Faksimile 0176 | Seite 998
Faksimile 0176 | Seite 998
Faksimile 0176 | Seite 998
schön
I. Schȫn, a.:
1) ein vollkommnes, uninteressiertes sinnliches Wohlgefallen erregend, vgl. auch’in Bezug auf die Belege als nah angrenzend: reizend, angenehm, hübsch etc. und als Ggstz.: häßlich und s. außer den Lehrbüchern der Asthetik und z. B. Sulzer 4, 305 ff. (und das dort Angeführte) nam. Engel 4, 269 ff.; Gervinus Lit. 5, 14 (Heinse A. 1, 303; K. 1, 255); H. 11, 249; Koner Sinnspr. 1132 ff.; L. 4, 104; 11, 92; Mendelssohn 4, 1, 48; Ph. 1, 27; Sch. 1145; FSchlegel GR. 65; W. 23, 77—93; 33, 213 etc. und die folg. Nummern.
2) (s. 1) eig. und zunächst (s. schauen, Anm.) von Wahrnehmungen des Gesichtssinns: Ein sch–er Anblick; Sch–e Gegenden, Gemälde; Sch–e Handschrift; Sch. schreiben, zeichnen, tanzen etc., nam. von körperl. Wohlgestalt: Das Pferd ist ein schönes Thier; Sch–e Pferde etc. und bes. von Menschen, z. B.: (Weiß und) sch. [scheinend, glänzend, vgl. 6a] wie der Tag. G. 18, 2; Grimm M. 300; W. 10, 29 etc., vgl. Ggstz.: (schwarz und) häßlich wie die Nacht etc. (s. d. 1f); Sch. wie die Sonne. G. 16, 298 etc.; Sch. wie Engel. Sch. 1a etc.; Sch. wie ein Traum. Meißner Gd. 72 etc.; Zum Malen sch. W. 10, 75; 11, 90 etc.; Sch–e Mädchen, Frauen etc.; Das Gesicht ist sch., aber die Figur nicht; Ein sch–er Menschenschlag; Sch–e Hände, Füße etc.; Joseph war sch. und hübsch von Angesicht. 1. Mos. 39, 6 etc.; Sie hatte gerade wieder ihren sch–en Tag oder, wenn ihr wollt, ihre schöne Stunde. G. 19, 76, die Zeit ihres Sch.-Aussehns; All-sch–st .. regte sie [Pandora] sich etc. 10, 272; Zürne der Schönheit nicht, daß sie sch. ist, daß sie verdienstlos | wie der Lilie Kelch prangt durch der Venus Geschenk. Sch. 86b; Wallet nicht zu dem Sch–en die Welt? .. Scheine das Sch–e! 497a; Der Jungfraun | sch–ste, noch sch–er vom Tanz. V. 3, 32 etc.
a) Das sch–e Geschlecht (s. d. 2) zur Bez. des weibl., s. nam. Kant SchE. 48 etc., wobei zuw. der eig. Begriff des Sch–en zurücktritt, z. B.: Daß er außer .. den Bauerweibern im Dorfe .. Nichts gesehen, was auch nur im un- eigentlichsten Verstande, zum sch–en Geschlecht hätte gerechnet werden können. W. 1, 25 etc. Ähnlich: Zum Schutz des sch–en Volks durch seinen Stand bestellt. 12, 192 etc. und für die einzelne Pers., z. B.: Ein sch–es Kind (s. d. 2c) etc. und nam. substant.: Eine oder die Sch–e = Frauenzimmer, z. B. (o. Bezug auf Schönheit): Eine ziemlich mißgeschaffne klapperdürre Sch–e. Engel 12, 209 etc.; in Genit. und Dat. d. Ez. gew. (korrekt): einer oder der Sch–en, doch findet sich auch: Hier that mit seiner Schöne | der Herr sich trefflich bene. B. 23b; Forster R. 1, 248; L. 7, 60; Matthisson A. 7, 238; Rabner 4, 162; Thümmel 8, 143; Tiedge Ep. 1, 179; Zachariä 1, 51; 60; 96 etc. Ohne Artikel etc. heißt es in Mz. korrekt: Selbst Schöne von reiferm Alter schreiben etc. Grube 3, 40 etc., doch findet sich hier fast überwiegend: Andere Sch–e n. Cham. 4, 239; Wilde Sch–en. Gellert 1, 24; Hagedorn 1, 147; Nicolai 1, 212; 219; Thümmel 8, 11; Für Sch–en, die etc. W. 3, 14; 10, 19; Syrakus hatte Sch–en, welche etc. 6, 62; 11, 160; 15, 174; Zachariä 1, 1, 88; 107 etc. Zsstzg. z.B.:EineBauer-Sch–e | in weißem Wamms. B. 105a; Die Dorf-Sch–e; DieHaupt-Sch–e Apamis wird von Alpheus und Polydor verlangt. G. 33, 140; Die Theater-Sch–e. Schütze Hamb. 649 etc. Zuw. verkl. als Kosewort: Guten Abend, Schönchen! Talvj 2, 57 etc., vgl. II 2.
