Faksimile 0821 | Seite 819
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rupfen
Rúpfen: 1) tr. u. intr. (haben):
raufend (s. d.) an Etwas ziehen, zupfen, reißen, und: so pflücken, z. B.: Wenn er die Bir[n]en „ropfft“ | vom Baum. Opitz 1, 125; Die Pferde r. das Gras von der Wiese (ab) etc., häufiger: Einem Haare aus dem Bart etc.; Einem in den Haaren r. etc.; Seh ich Perücken, | möcht’ ich sie r. G. 8, 249; Die Wolle, den Flachs etc. aus einander r. etc.; Einem Vogel Federn aus dem Flügel r. etc.; Federn, wenn sie von der lebenden Gans gerupft werden. Karmarsch 1, 759; Die Gänse werden jährlich dreimal gerupft etc.; Vögel in der Küche, zum Braten etc. r. Scheibler Kochb. 2; G. 2, 202; 9, 368 etc. Übrtr.: Sein Hühnchen r. [sein Schäfchen scheren]. Klinger F. 59 etc.; Einen r., ihn derb pflücken (s. d. 3), ihm sein Geld abnehmen etc.: Die Deutschen, welche sich von solchen Glücksrittern täuschen und r. ließen. Guhrauer Less. 1, 315; Galgenvögel, die Einen r., daß keine Feder übrig bleibt. vHorn Schmj. 72; Klinger F. 264; IP. 58, 100; Er pries .. sein Geschick, das .. einen Vogel in sein Netz schlüpfen ließ, den er r. konnte, und spielte so schlau, daß er einen Satz nach dem andern einstrich. HSmidt gL. 2, 13; Thümmel 7, 13; W. Att. 3, 2, 85 etc., so auch: (Nicht) ungerupft. G. 21, 126; Sch. 5, 161 etc.; ferner z. B.: [Er] spreize wie ein Pfau sich mit dem Schweif, | wir r. ihn und kürzen ihm die Schleppe. Schlegel Sh. 7, 281; Barleibiger als ein gerupftes Hühnlein. Musäus M. 5, 118; Eine Gans .. zu verführen, um Geld zu kriegen und dann hören zu müssen, die Gans sei kahl (s. d. 2b), gerupft! Immermann M. 3, 438; Einen schlechten, gerupften [armseligen, ruppigen, s. d.] Vogel einzuführen. G. 28, 57 etc. Sprchw.: Ein Hühnchen (s. d. 1) mit Jemand zu r. haben (vgl. pflücken 7a). Pz 3, 128 etc., s. auf-, vor-r. Ferner z. B.: Warum stecken sie sich zwischen Hänschen und Gretchen? Was da steht, Das muß sich gefallen lassen, alle Augenblicke gerupft zu werden. B. 498a, empfindlich hin und her gezogen zu werden (zunächst an den Haaren) etc.; Obgleich Ebbe und Fluth beständig daran r. und wühlen. G. 23, 106 [Etwas wegnehmend] etc. 2) zuw. refl. (s. 1): Schau, wie sich’s [das Wölkchen] aus einander rupft, | wie Unsereins, wenn’s Wolle zupft. Echtermeyer 145 etc.; Buchdr.: Weil sonst das Papier leicht zerreißt oder sich rupft (d. h. kleine Theilchen ablässt, die mittels Farbe an den Lettern hängen bleiben). Karmarsch 1, 394. 3) dazu: Rupfer:
a) Jemand, der rupft, z. B. bei den Hutmach. die groben Haare aus den Biberfellen etc.
b) Arzn.: die den wahren Geburtswehen vorangehenden oder Vorwehen; Die weissagenden Wehen treten noch immer als leicht vorübergehende Schmerzen auf, als eine lästige, vom Kreuz gegen den Schoß ziehende Empfindung (Rupfer, Kneiper). Spiegelberg Lehrb. der Geburtsh. (1858) 93, vgl. schwzr.: Rupf, m.: schneller und sogleich nachlassender Zug (niederd. Rups), so Haarrupf etc.; Mz.: Rüpf, von schmerzl. Empfindungen, wie bei der Kolik etc. Stalder 2, 293.
