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Mussen
Mǘssen: Hilfszeitw.:
I. Formbem.: 1) Abwandl.: Präs.: Ich muß, du musst, er muß, wir m. etc. Konj.: Ich müsse etc. Jmpf.: Ich muste; Konj.: müßte. Partic.: (s. dürfen I) m., wofür es bei zu ergänzendem Infin. (s. II 1c) auch gemusst (s. 2) heißen kann: Haben nicht die Männer .. m. sagen etc.? Hiob 31, 31; „Warum hast du Das gethan?“ Ich habe es thun m. oder: Ich habe es m. oder gemusst; Er hat fortgehn m.; Er hat fort m. oder gemusst, z. B.: Beide hätten mit fortgemusst. G. 7, 227; So haben Viele schnell hinabgemusst. Streckfuß Rol. 14, 128 etc. Vereinzelt findet sich freilich gemusst auch beim Infin., z. B.: Anna hatte während des Winters streng das Zimmer hüten gemusst. Keller gH. 3, 107; Wer von der Liebsten scheiden gemusst. Scheffel Tr. 276; Dem oft der Wanderer schamvoll | weichen gemusst. V. H. 2, 79 etc., und nothwendig ,,gemusst“ beim abhäng. Infin. Perf. mit ,,zu“: Du schämst dich, Das thun gemusst zu haben = daß du Das hast thun m., vgl. können I1. Über Stellung und Wegfall des Hilfszeitw. haben beim Partic. m. in abhäng. Sätzen s. dürfen I; haben IV 3 und Herrig 18, 118 etc., z. B.: Weil [daß, obgleich etc.] er hat hingehn m.; Er habe gehorchen m., seltner: Er habe m. gehorchen. L. (Guhrauer 2, Beil. 24) etc., ferner: Wenn ich abgearbeitet habe, was ich an Büchern [habe] nehmen m. Forster Br. 1, 247; Ein Bär, der lange Zeit sein Brot [hatte] ertanzen m. Gellert 1, 7; Ob man gleich .. auch Manches [hat] leiden m. G. 23, 65; 22, 276; Haller 213; Daß sich meine Abreise .. so lange [hat] verziehen m. L. 12, 243; 304; Rabner 4, 366; Tieck DBl. 2, 103 u. o. 2) mundarl., vralt. findet sich Wechsel zwischen u und ü in manchen Formen, z. B.: Sie mussen betteln gehn. Opitz 2, 46; Als ich zur Fahne fortgemüsst | hat sie so herzlich mich geküsst. Ausw. d. Lied. 385 (Hauf), vgl. auch das Partic. beim Infin. ohne ,,ge“: So hab ich jedoch viel Unsald und Widerwärtigkeit auf Erden „müst“ leiden, ja ich „must“ unterthänig sein etc. Schaidenreißer 50a [11, 620]. II. Bed.: 1) M. nach heutigem Gebrauch (s. Anm.) als Hilfszeitw. zur Bez. der Nothwendigkeit (der physischen wie der moralischen), des Nicht-anders-sein-Könnens, vgl.: nicht anders können (s. d. II 3c) als etc.; Ich muß Das leiden [ich kann es nicht ändern, aber] die rechte Hand des Höchsten kann Alles ändern. Ps. 76, 11; Man muß Gott mehr gehorchen als den Menschen [die Pflicht zwingt dazu, so daß man nicht anders kann]. Apostg. 5, 29 etc.; Was sein muß, muß sein; Wenn’s sein muß; Er nimmt meine Gefälligkeiten hin, als wenn es so sein müßte; Du musst fleißiger sein, wenn du versetzt werden willst; Du mußtest fleißiger sein, wenn du versetzt werden wolltest, in lat. Fügung (vgl. können I 5) st.: Du hättest fleißiger sein m., wenn du hättest versetzt werden wollen; Ich muß um Ruhe bitten [fast = ich bitte, doch insofern man eine nöthigende Ver- anlassung dazu hat]; Das muß ich mir ein für allemal verbitten etc.; Den Fuß aber darf nicht bloß die Frau, den muß sie sogar zeigen. Burmeister gB. 1, 138; (Karl): Muß denn der Vater ausreiten, wenn’s so gefährlich ist? (Maria): Es ist sein guter Wille so. (Elisabeth): Wohl muß er, lieber Karl. G. 9, 18; Wie oft muß sie Ihnen huldigen, muß nicht, thut es freiwillig. 