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Menschlichkeit
Ménschlichkeit, f.; –en:
das Mensch-oder Menschlich-Sein (o. Mz.) und zuw.: ein daraus entspringendes und davon zeugendes Thun, vgl. „menschlich“, worauf die Zahlen in [] hinweisen:
1) [1] rein naturgeschichtl.: das Mensch-Sein, die Menschheit, das Menschenthum (selten): Die Vergleichung der Abänderungen, welche die menschliche Form in sich erleiden kann, ohne aus dem Kreise der M. herauszutreten, ohne thierisch zu werden. Burmeister gB. 2, 99; Das Menschengeschlecht umschließt und durchzieht ein gemeinsames Band, welches die M. ausschließend verräth. 70.
2) [2] menschliche Schwäche und Unvollkommenheit und daraus entspringende Fehler etc.: Es sind da mancherlei M–en [Ungehörigkeiten] vorgegangen; Was kann ich durch die aufrichtigsten Geständnisse meiner M–en [Fehler etc.] verderben. CFBahrdt 1, 4; Schauerte nun auch die M. [das Gefühl der Schwäche]| wie Hektorn vor dem Ajax und Achill | vor dir mich an. B. 41a; Den Zoll der M. zu bezahlen. Danzel 318; So .. seltsamlich spielen die M–en [Rücksichten etc.] durcheinander. Keller LvS. 147; Weil Einen zu leicht M. beschleicht. JvMüller-6, 25; Seiner M. vergessen, | wagt des Mannes eitler Wahn, | mit Dämonen sich zu messen. Sch. 81b; Alle seine kleinen M–en werden vergessen sein. W. 22, 280 etc., s. 4.
3) [3] Das, worin sich das wahre Wesen des Menschen ausprägt, Humanität (s. d.), edles Menschengefühl, Milde, Gesittung etc.: Das ist die Pflicht der M.; Die M. [personif.] gebietet es; Der Stimme der M. gehorchen; Nach dem [griech.] Alterthum, wo ganz allein für die höhere Menschheit und M. reine Bildung zu hoffen ist. G. 33, 40; Die alle Gaben | der Menschheit Stolz zu sein, nur M. nicht haben. Gotter 2, 232; Die schöne Blüthe reiner M., | das uns allein zu freien Wesen gründet. SMereau (H. 13, 354); Die tragische Kunst vertrüge nichts Dämonisches | und bloß der Leidenschaften reine M. Platen 4, 102; Die rohen Seelen zerfließen | in der M. erstem Gefühl. Sch. 56a; Aus Gefühl der M. und Schonung. 411a; Ihn von den Vorschriften der M. gegen dieses unglückliche Volk zu entbinden. 947a; Daß die Weiblichkeit und die Männlichkeit der höhern M. (s. 1) untergeordnet sein soll. FSchlegel GR. 278; 287; Die Menschheit ringt schon hier von einem Ziel zum andern, | sie kämpft sich immer mehr zur M. hinauf. Tiedge Ur. 3, . .; Jeglicher Becher| kühlt dem Menschen den Durst, M. bildet ihn schön. V. 4, 182; 161; Die Ausbreitung der Vernunft und der M. W. 7, 175 etc. Selten Mz.: Sein Leben | war für Andre, nicht sein, voll M–en. Kl. M. 6, 597.
4) zuw. statt Menschheit, Menschengeschlecht: Der nennt der M. Ehre, | welcher Friedrich nennt [vgl. 4]. Od. 1, 83; 128; Der die Wonne der M. ist. 129.
5) verhüllender Ausdruck für: menschliche Erkremente, Menschenkoth: Ein reinlich frischgelegtes Häuflein M. Droysen A. 2, 272.
Zsstzg. z. B.: über-: das Übermenschlichsein: In einem menschlich vorgestellten zur Ü. gesteigerten persönlichen Wesen. Stahr Weim. 121.
Un-: das Unmenschlichsein (s. unmenschlich) und unmenschliche Handlung: Eine Gunst. Unm. allein kann sie mir weigern. Sch. 407a; U–en begehn etc.