Faksimile 0457 | Seite 455
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nutz) Nütz
I. (Nútz) Nütz, a. –est:
Nutzen bringend, nützlich (s. d.), zu Etwas brauchbar oder dienlich, z. B.:
1) (veralt.) attribut.: Sie sind uns doch sehr nütze Leute gewesen. 1. Sam. 25, 5; Hülfsame und nütze Kreaturen. Fischart B. 192a; Den nützen Freund nur immer plagen. Logau (L. 5, 121); Prometheus hatte .. dem Menschen . . | des Feuers edlen Schein vom Himmel eingebracht | durch nütze Dieberei. Opitz W. 1, 53 etc., auch: auf den eignen Vortheil bedacht und diesen fördernd, eigennützig: Der Krämer nützen Schwur und ihr genießlich Lügen. Logau etc.
2) prädikativ, z. B.:
a) (selten): Sonderlich machet er ihm [sich] den Spruch .. nütze. Luther 8, 82a, gw.: zu Nutze (s. II).
b) gw.: Etwas ist nütz, Einem nütz, zu Etwas nütz etc. (s. c), z. B.: Sein Thun ist dir sehr nütze. 1. Sam. 19, 4; Was ist nütze an meinem Blut? Ps. 30, 10; Wer weiß, was dem Menschen nütz ist. Pred. 7, 1; Die Beschneidung ist wohl nutz, wenn du das Gesetz hältst. Röm. 2, 25; Die leibliche Übung ist wenig nütz (s. c), aber die Gottseligkeit ist zu allen Dingen nütz. 1. Tim. 4, 8; Alle Schrift .. ist nütz zur Lehre etc. 2, 3, 16; Welcher weiland dir unnütze, nun aber mir und dir wohl nütze ist. Philem. 11 etc.; Der Vater wiederholt immer, wozu es nur nütze sei . . . Jst denn Alles unnütz, was nicht unmittelbar Geld in den Beutel bringt? G. 16, 4; Zu erkennen, was ihm nutz ist. 18, 305; Wozu ist das viele Geld dir nutz? Prutz E. 1, 235; Katzenfleisch .. soll sehr nutz und gut sein Denen, so etc. Ryff Th. 21; Wozu sind sie dir nütz, als in das Thal zu sehen? Sch. 97b; Pfui über das schlappe Kastratenjahrhundert, zu Nichts nütze, als die Thaten der Vorzeit wiederzukäuen. 106b etc.; auch gesteigert: Es wäre ihm nützer, daß etc. Luk. 17, 2; Der Widder .. ist besser im Alter und den Schafen nutzer. Eppendorf 82; Daß es nützer wäre, Nichts zu lernen, als zu lernen, was nichts nutz (s. c) wäre. Gervinus Lit. 3, 147 (Fischart); Einen Stein, der ihnen vielleicht hierin nutzer und bequemer gewesen wäre. Ryff Th. 98; Der Hirsen ist unter allen Kornfrüchten der nützest und kräftigst, die innerliche Wärme . . zu erhalten. Sp. 71a etc.
c) (s. b) bei allgm. Best. auch ohne „,zu“: Etwas Viel, Wenig, Nichts nütz sein, wobei die allgm. Fw. als adverbiell meist mit kleinem Anfangsbuchstaben geschrieben: Er ist wahrhaftig zum erstenmal etwas | nütz, der alberne Geck. G. 5, 197 etc.; Wenig nütz. 1. Tim. 4, 8 (s. b); Diese Leute sein dem menschlichen Geschlecht nicht weniger dienstlich und nütz. Zinkgräf 2, 77 etc.; Wann er ihm selbst nichts nutz wäre, was sollte er mir nutz sein? 1, 90; Was wäre ich euch nütze, so etc.? 1. Kor. 14, 6; So ist mir ja das Rühmen nichts nütze. 2, 12, 1 U. o.: Etwas ist nichts(-)nutz, taugt nichts, z. B. auch = falsch, weitgefehlt etc. (Schm. 2, 721): So denkt er: „Das ist eine Geistergeschichte!“ Nichts nutz! Hebel 3, 271; 206; 435 etc. (s. d), vgl. auch: Jst zu nicht [s. d. 3c] hinfort nütze, denn daß etc. Matth. 5, 13; So wäre mir’s nicht nütze. 1. Kor. 13, 3; Daß es zu schwach und nicht nütz war. Hebr. 7, 18 etc. und bibl. sehr oft: Kein nütz. (Jes. 7, 8; Gal. 5, 2 etc.); nütze (Joh. 6, 63; Hiob 15, 3; Ps. 108, 13; 144, 8; Jes. 44, 9 etc.), nutz (9; 57, 12; Ps. 60, 13 etc.), und z. B.: Menschenhülfe ist doch kein nütz(e). Mendelssohn Ps. 60, 13; 108, 13 etc., wo n. substantivisch erscheint (s. Schm. und vgl. II), mit der obrd. Fortbild.: Das ist ein keinnütziges Ding. Auerbach D. 1, 25; Der keinnützig’ Lump. Kurz Sonn. 91 etc., vgl. nichts-nutzig.