14, 79; Gestorben muß sein. Gott- helf U. 2, 229; Ade nun, ihr Lieben, geschieden muß sein. Kerner; „Meinen Stachel .. | hat mir die Natur geschenkt | und ich muß gezwungen [s. a] schaden.“ | Musst du? [s. b] .. |„Ja, weil ich’s nicht ändern kann.“ Lichtwer 139; Warum gabst du mir zu sehen, | was ich doch nicht wenden kann? | Das Verhängte muß geschehn, | das Gefürchtete muß nahn. Sch. 61b; Durch diese hohle Gasse muß er kommen, | es führt kein andrer Weg nach Küßnacht. 544a; ōOó. Daß Karlos nicht gesonnen ist, zu m., | wo er zu wollen hat. 251a; Wenn | er fallen muß und soll und s ist nicht anders. 397b; Da es nun doch einmal von der höchsten Gewalt geschieden sein mußte. 860b; Gewiß wieder eine übereilte Arbeit, aber Das muß einmal gedichtet sein [du meinst, es ginge nicht anders als wenn du dichtest, Das sei nothwendig]. 641b; Eine so mißliche Situation mußte einen größern Geist als Matthias war, niederschlagen [es war unmöglich, daß sie nicht einen größern Geist niederschlug, wievielmehr ihn]. 896a; „Müsst ihr mir ausglühn meine beiden Augen | mit heißem Eisen?“ Junger Knab’ ich muß [s. b]. „Und wollt ihr?“ Und ich will. „Habt ihr das Herz?“ etc. Schlegel Joh. 4, 1; Der heynischen Erklärung hört man es an, daß es so heißen soll; nicht, daß es so heißen muß. V. Georg. 191 etc.
a) zuw. verstärkt, z. B. durch Verdopplung: Ich muß und muß heute noch mit ihm sprechen, vgl.: Jch muß auf jeden Fall, unter allen Bedingungen —, wie es auch kommen mag etc. heute noch mit ihm sprechen, ferner: Ich muß ihn nothwendig(erweise) sprechen; Nothwendig muß Das die ersten Wege verleimen. G. 23, 38; Das, was jeden nicht besser organisierten Kopf .. in den Naturalismus nothwendig stürzen muß. L. 10, 171; Es steht .. so an der allerletzten Grenze des Möglichen, daß das geringste Überschwanken .. nothwendig in das Abgeschmackte hinabstürzen muß. Tieck DBl. 2, 122; Daß der weise Mann nothwendig alle Thoren und der rechtschaffene unvermeidlicherweise alle, die es nicht sind, .. zu Feinden haben muß. W. 6, 57; In der That mußte es ihn nothwendig ungehalten machen. 80, auch: In der Nothwendigkeit, zurückhalten zu m. [zurückzuhalten]. Gutzkow R. 438; 7, 195 etc., s. auch 1 das Beisp. aus Lichtwer.
b) an a schließt sich der Fall, wo von m. der Infin. m. abhängt, z. B.: Aber der Mensch muß sie freiwillig aufgeben, nie muß er sie veräußern m. Fichte 6, 12, es ist nothwendig, daß das Aufgeben freiwillig, nicht gezwungen geschehe; Der Fürst muß Nichts thun können, was das Gesetz nicht will, und muß Alles thun m., was dieses will. 243; Daß man aus Überzeugung m. müsse. G. Zelt. 4, 133; Kein Mensch muß m. und ein Derwisch müßte? | Was müsst er denn? (s. c). L. Nath. 1, 3 etc.
