Faksimile 0624 | Seite 622
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quer
Quêr, a.:
1) in einer Richtung, die die grade od. Längsrichtung kreuzend (eig. und zunächst unter einem rechten Winkel) durchschneidet, also: der Breite nach, z. B.:
a) adv.: Von zwei Hölzern, die ein Kreuz bilden, steht je eines q. auf dem andern, jenachdem das eine oder das andere als in der Längsrichtung befindlich angesehn wird; Bänke, Öfen etc. stehn q. in der Stube, wenn ihre Längsrichtung der der Stube nicht parallel, sondern lothrecht dazu ist; Eine Gasse läuft q., wenn sie die Hauptstraße rechtwinklich schneidet etc., s. Q.-Bank, -Ofen, -Straße, -Flöte etc.; Mit dem Balken q. durch die Thür, q. ins Haus wollen; Q. über den Weg, das Feld reiten; Die Flöte q. vor den Mund halten etc., s. c; Leiterwagen mit vier q. gespannten Pferden. Alexis H. 2, 3, 186; Den Weg, der q. durchs Thal geht. G. 5, 8; Dreht sich g. 11, 187; 193; Einen q. liegenden Bogen zurechtzurücken. 22, 279; Q., überzwerch liegende Füße. L. 8, 224; Reithard 354; Ich roll einen Stein [s. d.] in dem Weg ihm g. (s. 2c). Rückert Mak. 1, 46 etc.
b) als Ew.: In q–er Richtung. Burmeister Gsch. 92; Eine q–e Kloakenöffnung. 415; Der gerade Durchmesser von vorn nach hinten .., der q–e von links nach rechts. gB. 2, 121; 247; Gelangte auf einen q–en Fahrweg. König Fam. 1, 336; Da sprang er über q–e Bänke. Uhland V. 648; Vogt Oc. 1, 29.
c) (s. a) verschmelzend mit adverbiellen Präpos., vgl.: Q. durch den Fluß waten; Q.-durch waten oder: q. durch-waten; Auf der großen Heerstraße, die q.-durch vom Rheinlande nach Würzburg läuft. Immermann M. 3, 143 etc.; Mit einem Blick konnt uns der Feind | q.-über übersehn. Gleim 4, 33 etc. (vergl. über-q. 1); Vor das Jagen q.-vor nach dem Laufte zugestellt. Döbel 2, 25a, vgl.: Man sieht .. im Grunde des Donauthals die Berge q. vorliegen. G. 26, 115 etc., s. auch Hirn 2 etc.
d) an c schließt sich eig. und übrtr. (s. 2); Q.-feld oder Q.-feldein (s. I. Ein) kommen, rennen etc., Einen fragen (vgl. Q.- Frage) etc., s.: Sonst kommen Andere über q.-feld einher geplumpet und dringen sich in Ämter. Luther SW. 35, 59 etc., vergl.: Jch komm euch q.-wegs. V. Sh. 3, 580 etc.
e) zur Bez. der verschiednen, sich durchkreuzenden oder der Richtungen nach allen Seiten hin, nam. in der Verbind. mit Kreuz, s. d. 4c und z. B.: Dann schickt die Werber kreuz und q. Falk Mensch. 148; Schau um dich her | rechts und links und kreuz und q. WhMüller 1, 175; Zum kreuz und q–en Nachschlagen. EWagner 10, 17 etc., vgl.: Lief | her und hin und q. und schief. Rückert Mak. 1, 59 etc.; Und ziehe .. | herauf, herab und q. und krumm| meine Schüler an der Nase herum. G. 11, 18 etc.
