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Tracht
III. Trácht, f.; –en:
von tragen (s. d., doch vgl. 16 und Ein-T.), z. B.:
1) die Art, sich in Kleidern zu tragen, sich zu kleiden: Mit ihrer gewohnten T. . . erschienen sie halb nonnenhaft. Auerbach Ab. 79; Eine T., die zwar sehr einfach ist, aber .. nicht übel kleidet. Forster R. 1, 16; In einer Art von s. g. spanischer T. G. 31, 217; 19, 175; Da man sich der Stiefel als einer theuren T. nicht einmal im Winter bedient. 23, 53; Malerische T. Heinse A. 2, 24; Gemisch von T–en. Sch. 1040a; Wozu der Sekte prahlerische T.? 281b, das Sich-Absondern in der äußern Erscheinung etc.; Die ihre Religion, Gottesfurcht und Philosophie durch besondere T–en und Kleidungen an den Tag geben wollen. Zinkgräf 1, 166 etc.; Ugw. ohne Bezug darauf, wie die Kleidung sitzt, steht etc.: Der Propst schickt seine T. [Chorhemd] der Wäscherin. Thümmel K. 53 etc.; dichter. in einer Art Personif.: Da glänzt das Haus in muntrer T. G. 6, 375 etc. Leicht zu mehrende Zsstzg. z. B.: In der leichten Abend-T. Arnim 257 etc.; Der Professor erscheint in seiner Amts-T. Monatbl. 2, 442a; Guhl 2, 225 etc.; In der bekannten ehrerbietigen Aufwartungs-T. [in der man gw. seine Aufwartung macht]. Gutzkow R. 9, 410; Herren und Damenin Ball-T.; In Bauer-T. verhüllt. Sch. 582b; In seiner burgemeisterl. Fest-T. G. 20, 188; Frauen- T. 24, 224; Früh- (oder Morgen-) T. (vrsch. 10); Die Natur erwacht, | sie schwingt die holde Frühlings-T. | um die nun lang entblößten Glieder. Haller 128; Seine Kleidung ist die alt-deutsche Gelehrten-T. Heine 7, 133; Hanswurst-T. Mörike N. 39; Harlekins-T.; Herbst- T.; Husaren-T. G. 25, 253; Kaiser-T. Rückert Mak. 2, 43; Karnevals-T. W. 15, 225; In ihren Kirchen- T–en. Heine 8, 352 (versch. 3, Schluß); Kleider-T.; Unsere moderne Klein-T. Heine Reis. 3, 105, kleinliche; Die Landes-T. G. 19, 160; Matrosen-T.; Mode-T.; In Morgen-T. Göckingk 1, 75; Moskowiten-T. V. Sh. 2, 517; National-T.; In leichtgeschürzter Nymphen-T. Heine 7, 151; Ich fand sie .. in ihrer Officier-T. G. 17, 245; Die Schifferjungen-T. Schlegel Joh. 4, 3; In leichter Sommer-T.; In der bäuerlichen Sonntags-T. Zschokke 8, 159; Standes-T–en. Pfeffel Fab. 2, 196; Ich verhüllte sie in ernste Trauer-T. Sch. 503b; In einer prächtigen Winter-T. Thümmel 7, 157; In ihrer brand’gen Wittwen-T. tritt die Sahara vor dich hin. Freiligrath SW. 1, 253 etc.
2) soviel man tragend von Etwas mit einem Mal fort-, zur Stelle schafft: Als nun die ersten T–en [Holz] herankamen. G. 29, 60; Zwei T–en Kleinholz zu machen. Gutzkow Z. 1, 26; R. 7, 4; Eine ganze T. Geldes schenken. Olearius B. 30b; W. Luc. 4, 265 etc.; Die Zeit | geht aufrecht mit der T. V. Sh. 1, 89 mit Anm.: Das Bild eines Trägers, der unter schwerer Last munter fortschreitet. 502 etc., vgl. 7; 10; Scheite | und Kohlen-T–en. G. 12, 28; Du Mädchen, nicht gehastet | mit deiner Wasser- T.! [versch. 7; 15]. V. 3, 182 etc.