c) der Jnfin. bei m. bleibt zuw. fort (s. I 1), nicht bloß, wo er aus dem Nebenstehnden zu ergänzen ist, s. die Beisp. in 1 aus Lichtwer und Schlegel etc., sondern auch: Sie haben Recht. Sie m. [so handeln, wie Sie handeln]. Daß Sie können, | was Sie zu m. eingesehn, hat mich | mit schauernder Bewunderung durchdrungen. Sch. 279a; „Vater! schieß zu! ich fürcht mich nicht!“ Es muß [sein od. geschehn]. 537b etc. und nam. oft, wo eine Bewegung durch Präpos. oder Adverbien bez. ist, im letztern Fall auch unechte Zsstzg. bildend (vgl. können II 3a) und zuw. übrtr.: Ich muß zu ihm oder hin; nach Hause oder heim, zurück; Der Brief muß zur Post; „Die Haube muß in die Schachtel (oder hinein).“ Denn muß erst der Deckel von der Schachtel (oder ab, herunter). Der abgerissene Knopf muß wieder an. Die Thür muß auf, und wenn wir sie aufbrechen sollten. Hans mußte ums Geld aus. Gotthelf Sch. 259. So muß er halter wohl daran | und mus es wieder holen. Claudius 7, 62; Wenn sie [die Liebe über den Richter] den Stab gebrochen, | so ist das Urtheil da, so muß der Richter dran. Günther 1062 etc. Daß wir so vergehen.. und daß wir so plötzlich dahin-m. Ps. 90, 7; Hes. 32, 30; Sch. 212b etc. Ihr müsset davon, ihr sollt hie nicht bleiben. Mich. 2, 10; Des Menschen Geist muß davon. Ps. 164, 4. Da man durchmusst und nicht neben hinziehn konnte. 1. Macc. 5, 46; Da wir sie einmal darauf angefangen, so m. wir damit durch. L. 12, 216; Daß ich auf meinem Wege der Vervollkommnung wohl durch mehr als eine Hülle der Menschheit durchmüsse. 11, 455 etc. Morgen muß ich fort von hier; Die wüsten Rankenwände | sammt Dorn und Distel haben fortgemusst. Freilig- rath Garb. 104 etc. Jch will das Buch hier lassen, ich muß doch wieder her [kommen], aber auch: Bald heißt der Müller Dieb, bald muß der Bäcker her [-halten]. Gün- ther 482; Wer wenig isset, muß auch her. Olearius Baumg. 84a, muß sich tadeln lassen etc.; Her-, hin-, herab-, hinab- etc. m.; Um solchen Heidenspektakel muß Eins aus seiner Nachtruhe heraus. Gutzkow R. 4, 249; Groll muß heraus. Schlegel Sh. 8, 12; Dann ist kein Halten mehr, 45 Das muß heraus bis zum letzten Brocken. Gust. v. See Eg. 1, 9 etc. Wo er hingeht, muß ich überall mit. Daß das Mannli mit den Kindern dem heiligen Almosen nach- müsse. Gotthelf U. 2, 256, betteln müsse; Daß der Kranke dem Gesunden nicht nachmüsse. H. Ph. 10, 354, es nach- oder gleichthun müsse; Wenn der Purpur fällt, muß auch der Herzog nach. Sch. 180a etc. Zum Himmel steigt es | und wieder nieder | zur Erde muß es. G. 2, 45 etc. Ich muß noch mit der Fähre über. Die Barkas m. unter [zu Grunde etc.]. Grabbe Hann. 20. Der Tisch muß weiter vor und das Sopha weiter zurück. Ich muß weg. Der Sergeant hätte mich geheirathet, wenn er nicht hätte unter die Fahne zurück-m. Gutzkow Königsl. 27. Lassen Sie einige Zeilen auf, da muß noch Etwas zwischen u. ä. m.
d) im substant. Infin.: Das M., die Nothwendigkeit etc.; Ich scheue nicht das schicksal- ernste M. WHumboldt Sor. 230; Dem sie sich nicht aus innerer Nothwendigkeit, in freudigem, liebenden M. dienstbar macht. Lewald W. 2, 417; Die Menschen .. finden sich in ein verhaßtes M. | weit besser als in eine bittre Wahl. Sch. 333a etc.
