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Mai Maie Maien
Māī, m., –(e)s, (uv.); –e; -. ~e, m., –n; –n; (f.; –n); –n-; ~en, m., –s; uv.; -:
1) der fünfte Monat des Jahrs, der ,,Wonne-, Rosenmonat,“ dann allgemeiner: die Frühlingszeit, der Frühling (z. B. Luther 6, 134b: M., Sommer, Herbst, Winter) und wie Frühling (s. d. u. Lenz) zur Bez. des Wonnigen, Schönen, Blühenden, Glänzenden etc. vielfach übrtr., nam. auf die Blüthenzeit des Lebens, auch personif.: Sprchw.: M., kühl und naß, | füllt dem Bauer Scheu’r und Faß; Der’ März ganz, | der April am Schwanz, | der M. neu | halten selten Treu (Luther SW. 61, 441) etc.; Ich sah den M–en | .. das Jahr erneuen. Blumauer 1, 207; Ihr Auge lachte wie der M. Burmann F. 148; Laß den kurzen M. | dieses Lebens uns getreu | mit einander schmecken! | Wenn der Sommer uns erreicht, | hinkt die Lust etc. Göckingk Lieb. 58; Den M. der blumenreichen Wangen, | die Zucht und Keuschheit färbt. Günther 446; Des M–en Lust. Gutzkow R. 7, 88; Gekommen ist der M–e. Heine Reis. 2, 262; Winter wandelt sich in M–e, | Schnee verwandelt sich in Blüthen. 258; Eine Nacht im M–e. Lied. 156; Lustig leuchtet der M. 179; Im wunderschönen Monat M., | als alle Knospen sprangen. 112; Der M. ist da mit seinen goldnen Lichtern, | und seidnen Lüften etc. 258; Die Blüthe des M–s und die Flamme des Sommers und die Reife des Herbsts. Hölderlin H. 1, 135; Schweigend sahe der M. die bekränzte | leichtwehende Lock’ im Silberbach, | röthlich war sein Kranz etc. Kl. Od. 1, 211; Wie empfand ich sie einst, sprossend ich selbst, | jene M–e. 2, 176; Den lieblichen M., | unter den M–en allen seit Jünglingsalter den schönsten. 182; 1, 47; Die beste Zeit im Jahr ist mein [lies: Mai’n], | da singen alle Vögelein etc. Luther SW. 56, 296; Im M–en. Möser Ph. 3, 146; Geneuß der Jahre | lustreichen M. Mühlpforth 2, 14; Leich. 190; Duwarst des Mannes Trost, des Hauses Wohlfahrtssonne, | des Gartens ander M. 191; Den frischen M. deiner Jugend. IP. 1, 28; Sie haben über mein Leben einen ewigen M. gesandt. 3, 4; Triumphlieder des M–es. 22, 69; Er stand .. in der Jahre schönstem M. Platen 2, 181; Ihr Kinder des M–en lobsinget dem M. Ramler 270; 266; Schlägt der Pfau sein Rad, | in dem sich, wenn darauf die heitre Sonne strahlet, | ein ganzer M. von Farben malet. F. 1, 4; Zaubre den Winter zum lächelnden M. Rudolphi NGd. 113; Lind und würzig, | wie der junge M–en selber. Scheffel Tr. 127; Als Gruß dem jungen M–en. 129; Im M. 130; Einen Jüngling, noch nicht reif zum Sarge, | in des Lebens M. gepflückt. Sch. 6a; Des Lebens M. blüht einmal und nicht wieder. 20b; Du starrest in des Winters Eise | und schmähest auf den goldnen M. 11b; 10a; Jugendlich milde | beschwebt die Gefilde | ewiger M. 8b etc.; Sie machten .. früh sich auf, | den M. [das Fest des M–s] zu feiern. Schlegel Somm. 4, 1; Vier träge Winter und vier lust’ge M–en [4 Jahre]. Rich. II. 1, 3; Jch fühle keinen M–en, | keinen Junius. Schubart 2, 245; Mädchen sind M., wenn sie Mädchen sind; aber das Wetter schlägt um, wenn sie Weiber sind. V. Sh. 3, 105; Mit Thränen, die den M. von seinen Wangen ätzen. W. 3, 11; 10, 128; Frisch, wie der junge M. sich an den Reihen stellt etc. 20, 115; Sie [der Greis und die junge Frau] gleichen sich wie Januar und M. 153; Schön, wie der M. 332; 25, 270; Im wonnevollen M–en. 12 etc. Auch in Zsstzg., z. B.: Der schönen Tochter Anmuths-M. [die anmuthig blühende Tochter]. Mühlpforth Leich. 191; Trägst einen ganzen Blumen-M. 2, 22; Der Blüthen-M. (vgl. Maienblüthe); Des Lebens schönste Feier | endigt auch den Lebens-M. Sch. 78b; Kinkel E. 366; König Jer. 1, 166; Mar. 1, 150; Ein Lied vom Liebes-M. Hungari 2, 609 etc. 2) (s. 1) „Es werden auch mancherlei Gaben, welche die bei uns besonders im M. wieder grünende und blühende Pflanzenwelt darbietet, M–en genannt etc.“ Schm. 2, 533, nam.:
a) Forstw.: „der Zweig oder die Verlängerung eines Zweiges, welche durch den alljährigen Safttrieb entsteht.“ ebd. [s. Limpf].
