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missen
Missen, tr.:
1) etwas Nothwendiges oder doch gern Gehabtes nicht mehr haben, ohne Dasselbe sein, vgl. entbehren, entrathen: Soll ich dich gleich, Geliebte, m., | wirst du mir doch nicht ganz entrissen. G. 1, 39; Ein braver Mann, den wir nicht m. können. 8, 62; Zu m. | meine Waffen, | welch Entsetzen! 77; Die, .. wenn sie .. Etwas m. [hingeben] soll, | am liebsten Band entbehrt. Ramler; Damit du .. nicht zu Grunde gingest, ehe ich dich m. kann. FSchlegel Fl. 1, 6; Glanz und Pracht gern wollt’ ich m., | könnt’ ich dich nur glücklich wissen etc., auch mit Genit. statt Obj.: [Ich konnte] | Tempel lieber der Zerstörung, | eh ich ihrer mißte, weihn. B. 75a ꝛc Zuw. auch, wie „entbehren“ (s. d.) von etwas nicht früher Beseßnem: Warum soll ich | allein das Glück zu sehen m.? [nicht haben] L. 1, 171 etc. 2) (s. 1) wahrnehmen, daß Etwas, das dasein sollte, wonach man Verlangen trägt, nicht da ist, mit Obj. oder Genit., häufiger verm.: Verwahre diesen Mann; wo man sein wird m., so etc. 1. Kön. 20, 39; Die mir eine Mutter | so wenig m. lassen [s. d. 3]. L. 2, 348; Der ähnlich, die ich misse. Sch. 37a; „Möcht ich die edlen Freunde, die wir m., | doch wohlerhalten wiedersehn.“ ... Makduff und euren edelmüth’gen Sohn | vermisst man. 581; Nur Einen miss’ ich, Freunde, den Wunnenstein! Uhland 416 etc. 3) mundartl.:
a) Etwas m., verfehlen, nicht treffen etc. (s. I. Miß): Wir m. wahrhaftig die Landung [kommen damit nicht zu Stande etc.]. Gerstäcker Flatb. 9; Den schmalen Pfad m–d [verfehlend]. Sealssield Leg. 2, 120 etc.
b) Etwas misst Einem, es entgeht, fehlt ihm; Sonst misset uns mit euch das süß geliebte Spiel. Weckherlin (WhMüller Bibl. 4, 50).
c) intr.: Etwas misst, trügt, führt irre; Gissen (s. d.) ist m., Muthmaßen trügt etc., s. Brem. Wörterb. 3, 167.
d) refl.: sich enthalten, s. Schm. 2, 633 etc. 40