Faksimile 0154 | Seite 976
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Schmerz
Schmérz, m., –es (s. Anm.); –en; -:
die bewußte Empfindung gestörten (aufgehobnen) Wohlgefühls, körperlich (s. Bock Diagn. 76; Oken 4, 255 etc.), geistig und seelisch, wofür wenige Belege genügen: Niemand, der die Pein | des Sch–ens so behende stillt. G. 6, 58; Die Sch–en selbst um solch ein Kleinod sind Genuß. 10, 294; Es war nicht der heiße glühende Sch., welcher die Thränen erpreßte, sondern das langsam zehrende, unendliche, ergebene Leid. Mühlbach NBild. 1, 179; Des Sch–es Höllen qual. Sch. 31a; Weder Phrynens Schoß, noch eine Folterbank | wird über ihn erhalten können, | die Lust ein Gut, den Sch. ein Weh zu nennen. W. 3, 236; Einen mit Sch–en [peinlicher Ungeduld] erwarten etc., auch: Gedanken waren fern, er war nur Sch. Cham. 4, 101, ganz dieser Empfindung hingegeben etc. (vgl. Ohr 2b etc.); ferner (s. Freude, Lust etc.), auch: das Sch.- Erregende, z. B. von einer Pers.: [Du,] sonst unser Stolz, nun unser Sch.! Uz 2, 179, vgl.: Ist es doch immer ein Augen-Sch., das Absurde .. verkörpert zu sehen. Stahr Par. 1, 118; Von dem Glanze der pers. Frauen so geblendet .., daß er sie Augen-Sch–en genannt. W. 34, 125 etc.
Anm. Ahd. smërza, f.; smërzo, mhd. smërze, vgl. die wechselnde Form des Nom.: Der „schmertz“. 1. Thes. 5, 3 etc.; der „schmertze“. Hiob 2, 13; 16, 6 etc.; Ob irgend ein schmertzen sei, wie mein schmertzen, der etc. Klag. 1, 12. Dazu die Mz.: Sch–en (z. B. in der häufigen Wendung: Sch–en haben etc., was wohl urspr. Accus. der Ez. ist), der noch häufige Genit. (vergl. Herz): des Schmerzens. Cham. 4, 57; G. (s. o.); IP. 2, 199; W. 11, 164 etc., dagegen nur noch vereinzelt im Accus.: Sie fühlt den Schmerzen. G. 2, 134 (wie Jer. 30, 15; Klag. 1, 18; Opitz 1, 139; Ryff Th. 3; 4; 5 etc.), vgl. im Dat.: Im „schmertzen“ müsst ihr liegen. Jer. 50, 11; Starb mit großem „schmertzen“. 1. Macc. 9, 56 etc., was freilich auch als substant. Infin. gefasst werden kann (vgl.: Verwandelten sich die Stiche der Angst in das forteiternde Schmerzen dieser Stichwunden. IP. 1, 48 etc. und: Die Empfindbarkeit zum Schmerzen bei einem körperlichen Schmerze. H. 4, 40) etc. Dazu: schmerzen, starkformig ahd. smërzan, mhd. smërzen; Wie übel „schmürtzet“ [schmirzet] | des Bösen Lob. Weckherlin (Wackern. 2, 263¹¹), vgl. Schm. 3, 476; Graff 6, 835; Wackern. Gl. 484 und etwa russ. cneprs (Tod).
Zsstzg. (vgl. Weh, s. Spate) z. B. nach dem Sch. empfindenden Organ: Geistes-, Seelen-, Körper- Sch. und hierzu nach den Körpertheilen z. B.: Augen- (s. u.), Bauch- (oder Leib-, Magen-), Blasen-, Brust-; Darm-, Fuß-, Gelenk- (od. Glieder-), Gesichts-, Hals-, Kopf-, Kreuz-, Lenden-, Milz-, Nieren-, Ohren-, Rücken-, Seiten-, Zahn-Sch. etc., ferner nach der Ursache z. B. körperlich: Gicht- oder Gichter- (Musäus M. 2, 111), Podagra- etc.; Stein- oder Gries- etc.; Wund- (Immermann M. 1, 456) od. Wunden- (Fouqué Dr. 1, 114) Sch., auch: In .. scharfangeschloßnem Ketten-Sch. G. 12, 301, den dem Scharfangeschloßnen die Kette verursacht etc. und geistig: Liebes- (Cham. 6, 251), Sehnsuchts- (Mühlbach NBild. 1, 113) Sch. etc.; ferner z. B.: Erden- (irdischer. Hungari 1, 571); Flammen- (brennender. Sch. 5b); Folter- (folternder. Göckingk 3, 187; Lieb. 122); Mit- (mitgefühlter. König Leb. 1, 158) Sch.; Der Sch. des Humoristen ist daher immer allgemein und wäre als Welt-Sch. zu bez., wenn dies Wort nicht durch Mißbrauch lächerlich geworden wäre. Vischer Ästh. 1, 452 (s. zerreißen 1c; Weltscherz; faulenzen, Anm. und Fortbild., z. B.: Für einen Empfindler oder, wie man jetzt großartig zu sagen pflegt, für einen Weltschmerzler. Scherr Nem. 1, 70; Gartenl. 10, 22b etc.; Der sentimentalen, grübelnden, weltschmerzlichen Stimmung. Prutz GschTh. 353 etc.); Wonne-Sch. (KMayer 157, mit Wonne gemischt, vgl. bittersüß etc.).