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Schuld
Schúld, f.; –en; -:
1) die Verbindlichkeit eines auf dem Konto des Soll (s. d.) sich Findenden und das demgemäß von ihm zu Leistende, zu Zahlende, eig. und zunächst in Bezug auf Geld, dann auch verallgemeint (s. 2), zumeist vom Standpunkt des zur Zahlung (oder Leistung) Verpflichteten des Schuldners aber auch zuw. des die Zahlung zu fordern Berechtigten des Gläubigers —: Aktive (s. d.), ausstehnde oder Aktiv-, passive oder Passiv-Sch–en; Borgen und Sch–en machen; Viel Sch–en haben; In Sch–en stecken, sich stürzen (bis über die Ohren); In Sch. und Ungeduld (s. d.) kommen. Hausbl. (60) 1, 192 etc.; In Jemandes Sch. sein, stehn, bleiben; Wie hoch beläuft sich, wieviel beträgt meine Sch.?; Aus allen Nähten die kleine Sch. zusammensuchen etc.; Eine Sch. berichtigen, entrichten, bezahlen, abbezahlen, abtragen, abstoßen, tilgen etc., z. B. auch übertr.: Hier finde ich nun eine Sch. [der Dankbarkeit] abzutragen, indem ich die Männer nenne etc. G. 27, 354; Sch. 206a etc.; Die Sch. der Natur bezahlen [sterben]. G. 17, 129; Euer edler Sohn .. | bezahlte als ein Krieger seine Sch. Sch. 581a, leistete, was man von einem Krieger zu fordern berechtigt ist; Dem Glück bezahlt’ ich meine Sch. 57a; Zimmermann Nat. 27 etc.; Eine Sch. anerkennen; sich zu der Sch. bekennen; die Sch. ableugnen etc.; (Ausstehnde) Sch–en einkassieren, eintreiben, einklagen etc.; Für eine faule böse Sch. | Haberstroh nimm mit Geduld. Sprchw. (Schottel 912) etc.
a) minder gw.: Wenn du deinem Nächsten .. eine Schuld borgest. 5. Mos. 24, 10 [„ein Darlehen leihest“ Zunz]; Also in den Sch–en bist [du]? dem B. bist’s? Gotthelf U. 2, 340; Sie fragte . ., was sie „schuld“ [gw.: schuldig] seien. 1, 266 etc.
b) Leicht zu mehrende Zsstzgn (s. Spate 1939 und die von Rechnung), z. B.: Ich habe so viele Brief-Sch–en. G. Zelt. 1, 343, habe viele Briefe zu beantworten; Buch-Sch., bloß im Rechnungs- oder Handelsbuch verzeichnet, Ggstz:: Hypotheken-, Wechsel-Sch. etc.; Ehe-Sch. 2. Mos. 21, 10, s. Ehepflicht; Ehren-Sch–en. W. Luc. 6, 172 etc., deren Bezahlung Ehrensache ist; Die Sch. ist durch Gegen-Sch. ausgeglichen; Geld-Sch., im Ggstz. z. B. zu Brief-Sch. etc.; Die in dem Arbeitsscheine verzeichneten Sch–en (Hammer- Sch–en) des [Hammer-] Arbeiters. Scheuchenstuel 4; Die Haupt-Sch–en sind bezahlt (vgl. 2e); Heer-Sch. (veralt.), s. Sold; Jene Hoffnungs-Sch–en abzuzahlen. Platen 3, 42, die in euch gesetzte Hoffnung zu erfüllen; Hypotheken-Sch., s. Buch-Sch.; Kammer-Sch., wo die Finanzkammer der Schuldner ist, vgl. Landes-, Staats-Sch. etc.; Die Bezahlung seiner ..Kurrent-Sch–en. W. Luc. 3, 21; Klapper-, Lapper-Sch–en = Plack-Sch–en (vHorn Schmj. 38; Zinkgräf 2, 35), Plick-Sch–en (Brem. W. 3, 338), durch ihre Menge sich ansummende kleinere Sch–en (s. verklappern 3 etc.); Spiel-Sch. Rabner 3, 64 etc., von Verlust im Spiel herrührend; Staats-Sch., s. Kammer-Sch.; Wechsel-Sch., s. Buch-Sch.; Er hinterließ eine Wirths- Sch. von cirka 24 Maß Wein. Hebel 3, 451 etc.
2) (s. 1) ein Vergehn in Bezug auf die zu leistende Buße und Sühne und auf die Verletzung und Nichterfüllung des Gesollten:
a) Im Allgm. wird die Mz. (vgl.
