Faksimile 0208 | Seite 206
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Mahlen
I. Māhlen, mahlte; gemahlen:
1) tr.: durch eine in Drehung gesetzte Maschine Etwas zu einer mehr oder minder staubähnlichen Masse zerreiben:
a) zunächst und eig. Getreide zu Mehl —, mit vrsch. Subj. und Obj., z. B.: Der Müller, der Mahlgast [lässt m., s. u.], die Mühlsteine, die Mühle mahlt Getreide, Roggen, Weizen etc. (zu Mehl) oder Mehl (aus dem Getreide); Nimm die „müle“ [Handmühle] und „male mehl“. Jes. 47, 2; Man „malet“ es, daß Brot werde. 28, 28; Eine Mühle, die darin steht, wird nicht viel Mehl m. Hebel 3, 18; 436 etc. Auch ohne Nennung eines Obj.: Zwo werden „malen“ auf der „müle“. Matth. 24, 41; Richt. 16, 21 etc.; Es ist kein Wind, der [Wind-]Müller kann heut nicht m.; Wir wollen heute m., m. lassen, insofern in ältern Zeiten die Mahlgäste das M. mitbesorgten; Sprchw.: Wer [als Mahlgast] vor (oder zuerst) kommt, Der mahlt vor (oder zuerst). Holtei Nobl. 1, 233; L. 1, 279 etc., allgm.: der erst Kommende hat den Vorzug; Zwei harte Steine m. nicht zusammen (Gotthelf Sch. 384), m. selten reine etc., zunächst in Bezug auf Läufer und Bodensteine, übrtr.: Zwei harte, eigensinnige Köpfe kommen schwer mit einander aus etc., s. 3.
b) (s. a) ähnlich auch von andern Körpern, z. B.: Den gebrannten Kaffe (auf der Kaffemühle) m.; Den grobgemahlenen Kaffe. V. 2, 154 etc.; Das M. des gebrannten Gipses. Karmarsch 2, 216 etc.; Das M. der Lumpen zu Papierzeug geschieht im sogen. Holländer [s. d. 4]. 791; Das sogen. Todt-M., d. h. eine zu weit getriebene Verkleinerung der Fasern, wodurch ein mürbes Papier entsteht. 798 etc.; Fängt man [bei der Bereitung des Schießpulvers] damit an, den Schwefel allein für sich in einer besondern Mühle, in einer andern Salpeter und Kohle zu m. 3, 105 etc. Zuw. auch (s. Olmühle): Öl m., gw. schlagen etc.
c) übrtr.: Wenn die Zähne nicht wohl „malen“. Luther Randgl. zu Pred. 12, 3 ff.
2) intr. (haben): s. 1a, ferner: Der Sand mahlt, bei großer Trockenheit, in Bezug auf die Räder der dadurch fahrenden Wagen, welche, tief einsinkend, bei der Fortbewegung ihn mehlgleich rieseln machen, vgl. Spate: Der Berg „mült“ immer gemählich ab, wird durch das Niederrieseln des Sandes kleiner, s. Weinhold; ausm. 5 und vgl. goth. malm = Sand, ahd., mhd. mëlm, Staub.
3) refl. (s. 1): Mit zwei harten Steinen mahlt es (s. d. 7) sich (s. d.) schlecht etc.
4) Die Mahlung, nur zuw. in Zsstzg.; ganz unüblich aber: Der Mahler, s. Anm., Müller und vgl. Maler, aber z. B.: Schade, daß in Deutschland die übliche Postenmahlerei einer größern Verbreitung der Walzenmühlen bisher hinderlich gewesen. Karmarsch 2, 708, das M. des Getreides in Posten (s. d.).
Anm. Goth., ahd. malan, mhd. maln, mit starker (nhd. nur noch im Partic. erhaltner) Abwandlung, Impf. goth. mól, ahd., mhd. muol, noch mundartl. muhl, wie im Präs.: Du mählst (mhd. melst), er mählt (mhd. melt) etc., z. B. Spate (du mühlst etc.); Wenn man das bös Korn nit bald mälet. Fischart B. 33b; Wer vor kömmt, Der mält vor. Weise Abs. 247 etc., s. Schm. 2, 563 ff., wie umgekehrt auch mundartl. das schwachformige Partic.: Säcke gemahltes Korn. Erbvgl. Beil. 61; 62 etc. Vgl. lat. molere. Urbed. des Zerkleinerns, Zermalmens, vgl. ahd. muljan, mullen, mhd. müln etc.; und schwzr.: mahlen = käuen, wiederkäuen. Stalder (vgl. 1c und maulen, Anm.). Zum selben Stamm gehören: Mühle, ahd. mulî(n), mhd. mül; Müller, ahd. mul(i)nari, mhd. mülnere, mülner (so noch bei Spate); Mull, Müll, Molde (s. d. 2), goth. mulda, ahd. molta, mhd. molt (s. Maulwurf), Mulm, malmen, zu welchen erst nhd. nachweisbaren Wörtern man das zu 2 angeführte goth. malm (Sand) halte und ahd., mhd. mëlm (Staub); ferner: Mehl, ahd. mëlo, mhd. mël, auch = Staub (s. Zarncke Br. 370a) im Genit. (vgl. gelb) mit hervortretendem w, ohd. mëlawes, mhd. mëlwes, wie bair. Melb (z. B. Schaidenreißer 7b; 42b; 58b; 61a) und dazu melbig [mehlig, mehlbestäubt], s. L. 11, 433 etc.; Melber (Mehlhändler), Gipsmelber (der mit Gipsmehl handelt), milben (mhd. milwen, zu Staub machen, pulverisieren) etc. und so denn wohl auch hochd.: Milbe, ahd. mil(i)wa, mhd. milwe (vgl. Motte, goth. malô, welches Wort vielleicht noch in dem weitverbreiteten Kinderwort „Müller Mahler“ für Schmetterling s. Schm. 2, 567 u. Weinhold 62b etc. und vgl. Matte 6 fortlebt). S. auch Malter etc. Die Schreibw. schwankend, nam. früher (s. 1 Bsp. aus Luther) ohne „h“. Heute untersch. man allgm.: Mehl (s. d.) etc. mahlen und ein Gemälde, Bild etc. malen (Frisch grade umgekehrt); Adelung u. A. schrieben beide Zeitw. „mahlen“, vgl.: Mann und Frau mahlen Beide, Jener Bilder, Diese Kaffee. Börne 1, 259.