Anm. S. raufen, Anm. Bei Ältern ropfen, s. o. Opitz und aus-r. Vrsch. mundartl. ropfezen (g’ropfezen, grepsen) = rülpzen etc. Schm. 3, 119, vgl. Graf 2, 500 und wohl hierzu durch Umdeutung (vergl. Gärberhund) die vralt. RA.: Den Fuchs ropfen (Fischart B. 224a) oder streifen (ebd.) = vomieren, sich kotzen (s. d., Anm.). Zu unserm r. aber (niederd. ruppen) gehört ruppig (s. d.), ferner mundartl.: Rupfen, m., f. = Spinnerocken; Werg, Hede (Rupp. Stalder) und: rupfen, a.: aus Werg. Schm. 3, 119 ff.; Spindler Vog. 2, 329; 407 etc. und schwzr. (vrkl.) rüpfeln, tr.: ein wenig rupfen.
Zsstzg. vgl. die von pflücken, raufen etc., z.B.: Áb-: Mit der Hand Ähren a. 5. Mos. 23, 25; Das A. der Trauben. G. 23, 25; Abgerupfte [abgerissene, unzusammenhängende] Märchen. 3, 210; Die sich aufs Negieren legen und gern Dem, was ist, Etwas a. möchten. Sch. 2, 223; Ihr seid also ein abgerupfter Vogel [ausgeplünderter Spieler]. Jffland 3, 3, 25; IP. 41, 15 etc.
An-: zu rupfen anfangen, nam. weidm.: Rupf an! (Laube Br. 282) oder: „rup an, Männchen“ (Döbel 2, 190b). Ruf an den Falken, wenn er fressen soll.
Āūf-: Einem Etwas a., vor-r., auf-, vor-rücken, porwerfen, sehr häufig bei Ältern, s. Schm.; Grimm; Wurm und noch z. B. schwzr. Gotthelf G. 58; U. 2, 151 etc., dazu: Aufrüpflich, a.: zum Vorwurf gereichend etc. Keiseroberg Narr. 325; Kirchhof Mil. 139 etc.
Āūs-: Jetzt will man es Alles mit Gewalt ausropfen. Franck (Wackern. 3, 327 ²⁰); Die den Euripides ausgerupften Federn, womit er seine Blöße zu decken sucht. W. 13, 56; Luc. 6, 390; Fiel dem Kaiser in den Bart, ropft ihm ein gut Theil dessen aus. Zinkgräf 1, 17 etc.
Be-: Einen Vogel, Jemand etc. b., rupfen, rupfend berauben etc., z. B.: weidm. vom Hund: dem Hasen Wolle, den Vögeln Federn aus-r. Laube Br. 242: Müsse eure Nachkommenschaft von privilegierten Beutelschneidern bis auf das letzte Flaumfederchen berupft werden. G. 34, 104; Wer meinen Ruhm berupft. Hagedorn 1, 79; Wohl bezauset und berupft. Luther SW. 61, 390; Wo den Flügel des Schmetterlings kein Lüftchen .. um ein gefiedertes Stäubchen berupft. IP. 3, 95; Schlegel Sh. 6, 101; Am Dorn und Busch bleibt Hut und Ärmel stecken, | sie fliehn hindurch berupft an allen Ecken. Sommern. 3, 2 etc.; Die Feldhühner mit unberupftem Kopf. Immermann M. 2, 243; Ein unberupftes Kinn. W. Luc. 4, 379; Die Schriften unberupft [ungeplündert] zu lassen. HB. 1, 76.
Ent-: Die .. Feder, | die den Fittigen ist krächzender Raben entrupft. Rückert 2, 288.
Ver-: rupfend verderben (s. zer-r.): Felder .. sahen wie verrupft aus. Kinkel E. 437 etc.
Vōr-: (Einem) Etwas v., s. auf-r. SClara EfA. 1, 219; 261; 338; 400 etc.
Zer-: entzwei rupfen, rupfend zerstören: Da flockt zerrupft hernieder .. das .. Gefieder. Geibel J. 189; Hätte ich mein Werkchen wieder z. und die Form zerstören müssen etc. G. 22, 176; Die guten Namen ihrer Mitschwestern zu z. Prutz Mus. 2, 320 etc.