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Pelz
Pélz, m., –es; –e; –chen, lein; -:
1) ein dicht- und weich-behaartes Thierfell:
a) als Bekleidung des lebenden Thiers: Im November, wo der P. vollkommen ist, werden die Zobel wieder schwärzer. Oken 7, 1495; Im Winter wächst sein P., im Sommer härt er sich. Rückert W. 1, 194; Im P–e verborgene Öhrchen. Tschudi Th. 310 etc.
b) das haarige Fell abgebalgter Thiere, insofern es zur wärmenden Tracht für den Menschen dient: Mit P. futtern, ausschlagen, besetzen; Die P–e der schwarzen Füchse werden am meisten geschätzt, weil sie die moskowitischen Fürsten am häufigsten tragen. Oken 7, 1545 etc., s. P.- Werk, Pelzerei.
c) (s. b) nam. ein aus Pelz gemachter oder mit Pelz gefütterter Rock (Mantel etc.), vgl.: Landworte der Meißner . ., wann sie den Rock einen P. nennen, welches ihm nicht zukommt, als wenn er gefüttert. Leibnitz (Wackern. 3, 1018²⁰); Einen großen, kostbaren P. tragen; Sich in seinen P. einhüllen, einwickeln, einmummeln; Die Motten aus dem P. klopfen (s. 2); Sie sind umhergegangen in „peltzen“ und Ziegenfellen. Hebr. 11, 37; Er schüttelt den herabgenommenen P. . . Vom P–e die Läuschen | enthüllen sich ehr. G. 12, 84; Eine Thorheit mehr | verliert sich im übrigen Heer, | wie im P–e des Juden eine neue Laus. Hebel 2, 189 etc.; Sprchw.: Der P. hat Läuse (s. d.); Einem Läuse in den P. setzen (vgl.: einen Floh ins Ohr); Man darf nicht Läuse in den P. setzen, sie ommen ohnedas etc. (Körte 3720; Luther 8, 379b), vgl.: Er hat für mich eine Excellenz im Sinn; bitte, lassen Sie mir sie nicht in den P. kommen. König Jer. 3, 212, sorgen Sie, daß ich von diesem Übel verschont bleibe etc.; Ein alter P., da Haut (s. d. 1a) und Haar nicht gut an ist (Luther 6, 6, 142b); Ist da der P. zerrissen? [hapert’s da? ist Das die Ursache des Kummers? etc.] Rachel 7, 429; Sich einen P. saufen, daß Einem der Narr nicht erfriere (Fischart Garg. 85a); Einen P. von Wein und Bier trinken (Großm. 98), sich trinkend erhitzen und berauschen, s. Zippel-P.; Die alten Weiber schütteln den P., Volksbez. für: es schneit (s. Holle 2) etc. S. nam. Kuppel-P.
d) zuw. für eine Pers. im P., nam. in Zsstzg., s. Schaf-P. und vgl. 3. 2) (s. 1) scherzh. von Menschen = Haut, Fell, Leib etc.: Einem Eins auf den P. brennen (G. 9, 142) oder schießen (Sealsfield Leg. 2, 153), geben; Wir fall’n ihm in die Flanke und pfeffern ihm den P. Reithard 69 etc.; Einem auf den P. [zu Leibe] rücken, kommen; Sich die Sonne auf den P. scheinen lassen; Sorgend, daß die Maiensonn’ ihm | süß erwärmend auf den P. schien. Scheffel Tr. 113 etc.; Der König kann Eins auf den P. kriegen [naß werden etc.]; seht ihr das Gewitter dort? Weiße Kom. 3, 60; Wenn ihm der liebe Gott noch einen tüchtigen Platzregen .. auf den P. schicken sollte. W. Luc. 5, 397; Es liebt Keiner, sich so den P. auswaschen [sich naß regnen] zu lassen, s ist eben kein Aufstandswetter. Höfer V. 107 etc. Auch: Einem den P. (vgl.: den Kopf 2d) waschen, ihm derb zusetzen (mit Schlägen, Vorwürfen, ernsten Wahrheiten etc., s. Lappenberg Ulensp. S. 247, eig. = putzen. Keisersberg Post. 2, 21, vgl. Ausputzer etc.); Wer dem Bären den P. waschen will, Der seh sich vor, daß er nicht selbst gewaschen