Faksimile 0225 | Seite 223
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Manier manieriert Manierist manierlich
* Manīēr (it.), f.; –en:
die Art und Weise, worin die Eigenthümlichkeit von einzelnen Wesen oder von einer Gattung zur äußern Erscheinung kommt, z. B.:
1) allgem.: Auf eine andre M.; Er hat eine eigne M., Geschichten zu erzählen; Das ist Burschen-, St udenten-M.; Diese Studenten-M–en passen nicht für einen Mann in Amt und Würden; Unterhaltungen, bei denen sie mich übrigens in echter Jäger-M. nicht selten blau anlaufen ließen. Holtei Jahr. 2, 45; Die alten Herren .. mit ihren Onkels-M–en. G. 22, 389 etc.
2) in Bezug auf das Benehmen, auf die Formen des geselligen Lebens etc., nam. oft in Mz.: Er hat feine, gewandte, rohe, plumpe, grobe, ungeschlachte M–en etc.
3) prägn. = gute, richtige M., der Schick, nam. (s. 2) feine Lebens- art, gute Sitte (vgl. manierlich), z. B.: Die Sitten entspringen aus Grundsätzen und Gesinnungen, ihre erste Quelle liegt im moralischen Gefühle; M–en sind bloß angenehme äußerliche Sitten, welche man sich anlernen kann. Genthe (Düringer 686a); Der einzige Stand, wo Sie M–en und Welt lernen kann. Sch. 203b; Ist Das M.? Grimm M. 281; Wenn so ein Aas [die Kuh] keine Räson annehmen und will sich nicht mit M. vergolden lassen etc. Immermann M. 3, 7; Alles mit M. etc. und so als Ggstz. (vgl. Un- art): Daß er ohne Adieu weggeht, ist eine Un-M. von ihm; Nun hatte Lolo, neben | mehr Un-M–en, auch sich diese angewöhnt. W. 10, 309 etc.
4) in Bezug auf künstlerische Erzeugnisse, die eigenth. Behandlungs- und Darstellungsweise:
a) nach der versch. Gattung der Erzeugnisse, z. B.: Die verschiedenen Methoden der Lithographie zerfallen in Zeichnungen in Kreide-M. .., Feder-M., .Radier-M. Karmarsch 2, 606 etc.
b) nach dem, worin sich die individuelle Eigenthümlichkeit, Art und Weise eines Künstlers zeigt, z. B.: Phantasiestücke in Callot’s M. von E. T. A. Hoffmann etc. Hier mischt sich oft ein tadelnder Nebenbegriff ein, daß eine individuelle Eigenthümlichkeit auf Kosten des Kunstwerks geltend gemacht wird, vgl.: Stil nennen wir die Art der Darstellung, welche durch den Inhalt, durch die Individualität des Darstellenden und durch den zu erreichenden Zweck bestimmt wird; M. ist die rein aus der Individualität des Darstellenden hervorgegangene Eigenthümlichkeit, die nicht gerade durch den Inhalt bedingt ist. Genthe (Düringer 686a); 00) Seine M. wird immer leerer und unbedeutender werden, je weiter sie sich von der einfachen Nachahmung und den Stil [s. d.] entfernt etc. G. 31, 36; 29, 434; Die Form, die bei dem wahren Künstler Ausfluß des schöpferischen Genies und somit immer eine andre ist, wird bei dem Nachahmer, weil sie nicht von dem belebenden Geist durchdrungen ist, starr und todt, wird M., s. Manierist, manierirt. 5) Mus.: Verzierungen der Melodie.
~īērt, a.:
in Bezug auf künstlerische Darstellung, Manier (s. d. 4b) zeigend, im tadelnden Sinn, nam. des Gekünstelten, Unnatürlichen, Übertriebnen: M–e Schauspieler, Darstellungen etc., noch stärker: Die Statuen sind in einer braven modernen Manier gemacht, nur wenige über-m. G. 23, 66. Dazu: Manieriertheit. Devrient 2, 415; Als Künstler hat er zwar die Berninische Manier beseitigt, aber nur eine andere M–heit an die Stelle gesetzt. HHerz 226.
~ist, m., –en; –en:
manierierter Künstler.
~lich, a.:
Manier (s. d. 3), den richtigen Schick, feine Lebensart habend, zeigend (vgl. artig, artlich): Betrag dich hübsch m., nicht so un-m.; M–keit, Un-M–keit etc., auch: Der verzierlichte und vermanierlichte Schnörkel- und Arabeskenstil [verfeinert etc.]. Arndt E. 16.