b) ,,der Zweig, der Büschel von Zweigen oder von Blumen, die Staude, der Baum, mit welchen wir, des grünenden Jahres froh, bei freudigen Anlässen unsre Tempel, Häuser und Gassen schmücken; vorzugsweise aber die abgeschälte mehr od. weniger hohe Fichte - oder Tanne, welche, mit allerlei Emblemen geziert, durch gemeinschaftliches Zuthun des lebenslustigen Theils einer Landgemeinde gew. am ersten Sonntag im Mai bei Sang und Klang und Tanz [s. f.] auf dem Dorfplatz oder vor dem Wirthshause oder auch vor dem Hause, wo das schönste Mädchen wohnt, errichtet, „gesteckt“ wird etc.“ ebd., vgl. Stalder 2, 193; Weise Jak. 159 ff. wo auch ein „Bauerlied“, das sie „um die M–e herumspringend“ am Tag nach der Hochzeit zu fingen pflegen; ferner: Schmücket das Fest mit „Meigen.“ Ps. 118, 27 und dazu Luther 5, 69; Palmenzweige und „Meven“ von dichten Bäumen. 3. Mos. 23, 40; „Meien“ und grüne Zweige. 2. Macc. 10, 7; Mark. 11, 8; Pfingsten: Unter halb verwelkten M–en. G. 2, 109; Die Laube ..aus M–en .. aufgesteckt. 7, 154; Wie wir im Sanders, deutsches Wörterb. II. Rosenmond | die Meyen hier gepflanzt. Hagedorn 3, 98; Umsteckt . . den Tisch mit dichten Meyen. 2, 174; Setzt in das Zimmer Meyen. 302 etc.; Bekleidete die Pforten des Hauses, die Wände des Flures und die Thüren .. mit grünen Birkenstämmen. . . Mit schmiegsamen M–en .. Die M–e (s. c). Immermann M. 3, 6 und 7; Besteckt mit grünen M–en. JGJacobi 2, 16; Ir. 1, 1, 6; Wagen voll grüner M–en (Birkenreiser) geschlagen (s. c). Roquette E. 262; Wenn alle Hüte sich und Helme schmücken | mit grünen M–n. Sch. 336b; Mit Kalmus, Blumen und M–en. V. 2, 3, mit Anm.: Die M–e oder der M. ist gew. ein Birkenbaum, weil dieser zuerst sich belaubt (s. c), an einigen Orten ein Buchenzweig [s. Maigraf]; denn eig. bed. M.: Wuchs, junges Laub, Frühlingstrieb etc. 185, und: Birken .. als Pfingst-M–en vor die Häuser gesteckt. s. Schm. 2, 534 und Diez 212.
c) (s. b) Birke, s. Maibaum u. vgl. auch Maibuche: Gleich der schlanken M–e. Hölty 107; Wo junge M–en | uns Kühlung streu. 65; 96; Der Wald .. Da die M–en. Tiedge 2, 113; Schlank, wie die M–e des Thals. V. 3, 20 etc., vgl. (zu c und b) als Name der Heckenkirsche, Lonicera xylosteum: Walpurgis-, u. daraus verderbt Wolper-, Wolber(t)- etc. M. und zu: Birken-M. (vralt.): Der Birkenmeier: ein aus einem Birkenklotz mit haftender Rinde gehöhlter und ausgepichter Becher. Rollenhagen Fr. 584.
d) (s. b) nach Adelung = Maiblume, aber auch, bes. schwzr. = Blumen überh., z. B.: Sie frug Maienstöcke hin und her. Gotthelf G. 108 u. v.; auch wohl: Wenn ich die M–n in unserm Garten rings | dem Pfingstfest röthlich seh entgegenknospen. HKleist Kr. 150 etc. Auch: Blumenstrauß, Bouquett, „Uli muß noch ein Sträußchen haben“ .. Was braucht Uli einen Meien? Gotthelf U. 1, 304; 305 etc., s. Stalder. Zsstzg.: Jedes Schätzli hat von uns den Sonntags-M–en. Spindler Stadt 1, 26.
e) schwzr.: Frühlingsbergweide. Stalder.
f) (s. b) ein mit Lustbarkeiten begangnes Fest etc., wie bei HSachs etc.: maien, mayieren, sich ermejen: sich belustigen, ergetzen, s. Schm. 2, 535 und Grimm 3, 911 etc. So wohl: Lächelnd blickt sein Angesicht, | als ritt’ er zur Lust in M–en. Kerner 126. Dazu am Rhein: Weil sie Abends nicht in Maien kam. vHorn rhD. 2, 246 mit Anm.: Abendgesellschaft, bes. an Sonntagsabenden; vgl.: Am Rhein ist maien, was in Baiern heim-garten d. h. einen Freund besuchen, um mit ihm zu plaudern. Schm.; Während Andere mit den Mädchen majeten [,,plaudern, kosen“]. vHorn rhD. 2, 13; Sie mochte nicht mehr Maien gehen. 271; Maje heißt Freude, gesellige, reine Freude und [am Rhein] .. ist der Name für gesellige Zusammenkünfte zu traulicher Unterhaltung wohl bekannt. Majengehen ist eine Freude, Erholung für uns etc. Ders.; Maje. 1, 3; A bisle maien (spazieren gehen). Hausbl. (56) 1, 335 (Stein) etc.
Anm. Aus lat. Majus, ahd. meio, mhd. mei(g)e, daher (s. o. und vgl. Herrig 16, 424) die häufigen Formen: Des Maien etc. und als Bstw.: Maienetc. Seltner: Am Ende Maiens. JvMüller 13, 204; Ryff Sp. 198b etc., dagegen häufig: Am ersten Tage des M. Gutzkow R. 9, 380; Vorläufer des M. Prutz DM. 1, 2, 542; Anfangs oder Ende M. etc. auch: Der drei | und zwanzigste des Mais. Sch. 353a. Mundartl.: Majenblume. Geßner 3, 79 etc.