Faksimile 0020 | Seite 842
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Saite saiten ~ner ~ener saitig Saitling
Sāīt~e, I. f.; –n; –n-:
1) die aus Därmen oder Metalldraht gefertigten faden- od. schnurartigen Körper, womit musikalische Instrumente bezogen und bespannt werden: Musik-S–n (zum Untersch. von 2). Karmarsch 1, 517; Darm-S–n (s. ebd.); Übersponnene (Darm-)S–n; Metall-, Draht-, Stahl-S. (z. B. G. 37, 130) etc.; Die S–n der Geige etc.; Geigen-, Violinen-, Baß-, Kontrebaß-, Violoncell-, Bratschen-, Harfen-S–n etc.; Die Hämmer bringen die S–n des Klaviers zum Tönen etc.; Die G-S. der Violine ist die dickste, die E-S. die dünnste, nach dem Ton, auf welchen sie gestimmt werden etc., in Mz. auch zur Bez. eines S–n-Jnstruments (s. d. und S–n-Spiel): Wie bie S–n auf dem Psalter durch einander klingen und doch zusammenlauten. Weish. 19, 17; Da der Spielmann auf den S–n spielte. 2. Kön. 3, 15 etc.; Die S–n meines Psalters. G. 4, 11; Ich muß von Neuem die Darm-S–n sägen [s. d. 1b]. 29, 309; So sei der S–n Scherz auch meines Alters Spiel. Hagedorn 3, 7; Sein Herz strömte gleichsam selbst in die S–n. H. R. 9, 119; Sie hat der Leier zarte S–n, | doch nie des Bogens Kraft gespannt. Sch. 58a; Dieser rauscht’ in die S–n. V. Od. 1, 156; Einen Frühlingsgesang mit begleitenden S–n. W. 26, 178 etc.
a) bildl. (s. II und besaiten): Wehmuth reißt durch die S–n der Brust. G. 1, 260; Die Liebe lief mit schaudernder Hand tausendfältig über alle S–n seiner Seele. 16, 82; Doch mied er die S–n des Seelischen und des Gefühls noch einmal wieder anzuschlagen [s. b]. Gutzkow Z. 4, 363; Eine die S–n unsers Gefühls stärker rührende Sprache. W. 34, 92; Ein Wort, das die gleichgestimmten S–n verwandter Seelen harmonisch erklingen ließ etc.; Bebungen der Seelen-S–n. Claudius 1, 109; Für gewisse Silber-S–n [vgl. Silberton] des Herzens, die so selten gerührt [s. b] werden. H. Merck 2, 35 etc.; ferner: Die Grundsätze werden desto gefährlicher bei Einem . ., der mit hochgespannten S–n der unähnlichsten Kräfte bezogen, leicht den Ton eines Jeden angab. IP. 8, 191; Widersprüche . ., wodurch nicht bloß alle Wohllaute, sondern alle S–n der Schöpfung zerrissen werden. Ders. etc.; Doch die alte Leier [s. d. 2b] wieder? | mit einer neuen Saite nur bezogen, | die fürcht’ ich, weder stimmt noch hält. L. Nath. 4, 6; Wozu noch harfen auf der längst vermorschten S.? Freiligrath SW. 4, 195 etc., vgl. (b): Immer auf derselben S. streichen, fiedeln, raspen etc.
b) (s. a) in stehnden Verbind., z. B. von etwas zur Sprache Kommendem oder Gebrachtem: Eine S. berühren, anschlagen etc.; Die Saite schlägt, klingt an, z. B.: Das Christenthum schlug zuerst diese S. an. Fallmerayer Or. 2, 19; Aber schon zu viel eine S. gekniffen, die ich gar nicht berühren wollte. L. 11, 539; Wenn ich euch nun sage, daß| ich selber schon die Sait’ ihm anzuschlagen | bereits versucht? „Was? und er fiel nicht ein?“ | Er fiel mit einem Mißlaut ein, der mich | beleidigte. Nath. 3, 10; Daß ich diese S. hätte mögen ein wenig anklingen hören. Sch. G. 1, 195; Eine Saite, die bei Ihnen am seltensten anschlägt. 133; Wir wollen diese S. nicht berühren. W. 1, 106 etc., ferner: Die S–n ändern, einen andern Ton anstimmen (s. d.), z. B.: So lebten wir, als plötzlich mein Genosse | die S–n änderte, mich trotzig oft verließ. Nicolai 5, 130 etc. und nam.: Andere (Cham. 4, 277; Lenz 1, 110; Stahr Rep. 2, 74 etc.), gelindere (Stilling 2, 125 etc.), mildere (Gutzkow R. 8, 363) S–n aufziehn od. aufziehn müssen, auch z. B. von etwas mehr oder minder Personif.: Das Fieber zog . . gelindere Saiten auf. B. 495a etc., ferner: Seine S–n [vgl. Fordrungen etc.] hoch spannen, z. B. L. 12, 444; Man sehe sich nur wohl vor und spanne den Weibern die S–n nicht zu hoch. Moscherosch Ges. 2, 823; Wenn man die S. zu hoch spannt, so reißt sie. Sprchw. etc.