b) in Bezug auf Putz und Eleganz des äußern Erscheinens: Der Ball versammelt .., was .. zur sch–en Welt sich zählt. W. 12, 16 etc., auch: Abends mit der sch–en häßlichen Welt hinauszuströmen. Zschokke 8, 263 etc.; Sich sch. machen, schmücken etc., auch übrtr. (vergl. beschönen): Daß wir uns gern sch. machen und schmücken. Luther 5, 429b etc.; Sch. Deck machen, es abspülend; Sch. Schiff machen, es abschrapend, abspülend u. neu theerend etc., vgl.: Sch. machen, s. d. 1m etc.; Sie nahm es nach kurzem Sch.-Thun [Zieren] an (vrsch. 6f). Kinkel E. 402.
3) (s. 2) verallgemeint vom Gesichts- auf die übrigen Sinne: Etwas klingt, riecht, schmeckt sch.; Nichts schmeckt so sch. als das gestohlne Brot. Hagedorn 2, 273, von Ramler F. 1, 87 geändert in süß wohl nach der (kaum begründeten) Annahme, „daß bloß Dasjenige sch. sei, was wir durch die Sinne des Gesichts und Gehörs erkennen“. Engel 4, 269; Sulzer 4, 306a, vgl. sprachgemäßer: Das Wort sch., welchem Gegenstand es beigelegt werden mag, bez. bloß ein gewisses angenehmes Verhältnis desselben, besonders des Sichtbaren, Hörbaren und Tastbaren, zu einem in Beziehung mit demselben stehenden äußern oder innern [s. 4; 5] Sinn. W. 23, 93.
4) (s. 3) in Bezug auf den geistigen Geschmack, das ästhetische Urtheil: Ein Kunstwerk, Gemälde, Gedicht etc. ist sch.; Ein sch–er Stil etc.; Etwas ins Sch–e, Sch–ere malen(s. d. 3f), schauen (s. d. 1f) etc. Dazu: Die sch–en Künste (s. d. 1e), Wissenschaften (s. d.); Ein sch–er Geist, s. Sch.-Geist etc.
5) auf dem Gebiet des Sittlichen: Sch–e [vgl. edle] Thaten, Handlungen etc.; Eine sch–e Seele, s. W. 29, 131 ff. und nam. Sch. 1119a; Sch. genug, wenn sie nur sch. thun [vrsch. 2; 6f, heute gew.: handeln]. Zinkgräf 1, 131etc.
6) das Gesammtgefühl wohlthuend und angenehm berührend; so wie man es wünscht etc., vgl. gut 5ff., z. B.:
a) Sch–es Wetter (s. d.), eig. und zunächst (s. schauen, Anm.) heitres mit hellem Sonnenschein [vgl. schwzr. o. Uml., s. Anm.: „Schon, vom Wetter sich aufheiternd; Der Schon, Wetter, das heitre Tage verspricht; der (gew. solches bringende) Nordwest; Das Wetter, der Föhn (Kohl A. 3, 181) hat (auf)geschont, es hat sich —, er hat es aufgeheitert; Schoniges, schonliches Wetter, wenn weder Regen noch Ungewitter im Anzuge sind“, s. Stalder, vergl. Schöne 2a]; Wir wollen den nächsten sch–en Tag dazu benutzen; Ein schöner Morgen (vgl. g); Eine sch–e Mondscheinnacht; In sch–en Sommernächten. Heine Sal. 1, 242 etc.
b) Ein sch–er Tod, z. B.: Der sch–ste Tod ist der fürs Vaterland; Von der Wiege bis zur Bahre | sind die sch–sten die Studentenjahre; Für den Edlen ist kein sch–er Glück, | als etc. G. 13, 129; Süße Lieder | all-sch–ster Tage. 6, 93; Ich strebe nach dem Guten, weil es sch. ist und mich unwiderstehlich anzieht. Heine Reis. 4, 70; Kein sch–re Lust auf Erden ist, | als etc. Kretschmer V. 2, 457; Kein sch–er Land. 495; Die sch–en Tage in Aranjuez | sind nun am Ende. Sch. 243a etc.
