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peitschen
Pēītschen, tr. und intr. (haben):
1) mit sausend die Luft durchschneidendem Ton schlagen, zunächst mit Bezug auf lebende (fühlende) Obj. (a; b):
a) peinigend: Jemand p., mit einer Peitsche, Geißel, Ruthe, Gerte, mit Hasenpappeln (W. Luc. 3, 145 etc.), mit Nesseln (Arnim 57), mit Draht (W. Merck 2, 72) p. etc.; Einen p. bis er Ol (s. d.) giebt etc.; Wer recht uns peitscht [den Tyrann], Den lernen wir verehren. Cham. 4, 79; Mir die Beine und Waden auf das grausamste zu p. G. 20, 76; Die Rechte peitscht dem Fürsten in die Lenden. Lenau Alb. 154 etc. Übertr.: Mich peitscht’s mit Ruthen, brennt wie Nesseln, | hör ich nur | von dem Politiker. Schlegel Heinr. IV. 1, 1, 3, es peinigt mich so, ich habe das Gefühl, als würd’ ich mit Ruthen gepeitscht etc.; Ihr, die ihr meinen Bruder Lavater so peitscht. Stilling 3, 173, die ihr sein Werk über Physiognomik mit satirischen Geißelhieben verfolgt etc., s. c und e.
b) zur Eile antreibend, jagend (s. d): Die Pferde p.; Auf die Pferde (los-, ein-, zu-) p.; Wie von unsichtbaren Geistern gepeitscht, gehen die Sonnenpferde der Zeit mit unsers Schicksals leichtem Wagen durch. G. 22, 414; Der Kutscher peitschte zur Eile. Gutzkow R. 2, 341 etc., s. e. Ferner mit leblosem (unfühlendem) Obj. (c; d), so:
c) (s. a) Der Löwe peitscht mit dem Schweif den Boden; Wild peitscht sein Schweif die Erde. ESchulze 3, 298; Alxinger D. 67 etc.; Peitscht grausend die Meereswoge den Strand. Kind (Echtermeyer 294) etc.
d) (s. b) in heftige, rasche Bewegung setzen, z.B.: Der Knabe peitscht den Kreisel etc.; Der Sfurm peitscht das Meer; Hör ich dröhnen das gepeitschte Meer. Platen 3, 24; Das Mühlrad peitscht aufzischenden Schaum. 4, 50 etc.; Die Wuth peitscht das Blut wilder durch die Adern (s. e); Mein .. gepeitschtes Blut war in eine Wallung gerathen, die mir keine Ruhe gestattete. Thümmel 6, 147 etc.; Das Eiweiß wird mit einem Reisbesen gepeitscht, bis es zu Schnee wird, zu Schnee (s. e) gepeitscht; Gepeitschte Sahne. Börne 4, 166; Sie p. den Quark, ob nicht etwa Kreme dar- aus werden wolle. G. 3, 168; Wein p., mit zugesetzter Hausenblase, ihn klärend etc.
e) (zu a—d) mit Angabe der Wirkung: Einen todt, ihm den Rücken wund p.; Das liegende Pferd auf die Beine p. (p–d bringen); Das Eiweiß zu Schnee, den Wein klar p.; Ich kann sie nicht zur Ruh und Eintracht p. Cham. 5, 118 etc. und nam. (s. b und d) mit Angabe der Ortsverändrung: Münchhausen peitschte [oder karbatschte, s. d.] den Fuchs aus seinem Pelz [heraus]; Sie fliehn, von rosenbekränzten Satyren | aus unsern Augen gepeitscht. W. 15, 4; Wie gut | ihm der Gedanke that, die Schelsucht eines Deutschen | durch den einst nur dem Ruhm und nur dem Heldenmuth | geweihten Lorberhain der Gallier zu p. Thümmel 7, 7; Durch den Kriegsbesen hin und wider gepeitscht. G. Zelt. 2, 452 etc. (s. Zsstzg.); nam. auch: Als ein Landstreicher über die Grenze gepeitscht [mit Peitschenhieben gejagt]. Sch. 712b; Aus dem Lande gepeitscht. 835b etc.
