht ü. gegeben. (Wackern. 3, 1013³⁵) Leibnitz ganz gut; so daß es einen guten Eindruck macht; Das Mädchen ist kein übler Bissen. Sch. 321b, ist hübsch etc.; Du schlägst nicht ü. W. 15, 110, führst eine gute Klinge etc.; so auch gleichsam pleonastisch: Jch habe nicht ü. [= wohl, allerdings etc.] Lust dazu; Ich bin nicht ü. Willens, einige Tage nach Leipzig zu gehen. Zelter 1, 263 etc.
3) U. in Bezug auf unangenehm Berührendes, zur Bez. eines hohen Grads = sehr etc. (vgl. arg 2), z. B.: Einen ü. schelten (Ps. 31, 14), zerplagen (106, 32), plagen (Matth. 15, 22); Welches sie gar „vbel“ verdroß. Weisheit 12, 27 etc., vgl. schwzr.: Etwas erbarmt mich übel [jammert mich sehr]. Gotthelf Sch. 169; U. 2, 124 etc.; Jch mangle (s. d. 2d) es übler als du. G. 52, mir fehlt es, ich bedarf Dessen mehr als du (s. Stalder 2, 42).
4) (vgl. schlecht 3a) zuw. neben Wörtern, die gw. in gutem Sinn stehn und so den Ggnsinn annehmen, z. B.: U.-zufrieden (s. d.); Sich ü. freuen (s. d. 2); Etwas gefällt (s. d. 2e) Einem ü. 1. Mos. 21, 11 ff.; 38, 10 etc.; Etwas geräth (s. d. 2l) ü., Einem ü. (vgl. mißrathen); Die That war ... ü. ziemend dem Gemeinsten selbst. Schlegel Sh. 7, 292; Wie ü. ziemt es sich für dein Geschlecht! 8, 217 etc.; Den Meisten | pflegt er ü. zu dienen. G. 5, 233; Einem einen ü–n oder schlimmen Dienst (s. d. 7) erweisen etc.
5) verbunden mit sein, werden etc. in Bezug auf Pers., z. B.:
a) allgm.: Jemand ist ü. daran (s. d.). Hebel 3, 13; 16; 100 etc. = in einer ü–n oder schlimmen Lage.
b) Einer ist oder wird ü. auf (s. d. 2c) z. B. Schweinichen 1, 37; 3, 18 etc., in Bezug auf den Gesundheitszustand (vgl. c), gewöhnlicher: Er befindet (s. d. 3b) sich ü., z. B.: G. 24, 232 etc., vgl.! Warum siehest du so „vbel“? Du bist ja nicht krank. Neh. 2, 2 etc. und nam.: Das Ü.-Sein (s. d.), z. B. Guhrauer Beil. II, 53 etc.
c) Einem ist oder wird ü., zuw. allgem. (vgl.
a) von einem Zustand des Unbehagens etc., z. B.: Findest du nicht auch, es sei schwer, das unmittelbare Gefühl, daß uns ü. ist, durch den Glauben, daß uns wohl sei, zu übertäuben? W. Att. 1, 1, 148 etc., nam. aber (vgl. schlimm 7 und Übelkeit) von einem Zustand, in dem man sich erbrechen möchte: Mir ist, wird ü.; schlimm und ü. vor Etwas; Es wird Einem wehe und ü. ums Herz, dieser langweiligen Arbeit zuzusehen. Kohl E. 3, 281 etc., seltner persönl.: Ich werde ü., wenn ich mein hiesiges Geschmier ansehe, und Sie werden auch wehe werden, wenn Sie die Bilder sehen werden. Merck’s Br. 1, 326 (Tischbein). d) Ü. auf Einen zu sprechen (s. d. 4a) sein, z. B. Forster R. 1, 269; U. zu Fuß (s. d. 1q) sein, ein schlechter Fußgänger etc.
6) Fürs Übrige (s. o.) fügen wir nur wenige Bsp. bei:
a) als attribut. Ew.: Etwas hat einen ü–n [unangenehmen etc.] Geruch = es riecht ü., stinkt; Eine Speise hat einen ü–n Geschmack (od. schmeckt ü.); Jemand hat einen ü–n Geschmack, z. B.: das Gefühl der Übelkeit (s. d. und 5c) im Munde od. (s. Geschmack 3 = Urtheil übers Schöne), z. B.: Die schlechte (oder ü–e) Wahl, die er getroffen, zeigt, daß er einen ü–n Geschmack hat; Das ü–e Aussehen einer Person, z. B. ihre Häßlichkeit oder (vergl. 5b) insofern es auf U.-, Unwohlsein schließen lässt etc.; In einer ü–n Lage, in ü–n Vhen sein etc.; Einen in ü–e Nachrede (s. d. 2) bringen etc.; Ü–e Angewohnheit; Das hätte mir eigentlich üble Händel zuziehen sollen. G. 40, 215; [Eine Nadel] lieh er mir zu übler [schlechter] Kleidung Besserung. Rückert Mak. 1, 65; Übler [böser] Wille (s. d.) führt keine gute Nachrede. Schlegel Sh. 7, 101; Gott bewahre doch Jedermann vor witzig-übler Laune. Thümmel 4, 218 etc.