2) (s. 1) S–n oder ähnl. Schnüre etc. zu anderm Gebrauch, z. B.: Ordinäre Sorten von Darm-S–n, wie sie zu verschiedenen Zwecken gebraucht werden, z. B. Drehbank-S–n, Uhrmacher-S–n zum Bespannen der Drehbögen, Darm-S–n zum Beflechten der Peitschenstöcke, zum Bespannen der Fachbogen der Hutmacher etc. Karmarsch 1, 517; Durch die S–n des Garns sauset das webende Schiff. Sch. 76a.
3) s. Anm. II. n., –s; uv.: in Zsstzg.: Ge-: Saitenspiel, eig. und übertr. (s. I 1a): Waren Das Handgriffe, die aus dem zarten G. ihrer Seele einen Ton hervorbringen konnten? Gutzkow 11, 328; Von deinem Worte bebt | melodisch das G. meiner Seele. Ders. (Hungari 1, 337) etc.
~en, tr., in Zsstzg., z. B.:
Āūf-: (selten) Saiten aufziehn; be-s.: Lieblich aufgesaitet | hängt eine Leier. Schwab 130. Be-: mit Saiten (s. d. 1 und 1a) versehn, beziehn, eig. und übertr.: Ein so zartbesaitetes Gemüth. Auerbach (DMus. 1, 1, 48); Streitende Kräfte b. das Herz; ihr mächtiger Einklang, | nicht ihr stürmendes Spiel bildet den mächtigsten Muth. Brinckmann Gd. 245; Cham. 5, 106; Empfänglichkeit eines reichbesaiteten Geistes. Ense Gal. 2, 125; Dies besaitete Holz [Klavier]. Heine Lut. 1, 240; Mit den Gedärmen eines Esels möchte ich meine Leier b. Reis. 4, 138; Mein Herz ist vollbesaitet deine Leier. Kinkel 212; Sein Mienenspiel ist eine Lyra, mit vollen herztiefen Empfindungen besaitet. Kürnberger Am. 3; Doch will ich euch nun frisch b., | dich, meine Leier! dich, mein Herz. Lenau 1, 56; Landgut, dessen Nachbarschaft durch das Echo zu einer Äolsharfe besaitet. IP. 17, 56; Dieses Saitenspiel der Brust, | das du hast so reich besaitet. Rückert 1, 283; Sein vielbesaitetes Barbiton. W. 18, 268. Ent-: der Saiten berauben: Ein entsaitet Instrument. Schlegel Rich. II 2, 2; Gd. 1, 86 etc.
~(e)ner~(e)ner, m., –s; uv.:
Darm-S. Droysen A. 2, 375 = Darmsaiten- Macher.
~ig, a.:
in Zsstzg. = besaitet (s. d.), mit Saiten versehn, z. B. in Bezug auf die Zahl der Saiten: Die sieben-s–e Leier. Beitr. zu d. Spr. 1, 168; Zur viel-s–en Laute. V. Th. 76, 45 etc. (vrsch.: In Begleitung der vielse itigen Mandoline etc. Arnim 309, sie ist vier-s. und vielseitig etc.); Zart-s–e Lyrik betreibender Poet. Schwegler (46) 73 etc.
~ling, m., –(e)s; –e:
Strähne von Darm zu Saiten; verallgemeint: reiner, trockner Darm (z. B. zu Würsten). Schm. 3, 290.
Anm. Saite ahd. saita, mhd. scite, f., neben saito, seito, m., auch in d. Bed. Strick, vgl. said, seid, n., = Strick, Netz, vgl. in Betreff der fragl. Abstammung Seil, Anm.; Wackern. Gl. 470; Graff 6, 157. Adelung erwähnt andern Stamms das mundartl. Saite, Kohl(en)saite, f.: großer Korbwagen von best. Inhalt (gw. 12 Kübel oder Körbe) zum Fahren der Kohlen nach den Hammerwerken, auch „Kohlsetzte“. S. ferner Sait, m., n.: (vralt.) ein Art Zeug, s. Schm. 3, 289; Schwäb. W. 445, vgl. Sayette.