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Pass
I. Páss, m., –es; Pässe; -:
1) eine Gangart der R..hiere, zumal der Pferde, „die Schenkelbewegung, wenn der rechte und dann der linke Vorder- und Hinterschenkel abwechselnd fortbewegt werden“ (Falke 2, 189a), P.-Gang (s. d.), gw. gleichbed. mit Zelt (s. d. und Zelter. Schm. 4, 256), Dreischlag, doch werden sie nam. bei Alteren auch (nach der Geschwindigkeit) geschieden, s. z. B. Is. Gilhusius, Marpurgensis Grammatica (1597) S. 69, wo es heißt, daß die langen Silben den,,Baß“, die kurzen den Zelt gehen, die mittelzeitigen zu ,,Baß“, und Zelt gebraucht werden können; Item den P. gahn, den Mittel-P. . ., den Zelter . ., den Dreischlag. Fischart Garg. 132b; Bei dem Halbtrab, hier P. benannt. Goltz 1, 78; Reitet man im starken P. Gotter 1, 37; Den P. (amble), wobei das Pferd .. beide Füße einer Seite zugleich vorsetzt; den Mittel-P. (entrepas), welches eig. ein geschwinder Trab ist, bei welchem die Füße sich abwechselnd bewegen. Oken 7, 1235; W. Luc. 4, 284 etc., s. passen 2.
2) weidm.: P., bei Raubthieren und Wild der niedern Jagd gewöhnlicher Weg, was man bei Hochwild „Wechsel“ nennt. Laube Br. 278 etc., s. 3.
3) (s. 2 und
4) der Durchgang, der Weg für Einen oder Etwas, nam. insofern er eng und schmal ist und somit dem Passierenden versperrt oder freigegeben werden kann, eig. und bes. in strategischer Hinsicht (vgl. Zsstzg. und Klause
1) Defilé: Dem Heer oder Einem den P. abschneiden, verlegen, verhauen, verhacken etc.; Ihm den P. öffnen, frei geben, frei lassen; Freien P. haben; Pässe sind Übergänge aus einem Thal in das andere, da wo eine Einsenkung des Gebirgskamms, ein Ausschnitt oder ein Sattel liegt. Oken 1, 549; Die Perser umgingen den von Leonidas besetzten P. von Thermopylä; Beim Übergang von der Erfahrung zum Urtheil, von der Erkenntnis zur Anwendung ist es, wo dem Menschen gleichsam wie an einem P–e alle seine innern Feinde auflauern. G. 40, 394; Ich wollte ’was antworten, aber der P. vom Herzen nach der Zunge war versperrt. 9, 42; Indem ich allen eitlen beunruhigenden Freuden den P. verhacke, den Zerstreuungen ausweiche. FHJacobi 5, 172; Drum bleibt der Schlange(n) freier P., | den Aal frisst man. Rollenhagen Fr. 442; 484; 652; Sch. 34a; Jeder P., jeder nur irgend haltbare Ort mußte mit dem Degen geöffnet werden. 898b; Gesperrt sind alle Pässe des Gebirgs. 549a; Ich hab’ ihm aber den P. verrannt und er sitzt fest. FLSchröder Beitr. 3, 2, 135; Gespenster . ., die uns allenthalben den P. verrennen. W. 1, 78; Wo Epheu . . zum selbstgewachsnen Dach | verwebt, der Sonne den P. zu versagen. 10, 268; Er habe nun bis Abend freien P. [Erlaubnis zu gehn, wohin er wolle]. 12, 107 etc.
a) Nach Adelung auch = Meerenge, Straße, z. B.: Der P. von Kalais (gew. frz. pas de Calais).
b) Hierzu wohl auch: Amerikus .. hat Dies, was von ihm heißt, zu zwingen angefangen, | dem Geize „paß“ gemacht. Opitz 2, 267 v. 791, Amerigo Vespucci hat das nach ihm benannte Land unterworfen und dem Geiz, der Goldgier den Zugang dahin eröffnet, von Adelung zu II gezogen. 4) (s. 3) obrigkeitl. Reise-, Geleitsschein, Geleitsbrief: Einen P. ausstellen, visieren; Einen P. lösen, bekommen; Signalement im P.; Da wurde ich in ein Buch eingezeichnet und abkonterfeit, wie es in einem P–e zu geschehen pflegt. Börne 2, 232; Policeiliche Untersuchung der Pässe. G. 22, 369; Stell ihm seinen P. | und stecke Reisegeld in seinen Beutel. Schlegel Sh. 7, 131 etc., auch scherzh.: Paß, den mir der Hatschier mit dem Weidenstumpen geschrieben. Hebel 3, 232, von den Prügeln bei der Entlassung aus dem Zuchthaus etc.
a) Zsstzg. z. B.: Reise-P. und nach der ausstellenden Behörde: Regierungs- oder Staats-, Magistrats- oder Stadt-P.; Amts-P. (s. Amt3); Universitäts- oder Studenten-P. etc., ferner: Gesundheits-P., s. Gesundheitsbrief etc.; Übersende Euch zu dieser Reise anliegenden Vorspann-P. Droysen Y. 1, 89, nach Bedürfnis der Reise Vorspann sichernd; Zoll-P., Geleitschein für Waaren, die Zollfreiheit genießen, s. Erbvergl. 286 ff. etc., auch übertr., z. B.: Wenn ich in dunkler Nacht, trotz meinem Weisheits-P–e | mich manchmal an die Nase stieß. Thümmel 2, 223 etc.