e) (s. d) auch die dritte Pers. des Präs. substant., z. B. Sprchw.: Muß ist eine harte Nuß (s. d. 4b). Benedix 10, 99; Die beißen alle mit Verdruß | aufs Muß als eine harte Nuß [wogegen sie Nichts ausrichten können]. G. 6, 45; Was sein muß, Das muß sein und wenn das Muß nochmal so harte Nuß wäre. Spind- ler Stadt 1, 37 etc., auch: Aber Muß ist ein Brettnagel [der hindurchdringt], heißt das Sprichwort. Seume Sp. 13 etc., ferner: Unwiderruflich steht des Schicksals Schluß, | unfrei vollführ’ ich nur ein strenges Muß. G. 6, 372; Dem harten M. bequemt sich Will’ und Grille. 3, 346; Des M., Eisleben’s Oportet wird’s thun. .. Das Muß muß weg sein, es ist versalzen [wortspielend mit Mus]. Luther SW. 61, 32; Des alten Herrn „Soll“ war ein „Muß“. OLudwig Himm. 29 etc., zuw. auch masc.: Ich muß .. Geduld haben. Es sei! So ist der Muß [die Gewalt des Unvermeidlichen]. Rahel 1, 405; Schubart mußte dichten, wobei es ihm auf ein paar Verstöße .. nicht ankam; Bauer konnte dichten, und zwar stand ihm dazu die gebildetste Form zu Gebote. Aber hier bleibt der Muß Meister. Strauß (Schwegler 1847) 498 etc., vgl. auch: „Ich muß Das wissen.“ Ei nun, mein Herr Muß. Höfer Leb. 272 etc. Ferner auch: Wo die absolute Philosophie, getreu dem mephistophelischen: „Der Philosoph, der tritt herein | und beweiset euch, es müsst’ so sein“, nicht verfehlte, die absolute Nothwendigkeit, das Mußsosein dieser Einfarbigkeit als im Wesen der Skulptur begründet a priori zu erkennen. Stahr Nat.-Z. 7, 371 etc. 2) an 1 schließen sich, sich leicht daraus entwickelnd, nam. noch folgende Nüancen:
a) zur Bez. des Unzweifelhaften etc., nam.: Nun, Das muß wahr sein [ist jedenfalls, unzweifelhaft wahr], Ihr hättet einen tüchtigen Schmied abgegeben. Immermann M. 1, 255; 3, 269; Sealsfield Leg. 1, 208; TrR. 1, 51; Tieck 2, 78 u. o., vgl. (1): Das muß man sagen (Jffland 3, 1, 43), gestehn; Das muß ihm der Feind (der Neid) lassen etc., von etwas Unleugbaren, was man nicht anders sagen kann, selbst wenn man wollte etc. Aber auch z. B. mit dem Jnfin. Perf. (s. b); Eine .. nettere Art zu arbeiten m. Sie in ihrem Leben nie gesehen haben. Möser Ph. 2, 41, es kann nicht sein, ist nicht möglich, daß Sie eine nettere Art gesehn, Sie haben gewiß nie eine nettere gesehn; Tokaier. So delikat müsst ihr ihn in eurem Leben nicht getrunken haben. Münchhausen 93; Kein minder beschwerlicher Gatte | muß in der Welt nicht sein als er. W. 15, 60 etc.
b) zur Bez. Dessen, was nach des Sprechenden Gedanken, Berechnung, Annahme, Schlußfolge nicht anders sein kann: Nach meiner Berechnung muß er bald hier sein; Warten Sie noch, er muß jeden Augenblick kommen; Jetzt müßte und müßte [s. 1a] hier sein, wenn Alles recht stünde. Kinkel E. 275; Ach, Das muß hübsch aussehn!; Da muß es prächtig sein; Und Vater dieses Volkes! | Das, dacht’ ich, das muß göttlich sein. Sch. 278b; Er muß es noch nicht wissen, sonst hätte er’s mir gesagt etc. und mit Infin. Perf. (vgl. a): Er muß es noch nicht gehört haben; Es muß ein Brief verloren gegangen sein; Verspätete ich mich bei einem Ausritt, so mußte mir ein Unglück begegnet sein [nach ihrer Meinung]. G. 15, 15; Darum stritt man ihm hier die Autorschaft auf, die man ihm dort abstritt; er sollte und mußte mit aller Gewalt nicht der bloße Übersetzer, sondern der Urheber selbst sein. Fichte 8, 42, er sollte [s. d.] es, d. h. man behauptete es, und er mußte es, d. h. man hielt es nicht für anders möglich etc.
c) (s. b) zuw. in Fragen, durch eine Art Ellipse: Wer muß [etwa = mag] uns diesen Streich gespielt haben? Adelung, zu erklären: Jemand muß (b) uns diesen Streich gespielt haben, aber: wer?; Was muß dem Menschen schaden, daß er so ergrimmt ist? Olearius Ros. 42b etc.