f) im Partic. mit einem dem ,,von“ entsprechenden Bstw., z. B.: Angst- gepeitscht (b) begann den irren Zug | der Frevler. Cham. 4, 150; In der sturmgepeitschten (c) See. DViertelj. 1, 1, 177; Das braune wettergepeitschte (c) Gesicht. Schücking Mark. 1, 73 etc. 2) intr.:
a) Schiff.: Die Segel p., schlagen wappernd hin und her, killen (s. d.).
b) (s. 1d) in sausender Eile hinfliegen etc., jagen (s. d. 2a): Wind, Regen und Schnee peitschten um einen Leiterwagen, der etc. Alexis H. 2, 3, 186; In diesem Jagen und P. kleckte ich einige unreife Sudeleien an den Rand. Reiske (L. 13, 448) etc., s. durch-p. 3) Dazu: Peitscher mit Fortbild.: Der sei ein Hundsfott, der eine solche öffentliche, wenn auch noch so gerechte Peitscherei ertragen könne. Höser V. 13, vgl.: Das Gepeitsche.
Anm. Niederd. pietsken etc., zunächst aus dem Slaw. entlehnt, s. Brem. Wörterb. 3, 324 und vergl. russ. 6uЬ (bitsch), Peitsche, zu 6ūrb schlagen, wohl vom hellsausenden Schall, vgl.; Pitsch, patsch; lat. batuere, frz. battre etc. (s. Diez 49), auch: Gewinsel der Erschlagenen pintschet die Lüften, daß sie in Kreisen wirblen. Klinger Gris. 16 (ob Drckf. f. peitschet?). Bei Älteren: peitzschen, peutschen etc. (vgl. den Reim: p., reizen. G. 3, 13).
Zsstzg. vgl. die von schlagen, hauen, jagen, treiben etc., z. B.: Ab-: Einen a. [1a] oder durch-p. (I 1); seltner: Einen Zweig vom Baum a., mit der Peitsche abschlagen.
An-: Die Pferde a. [1b]. Gutzkow R. 9, 404 etc. Āūf- [1e]: durch Peitschen in die Höhe bringen, auf die Beine bringen. Klinger F. 203 etc., auch: Von des Herbststurms scharfen Ruthen | aufgepeitscht mit wilden Fluthen, | schäumt die dunkle Adria. Kinkel 10, empor-p. Auch: Einem Eins a., auf den Rücken, Leib etc.
Āūs-: öffentlich durchpeitschen zur Strafe [1a]: Einen a. lassen. W. Luc. 5, 174, nam. auch [1e], ihn ausweisend (s. hinaus-p., durch-p. I 1); auch: Peitscht ihm mit des Spottes Nesseln | alle warmen Triebe aus. Arndt 419; Hier peitscht die keusche Lust den abgewiesnen Jammer | der alten Einsamkeit mit Myrtenreisern aus. Günther 540 etc. I. Dúrch-, tr. (s. II): 1) mit durchdringenden Hieben peitschen, s. ab-, ausp., übrtr.: Ein Präceptor, der eben vor seinen Untergebenen das 6te Gebot austrommelte und durchpeitschte. Thümmel 1, 176, der mit unziemend lauter Betonung und Hinlenkung der Aufmerksamk. (wie durch Trommelschlag beim Aus-p.) den Ehebruch vor den Kindern geißelt etc. 2) [1b] peitschend durch Etwas hindurchtreiben, hindurch-p.: Die Pferde durch das Wasser d. 3) [2b] in sausender Eile durchnehmen, zu Ende bringen (s. durchjagenI1b): Ein Buch d. Ense Tag. 1, 331; Ein Kollegiumheft d., wobei zuw. der Begriff der Eile zurücktritt, vgl. (II): Ich bitte Euch, .. wenn ich Euch Raritäten aus meiner Gedichtenfabrik zusende, sie mir ja noch möglichst zu d. Cham. 5, 153, sie kritisch (s. 1) durchzunehmen etc. II. Durch-: 1) zuw. statt I, s. d. 3. 2) [2b] sausend durchdringen: In dem offenstehenden vom Zugwinde durchpeitschten Flur. Mügge NLeb. 3, 178.