3) (s. 2) ein Gang (s. d. 11) Speisen; soviel davon auf einmal auf den Tisch getragen, gesetzt wird: Brant N. 81³³; Wurden jedesmal 4 T–en, in einer jeden 6 Gerichte vor ihm auf den Tisch gesetzt. Freytag B. 1, 220; Gellert 2, 5; Der König war eben an der zweiten T. G. 28, 325; Wir speisten .. den einfachen Topf in versch. Absätzen und T–en. 25, 104; Hagedorn 1, 31; Heinse Petr. 1, 89; Jris 3, 85; Keisersberg SdM. 11b; Kl. Gel. 298; Daß man nicht über 3 Essen Gericht oder T–en in einer Mahlzeit vorsetz oder antrage. Ryff Sp. 96a; JESchlegel 1, 403; Die erste T. Speisen ward abgehoben. Thümmel 1, 9; Uhland V. 478; V. H. 2, 183 etc., vgl. mundartl.: Kirch-T. (vrsch. 1): was an Viktualien bei gewissen Anlässen als Opfer zur Kirche getragen wird. Schm.
4) (s. 2; 3) urspr. scherzh.: Eine tüchtige T. Prügel. Auerbach Tag47; Gv. 287; Der ihm beinahe Nichts zu fressen, oftmals aber eine tüchtige T. Prügel gab. ETAHoffmann Ausgw. 7, 132; Eine (Forster’s Br. 1, 278), seinē (H. 4, 244), eine derbe (W. Luc. 4, 255), gewaltige (Forster A. 3, 82), gute (L. 4, 411), unbarmherzige (V. Sh. 2, 220) T. Prügel, soviel man deren auf den Puckel lädt (s. 2) oder nach 3, vgl. Prügelsuppe etc.; auch bloß: Er hätte gerne . . | ihm eine zweite T. gegeben. Reithard 361 etc., s. auch Trachtel = Dachtel (s. d. Anm.); Zsstzg.: Regnet’s eine Prügel-T. Langbein L. 412.
5) (s. 2 und
6) Eine T. junger Thiere, Junger, Hunde, Katzen etc., soviel die trächtige (s. d.) Alte trägt (s. d. 1c) und gebiert, wirft (ein Wurf). Ade- lung; auch = Trächtigkeit und von Frauen = Schwangerschaft. Schm., vgl. Sie ist um die T. gekommen, hat fehlgeboren. Campe. 6) (vgl. 5 und Trage 6) T. = Gebärmutter. Falke Th. 2, 372; T.: die Geburtshöhle beim weibl. Wild. Laube Br. 293.
7) (s. 2) = Schulterjoch (s. d. und Joch 5): Nimm, Else, die T. mit den Eimern! | hurtig zum Bach! V. 2, 53 und dazu 197; Wasser-T. (vrsch. 2; 15).
8) selten von einem Frohndienst, wonach man etwas zu Beförderndes fortzutragen verpflichtet ist (s. Fuß-, Lauf-Frohne): Die eine Brief-T. oder andere kleine gemeine Last übernahmen. Möser Ph. 4, 219; 3, 289 etc. Ferner:
9) Bauk.: die Widerstands- und Tragfähigkeit von hohl liegenden Balken und Gewölben und: der Raum zw. ihren Stützpunkten.
10) Bien.: z. B. (s. 2) Die muntern Bienen, | die vor dem Regen schwer mit ihrer T. | heimeilen. Brücke ꝛ151 etc., dann auch|: die Zeit des Honig-Eintragens und (kollektiv): das in dieser Eingetragne: Es ist bes. im Frühjahr vor Beginn der bessern T. und im Spätsommer noch Ende derselben, genaue Aufsicht auf die Stöcke nothwendig. Kirsten Kat. 34; Seine Stöcke in die Heide transportieren. Wo man| ihnen eine solche Spät-T. verschaffen kann. 67, Ggstz. Früh-T. (vrsch. 1); Die Zeit der Honig-T. zu unbeständig. Tschudi Th. 160, s. honigträchtig. Nach der Blühezeit der Pflanzen z.B.: Buchweizen-, Heide- (s. Heide 2), Klee-, Lindenblüthen-, Raps-T. etc.