1) gemieden außer in der artikellosen Verbind.: Zu Sch–en sich Etwas kommen lassen, seltner: Daß alle Gebrechen .. nur uns zu Sch–en liegen. W. 15, 206, auf unser Konto (s. 1) zu schreiben sind, uns zur Last fallen etc., vgl. auch: Von wessen Sch–en [gw.: durch wessen Sch., s. 3] | ist so mein Mahl bestellt? Schwab 208 etc.; doch findet sich auch sonst die Mz. noch hin und wider, wie in der bibl., so in der gehobnen Spr.: Vergieb uns unsere „Schulde“ [Sch–en Eß], wie wir unsern „Schüldigern“ vergeben., Matth. 6, 12; Meine „Sch–e“ [Sch–en Mendelssohn; Verschuldungen Zunz] sind dir nicht verborgen. Ps. 69, 6 etc.; Mit himmlischer Geduld des Menschen Sch–en tragen. Gellert 2, 32; Ich will es dulden, | stille leiden meine Sch–en. G. 8, 153; Im Buch des Engels, der | die Rechnung hielt von deinen Thaten allen, | war stets das schwarze Blatt der Sch–en [s. 1] leer. Meißner 21 etc. b) Stehnde Verbind., s. a und 3: Die Sch. (von Etwas) auf Einen etc., auch (s. 3) auf einen Umstand etc. legen, schieben, wälzen, werfen etc.; die Sch. Einem beimessen, zuschreiben etc.; Einem Etwas Sch. (oder „sch.“) geben (Cham. 3, 318; L. 12, 400 etc.), auch mit sachl. Dat. (s. 3): Etwas einem Umstande Sch. geben; Gieb alle Sch. der Zeit, | den Sitten unsrer Welt, des Vaters Strengigkeit. Cronegk 2, 133 etc.; Sch. haben an Etwas (s. 3), auch: Hab ich Deß keine Sch. Musäus Ph. 1, 61; Du hast es [s. d. 9] keine Sch. M. 2, 41; Und Das [s. d. 4] hast du Sch. Hippel Leb. 1, 374 etc.; Etwas ist Jemandes Sch. (s. 3), seine eigne Sch.; Das war wohl zum Theil Mißgeschick, zum Theil auch eigene Sch. Fichte 8, 41; Ist’s meine Sch., ist’s eines Andern Sch., | daß etc.? G. 13, 179; Schilt | nur mich, die Sch. ist mein. 65 etc., auch (s. 3): Das ist die Sch. der Umstände, Vhe etc.; „Wir hungern Beide und Das ist die Sch. der Zeit.“ | Die Zeit der Sch–en [1]. Prutz W. 2 etc.; Die Sch. (von Etwas) liegt an Einem oder (s. 3) an Etwas etc.; Daß die Sch., warum nichts Besseres aus ihnen geworden ist, zuletzt doch auf uns sitzen bleiben wird. W. 19, 169 etc.; (Die) Sch. tragen (von Etwas); Wohl trag ich selbst die Sch. und trag sie schwer. G. 13, 288; Die Diener tragen alle Sch. Sch. 493b; Doch trag ich Dessen die Sch. nicht, | sondern Zeus, das Geschick etc. V. Il. 19, 86 etc.; Ohne Sch. (an Etwas) sein; Ohne meine, seine Sch.; Außer Sch. sein bei der ganzen Pastete (Gotter Sch. 296) etc.; Wohl berathen, mißgerathen setzt den Rath doch außer Sch. Logau 2, 1, 10 etc.; Eine Sch. auf sich laden, durch unrechtes Thun; nehmen, für einen Andem die Verantwortung. W. 11, 148 etc. c) So hat die Seele eine Sch. auf ihr und sie .. sollen ihre Sch. versöhnen mit der Hauptsumme. 4. Mos. 5, 7; Sich mit Missethat und Sch. beladen. 3, 22, 10; Keine Sch. noch Übelthat an Einem finden. Dan. 6, 4; Ist Das denn nicht Sch. bei euch wider den Herrn? 2. Chr. 28, 10; Amon machte der Sch. viel. 33, 23 (ugw., vgl.: A. machte groß die Sch. Zunz); Den Neid, die Sch. des Herzens, giebt er dem Derwisch Sch. [b]. Cham. 3, 318; Alle Sch. rächt sich. G. 1, 132; Die Sch., die uns im Innern grämt, | wer könnt’ uns die entnehmen? H. 16, 215; Wodurch sich Recht in Sch. verkehrt. Lichtwer 152; Weil uns Beschuld’gung mehr als Sch. verwirrt. Platen 3, 130; 33; Der Ehrsucht blut’ge Sch. Sch. 551a; Der Übel Größtes .. ist die Sch. 515b etc. d) zuw. personif.: Zeus erhabene Tochter, die Sch., die Alle bethöret. V. Il. 19, 91; 9, 503 ff.; auch: Eine solche Sch. .., die Geschlechter wegmäht und Jammer und Verbrechen aussäet. Steffens Malk. 1, 190 etc. e) Zsstzg. z. B.: Augen-, Herzen-Sch. Logau 1, 9, 93, jenachdem sie offen vor Augen oder geheim im Herzen ist; sonst auch: jenachdem Auge oder Herz gefehlt etc.; Blut- [oder blutige] Sch., nam.: zu sühnender Mord. G. 11, 197; Langbein 1, 227; Sch. 443a; Blutschulden [Ez.]