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Vernünftelei vernünfteln
Vernünft~elēī, f.; –en:
das Vernünfteln (s. d.) u. ein dadurch gewonnener Schluß: Die V., | die strenge logische Pedanterei. Baggesen 4, 114; Mit allen deinen V–en wirst du mein Herz nicht bereden. G. 34, 225; V. ist ein den Endzweck vorbeigehender Gebrauch der Vernunft. Kant Anthr. 119; Diese V–en“ [Räsonnements]. L. 8, 233; Armselige V.! Sch. 263a; Eine innerliche Stimme, die sich weder durch V. noch Zerstreuung beschwichtigen lassen will. W. 23, 365 etc.
~eln, intr. (haben):
Vernunftschlüsse machen, zumeist (s. eln) in tadelndem Sinn mit dem Begriff des Sophistischen, Spitzfindigen, Ungehörigen etc., doch auch (s. die mit *bez. Bsp.) ohne Nbnsinn (s. vernunften): Daß hier weder für noch wider den Reim vernünftelt werden soll. B. 341b; Engel 1, 343*; Das v–de Räsonnement. Fichte 7, 100; Alles V. ist darüber unnütz. Forster Sak. 122; Timanth durfte also nicht erst mit sich darüber v. H. 4, 99; Methodisch und zwar bloß durch Begriffe zu v., d. i. zu philosophieren. Kant SW. 1, 650*; Anthr. 5; SchE. 32* u. o.; Über den Ewigen und die Tugend zu v. Klinger F. 45; 359; Dein V. ist falsch. Leisewitz Jul. 47; Bloß aus allgemeinen Begriffen über die Kunst v., kann zu Grillen führen. L. 6, 525; 5, 22; 373; 6, 8; Immer v., niemals handeln. 11, 27; 23; Moritz R. 1, 104; Stilling 4, 17; Wohin ihr deutelt und vernünftelt. Tieck GsN. 1, 82; W. 2, 178; 14, 128 etc. Auch zuw. tr. mit Angabe der Wirkung: Vernünftelt nicht die Vorsicht [Vorsehung] aus der Welt! Alxinger D. 144; Wir haben Alles zu Grunde vernünftelt. Sturz 1, 199 etc. und Zsstzg., z. B.: Was er gegenwärtig hat und fühlt, braucht er sich nicht erst an-zu-v. Fichte 7, 235; Diese Gesellen von endloser Zunge, die sich in die Gunst der Frauen hineinreimen können, wissen sich auch immer heraus-zu-v. Schlegel Sh. 7, 180; Wenn sie offenbare Thatsachen geradezu nicht leugnen konnten, vernünftelten sie [die Starkgeister] doch Alles aus natürlichen Ursachen herbei. Musäus M. 3, 168; Wir v. eine Menge Übel in das ganz erträgliche Leben hinein. Sturz 1, 50; Er will nämlich, daß man daß Einfache als Grund zu den Anschauungen im Raume und der Zeit hinzu vernünftele. Kant SW. 1, 422*; Eindrücke, die weder die Philosophie weg-zu-v. noch die Religion wegzupredigen vermag. Gotter 3, 17*; Musäus Ph. 4, 80; So hat er alles justum und honestum von der Erde wegvernünftelt. Sturz 1, 79; Zschokke 1, 137 etc. Dazu: Kalte Vernünft(e)ler. B. 56a; V. Ant. 1, 249; Ein Vernünftler (Ergoteur). L. 8, 340; O des weisen Vernünftlers! FNicolai Werth. 31; Überkluge Vernünftler. Tieck NKr. 3, 47 etc., s. Vernünftling.