Faksimile 0545 | Seite 543
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Psui psuien
Psúi (einsilb):
1) interj.: bis zum (wirklichen od. angedeuteten) An- od. Ausspeien gesteigertes „fi“, s. d. (Anm.) u. vgl.: Daß man sogar, bei äußerst bittrer Ver- achtung, ausspeit oder doch wenigstens durch P.! dieses Ausspeien andeutet. Engel 7, 233; Doch sobald sie satt der Lust gepflogen, | spie sie, hui und p. sein Antlitz an. B. 57a etc.
a) ohne Einfluß auf die Rektion, z. B.: P., äck! [s. Ä 3c]. Rockenphil 3, 405; P.! äh! bäh! Auerbach Ed. 154 etc.; P. Teufel! G. 20, 39; „Pfu“ Teufel! Luther 5, 299a etc.; P. Spinne! Holtei Mensch. 1, 7 etc.; „Phfuch“, Schand der deutschen Nation! Brant N. 4, 27; P.! du Prahler! Cham. 4, 171; P.! aus mit diesen Allegationen! Fischart B. 32b; P.! ist Das männlich? G. 10, 14; 14, 158 etc.; Pfy! Deß sollt’ ein Biederman | .. sich .. schämen. Göckingk 1, 161; Hagedorn 2, 86; Pfuy! schämet euch! Langbein 1, 268; Lichtwer 112; Pfu! Der ist Nichts gewesen! Luther SW. 36, 108; P., p.! mir ekelt! Sch. 111b; Hui und p., wie sündig! Rückert Mak. 1, 101; P. ihr verzagten Wichter! Simrock Nib. 1785, im Urtext: Phî, ir zagen boese! etc.
b) mit Genit.: O p. der Schmach, p. über mich [s. e]. Daumer 1, 32; Forster Br. 1, 315; P. des Bösewichts! H. 4, 68; Klinger F. 78; 253; Pfu und aber pfu und wieder pfu unser blinden und schändlichen Undankbarkeit! Luther 5, 176b; Pfu des Menschen, der etc. Wagner Kind. 45 etc., s. auch d.
c) mit Dat.: P. dir mit solchen Streichen! G. 7, 78; P. dem Alten! Nicolai 1, 39 u. Ramler F. 2, 465; Rückert Mak. 2, 96; Roquette Hühn. 232 etc.
d) mit Acc., nam. in der Verbind.: P. dich! (Claudius (Guhrauer 1, 312); Pfu dich! Mark. 15, 29 u. Randgl. zu 3. Mos. 26, 41; Pfu dich Teufel! Luther 8, 8a etc., was aber urspr. wohl Jmper. eines Refler. ist, s.: Pfü dich der Schand und Sünd, | daß ich etc. Wackern. 2, 56³ (Waldis) = schäme dich etc. u. vergl.: anpfuien.
e) mit abhäng. Präp.: „P. über dich!“ . .. Ihr habt das Recht, gesittet p. zu sagen! G. 11, 144; L. 1, 342; P., p. über das schlappe Kastratenjahrhundert! Sch. 106b; 121a etc.; P. auf Sie! Goltz 3, 154; Fui auf eu’r Gesetz! V. Sh. 2, 94 etc.; vgl.: P.! .. von dem Ehrenmann! [schweigen Sie etc.]. Haller 125. 2) substant. (vergl. anpfuien): zur Bez. von Etwas, wozu man p. sagen, ausspeien muß:
a) sachl.: Abscheulich! ein wahres Pfuy. Lichtenberg 3, 599; Wer hat euch von dem täglichen, ja oft stündlichen Pfuy [A-a] .. gesäubert? Wackern. 3, 923 ¹² (SClara); Bücklinge, welche rochen wie der Magd Pfu. Fischart Garg. 55b etc.
b) persönl.: Wie der höllische P. V. Sh. 2, 382, mit Anm.: Der höllische Fui, d. i. der höllische Satan.
~en, intr. (haben) und tr.:
pfui zu Etwas sagen; es anspein; Ekel davor, Verachtung dagegen empfinden: Christina pfuyt in Schwedens Weltgetümmel. JBMichaelis 64; Einen, sich p., nam. im Jmper., s. pfui 1 d u. an-p., vergl.: Die Namen verschiedener Professoren wurden nach einem damals üblichen Lieblingslosungswort der Göttinger Studenten, zugleich dem stärksten Ausdruck der Verachtung und Mißbilligung ,gepfuibalsert“. .. Eine Anekdote, durch einen Studenten mit Namen Balser veranlasst, hatte die deutsche Sprache mit diesem eigenthümlichen Terminus bereichert und der Hainbund „pfuibalserte“ mit ihm alle offenen und versteckten Gegner seiner Tendenzen. OMüller Bürg. 27 ff. Zsstzg. z. B.: Án-: Euer Pfui, damit ihr die Gabe des heiligen Geistes anpfuiet. JBöhme 4, 338, vgl.: Pfuchzen und speien ihn an. Mathesius Christ. 2, 26a etc. und nam. im Imper. (s. pfui 1d): Pfui Sie an! pfui, daß sie lacht! Engel 6, 263; Pfu die Menschen an, daß sie so böse sind. Luther 5, 70b; 6, 502a; 8, 41b; SW. 6, 51; 61, 71; 259; Murner Ul. 4; Pfui mich an, daß etc. Olearius Baumg. 51a; Pfui dich an, altes Felle! Schlegel Kaufm. 3, 1; Fui ihn an! V. Sh. 2, 220; 327 etc. u. subst. (s. pfui 2a u. b): Einen ungeschliffenen Pfuy dich an. Garzoni 641b; Wozu soll die Lust des Fleisches? Vielleicht zu einem wenigen Pfu dich an. Luther 8, 22a; 123b; Lässt einen Pfui-dich-an [Furz] .. streichen. Rachel 8, 66; Spate 2, 194; Daß wir bei dem schönen Anfang einer so höflichen [iron.] Pfuidian eingelegt. Weise Mas. 43 etc. Aūs-: Sie halten mich zurück, die Zeit, worin ich lebe, aus-zu-p. W. (Schwäb. W. 64). Ver-: Etwas als Ggstd. des Ekels und Abscheus erklären: Dann kann ich .. das verdammte Schimpfen und V. unsers Jahrhunderts unmöglich länger ausstehn. W. Merck. 2, 104 etc.
Anm. Tonw., vgl. lat. pfui, pfy etc. u. s. nam. Schm. 2, 307 über „pfuh, pfuch“ u. Fortbild. (vgl. fauchen) und: Pfuh! [Ausruf eines Ermatteten, Verdrießlichen etc., vergl.: Uff! etc.] ich weiß gar nicht, wie die Gesellschaft so aufgeräumt sein kann. Rabner Br. 25 etc. Über die Schreibw. vgl. hui und fi.