Faksimile 0267 | Seite 265
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Mäuser
Mǟuser, m., –s; uv.:
Alant (s. d.) Cyprinus dobula, s. mausenzen und vgl.: Bei Straßburg heißt er .. Mausesser, weil man [fälschlich] glaubt, daß er Wasserratten fresse. Oken 6, 299, bei Nemnich, auch Mauser. Ferner in mehrern (versch. Stämmen angehörigen) Zsstzg.: Blāū- (Blā-, Blō): eine veraltete Münze (ob etwa nach einem Vogel im Gepräge? vgl. Blaumeise). Dúck-: ein geduckt schleichender [s. mausen 2] stiller Mensch; tückisch heimlicher Leisetreter, Scheinheiliger etc.: Das ist ein scheinheiliger D., der hat’s aber faustdick hinter den Ohren. Auerbach D. 1, 144; Daß unser Junge brav und nicht etwa zum D. wird. G. 35, 18; Verwundert, daß der D. aus der Stadt noch besser trinken und lärmen könne als sie. Keller gH. 2, 427; Bei diesem D. Gellert. Laube DW. 5, 41; Unserem Duck- und Kahlmäuser. IP. 3, 63; Pfaffe, D., Scheinheiliger! Prutz E. 1, 65; Was wollt Ihr bei dem D.? .. Dieser kriechende träge Esel .., ein würdiger Liebling jenes fanatischen Pius V., der ebenso armuthselig entsprossen war. Tieck A. 1, 219; Da hockt der D. Voigts H. 17; Auf mich als einen Auswürfling gezeigt, einen D., einen Geizhammel. Willkomm Bank. 1, 354 etc.; betont ⏑. Heine NGd. 250 etc., auch von weibl. Pers.: Du bist ein rechter D., eine Putzmacherin! Gutzkow R. 3, 226 (neben: Du D–in .., du frommes Mutterlämmchen! 4, 348); Das Fräulein ist ein Tuckmäuser. Schlegel Sh. 2, 203 etc. und so öfter mit anlautendem „t“: Abtrumpfen, wer sich zu mausig macht und ermuntern, wer wie ein Tuckmäuser dasitzt. Immermann M. 4, 156; Und Sie, Tuckmäuser (– ⏑), sitzen | mir auch noch auf dem Hals. Müllner 7, 259; Tieck 12, 94 etc., ferner: Dockmäuser. Stilling 2, 113; (⏑ ⏑) HSachs 3, 3, 740 etc.; Dochmäuser 5, 285b; Dockmauser. 3, 3, 68b; Tockmäuser (⏑ –⏑). Rollenhagen Fr. 118; Stockmäuser Schm. etc., vgl. Duckelmuser etc., s. Zarncke Br. 453a, auch: Er wollt mit der Sprach nicht heraus, | duckt sich wie ein Dockelmaus (1683), s. Grimm u. ä. m. S. mausen 2 und ducken, Anm., dazu z. B. thüring.: duchsen = still und tückisch schleichen (etwa = mausen 2), z. B.: Er duchste schon der Kammer- 34 thür zu. OLudwig Thür 1, 100; Sonst duchst er wohl auch, aber aus Tuckmäuserei. 99; Was für ein Schabernacker Der ist, so duchsig Der thut. 11; 52; 94 etc., also: der heimliche Schleicher, vgl. mhd. tockelmüsen (Benecke 3, 278b), wobei immerhin an die geduckte Haltung der zum Mausen schleichenden, tückisch lauernden Katze gedacht werden mag und auch das Wort „Tücke“ mit hineinspielt. Dazu: Die theologische Duckmäuserei, welcher Herr W. sein Ansehn verdankte, widerstand ihm aufs tiefste. Prutz E. 2, 387 etc.; Ein Junge, der Haar auf den Zähnen hat, so duckmäuserig er auch sonst thut. 3, 394; Stell dich nicht so duckmäuserig. Auerbach Barf. 124; Kopfhängen und Kalmäuserei oder das duckmäuserige Pietisten- und Herrenhuterwesen. Tieck 1, 104; Der Kerl, so duckmäusig er sich jetzt anstellt, ist doch nur ein wahrer Komödiant. 