b) Vgl. nach frz. passe-port: Der (veralt. die und das, z. B. Weidner 161; 327) P.-Port; Als ich die Passeporte vom Hofe erhielt etc. Gellert 4, 423 etc.; So soll man der Schrift ein ehrlich Paßpart, Abweisung oder Geleitsbrieflein geben und viel guter Nacht sagen. Fischart B. 31b; Pasbort. Schottel 1013 etc., s. P.-Wort, Postpart und vgl. Ehrlichkeitspapier etc. 5) in einigen Fällen (s. 6) ein bestimmtes, abgepaßtes Maß, z. B.:
a) bei Paßgläsern (s. d. und vgl. Pegel 1b) der Raum von einem Reif zum andern: Einen P. aus dem Glase trinken, dann auch: ein solcher Reif: Ein Glas mit vier Pässen (vgl. 10 und Drei-P.) und endlich statt: P.-Glas, z. B.: Da soff man nun mit ganzen Pässen | auf aller Huren Wohlsein los. Günther 165 etc.
b) Salzw.: P., Wasser-P., beim Probieren der Soole durch Best. des specifischen Gewichts das best. Volumen oder Gewicht reinen Wassers, womit das gleiche der Soole verglichen wird.
c) (veralt.) Nach dem P–e [Takt, Mensur] tanzen.
d) s. 6b. 6) (s. 5) adverbiell in Verbind. mit von und gw. mit zu, zur Bez. des Passenden, Paßrechten, Dessen, wie Etwas sein soll (s. III), z. B.:
a) Ein Kleidungsstück ist Einem von (s. Brem. Wörterb. etc.) oder gw.: zu P. (s. Schm.) oder adverb.: ist ihm paß. Adelung; Einem den Rock zu P. [oder paß] machen und verallgemeinert: Einem Etwas zu P. machen, so wie es ihm recht ist, wie er es wünscht, zu Dank; Schriften, die darzu so wohl zu P. gebracht werden, wie Rosen in ein Säu-Dreck. Fischart B. 152a; 150a etc., dazu passend gemacht werden; Einem zu P. kommen, à propos, zur gelegnen Zeit, zu Statten; Mit Einem od. Etwas zu P. [zurecht] kommen (vgl.: Ich komm gar gut mit dem Herrn zustreich. LPHahn Ad. 79) etc.; Kam mir die Fahrt gen Aachen so recht zu paß. Dingelstedt Hept. 2, 85; Dorow 4, 149; Dieselbe nach ihrer besten Gelegenheit auszulegen, ja sie .. zu überstürzen, wenn es ihr zu baß kommt [so passt]. Fischart B. 47b; 82a; Der Frack käme Ihnen ja just zu P–e zum Verlöbnis. Gotter Sch. 297; Mir saß an dem Abend die Mütze (s. d. 1a) nicht recht zu P. Höfer Leb. 82, ich war verdrießlich, nicht gut bei Laune; Nun kommen Sie mir grade zu P. Immermann M. 1, 313; Das kömmt nun den Herren sehr gut zu P–e. L. 10, 154; Mandelslo 29b; Er [Der Transport mit Proviant] kommt uns grad zu paß, | die stattliche Versammlung hier zu speisen. Sch. 331a; Thümmel 5, 45; Solch Gleißnervolk, wie frevelt das, | kommt Zeit und Umstand ihm zu P. V. Sh. 2, 214; W. Luc. 5, 220; Merck 1, 162 etc., vgl.: Die physiognomischen Kunststückchen .. kommen mir gut zu passen [s. d. 4]. G. 24, 87, vgl. c: Luther.
b) Schiff.: Das Schiff ist zu P. (oder auf seinen P.) geladen, so daß es die zum Segeln und Steuern vortheilhafteste Lage im Wasser erhält, „es liegt auf seiner Flucht“ (s. d. 1d).
c) in Bezug auf das Wohlbefinden, die Gesundheit: Wann sie traurig und übel zu P. sein. Fischart B. 266a; Wie Ew. Fürstl. Gn. etwas schwach gewest, aber doch nu Gottlob wiederum zu Passen worden. Luther 6, 168b; Moscherosch (Wackern. 3, 1, 658 Z. 40); Wie Solches Ihre Fürstl. Gn. vernahmen, wurden IFG. nicht wohl zu P. Schweinichen 2, 100; Murner Ul. 124, s. als Ggstz. (in II): unpaß und vgl. Baß II, Anm. 7) (vgl. 10) Müller.: an Windmühlen die Vorrichtung, womit durch Umklammerung des obersten Kammrads der Gang der Mühle gehemmt wird, vgl.: Die Mühle zupassen (oder hemmen), Ggstz.: Den P. aufziehn, selten: Die Mühle aufpassen, auch „Baß“ (s. d. II), Passe, f. 8) mundartl., veralt.: der vorliegende Fall: Der alten und neuen Gründe, welcher sie sich in diesem P–e bedienen. Opitz. 9) mundartl. in der Verbind.: (Auf Etwas) P. geben = Acht (s. d. III 3b). Brem. Wörterb. 3, 296 etc.; ähnlich: Auf dem P. [auf der Lauer] stehn, sein. Schm. 1, 297 und als fem.: Jch werd auf der P. stehen. Spindler Vog. 2, 117. 10) (mund- artl.) Aus Pelz und polnischem P. (Leibbinde) herausgewickelt. Goltz 1, 341; Einen buntgewirkten Seiden-P. (Schärpe). 47 etc., s. wendisch pas = Gürtel (Haupt u. Schmaler 1, 321), russ. noacь (pojas) und Bernd 202.