Eīn-:
1) Auf die Pferde e. etc.
2) [1e] einbläuen: Hundemuth, der eingepeitscht mit Ruthen | und eingefüttert mit des Hofmahls Brocken wird. B. 102a; Der den Bauerjungen das Abe-ab einpeitschte. IGMüller Lind. 1, 48; Peitscht diesen welschen Hunden Respekt .. ein! Sch. 174a.
3) = einhetzen 2: In Etwas eingepeitscht [eingehetzt, -geübt] sein. 4) Einpeitscher, scherzh. nach dem Engl.: der im Parlament die Parteigenossen zur Abstimmung Rufende und in den Saal Treibende. Empōr-: auf-p. Entgêgen- [1e]: Der Sturmwind peitscht den Regen | ihm ins Gesicht entgegen etc. Fórt- [1e]: mit Peitschenhieben etc. fortjagen. Göckingk 3, 113; Immermann M. 4, 53, s. weg-p. Hêr-, Hín- etc., nam. [1e]: Peitscht ihn her, den Verbrecher! Gotter 2, 358; Den Kreisel vor sich her-p.; So peitschte Luciane den Lebensrausch im geselligen Strudel immer vor sich her. G. 15, 182 etc.; Bei dem ersten Wasserfall schießen die Gewässer .. in tiefe Abgründe hinein, werden aber gleich wieder von nachstürzenden Wogen herausgepeitscht. Meiners (Mager 2, 113); Die Pfaffen .. peitsch’ er zum Tempel hinaus! Platen 2, 281; SClara EfA. 1, 11 etc.; Schneegestöber p. die Winde herbei. Bodenstedt 2, 14; Die Jdee ergreift uns und knechtet uns und peitscht uns in die Arena hinein. Heine Sal. 1, VIII etc., auch: In die Pferde hinein-p. LHerbert Nap. 3, 197. Lōs-:
1) intr.: Auf Jemand, auf die Pferde l.; Als auf einmal zischende Wasser hervorsprühten und, wo ich mich hinwendete, kreuzweise auf mich lospeitschten. G. 20, 71 etc.
2) tr.: Sie peitschten ins Gefecht | auf Tydeus’ Sohn die schnellen Rosse los. B. 161a. Nāch-: z. B.: Die geschlagne Sahne noch etwas n. etc. Rēīt-: mit der Reitpeitsche hauen: Daß er mich gefuchtelt, geschunden, gereitpeitscht. Spindler Stadt 1, 119; Volksz. 9, 144 etc. Úm-: peitschend umfallen machen. Umhêr- [1b und d]: Frankreich, welches sich seit bald 50 Jahren belustigt, die Welt wie einen Kreisel umherzupeitschen. Börne Frz. 44; Wie er rastlos von diesem Wahne umhergepeitscht war. Sealsfield Leg. 2, 33. Wég-: fort-p.: Der König .. ist gerüstet, | die Zwergeswaffen . . | aus seiner Länder Kreise weg-zu-p. Schlegel Sh. 5, 124; Kam beßre Überlegung wie ein Engel | und peitscht aus ihm den sünd’gen Adam weg. 7, 11. Zer- [1a; e]: Ließ sich mit einer Ruthe den Hintern z. W. 16, 11. Zū-: tüchtig auf Etwas ein-, los-p. Zurück- [1e]: Peitscht dies Gesindel übers Meer zurück, | stäupt fort dies freche Lumpenvolk! Schlegel Sh. 9, 206. Zusámmen-: peitschend zusammenbringen oder zusammenstürzen machen etc.: Ich will die Jungen z., sie sollen Öl geben. Rabner 3, 40; Der Sand liegt da wie am Meeresgestade, wo die Wellen ihn z. Volger EE. 72.