wird. Alexis H. 1, 1, 186, gebläut etc.; Kam mit dem Rocken gelaufen . ., | dem unglücklichen Bären den P. zu waschen [ihn durchzuprügeln]. G. 5, 138; Die Ärmste, der solchergestalt der P. gewaschen [die ausgescholten] worden, ging . . mit verweinten Augen umher. Kinkel E. 151 etc.; Einem den P. waschen und ihn nicht naß machen, nam.: eine derbe Zurechtsetzung beabsichtigen, aber aus Zaghaftigkeit nicht mit der Sprache herausgehn, sich glimpflich äußern (vgl.: Das Hühnchen schlachten und ihm nicht wehthun wollen etc.), allgm.: einen Zweck wollen, aber die Mittel dazu scheuen; Man kann doch einen P. nicht waschen, ohne ihn naß zu machen, sapperment! W. 1, 139 etc.; Einem die Motten aus dem P. klopfen (s. 1c), ihm den P. aus-, durchklopfen, durchwamsen, gärben etc., ihn gehörig durchprügeln; Einen tüchtigen P. haben (Alexis H. 1, 1, 57) = ein dickes Fell (s. d. 1) haben; Noch den alten P. anhaben (s. 1c), noch in der alten Haut stecken, noch nicht einen neuen Menschen angezogen haben etc. 3) zu 2 gehört auch wohl (s. Fell 2, Balg II 1) P. als Bez. einer Person (vgl. 1d) in Zsstzg. wie Faul-, Sau-, Schmier-, Schweine- P. (vgl. Geiz-Kragen etc.) und (vralt.) = Weibsstück (s. Kuppel-P.): Also ließ er sich [als] einen Boten nach allen Pelzlen um ein Stück Brot schicken. Schaidenreißer 76a [18, 71, wie (bursch.) P. = Hure (,,Schnalle“) und Hurenhaus („,Puff“). Vollmann 359, in der letztern Bed. auch: P.-Mühle, wie P.-Müller(in) = Bordellwirth(in), Kuppler(in). 4) Wollmanuf.: Das erste Kratzen [der Wolle] heißt insbesondre Schrubbeln und es wird dabei das Material in eine breite und dünne, lockere, wattenartige Fläche (P., Fließ) ausgebreitet, welche sich um eine hölzerne Trommel mehrfach aufrollt. Karmarsch 3, 640 etc. 5) (bair.) Der Vogel macht einen P., sträubt sein Gefieder. Schm. 6) (schwzr.) Puppenhülle des Schmetterlings. Reithard XII etc. 7) eine sich ansetzende Haut (s. d. 4) über Flüssigkeiten, z. B. über Milch (Sahn-P. Weinhold 68), Dinte (Schimmel-P.), vgl.: Tintefaß, das so pelzig war und so wenig Flüssigkeit enthielt. Bettine 1, 37. 8) ein sich verfilzendes Pflanzengewebe (vgl. Filz 3): Die Wiesen sind mit einem P. bewachsen. Adelung; Nach Überschwemmungen bleibt zuw. ein P. auf den Wiesen zurück. Ders.; Als sogar die Kartoffeln im Keller ihre Keimkraft nicht mehr an sich halten konnten, sondern zu einem P. und Wirrsal verwuchsen. Goltz 2, 20 etc. 9) die schwammige, zähe Beschaffenheit saftloser Früchte: Die Birne hat den P., ist pelzicht, vgl.: sie verpelzt, wird pelzicht, s. Schm.; Weinhold etc. 10) ,,von Gliedern des menschlichen Leibes, vorübergehnde krampf- Sanders, deutsches Wörterb. II. hafte Fühllosigkeit“. Schm., vgl.: Wenn man so sein Leben lang immer dastehn müsst’, daß Einem die Füße ganz pelzig werden. Auerbach D. 1, 296. 11) scherzh.: Die Semmel ist unter dem P. gebacken, so daß die Backhitze nicht gehörig einwirken, die Rinde nicht genug bräunen und knusprig machen konnte, s. Weinhold, vergl. (in Mecklenburg): Die Semmel hat das Fieber (nach dem bleichen Aussehn). 12) der dumpfe Klang einer (gleichsam eingehüllten) Stimme. Lichtenberg 3, 327, vgl.: Meine Stimme ist gedrückt und pelzig. 318; Belzerne Klocke. Spate 467.