2) übrtr., z. B. im Ggstz. zu dem Rechten, Graden etc. (a—e) oder von Dem, was Jemandes Weg durchkreuzt, ihm unerwartet hindernd, störend entgegentritt etc. (f), so:
a) Nur auf höchst q–en und krummen Wegen. Schelling 2, 2, 558; Ging also durch unendliche Krümmungen und q–e Processe in seinem Laufe fort. Möser Osn. 1, XXIV etc.
b) Q. blicken, schielen etc.; Wie schielt ihr rothes q–es Auge! Kosegarten Rh. 1, 51 und daher z. B.: An diesem Fehler kranket unser Adel ganz besonders, daß er solche Zierrathen q. [mit schelem Auge, neidisch] ansehe. G. 22, 327; Welcher meine vorgenommene Reise mephistophelisch q.-blickend [aus einem schiefen Gesichtspunkt, den Gesichtspunkt verrückend] ansah. 339 etc.
c) verdreht, verschroben etc. (s. Q.-Kopf): Mit einem seltsam unbeholfnen, q. stilisierten Schreiben. Ense Tag. 1, 284; Letztere so sanft, sinnig und angenehm, als Erstere hart, q. und unerfreulich. 327; Der Kerl ist q. im Kopf. Prutz Mus. 1, 208; Anfangs ein wenig g. und verschroben, wie es Seemännern zu gehn pflegt. Sealssield Tr. R. 1, 26; Der q–e Genoß! V. Th. 15, 8; Er ist ein q–er Bursch, doch spricht er wahr. Sh. 3, 97 etc.
d) (s. c und e): Leb’ ihr’s [das Kind] mit q–er [von dem richtigen, gew. Lauf der Natur abweichenden und der Mutter so entgegentretenden] Unnatürlichk. zur Qual. 183.
e) Etwas geht a. (vgl. schief), verkehrt, nicht so wie es sollte etc.: Im andern Frühjahr ging Alles mit einem Male q. Lewald Leb. 3, 9 etc.
f) (s. o. und Quere) Diese Fragen kamen dem Wirthe g. Freytag Soll 2, 49 (vgl. Q.-Frage); Diese Überraschung gerade von dieser Familie kam dem jungen Grafen so q. König Mar. 1, 168; Das Schicksal muß einen großen Mann aus mir haben wollen, weil’s mir so q. durch den Weg streicht. Sch. 108a; Der den Lesenden etwa | oder den Schweigenden q. anrennt mit jedem Gesprächsel. V. H. 2, 35 etc., s. Zsstzg.
Anm. Aus ahd., mhd. twër(ch), dem (s. Quark, Anm.) zwerch (s. d. und Schm. 4, 308 und vergl.: Quergpfeif. Wackern. 3, 611⁴¹ etc.) entspricht und niederd. dwars, das auch in der Schiffsspr. gew. ist, s. Bobrik 247 ff., vgl. holländ. dwars, engl. (a)thwart etc., s. auch dwatsch (vgl. 2c) und vgl. goth. thvairhs = zornig (etwa als übrtr. Bed.?, vergl. böse 2). Ein Untersch. in der Bed. zw. den (nur mundartl. versch.) q. und zwerch, wie ihn Mendelssohn 4, 1, 118, aufstellt, ist unbegründet. Zu q. gehört: Die Quere, ahd. twërî, mhd. twër und twirhe (s. Wackern. Gl. 542 u. 108), ferner mundartl. (in Sachsen etc.): Quiere f.: ein mehr in die Breite als in die Länge sich ausdehnendes Feld. FBWeber Term. 432a; quieren, tr.: in der Quere pflügen, haken, eggen. ebd. (s. Adelung), auch queren, vergl.: Verquerte Antwort. Schottel, s. ver-q. und verkehrt. S. Quirl, Anm.
Zsstzg.: Über-:
1) adr. [s. 1c] überzwerch: Sie lauschet ü., | ob ich zu Hause bin. G. 1, 21; Da kam der Sohn ganz ü. | gestolpert über Sterne her. 2, 141; Eine widerspricht ja stets | der Andern heftig, ü. die Andere ihr. 12, 189; 194 etc.; Hing den Küchenbuben über-q. über einen Balken. Luther SW. 60, 30 etc.
2) selten als Ew., s. 1 und [2f]: Da macht mich ein ü–er [mir durch den Kopf kreuzender] Gedanke mitten im Zimmer still stehn. Möricke Moz. 105 etc. Ver-: mundartl. statt des Grundw., z. B.: Beide Augen stehn v. [2b]. Reuter Reis. 25; Wir waren uns beim Thee sehrv. [konträr, entgegen]. Kühne Fr. 121; Die lakonische Antwort des v–en [1c] Gesellen. 131 etc., niederd. verdwa(r)s.