Faksimile 0144 | Seite 966
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Schlupf Schlupfe Schlüpfe schlupfen) schlüpfen Schlupfer Schlüpfer schlupferig) schlüpfrig schlüpferig
Schlúpf, m., –(e)s; Schlüpfe; -:
(s. schliefen, Anm. und Schm. 3, 456):
1) das Schlüpfen: Der Blindschleichen Sch. [Schlich]. Pröhle J. 222; Die Handschuhe in einem Sch. anziehn etc.
2) Muff. Stalder.
3) s. Schleife 3. Dazu: Das Haar einschlüpfen [knotend einschlingen]. Philander 2, 74.
4) Ort, zum Durch-, Einschlüpfen etc., z. B. = Sch.-Winkel: Rückert W. 3, 78; Erb. 2, 99 (Mauseloch); Lauer- Sch. (der Spinne). Jahn V. 107; Hafen-Sch., s. Sch.- Hafen etc. und nam.: Unter-Sch. (s. Unterschleif 1): bergendes Obdach, Haus. Auerbach D. 4, 217; 245; Ed. 41 etc.
~e, Schlüpfe, f.; –n:
s. Schlipf 1; Schlepp; Schlippe 2; Schleife 3a.
(~en), schlüpfen: 1) intr. (sein):
gleitend oder wie gleitend, schnell, behend, unvermerkt etc. durch eine enge Offnung, einen eng umschloßnen oder so gedachten Raum sich bewegen, gew. mit —, vereinzelt auch ohne Absicht (= gleiten, fallen), eig. u. übrtr.:
a) hochd. gw. mit Uml.: Aus dem Ei schlüpfen; Da in des Strumpfes Seide | ihr Füßchen schlüpft. Freiligrath 1, 292; Thier, das eilend nach einem Schutzorte schlüpft. G. 9, 206; Eine Amme .. schläft ein und lässt das .. Kind .. von ihrem Schoße unter die Füße der Mitreisenden schlüpfen [gleiten, fallen]. 33, 133; Selbst Geld schlüpfte [glitt, fiel] ihr durch die Finger. Gott- helf G. 8; Immermann M. 4, 16; Schlüpft ein liebliches Paar dort durch des Tanzes Gewühl. Sch. Mus. 34; V. Ov. 1, 53; So schlüpft die keusche Oreade | dem Satyr aus der Hand. W. 3, 9; 12, 10; Erdwärts schlüpfte [glitt] der Wagen. W. 36, 273 etc.
b) o. Uml. (in Zsstzg. durch * bez.), nam. obrd.: In die Strümpfe, Kleider etc. schlupfen, sie schnell anziehn; Schlupft die Alte aus dem Bau. Döbel 1, 31b; Echterm. 162; Hebel 3, 63; Daß Keiner .. schlupf [gleite] und falle, s. Kohl A. 2, 55; Die Schlangen schlupfen in die Erde. L. 6, 405; Rückert BE. 432; Stilling 3, 73; Vogt Oc. 2, 200 etc.
c) daneben mund- artlich, vralt.: Wär ein .. Pfeil durch Lung’ und Herz geschlippt. Lohenstein Ibr. Bass. 1, 227 etc.; Ob der Schreiber etwa aus Gunst oder Ungunst schlipfere [gleite]. Luther 6, 532b etc.; Ich schluppte ihnen aus der Hand. Klinger Gris. 104 etc.; Das schnelle, das schlupfernde Fließen. Schottel 951 etc.; Über eine Stelle im Buch weg- schluppern (Kompert NGsch. 1, 21), sie überschluppern (60; Pfl. 2, 195). 2) zuw. tr., faktit. zu 1: Sie möchte ihr müdes Haupt aus dem Joche ihres Jammers schlüpfen. Gervinus Sh. 2, 134; Schlüpfte er [der Geist der Morgenröthe] sie auf seinem letzten Strahle hinweg. H. 9, 321 etc. Zsstzg., gw. zu 1, vgl. die von schliefen, kriechen, gleiten etc., z. B.: Áb-: weg-sch. HKleis E. 1, 290. Ließ man die Seidenwürmer a. G. 20, 143; Jetzt schlüpft er ihren Händen aus. Hebel 2, 156; Das Messer . . schlüpfte [glitt] aus. Kohl E. 3, 248 etc.; Ausschlipfern (vom Aal). SClara EfA. 1, 325. Dahin-. I. Dúrch-, intr.: hindurch-sch.: Zwischen den Rädern .. durch-zu-sch. G. 24, 225; Daß er steuerfrei durchschlüpft. Gutzkow R. 1, 263; Kant SW. 1, 405 etc.; Schlupften durch das Netz durch. L. 5, 370*; Rückert Erb. 2, 89* etc. II. Durch-, tr.: Husch! durchschlüpfet die Finger ihr schnell der entwischende Vogel. Baggesen 1, 92; Das Laub, durchschlüpft vom . . Winde. Cronegk 2, 194; V. Ov. 2, 336 etc. hineinsch.:
Āūs-: Eīn-:
1) In den Wagen e. Gutzkow R. 8, 161 etc.; Das Blatt, wo diese Artikel gewöhnlich e. Ense T. 2, 142; Dem Schlund e–d, durchfährt sie [die Lanze] tief ihm die Brust. V. Än. 8, 698 etc.; Einschlüpfern. Hutten 5, 474 etc.