c) (s. b) Das (Aller-)Sch–ste [Amüsanteste, Belustigendste] bei dem ganzen Spaß ist, daß etc.
d) (s. gut 6): Alles recht sch.! recht sch.! aber man kann Das nicht übers Knie brechen. Gutzkow R. 3, 113 etc.
e) (s. gut 10): Sie haben (s. d. 14) sch. lachen, reden etc., Sie können leicht (wohl) lachen etc.
f) freundlich etc.: Ich bitte, danke (s. d. 1d, e), grüße sch., schönstens (vgl. best 1b), zum sch–sten (G. 5, 233; 6, 327); Einen schönen Dank (s. d. 2a, b) oder Sch.- Dank etc.; Auch sag ich ihnen nicht so viele sch–e Sachen [Artigkeiten, Komplimente]. G. 9, 248 etc., s. Schönheit 3; Lauter sch–e Reden (Worte etc.) und Nichts dahinter etc.; ferner: Er thut ihr sch. [karessiert sie], sie erwiderts. G. 8, 250; 7, 316; Eine Tänzerin, mit der er sch. thut. 16, 299; Mit Freunden in ein wechselseitiges Schön e-Thun, Geltenlassen etc. . . gerathen. 21, 230; L. 12, 393; FKMoser Mann. 2, 32; Sch. 637b; Spindler V. 1, 106; V. 3, 150; West Dian. 2, 5 etc., auch: Mit den Fortschrittsideen sch. zu thun [zu kokettieren]. Scherr Gr. 1, 171; Gartenl. 9, 294a (vrsch. 2b; 5); vralt.: (Mit Jemand) schon fahren (s. d. 5) = säuberlich, sachte etc., z. B. 2. Kor. 5, 11 (und Randgl.); Luther 8, 55a etc., vergl.: Geht mir schonlich um mit Absalom. Hebel 4, 114 (= „säuberlich“. 2. Sam. 18, 5) und schonen 2.
g) s. hübsch 2, fast pleonastisch: Dann bleiben Beide sch. ruhig. Immermann M. 1, 259; Darüber muß ich sch. (s. h) der Herren .. Gespöttel .. sein. Göckingk 2, 186; Eines sch–en Morgens (s. d. II 1b), Tages etc., s. gut 17.
h) s. hübsch 3 = gehörig, tüchtig etc., zur Bez. eines hohen Grads, z. B. (vgl. b und c): Wir erleben an Ihnen den sch–sten Schlag, den sich ein Arzt nur wünschen kann. Hackländer Tag. 1, 42; Du kannst die sch–sten Prügel bekommen (vgl.: Händel von der ersten Sorte); Das sch–e große Laster [Hauptlaster]. Luther 5, 410a; „Achtzig Jahr, Das ist ein sch–es Alter“. 18 ist ein sch–eres (s. b) etc.; als Adv.: Die Magd wird sich schöne wundern. Arnim 13; Sie hätten ihn sch. gejagt. Baggesen 1, 236; Wie sch. entsetztet ihr euch! Gellert 4, 337 etc., auch (s. lieb 1): Jst mir mancher sch–e Thaler nebenausgegangen. G. 9, 63; Ein sch–er Groschen zu verdienen. Prutz Mus. 1, 36; Da geht freilich ein Sch–es drauf. Sch. 118b etc.; Manch sch–es Mal. Merck’s Br. 2, 185 etc.
i) oft im Gegensinn: Eine sch–e Geschichte (Hackländer SoldKr. 111; Prutz Mus. 3, 8 etc.), Patsche (Forster Br. 2, 282) etc.; Ihr kämt mir sch.! [wärt höchst unwillkommen]. Freiligrath SW. 6, 221; Dann kennst du meine Frau sch. [„,schlecht“ 14]. Gerstäcker Äq. 2, 13; Sch–e Reu heiß ich mir Das! G. 5, 162; „Jch dachte, die Trippstädter würden abziehn“. Sind sch. abgezogen. . . Das ganze Gebüsch steckt voll. LPHahn Hohn. 104; Ein sch–er Trost. Körner 267a; „Zahl!“ anstatt „empfang!“ o sch.! L. Nath. 2, 2; Das wäre sch. Deutsch. Luther 5, 142b; Du begreifst also, mein sch–er Herr etc. W. Luc. 5, 37; Zinkgräf 1, 209 etc.