d) von etwas Zufälligem, aber schon wirklich Gewordnem, insofern also die Fügung (das Verhängniß) unter allen möglichen Fällen diesen einen zur Verwirklichung gebracht und damit alle andern ausgeschlossen u. unmöglich gemacht: Der Mordanschlag wäre ihnen gelungen, aber zufällig mußte ich grade an diesem Tage unterwegs etwas aufgehalten werden und dadurch später nach Hause kommen als gewöhnlich etc., und z. B. als Ausruf: Muß dich der Teufel auch grade in diesem Augenblick herführen! etc.
e) (s. d) in Wünschen (im Konj. Präs. u. Jmpf.), indem man möchte, daß das Gewünschte als etwas unabweislich Nothwendiges vom Verhängnis verwirklicht werde: Die Gottlosen m. zu Schanden .. werden! Verstummen m. falsche Mäuler. Ps. 31, 18 ff.; Der Satan müsse stehen zu seiner Rechten etc. 109, 6–15; Ei, daß du müßtest Kohlen fressen! Lichtwer 58 etc.
f) im Impf. Konj. mit denn (s. d. 4), vralt. dann, zur Angabe von Etwas, das nothwendig sein muß, wenn etwas Anderes eintreten soll und ohne welches oder außer welchem also Dies nicht statthaben kann: Das werde ich nie von ihm glauben, er müßte es mir denn selbst sagen; Zum zweiten Mal soll mir kein Klang erschallen, | er müßte denn besondern Sinn begründen. G. 4, 23; An der Börse laufen keine Narren herum, es müßte denn ein Laie sein. Klinger 11, 307 etc. Jn der indirekt. Rede kann auch zuw. der Konj. des Präs. eintreten: Er sagte, er werde Das nie von dir glauben, er müsse es denn von dir selbst gehört haben etc.
g) veraltend, mundartl. (s. Anm.) in verneinten Sätzen = dürfen: Es wird Ernst, der Vogt muß nicht mehr Wirth sein. Pestalozzi 1, 219; Ich muß nicht vergessen. W. 7, 41, vgl. engl. I must not forget; ferner st. können: Mußtest du nie denn | auch nicht todt mir vergessen den Unmuth. V. Od. 11, 553 etc.
Anm. Goth. mötan, Raum, Statt haben; ahd. muozan etc., mhd. müezen etc., s. Graff 2, 905; Benecke 2, 269; Wackernagel Gloss. 391; Schm. 2, 637 und Zarncke zu Brant 31, 26 „wohl einer der spätesten Stellen [doch vgl. 2g und d], in denen die urspr. Bed. von mótan, muozan = accidere, contingere noch zu Tage tritt. Der Stamm ist derselbe, zu dem das engl. to meet gehört und im Plattd. heißt noch jetzt möten nicht bloß: m., sondern auch: begegnen“ etc. (s. Brem. Wörterb. 3, 190). Danach wäre die Reihenfolge der Bedd. etwa: Etwas begegnet, hat Statt [vgl. 2d], wird Einem zu Theil; dann auch: die Freiheit wozu oder die Möglichkeit haben (s. die Stellen bei Wacker- nagel etc. und vgl. Muße) und endlich, insofern das Begegnende, Geschehende als das Verhängte [s. d. 1d] und damit Nothwendige erscheint, in der heute gw. Bed., woran sich das noch mundartl. tr. schließt: Einen zu Etwas m. = ihn dazu veranlassen, nöthigen, Schm. und Stalder 2, 224, z. B.: Dieweil die Meß als ein starker Maosim die Leut müsset und nöthiget. Fischart B. 84b etc., hochd. müssigen (müßigen). Desselben Stamms ist Muße (in verwerflicher Schreibw.: Musse, Muse etc.), ahd. muoza, mhd. muoze, Raum, freier Raum, Spielraum, freie Zeit, s. nam. Schm. und Stalder, mit der Ableit. müßig (ahd. muozie, mhd. müezec), was nam. in Nordd. nicht selten (wie müs- sen etc.) mit geschärftem „ü“ gesprochen wird (müssig), wie denn auch orthogr. die Zeitw. müßigen (s. d.) und müssigen häufig verwechselt und verwirrt werden.