Anm. Aus dem Roman., vgl. it. passo, frz. pas mit der Grundbed. „Schritt“ und das Zeitw. it. passare, frz. passer, tr. durchschreiten (s. Diez 255) und intr. (s. passieren), woraus sich u. A. auch die Bed. des Treffens, Zutreffens, Angemessenseins etc. entwickelte. Früher schwankend im Anlaut, s. 6a u. umgekehrt z.B. Fistelpaß. Heine Reis. 3, 9.
Zsstzg. z. B.: Álpen- [3]: s. Berg-, Gebirgs- P.: Viele Alpenpässe liegen über 7000“ über dem Meere. Oken 1, 550 etc., auch übrtr.: Wer übern A. des Grabes ist entflohn, | hat ihn noch nie zurückerklommen. Werner Febr. 136. Ámts- [4]. Bérg- [3]: Unwegsame Bergpässe. Humboldt K. 2. 22 etc., s. Alpen-P.
Drēī-: (Bauk.) „eine von drei gleichen Zweidrittelkreisen begrenzte Figur“. Otte Kunstarch. 346, vgl. Paß = Reif, Kreis 5a, auch etwa Kompaß (urspr. = Zirkel, s. Passer) und Vier-P. Dúrch- [3]: Durchgang (s. durchpassieren): Die auf beiden Seiten offenen Thäler oder die breiten ebenen Durchpässe. Kohl Irl. 2, 93; Versuchten, den D. zu forcieren. Rüstow gK. 84 etc., auch übrtr.: Alles was sie einander zu sagen hatten in der kurz ihnen zugemessenen Frist, hatte sich aufgestaucht vor dem engen D. Gotthelf G. 199. Eng- [3]: Sind die Pässe eng und von steilen Felswänden eingeschlossen, so heißt man sie Engpässe. Oken 1, 551; Der E. von Thermopylä etc. Frēī- [4]: das freie Passieren sichernd, eig. Thümmel 7, 49 etc., u. übrtr. [s. 3]: Zoten, denen man in dem Hochzeitgedicht allgemeinen F. gab. Gervinus Lit. 3, 314, vgl. Lauf-P. Gebírgs- [3]: (s. Alpen-, Berg-P.). Oken 1, 551, vgl. als Ggstz. Wasser-P. 2. Gesúndheits- [4]. Hāūpt- [3]: im Ggstz. zu Nebenpässen. Im-, In-: 1) (vralt.) Eingriff. Brem. Wörterb.
2) s. postmeistern. Lāūf- [4]: Laufzettel, zumeist iron. die Bescheinigung, daß Jemand abkommen (laufen) kann, Abschied: Wenn du mit so vieler Behaglichkeit die Laufpässe für das Schafott unterschreibst. Platen 6, 53; Schreibt ihr den L., | so schnell ihr könnt, gebt ihr, wenn sie’s fordert, | ein ganzes Königreich noch auf den Weg! Sch. 608b; Seit gestern Abend hab’ ich meinen L. erhalten. 627a. Magistrāts- [4]. Míttel- [1]. Nêben-: s. Haupt-P. Pólter-, Púlter-: [s. 1] volksth. Bez. eines Fehltritts, wobei man stolpernd und polternd hinfällt, eig. und übrtr. = Faux Pas (s. d.), vgl. Hoppas etc. Regīērungs- [4]. Rēīse- [4]. Sēīden-[10]. Stāāts-[4]. Stádt- [4]. Studénten-, Universitǟts- [4]. Vīēr-: in einigen techn. Anwend. ein Etwas umschließendes Viereck, vgl. Drei-P., z. B.:
1) = Fensterfutter.
2) ein Schließanker zum Zusammenhalten schadhafter Feuermauern, „Schließ-, Vor-P.“. Vōr-:
1) [3] ein vor dem Haupt-P. liegender Paß.
2) Vier-P. (2). Wásser-:
1) [5b].
2) [3] eine durch sumpfiges Terrain, Gewässer etc. gebildete Wege-Enge.
3) die wasserpasse (s. Zsstzg. von III) oder wagerechte Linie und die zu ihrer Best. dienende Wasserwage (s. d.). Bobrik 729b; Die Seite des Luther’schen Gebäudes, die ein wenig gesunken war, weit über den W. hinausschrauben. L. 10, 130 etc.