Anm. Ahd. belliz, mhd. bellez (belz), vgl. frz. pelisse vom lat. pelliceus, aus Fellen (s. Diez 257), zu pellis, Fell, s. d., Anm. und vgl. Pelle. Veralt. Schreibw. Belz. Fischart Garg. 85a; 93a; Opitz 2, 256; Frisch etc.
Zsstzg. nam. zu 1, nach den versch. Thieren (wovon wenige Bsp. genügen) etc.: Fāūl- [3]: Spindler Vog. 1, 117; Faullenzer, s. d. und Fortbild., so: faulpelzen. Stalder; Faulpelzerei. Gotthelf Sch. 77; faulpelz-ig, -isch etc.
Fēūer-: der röthliche Pelz des kamtschatkischen Fuchses. Oken 7, 1551.
Fúchs-: z. B.: Mit F–e verbrämt. V. 2, 146 etc.; sprchw.: Erschrecken Sie über den F., mit dem Sie Ihre Löwenmähne bedecken sollten. G. 10, 54 (s. Fuchs 8); Den Wolfs-P. mit dem F. vertauschen, Gewalt mit List etc. Hermelīn-. Husāren- [1c].
Klátsch-: von Lämmerfellen. Weinhold.
Kúppel-: die Belohnung für eine gestiftete Heirath: Sich einen K. verdienen. G. 8, 139; Jetzt sorg auch für deinen K.! Friß aus, was du einbrocktest [indem du deine Tochter verkuppelt]. Sch. 192betc., auch bloß: Daß mein Pelz nur recht schön wird! FLSchröder 1, 3, 98 etc. Vielleicht nur Umdeutung, s. [3] = Kupplerin: Sich einen „K.“ verdienen = sich diese Bez. verdienen. Lēīb- [1c]: rockartig sich dem Leib anschließend, im Ggstz. zu den gw. weitern und längern Schlaf- und Reise-P–en, in die man sich (nam. auch die Füße) einhüllt: Der Tochter bewunderten L. V. 2, 157. Rēīse- [1c]: s. Leib-P. Sāhn(en)- [7]. Sámm(e)t- [1c]: ein pelzgefuttertes Sammtgewand. Spate. Sāū- [3]: säuischer Mensch, auch Schmier-, Schweine- P. (oder -Pesel), s. Fortbild. bei Faul-P.
Schāf-: auch sprchw. (s. Schafskleid): Ich werde hinter diesen jüd’schen Wolf | im philosoph’schen Sch. Hunde schon | zu hetzen wissen, die ihn zausen sollen. L. Nath. 4, 4 etc. Auch [1d] = Jemand im Sch.: Was hält mich denn von der Schwelle zurücke der Sch. [Schäfer]? Platen 4, 36. Schimmel- [7]. Schlāf- [1c]: s. Leib-P. und Schlafrock. Rabner Br. 297. Schmīēr-, Schwēīne-: Sau-P. Sómmer- [1a]: das Thierfell in seiner Sommerbehaarung, Ggstz.: Winter- P., mit der dichtern Winterbehaarung. Wēīber- [1c].
Wínter-: s. Sommer-P.; auch [1c] Pelz, wie man ihn im Winter trägt. Schweinichen 3, 305.
Wólfs-: s. Fuchs-P.
Wóll-: Woll-Fließ. Zípfel-, Zíppel- [1c]: aus Lämmerschwänzen (s. Weinhold 68b und 109b, vergl. Orden 2d am Ende), auch: Wo der liebe Trunk den Z. warm macht, so steht der liebe Friede gar auf schlechtem Fuße. Weise Js. 37, s. [1c] Kschart und [1d], vgl. Schaf-P.
Zōbel-: z. B. übertr.: Dieser barsche [Ton] ist eher der warme Z. der Gutmüthigkeit. Börne 5, 228.
Zóttel-: zottiger Pelz, z. B. [1a]: Jch klammerte mich an deren [der Ziegen] Z. an. Immermann M. 2, 129 etc.