11) Hüttenw.: ein in das Mauerwerk des Hohofens in der Gegend der Rast (s. d. 5) zum Tragen und Unterstützen des Schachts eingemauerter Eisenkranz. 12) Landw.: Die T. eines Ackers = Ertrag. 13) Pferd.: T–en oder T–en-Wände heißt der hinterste oder Endtheil der Hornschuhe. Falke Th. 2, 373. 14) Sattl. (vgl. 7): die Krümmung des Sattelstegs nach der Gestalt des tragenden Pferderückens und: die Stelle, wo die 2 Vordertheile des vordern Sattelbaums in einander gefügt sind. 15) Schiff.: T., Wasser-T. (versch. 2; 7), die Tiefe, wie weit ein Schiff oder sein Vorder- oder Hintertheil ins Wasser geht (Tiefgang, vgl. Ahm 2): Der Unterschied zw. der vordern und hintern Tiefe heißt die .. Steuerlastigkeit oder auch der Unterschied der Wasser- T. Bobrik 457. 16) Tuchm.: (vom lat. tractus, Zug, s. Trakt); Man nennt das einmalige Überarbeiten des Tuchs mit den Rauhkarden von einem Ende des Stücks bis zum andern eine T. (frz. trait). Karmarsch M. 2, 719. Zsstzg. s. 1; 2; 4; 7; 8; 10; 15; ferner: Aūs-: s. Austrag 1c. Eīn-: (versch. II): die Übereinstimmung zunächst im Tichten und Trachten (s. d.), Einmüthigkeit, Einigkeit (dazu: einträchtig, s. d.): E. hat Reiche fest begründet, | hat Städte groß und reich gemacht; | Zwie-T. allein hat sie entzündet | und ihnen Untergang gebracht. Bechstein (FHofman Weihn. 6, 34); Voll E. Freiligrath 1, 268; Mit paritätischer E. Hebel 3, 422; Wer E. in der Gemeinde stiftet . . . Wer mit Zwie- T. das Volk vergiftet. Rückert Erb. 2, 151; Muth und feste E. Sch. 548b; Mit dem Frieden ziehn geselliges | Vertraun und holde E. [personif., s. Ramler Myth. 472] lächelnd ein. 500b; Daß der Geschmack .. diese beiden einander verschmähenden Naturen zu einer glücklichen E. verbindet. 1111a; Den nicht die E. [s. Harmonie] süßer Töne rührt. Schlegel Kaufm. 5, 1; Das ist ja glühend Eis und schwarzer Schnee. | Wer findet mir die E. dieser Zwie-T.? Somm. 5, 1; So lebten sie in E. W. 20, 15; Daß in der moralischen Welt eine ebenso schöne E. und Zusammenstimmung erhalten werde. 27, 15; Den ganzen Plan der zwietrachtvollen E. der Natur. HB. 1, 182 etc.; Wenn Liebes-E. unsern Sinn verknüpft. Schlegel Sh. 8, 6 etc. Nīēder-:
1) Niederträchtigkeit (s. d.) Arnim VII; Diese gehässige N., die man gegen Dr. Julius ausübt. Ense T. 5, 358; Die schleichende N. Freiligrath SW. 6, 278; 203; 337; In allem Thun auf Unterwürfigkeit und N. und auf das Nichtswürdige gerichtet. Görres V. 56; Der Hochmuth als Vater, die N. als Mutter. 127; 145; Du hast ..| niederträchtig vom Hohen geschrieben, | hättest gern die tiefste N. dem Allerhöchsten gleichgebracht. G. 6, 162; Sch. 6, 220; Jahn M. 98; Kühne Fr. 345; Mosen Ah. 166; DMus. 1, 1, 56 (Auerbach); 1, 2, 361 (Waldau); Nat.–Z. 7, 595 (Stahr); 15, 31 (Frenzel) etc.
2) auch Bez. einer einzelnen niederträchtigen Pers.: Du Gift! du N.! PHeyse N. 193. Zwīē- Ggstz zu Ein-T. (s. d., auch für die Belege und zwieträchtig): Streuen überall den Samen der Z. aus. Börne 5, 1; Z. spinnen. L. 3, 352; Hat in Fesseln an der Höllenpforten Angel | die Z. [personif.] hingebannt. Ramler 99, s. Myth. 482; Sch. 101a; Löschen die Z., die tobend entglüht. 81b; Blut’ge Z., .. auszusäen. 412a; 493a; Daß die Z. .. wie aus doppeltem Rachen Flammen über Frankreich ausspeien werde. 1078b; V. Il. 7, 210 etc.; veralt., mundartl. (schwzr.): Zwei-T. Gryphius Fr. 374; Wo Glaubens Zwei-T. herrscht. Haller 64; JvMüller 24, 373; Diese schädliche und brüderliche Zwei-T. Stumpf 212a; 216b; 371b; 126a etc., auch m.: Es gab .. unter weltlichen Fürsten und Städten großen Zweitracht. 132a etc.