7) in der Grundbed. (s. 6a) hell, lauter, von Getränken (s. schönen 3b), nam. in Zsstzg.: Klink-sch., s. klinkklar.
Anm. S. schauen, Anm. und nam. 6a; 7. Noch o. Uml. (s. 6a; f): Also schon versteht euer Dr. .. die heil. Schrift. Luther 1, 156a; Ryff Th. 29; Wackern. 2, 25²⁸; 222¹³; Anmüthig .. und schone | gewesen. 247¹ u. o. Daraus: schon (s. d., vgl. nam. Schm. 3, 368), schonen (s. 6f), ahd. scōnōn, mhd. schônen (vgl. mit Uml.: schönen, verschönen. Luther SW. 26, 84). Als Adv. zuw. noch (s. 6f; h): Wie schöne pflanzt sich ein | das Völklein. G. 7, 110 etc.; Das schön este und weißeste Leinwath. Zinkgräf 1, 179 etc.; Sch ün. HSachs G. 2, 106 etc.
Zsstzg. oder großentheils Zusammenschiebungen, leicht zu mehren und zu verstehn nach folg. Bsp., nam. zu 2a und 6b: Eine Außen-Sch–e. Knittel 53; Bild-sch. [zum Malen sch., 2a; s. marmor-sch.]. Musäus M. 1, 19; V. H. 2, 40; W. 11, 187; 21, 173 u. o.; Blü- hend-sch–es Antlitz; Die edel-sch–en Züge des .. Angesichtes. Stahr Rep. 1, 301; 3, 295 etc.; Engel-sch. Mathesius Sar. 292b; Die kühne und erfindungs-sch–e Art [4]. Börne 5, 240; Ein erz-sch. Büchlein. Fischart Garg. 121a (s. II Erz); Eine feld- oder fern-sch–e Frau, vgl. fernen 2; Jene ewig frühlings-sch–en Inseln. Lewald Ferd. 2, 199; Eine götter-sch–e Nacht. Rau Moz. 2, 146; Sein edler für Gut-Sch–es glühender Geist. V. Ant. 1, 203; 2, 139 [gut und sch., ~ωaozgaóς); Des jungfräulichen Leibs herb-sch–e Gliederpracht. Scherr Bl. 1, 251; Der himmel-sch–e Paris. B. 173a; Sch. 742a etc.; Das jugend-sch–e Menschenpaar. Roquette W. 67; Klink- sch. [7]; Betrachtung des Kunst-Sch–en. G. 32, 178, vgl. Ggstz. natur-sch.; Licht-sch. wie Apoll. Platen 4, 176, strahlend-sch. etc.; Marmor-sch–e Weiber. Heine Rom. 40; Verm. 1, 156, sch. wie ein Marmorbild (s. bild-sch.); Ein Röslein .., war so jung und morgen-sch. G. 1, 12 (vgl. Morgen-Rose, -Schmuck, -Antlitz; jugend-sch.); Daß wir überall in das Natur-Sch–e die reine Schönheit erst hineinschauen. Vischer Ästh. 2, 27 (s. Natur 6g und als Ggstz. kunst-sch.); Mondregenbogen-sch., so sch. und selten [wie Mondregenbogen]. Schefer Laienbr. (3. Okt.); So frisch, so rosen-sch. B. 105a; Strahlend-sch., s. licht-sch.; Un-sch., oft sogar häßlich. Tieck DBl. 2, 217; Eine un-sch. aufgewulstete Gestalt. Stahr Par. 1, 141; Burmeister gB. 2, 108; Gutzkow R. 3, 44 u. v.; auch: Hab’ ich ihm je ein un-sch–es [6f: unfreundlich, s. böse etc.] Wort in Weg gelegt? Wagner Kind. 86; Sein stets urjunges, stets ur-sch–es Dasein. Schefer Laienbr. 174; 146; Das selbständige Ur-Sch–e. W. 23, 274 (vgl. Jdeal); Das wild-sch–e Buschrevier. Fallmerayer Or. 1, 242; Meißner St. XI; Sealsfield Leg. 2, 73 etc.; Wunder-sch. ist Gottes Erde. Hölty, wunderbar sch.; Noch wunder-sch–er strömt die Fluth | von deinem Rosenlicht. Salis 47; Die Wunder- Sch–e. G. 19, 70 etc., oft abgeschliffen = ungemein sch. (s. Hackländer Tag. 1, 54); Die Aussicht, die wirklich zauber-sch. war. Gerstäcker Äq. 3, 51 etc.