2) s. Schlupf 3. Ent-: E., wie ein Aal. Benedir 10, 146; Immermann M. 1, 332; W. 11, 274 etc.; Einem aus den Händen e. 6, 228; 5, 177 etc.; Wir öffnen willig unsre Hände, daß | unwiederbringlich uns ein Gut entschlüpfe. G. 13, 154 etc.; Sich die Gelegenheit e. lassen. Tieck A. 1, 163 etc.; In sein Schlafzimmer e. Engel 12, 112; Dreimal entschlüpft das Bild dem feurigen Berühren. Sch. 37a; 15a etc.; Entschl upfen. Rückert 1, 293*; 6, 276* etc.; Quelle, waldentschlüpft. KMayer 41. Hêr- etc.: Hin- und her-sch.; So seht einst euer ganzes Leben | am schönen Abend hingeschlüpft [vergangen]. G. 6, 14; Daß die Stimme darüber hinschl upft. L. 7, 38 . Indem sie ihr . . Untergewand herab-sch. ließ. W. 9, 49. Endlich schlüpfet ein Ährlein heraus. Echterm. 371; Mager schl upftest du| hinein, nun schl upfe mager wieder ’raus. W. HB. 1, 140 . Daß nicht etwa ein Andrer hinausschlupfet. G. 10, 88“. Reineke schlupfte hindurch. 5, 150; Hebel 3, 459* etc.; Die Schlange . . ist hindurchgeschlüpft. Rückert W. 2, 219 etc. Schlüpft’ ich ins .. Bettlein hinein. Schubart 3, 43; G. 20, 18 etc.; Wir schl upfen da hinein. 11, 176*; 8, 130* etc. Manchen .. Blick .. herunter- sch. lassen. W. 12, 133 etc., s. [2]. Nīēder-: Das lockere Erdreich schlüpft von den pralligen Thalwänden nieder. Volger EE. 253. Unter-: unter ein Obdach etc.; seltner: Sie wußte der Hand, die nach ihr greifen wollte, wie ein Aal unter-zu-sch. Meißner Sans. 2, 192, ent-sch. Ver- [2] verstecken etc.: Er hat seine Hände in die Rockärmel verschl upft. Auerbach Dicht. 1, 216*; Jedes Wölkchen die Kinder verscheucht, | daß sie sich eilig verschlupfen. Pfizer . Vorbēī-: Börne 5, 246; W. 21, 247 etc.; vorüber-sch. Gutzkow R. 6, 66 etc. Wég-: Er schlüpfte mit Aalgeschmeidigkeit über diese verfängliche Frage weg. JKinkel Ib. 1, 376 etc. Zurück-: Die Schlange schlüpft | in das Gezweige scheu zurück. Uhland Ernst 1, 3 etc.
~er, Schlüpfer, m., –s; uv.:
s. Schliefer: 1) Muff, in den man mit den Händen hin- einschlüpft: Die gestrickten Schlupfer um die Handwurzeln [Pulswärmer]. Maje 1, 258. 2) Das Zaunschlüpferlein. Wackern. 3, 611⁵ etc.
(~erig) schlüpf(e)rigschlüpf(e)rig, a.:
1) leicht entschlüpfend, schwer festzuhalten (s. glipferig): Wiewohl diese Schlange sch. ist, daß man sie nicht wohl ergreifen und fassen kann. Luther SW. 61, 98; Wie glatt und sch. du nicht bist! W. Luc. 5, 71; Hast du das Glück in der Faust, so hebe [halte] sie fest zu; denn es ist sehr „schlupferig“. Zinkgräf 1, 299 etc. Zuw. faktit.: Mit Öl und sch–em [sch. machendem] Fette | .. gesalbt. G. 5, 285. 2) so, daß man leicht darauf ausgleitet: Sch–e (Fuß-) Pfade (Immermann M. 1, 411); Kosegarten D. 1, 211 etc.; Sch–e Stellen auf der Bahn ihres Lebens. Garve Pfl. 1, 41; Jffland 3, 2, 24; Ein sch. glatter Grund. Sch. 421a etc.; Das Schlipferige. Ps. 73, 18.
3) übrtr., z. B.:
a) (s. 2) gefährlich, mißlich: Sich mit guter Art aus einer so sch–en Lage herauszuhelfen. W. 1, 224; 16, 56 etc.
b) (s. 1) keinen rechten Halt bietend: Redet sch. [vrsch. f] und, wie man zu Hofe saget, mit geschraubeten Worten. Luther SW. 61, 109; Unter einem sch–en Vorwand. Sch. 1078a etc.
c) (s. b) leichtfertig etc.: Der mit hübschen Mädchen handelte und ein feines Sortiment von dieser sch–en Waare beisammen hatte. W. 16, 156.
d) Eine sch–e Zunge haben, schwatzhaft sein. Adelung.
e) (ugw.) Die milde sch–e [glatte, sanfte] Hand der christlichen Kultur. H. Ph. 13, 202.
f) lasciv, nam.: durch verdeckte Behandlung des Wollüstigen gefährlich für die Sittenreinheit etc.: Die sch–sten Gedanken, wenn sie nur in feine unanstößige Worte gekleidet sind. L. 11, 175; Samps. 2, 3; W. 4, 196 etc.; auch von Pers.: wollüstig. 3, 40 etc.
4) Dazu: Sch–keit, z. B. (s. 1): Daß nasser Leim dem Körper eine gewisse Sch–keit giebt. Luc. 4, 356 etc. und bes. zu 3f: NMerk. (1797) 1, 94; W. 15, 59 etc., auch in Mz.: lascive Ggstde. Börne 5, 246.