Faksimile 0554 | Seite 552
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Pinsel
Pinsel, m., –s:
uv.; –chen, ein; -: 1) bei manchen Thieren ein abgesonderter Haarbüschel, z. B.: Ohr- P. [des Luchses]. Oken 7, 1589 etc. und nam. weidm.: P., der lange Haarbüschel an der Brunftruthe beim Hochwild, besonders beim Rehbock. Laube Br. 278; auch vom Keuler: Die langen Haare an dem P. (Nabel). Döbel 1, 24b etc. und danach auch: Das männliche Glied [des Hirsches etc.] heißt die Ruthe, der Zimmel oder P. 18b; 286 (vom Rehbock). 2) ein Haar- od. Borstenbüschel mit Stiel, zum Auftragen flüssiger Substanzen auf eine Fläche, z. B.: Mit dieser Hausenblasenlösung bestreicht man mittels eines zarten P–s den Taft [zum englischen Pflaster]. Karmarsch 1, 722; Die P. der Maurer, Tüncher etc. und nam.: der Maler, z. B.: Daß die Feder und der Stift [des Zeichners] Dinge machen können, welche dem P. zu machen unmöglich sind. L. 11, 135; Solche feine Schattierungen der Rede sind der Feder so unerreichbar, als nimmermehr dem P. jenes ätherische Farbenspiel sein kann, das etc. Thümmel 5, 61 etc.
a) als Bez. der Kunst u. Weise eines Malers: Seine Kompositionen, durch einen freien P. empfohlen. G. 21, 238; Greuze .. erfreute sich eines ehrenhaften, leichten P–s. 22, 395 etc., s. d.
b) (s. a) übrtr. auf die Kunst u. Art des Schilderns (s. d.) bei Schriftstellern etc.: In einem Gemüthszustande, dessen Abschilderung über die Kräfte unsers P–s geht. W. 4, 195; 9, 234 etc., s. d.
c) scherzh.: Ich muß dir den Rücken wieder ein wenig blau anstreichen mit dem hagebuchenen P. [Stock]. Hebel 3, 288, s. d: Birken-P.
d) Zsstzg. z. B.: Anstreich(er)-P., Tüncher-, Weiß-P., vgl. Streich-P.; Den Hintern mit dem Birken-P. [Ruthe] roth malen. Lichtenberg 1, 377; 4, 378 etc.; Borsten-P. Hog. 1, 66, Ggstz. zum Haar-P.; Dachs-P., aus Dachshaaren, (vergl. bei Spate: Feh- und Ratzen-P.); Faust- od. Hand-P., kleinerer Weiß-P.; Firnis-P., zum Firnissen; Als wäre jedes Pünktchen mit einem sorgfältigen Haar-P. getüpfelt. Kohl A. 3, 229, s. o.: Borsten-P.; Haus-P., langer Borsten-P. den Tüncher zum Anstreichen von Häusern etc.; Es scheint, als ob es mit einem „Haußbensel“ zusammengeflößet und mit einer Holzschere beschnitten wäre. Fischart B. 150a; Kunst-P. (a). Spate; Lack(ier)-P., Leim- P., zum Auftragen einer Leimlösung; Linien-P., feiner Mal-P.; Mal(er)-P.; Maurer-P.; DiesGemälde, diese Schildrung verräth einen Meister-P. (a; b); Öl-P., feiner Borsten-P. zur Olmalerei; Schlicht-P., zum Vertreiben und Verwaschen der aufgetragnen Farben; Die Blockformen, die Streich-P. [beim Handdruck in der Kattunfärberei]. Lewald Ferd. 2, 111 und allgem., s. Anstreich- P.; Theer-P., z. B. zum Eintheeren der Wagen- achse etc.; Tünch(er)-P.; Tusch-P., zum Tuschen; Vertreib(e)-, Wasch-P., Schlicht-P.: Weiß-P., langstieliger Borsten-P. zum Weißen, Tünch-, Anstreich-P., vergl. Weißbinder: Mit einem „Weißpensel“ angestrichen. Fischart B. 261a; Hier leih, o Tizian, den Zauber-P. (a) mir. W. 12, 285 etc. 3) zuw. noch zur Bez. für Werkzeuge, wozu früher P. dienten, z. B.: Kupferstech.: weiche Bürste zum Wegwischen des beim Radieren ausgehobnen Fitnisses etc. 4) selten verallgemeinert statt Büschel, z. B. bei Campe: (Elektrischer) Feuer-, Licht-, Strahlen-P. 5) nach der Ähnlichk.: P., Meer-P., Art Würmer, Sabella penicillus. 6) ein einfältiger Mensch, Simpel, Tropf: P. (weil er immer von Andern geführt zu werden bedarf). Kant Anthr. 21 (vergl.: Der nur zum Nachahmen geschickt ist, heißt ein P. [?]. 136, Ggstz. „Kopf“; Kr. d. Urth. 181 u. Hans Quast etc.); Wer am Zoll sitzt, ohne reich zu werden, ist ein P. G. 9, 284; Gotter Sch. 237; Klinger Seid. 25; Nur ein P. von Vater lässt sich auf diesem Wege zum Schwiegervater machen. Pfeffel Pr. 8, 88; Einem P. .., der Gimpel. Tieck N. 1, 24 etc. und verstärkt: Gimpel und Einfalts-P. 6, 191; Erz-P. etc.; auch: Ein Hochmuths-P. [eingebildeter Narr]. vHorn Schmj. 115 etc.
Anm. Aus lat. penicillus (Vrkl. von penis, Schwanz; männliches Glied) = Büschel, (Maler-)P. etc., mlat. pinsellus (vgl. frz. pinceau etc.), mhd. pensel, bensel, so noch im ältern Nhd., auch Pem(b)sel, s. Schm.; SClara EfA. 1, 480; Bemsel. 96. In der am Schluß von 1 erwähnten Bed. = lat. penis, s. o. und vergl.: Pesel, ein Ochsenziemer, holl. pees, engl. pizzle [z. B. bull’s pizzle. Shakesp. 343a], in Preußen Peserick [= Prügelinstrument, Karbatsche etc. Publicist 11, 63; Suder Altpr. 52 etc.]. .. Bullenpesel, dasselbe; Riemenpeitsche; Schmier-, Schweinepesel, ein schmutziger Mensch; Peselborg, verschnittner Eber. Brem. Wörterb. 3, 309 ff.; Schütze Holst. 3, 305; 1, 180; Bullenpäsel heißen durch Metapher die Blüthenkolben der Typha-Arten [in Strelitz Bullenpes]. Boll Fl. 31; Der kleine Pinkerlich, | .. kraus wie ein Eichelpeserich. Droysen Ar. 3, 263, bei V. Ar. 1, 42: Das Fieselchen [s. d.] .. krumm gedreht wie die Zirbelnuß, vergl. auch: Bullenfinke; pisacken und pissen Anm.