d) das in c erwähnte nichts-nutz (schwzr. nündnutz. Stalder 2, 245 etc.) auch als männl. Hw. = Taugenichts etc., z. B.: Wohin so rasch, Er Nichtsnutz? Benedir 4, 179; Das grade Gegentheil eines Nichtnutz. Frese G. 1, 56; Wer in einem Beruf tüchtig und sonst kein Thor ist, Der wird überall kein Nichtsnutz [unbrauchbar, untüchtiger Mensch] werden. Höfer V. 83; Ihr Nichtsnutze! Schwanw. 27; Spar- e 4⁴D sam und fleißig ist der Nichtsnutz [Racker etc.] von jeher gewesen. Immermann M. 1, 263; Ein Dutzend von diesen jungen Nichtsnutzen und Schlemmern. Sternberg BrM. 85 etc.; nach Weigand (ohne Beleg): Des Nichtsnutzen; Die Nichtsnutzen; ferner (mundartl.): Ein paar Nichtsnutzer. EWagner 9, 75, s. nutzen 3a.
Anm. Goth. nuts, ahd. nuz(z)i, mhd. nütze, nüze, nuz, s. nießen, Anm.
Zsstzg.: Unnütz: sowohl prädik. als attribut. sehr gw., vgl. unnützlich: 1) keinen Nutzen bringend, wo man Nutzen haben möchte oder erwartet, vgl. nutzlos etc. und s. 2: Zu u–em Geschwätz. 1. Tim. 1, 6; Der thörichten und u–en Fragen. 2, 2, 23 etc.; Alles, ihr . . Beschwören u., kraftlos und vergeblich. Fischart B. 182a; Alles Vernünfteln [ist] darüber u. Forster Sak. 122; Er lässt mich ruhn, weil er mich u. glaubt. G. 13, 185; Solltet ihr wohl denken, daß das u–este Geschöpf von der Welt, wie es schien, meine Philine das nützlichste Glied der großen Kette werden wird? 19, 33; Wo ich nütze, ist mein Vaterland. Zu Hause kann Einer u. sein, ohne daß es eben sogleich bemerkt wird; außen in der Welt ist der U–e gar bald offenbar. 95; Die Gewalt der Zeit hat aber alle Menschenbemühungen u. und unbrauchbar gemacht. 31, 150; Den u–en Plunder. 39, 324; Die u. thätig unser Schlachtgeschwader | umschwärmen. Schlegel Sh. 7, 127 etc. Selten: Unn utz und zwecklos. Görres Ver. 107. 2) (s. 1) nichts-n. [2d], nichtstaugend, unwerth, schlecht, schändlich etc., oft ganz nahe an 1 grenzend: Den u–en Knecht werfet in die äußerste Finsternis. Matth. 25, 30; Luk. 17, 10; Ihr seid Alle u–e Ärzte. Hiob 13, 4; Einen u–en Götzen. Jer. 2, 11; U–e Gottesdienste. 8, 19 etc.; Das ist ein kleiner u–er Rechthaber. Dyk 8, 330; U–es [schädliches, vgl. 1] Zagen! Zaudern und Plaudern! G. 11, 206; Weiter ist der Alkoran voll eigens u–es Lobens. Luther 8, 16b; Ein u–er Bursche kann unmöglich zu einem feinen wohlhäblichen Tugendhaften gedrechselt werden. Tieck NKr. 2, 165; Ein Klotz von der Feig’ u–em [1] Gehölze. V. H. 2, 81 etc. So auch: Jungen seid nicht so u.! [unartig, ungezogen]; Einem u–e Worte geben, ihn ausschimpfen, ähnlich: Sich u. machen, sich mit übermüthigen, kecken Aeußerungen hervorthun etc., z. B.: Wenn du Jemand Gutes thust, so mache dich nicht u. [rück’s ihm nicht vor etc.]. Sir. 18, 15; Sich höchst u. und, was man nennt, mausig gemacht. Dorow 4, 113 (Dor. v. Schlegel); Wie ich Solches vernahm, machte ich mich u. [schimpfte etc.]. Schweinichen 1, 239.