. 5. Mos. 19, 10; Mz. (s. a): Ps. 51, 16 etc., auch: Von den gräßlichen Blut-Sch–en der Horde. Matthisson E. 1, 108 etc.; Der Väter Doppel-Sch. und Frevelthat. Sch. 384a etc.; Ein schuldloses Kind ohne .. Erden- Sch. Wackern. 4, 911³⁶; Lenau A. 73 etc.; Eine Haupt- Sch. [vgl. 1; 3] trägt daran der Papismus. Gervinus Kath. 53; Daß ich Dessen die Haupt-Sch. nicht trage. Moscherosch Gs. 1, 370 etc.; Daß hier eine Sch., eine Mit-Sch. an einer Unthat vorläge. Gutzkow R. 7, 330; König Fam. 1, 131; Ihr seid in gleicher Mit-Sch. und Verdammnis. Sch. 524a etc.; Dieweil der Knabe dann als Söhn-Sch. allbereit | durch einen bessern Tod den Göttern ist entgangen. Opitz 2, 132; Sühn-Sch.; Sünden-Sch. Wackern. 2, 469³⁷; W. 11, 92; 193; Mz. (s. a) Luc. 6, 407 etc.; Un-Sch., s. u.; Die Ur-Sch. an Etwas tragen. Gerstäcker Mon. 1, 67. 3) (s. 2a) die Ursache, Veranlassung zu Etwas, gw. insofern Dies nicht so ist, wie es sein sollte, nam. als Prädik.: Jemand oder Etwas ist Sch. an Etwas; an einem Übelstande; (daran,) daß etc.; Diese meine Zerrüttung .. ist denn auch Sch., daß ich etc. L. 12, 356; Ob er eben Dessen, was man ihm eig. zur Last legte, „sch.“ gewesen. 3, 205; Nur ihr seid „sch.“, lieb’ ich den Posthumus. Tieck Cymb. 9, 7; Die Versäumnis, an der ich „sch.“ sei. Thümmel 3, 19; Wahrscheinlich sind Nepos und Plutarch unschuldigerweise an allen ihren Jrrthümern .Sch. W. 32, 156 etc. Zuw. auch (vgl. Dank 2c) verallgemeint: Ursache von etwas dankend Anzuerkennendem: Daß dich nicht gleicher Trieb in gleiche Noth gebracht, | ist Auferziehung Sch. Cronegk 2, 133, Das dankst du ihr etc. Selten nicht prädikat.: Vom Propheten, | des Übels höchster Sch., dem Stifter dieser Nöthen. Opitz 2, 78 etc. Zsstzg. s. 2e: Ich bin Haupt-Sch. oder doch Mit-Sch. [richtiger: mit Sch.], daß etc.
Anm. Goth. skulds, ahd. sculd, mhd. schult, von sollen, noch oberpfälz. schollen, goth. skulan, ahd. sculan, sulen, mhd. schol(le)n, soln etc. Vralt. Fügungen: Von Sch.: aus zureichendem Grund; mit Recht. Zu Sch–en kommen: statthaben, sich ereignen etc., s. Schm. 3, 349 ff.; Graff 6, 467. Als Prädik. (s. 1a; 3) und in der Verbind.: Sch. geben (2a) nicht selten mit kleinem Anfangsbuchst.
Zsstzg. s. 1b; 2e; 3, ferner zu 2 als Ggstz.: Un-: 128*
1) das Unschuldigsein (s. unschuldig 3f): Die U. des Angeklagten; Sich auf seine U. verlassen, berufen etc.; Seine Hände in (mit) U. waschen (s. d.); In aller U. [arglos]. Heinse Hild. 1, 315; Die U. eines jungen Mädchens mißbrauchen; Das Glück .. fasst bald des Knaben | lockige U. (s. 2) | und bald den kahlen, | schuldigen Scheitel. G. 2, 68; Birgt er seines Sinnes Unhuld | hinter der Mienen U. Rückert Mak. 1, 74 etc.; Engels-, Herzens-, Himmels-, Jugend- (Kürnberger Nov. 2, 9), Kinder-, Lammes-, Paradieses-U. etc.
2) = die Göttin der U. (s. Ramler Myth. 477); Ein Geschöpf, wie die U. Sch. 202b; Sie ist die U. selbst (s. d.); unschuldige Pers.: Spiele, liebliche U.! Sch. 85a; Daß die arglose U. jetzt seine Schlingen kennt. 704a; Fürchte Nichts, du schöne U.! W. 28, 36.