8, 68; Dort schleicht er gleich duckmauset her. HSachs 3, 1, 238d; Dein Werk sind still tockmäuserisch. G. 1, 106; Diebische tuckelmäusige Galgenschwengel. Fischart Garg. 47a; Wogegen sonst einfältiglichst | mit offnem Maul duckmäuserlichst | die Dämelacke saßen. Droysen Ar. 3, 482 etc., ferner: Ein Soldat darf nicht tuckmäusern! [kein D. sein] | Den Busch durchkleppert! .. Frisch auf den Wasserkopf ihm drauf geknallt! Eichendorf Ph. 94; Ihr hölzernen Köpfe, duckmäusert und dresselt katonische Töpfe. Widemann Juni 109 etc. Kal-: verächtl. Bez. Eines, der sich sinnend in kleinliche, armselige Grübeleien vertieft und spintisiert: Sein Doktorhäublein .. so ordentlich wie der beste Dorf- K. [Magister etc.] aufsetzen. Fischart (Wackernagel 3, 479 Z. 35); Und hat jeder K. neu Redekunst erdichtet. Matthesius Lthr. 69a; Den armen Schulmeistern und K–n. 136b; Natürlich bekam ich K., ich Eigensinn manchen schnöden Verweis. V. Br. 1, 17 etc., vgl.: Fleißig in dergleichen Kohl- mäuser-Beschäftigungen. Schmid (L. 13, 546) etc., mehr mundartl. dagegen (s. Schm. 2, 629) theils = Duck- M. (s. d.), z. B.: damit verbunden. IP. 3, 63 etc. (s. u. K–ei), theils = armseliger Geizhals (s. u.: k–isch). Fortbild., z. B.: Schelten Sie lieber .. auf meine Kahlmäuserei, mit der ich mich wirklich jetzt nur allzusehr in Träumereien und unnöthige Untersuchungen verliere. L. 12, 401; Wenn man auch von meinen Kahlmäusereien nicht allzuverächtlich urtheilen soll. .. Nun von allen gelehrten Armseligkeiten weiter kein Wort! 403 etc., aber auch (s. o.) = Duckmäuserei: Kopfhängen und Kalmäuserei oder das duckmäuserige Pietisten- und Herrnhuterwesen. Tieck 1, 104 etc., ferner: Hier in der Einsamkeit zu kahlmäusern und zu büffeln. L. 12, 377; Wogegen die kalmäusernde Philosophie bleich machte. V. Ar. 1, 206; Was? immerfort kalmäusern? Das befängt | die raschen Lebensgeister des Gehirns. Sh. 2, 488; An Wisserei kalmäusert man sich reich und prunkt mit aufgelesnem Altgeflick. 410 etc., aber auch (s. o.): Das Ducknacken, das Kalmäusern [Duckmäusern, Kopfhängen etc.] haben uns um Volksgefühl und Volksthümlichkeit gebracht. Jahn M. 301. K–-ige, -ische, kalmäusige Pedanten etc., aber auch (s. o.): Dieser kahlmäuseri- schen [geizigen, filzigen] Sitte [Speisen vom Gastmahl nach Hause zu schicken]. W. Att. 2, 1, 30 etc. Eine sichre Etymologie fehlt; am meisten empfiehlt sich wohl noch die Herleitung von dem „kahl in der Mause“, tiefsinnig und armselig dasitzenden Vogel, insofern wenigstens in diesem Bilde die versch. Bedd. des armseligen Grüblers, des armseligen Schächers (od. scheinheiligen Schleichers) und des kahlen Geizigen einigermaßen verbunden sind, doch vgl. Frommann 3, 426 und 5, 166 über klamuiser (vergl. klamüsern = sinnen. JGMüller Lind. 2, 266) und schwzr.: „musen = kalmäusern, in Schwermuth versunken sein“ etc. Stalder 2, 223. Schêr-: Fänger von Schermäusen (s. d.) oder Maulwürfen, z. B.: Kennt den Maulwurf besser als Ihr Alle und eure besten Sch. H. 8, 111; Oken 7, 932. Stóck-, Tóck-, Túck-, s. Duck-M.