b) neben Zeitw., s. o., ferner z. B. (alphab.): Etwas ü. aufnehmen (s. d. 3d); Einem vermessenen Menschen geht es endlich ü. aus [s. ausgehen 4b]. Sir. 3, 28 = es nimmt einen ü–n, schlimmen Ausgang mit ihm; Einem Etwas ü. auslegen (s. d. 2); Sich ü. befinden (s. 5b); Sie bekam euch ü., die Lektion. Sch. 322a; Ü. bestehen (s. d. 10). Sir. 41, 24; Ü. bitten. Jak. 4, 3; Ü. von Einem denken (s. d. 8i). G. 4, 33: Etwas, Einem Etwas ü. deuten (s. d. 4c und mißdeuten); U. fahren (s. d. 3d); Daß die Schöne alle Ursache hat, es ü. zu finden [s. d. 7d, gw. nehmen]. W. Luc. 6, 340; Es geht (s. d. 2b) ü. (Sir. 12, 8 etc.), Einem ü. (6, 12 etc.); Einen treuen Knecht halte (s. d. 13) nicht ü. 7, 22 etc.; Ü. handeln (1. Sam. 11, 25 etc.) oder thun, Einen ü. handeln (s. d. 1b), häufiger: behandeln. vgl. (pleonastisch, s. 3): Daß nicht leicht eine Schrift, die aus einer Sprache in die andre übersetzt worden, übler gemißhandelt sei. Winckelmann M. 1, 13b etc.; Ihre Ohren hören ü. Matth. 13, 15; Ein wenig Geiz schadet dem Weibe nichts, so ü. sie die Verschwendung kleidet (s. d. 2). G. 19, 373; Etwas ü. nehmen (s. d. 11c). 9, 33; 28, 13 etc. (s. u.); Von Einem (Sir. 31, 29 etc.), veralt.: Einem ü. reden (s. d. 4m; 3c); Sie treten, wo sie noch übler sehen, auf die schrägste Gegenseite. H. R. 9, 452; Zwingli 2, 20 etc. (s. o. hören), versch. 5b; Ü. thun (s. d. 7) od. handeln, z. B.: 1. Mos. 19, 7; Warum thust du so „vbel“ an diesem Volke. 2, 5, 22 etc. (s. c); Aus ü. [oder miß-] verstandener Pflichttreue. Kinkel E. 317 etc.; Einem ü. wollen (s. d. und c) u. ä. m. Daran schließt sich: Einem Etwas für ü. nehmen (s. d. 10e); Warum halten Sie mir’s denn für ü., daß ich die Freiheit hochschätze. Gellert; Wollt Solches nicht also für ü. han [haben]. Teuerdank 75 etc. (vgl. verübeln); ugw.: Nehmet mir nicht in U. (s. II). Klinger Seid. 49, vgl.: Einem das Wort im Maul verdrehen und zum Ü. legen. FMüller (Wackern. 4, 785 ), s. c Schluß.
c) als sächl. Hw. (vgl. II): Übles– thun; Einem thun; von Jemand sprechen, reden; ihm wünschen, gönnen etc.; Ich hätte . . Macht, daß ich euch könnte „vbels“ thun. 1. Mos. 31, 29; Die thun kein „vbels“. Ps. 119, 3; 40, 15 etc.; Daß wir ihr nichts Übles wollten. Forster R. 1, 35; Seinen Freunden zu viel Gutes, seinen Feinden zu viel Ü–s erzeigen. G. 22, 45; Was Menschen Übles thun oder: das Üble, das sie thun, das überlebt sie etc.; Nun wird es an das Üble mit uns Fremdlingen gehn. Simrock N. 2190; Einem Etwas zum Ü–n (oder Argen) auslegen (s. d. 2), vergl. b Schluß etc. Zsstzg. zur volksth. Verstärkung, z. B.:Blutüble zukünftige Zeiten. Simplicisstmus 1, 57; Welches mich so blut-ü. verdroß. 2, 78 etc.; Dem Major war es hunde-ü. Hackländer Erl. 1, 33; Daß die Menschen, wenn ihre Liebe recht heiß ist, dem Gegenstand derselben hunds-ü. machen können. Immermann M. 2, 112 (s. Frommann 3, 360; 4, 104) etc. II. n., –s; uv.: Etwas, das und insofern es übel ist, einen nicht guten, mit widriger Empfindung verbundnen Zustand bewirkt:
1) allgem., z. B. sprchw.: Aus Ü. Ärger machen (s. Arg II, Schluß). Hebel 8, 206; W. Att. 3, 2, 85 etc.; Von zwei Ü–n das kleinere wählen etc., ferner z. B.: Was drüber ist, Das ist vom „vbel“. Matth. 5, 37; Erlöse uns von dem vbel. 6, 13; Geiz ist eine Wurzel alles vbels. 1. Tim. 6, 10; Die Zunge .. das unruhige vbel. Jak. 3, 8; Wie kann ich zusehen dem vbel, das mein Volk treffen würde? Esth. 8, 6 etc.; Die Ü. der Menschheit muß man heilen etc. (s. 2). Börne 2, 36; Die Wurzeln des Ü–s liegen tiefer. Gentz Rev. 47; Die Sorge, die mehr als selbst mir das Ü. verhasst ist. G. 5, 10; Als ich .. dem Guten fördernd meine Hände reichte, | dem Bösen wie dem Ü. widerstritt. 13, 282; „Auch dem Guten folgt das Ü. | Der Zweifel ist’s, der Gutes böse macht. 81; Wurde dem Ü. .. gesteuert. 18, 20; Jst mir daraus ein besonderes U. [Übelstand] zugewachsen. 32, 235; 4, 3; 33 etc.; Wir rechneten das Ü. gegen das Gute auf. Ifland 3, 1, 158; Das Leben ist der Güter höchstes nicht, | der Ü. größtes aber ist die Schuld. Sch. 515b; Es ist ein großes Ü. um die Unwissenheit. W. Luc. 6, 97 etc.
2) (s. 1) in engrem Sinn = Krankheitsleiden, z. B.: Besser, daß ein Ü. jückt als daß es reißt und zieht. G. 24, 58; Ihnen selbst bei Ihren Ü–n ein Lächeln abzugewinnen. 18, 86; Er kurierte desperate französische Ü. 28, 55; So lange .kränkelt Europa an einem heimlichen Ü. Heine Lut. 1, 233; Du leugst! hab dir das fallend Ü.! HSachs H. 89 (s. fallen Anm. 2 und Fall-U.) etc. Zsstzg. leicht zu mehren nach folg. Bsp.: Daß .. mich ein großes Augen-Ü. [2] befallen. G. 28, 123 etc.; Das Einquartierungs- Ü., das wir [einmarschierend] nach Frankreich gebracht. 25, 164; Wenn die Krankheit vielleicht ein Erb-Ü. wäre. JBMichaelis 108; Das Fall-Ü. [2] oder die fallende Seuche. Luther 8, 28a (s. Fallsucht), auch übertr.: Die Deutschen sagen: Das Fall-Ü. gehe Den an, der’s besser macht denn er kann. . . Daß sie gar scheußlich fallen, wenn sie es übermachen und kriegen das rechte Fall-Ü. 6, 146a (veralt.: Falbel, n. Agricola 475; Luther Tischr. 60b etc., dazu m. = Tropf s. d. 2 —: Armer Falbel! Melander 2, 355 etc.); Mendelssohn war der Sohn eines armen Küsters der Synagoge von Dessau. Außer diesem Geburts-Ü. hatte ihn die Vorsehung auch noch mit einem Buckel belastet. Heine 5, 163; Dies Grund-Ü. 12, 260; Prutz DM. 1, 1, 425, vgl.: Haupt-ü.; Ein Haus-Ü. [häusliches]. Adelung; Er leidet an einem Herz-Ü. [2]; Erfrischt es doch mein Herzens-Ü. recht, | daß ichs ihm in die Zähne rücken kann: | Das thatest du. Schlegel Haml. 4, 7; Dieser Tiefsinn .. möge ihm wohl noch als Nach-Ü. [2] seines Zustandes anhaften. Immermann M. 2, 228; Die Unwissenheit. Dieses National-Ü. Heine 14, 270; Den an einem unheilbaren Nerven-Ü. Dahinsiechenden. Dorow 3, 20; Das Weib .. ein Noth-Ü. der Schöpfung. H.; Sünden- und Straf-Ü. Büchner Konk. 1788b etc.
~keit: f.; –en:
der Zustand, in dem Einem übel (s. d. 5c) ist, man Neigung zum Erbrechen verspürt: Entsetzliche Ü–en erweckten ihn; endlich erleichterte sich die Natur von dem Überfluß des Weines. Arnim 87. Daneben: übligkeit (s. d.).
~n, intr.:
(ugw.) Auch Übel lässt man ü. V. 4, 9, man lässt sie, ihrem Wesen nach, als Übel existieren. Zsstzg. tr.: Ver-: s. verargen, z. B.: Unwissenheit ist minder zu ver-ü. | als kühnes Urtheil. Alxinger D. 209; Forster Br. 1, 340; Näher betrgchtet, konnte ich jedoch dem Publikum die Forderung nicht ver-ü. G. 22, 176 etc.