Zsstzg. (vgl. die von malen mit vrsch. Bed.), z.B.: Áb--:
1) Getreide zu Mehl oder Mehl mahlen (so daß es von der Mühle abgeholt werden kann etc.): Fungus Maul ist eine Mühle . ., | mählt ein Handvoll Witz kaum abe, schüttet Wort ein Malter auf. Logau 3, 47; Ich bin nur eine Mühle. .. Wenn ich meinen Steinen Etwas aufzuschütten habe, so mahle ich es ab. L. 8, 200 etc.
2) durch Mahlen abnutzen (abschleifen), nam. die Mühlsteine: Daß von Zeit zu Zeit die Furchen der Steine zugemahlen [durch das Mahlen zugemacht, ausgefüllt, verschlossen], die Steine abgemahlen werden und wieder gehörig scharf zu machen sind. Karmarsch 2, 677; Etwa bis zur halben Höhe abgemahlene Läufer macht man zu Bodensteinen. ebd. etc.
3) s. [2]. Āūf-: mahlend aufbrauchen, ver-m.: Das Korn ist aufgemahlen und aufgegessen. Aūs-:
1) vollständig fertig (zu Mehl) mahlen: Der Weg, den das Getreide zu durchlaufen hat, bis es vollständig ausgemahlen ist. Karmarsch 2, 680, s. durchm. I. 2) Getreide, das dem Mahlzwang unterliegt, der Bannmühle entziehend, auf einer andern Mühle mahlen. 3) aufhören zu mahlen. 4) Wasser durch ein Mühlenwerk auspunpen und meton.: Einen Teich, Morast a., ihn so trocken legen. 5) [2] Deichbau etc.: den Sand fortspülend auswaschen, so daß eine Lücke entsteht: Damit der Sand nicht allmählich ausgemahlen werde und im Deiche kein Loch entstehe. Krünitz 8, 698, vgl.: Das Wasser hat den Fels löchericht durch-m. Spate etc. I. Dúrch-: das Getreide etc. den Gang durch das Mahlwerk, d. h. durch die Steine durchmachen lassen: Auf den ältern deutschen Mühlen wird der Weizen zuerst zu Schrot ver-m., der, abgesiebt, den Gries giebt. Dieser wird nun noch mehreremal durchgemahlen und giebt verschiedne Sorten Mehl. Bei den verbesserten Mühlen dagegen mit schwebender Haue wird eine größre Quantität Getreide beim einmaligen Durchgang durch die Steine vollständig ausgemahlen. II. Durch-: s. aus-m. 5. Eīn-:
1) im Vorrath, zum Gebrauch mahlen. Campe, nam.: Malz zum Brauen schroten. Spate und: Sich einen Scheffel Mehl, Schrot etc. e. lassen, auf der Mühle das Getreide kaufen und es sich in den mitgebrachten leeren Sack hinein ab-m. lassen.
2) refl.: Das Getreide mahlt sich ein, verliert am Gewicht durchs Mahlen. Fórt-: weiter mahlen: Auf ihren Zwangmühlen f. Klinger Teutsch. 387. Ver-:
1) durch Mahlen in Mehl etc. verwandeln, s. auch auf-m.: Weizen zu Schrot, zu feinem Mehl v.; Zum V. von Kalk, Zuschlag, Kohlen u. dgl. Karmarsch 2, 705.
2) durch schlechtes Mahlen verderben, nam. (Papierfabr.): Der Zeug ist auf dem Holländer v., todt gemahlen, zer-m., dazu wohl auch: Er schreibt auf einem vermahlten, verknitterten, ungeleimten Papier. H. 9, 336. Zer-: mahlend zerkleinern: Eine Portion des Stoffes in übertriebenem der Haltbarkeit des Papiers nachtheiligem Grade zu z. (todt zu mahlen). Karmarsch 2, 789; Daß die Kost wohl gekäuet oder im Mund z. werde. Ryff Sp. 97b. Zū-: s. ab-m. 2 u. ä. m.