Faksimile 0176 | Seite 174
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Lucke
Lǘcke, f.; –n; Lückchen; –n-:
1) eine Leere, wo keine sein sollte, wo das Unausgefüllte den Zusammenhang, die geschloßne Reihe unterbricht, Etwas in seiner Ganzheit verletzt und mangelhaft macht: Eine L. in der Mauer, im Wall, in der Zahnreihe, in der Reihe der Soldaten, der Tänzer (Gutzkow R. 4, 281), im Manuskript etc.; Hier ist, zeigt sich, entsteht eine L.; Etwas Fortgenommnes, ein Fortgegangner (hinter)lässt eine L., lässt eine L. zurück (Gutzkow R. 5, 259); Eine L. wahrnehmen, fühlen, empfinden; Eine L. in Etwas machen, bringen (IP. 2, 119), reißen, brechen etc.; Etwas bekommt, gewinnt (Am. 6, 11) L–n; Eine L. zumachen, (ver)schließen (1. Kön. 11, 27), (aus)füllen, (zu)stopfen, verzäunen (Jes. 58, 12; Am. 9, 11 etc.), büßen (s. d. 1), ausbüßen (s. d. 1), ergänzen etc.; Vor die L. (vgl. vor den Riß, s. Bresche) treten. Hes. 13, 5; Kommen wie zu weiten L–n herein. Hiob 30, 14; Steigt eine Quantität Wasser nach oben, so treten die benachbarten Schichten in die entstehende L.; fällt diese Quantität wieder abwärts, so treibt sie die l–n-büßende Masse aus ihrer Stelle. Burmeister gB. 2, 51; Die schwarze L. klafft. Geibel Jun. 228; Auf des nächsten Rumpfes L. | setzt er’s [das abgehaune Haupt]. G. 1, 202; 3, 129; Seine Entfernung drohte, in ihr ganzes Wesen eine L. zu reißen, die nicht wieder ausgefüllt werden konnte. 14, 132; 15, 30; Manche durch Lucianens Wildheit entstandene L. unter den Topfgewächsen. 229; Die L., die entsteht, wird kaum bemerkt, sie füllt sich so geschwind wieder aus. 17, 237; Wie bei seinem Scheiden eine L. sich zeigt. 19, 140; Wenn Ihr Abschied .. mich eine große L. und Leere fühlen ließ. 30, 321; Alle Löcher und L–n der Mauern. Monatbl. 1, 2, 40b; Vor ihm öffnet sich der Wald in breite L–n (2). Nicolai 1, 244; Die gebrochne L. | füllt sich wieder. Rückert Morg. 1, 63; Die L. [Schuld] ist zugestopft. Sch. 745a; Die L–n zu ergänzen, welche der Tod in ihr Vordertreffen gerissen. 965a; 1003a; Wie eine unendliche L. gähnt es aus meinem Geiste herauf. Tieck N. 5, 182 etc.
2) mundartl. (s. Anm. und Luke) = Offnung überh., so auch: Deichb.: die Offnung in der Kappe eines Uberlaufdeichs (s. d.). Ahnlich: Schiffs-L., ausgemauerter Weg quer durch den Deich zum leichtern Transport für die Ladung eines Schiffs etc.
3) in Holstein etc.: ein eingefriedigtes Feld von mittlerer Größe. Adelung.
Anm. In Bed. 1 ahd. lucha, mhd. lücke, oberd. ohne Uml.: Die Lucken, das zu Schließende, wie „das Luck“, Deckel, Fensterladen, das Schließende. Schm. 2, 432 ff. (vgl. Loch, Anm.), woran sich die Bed. 3 als das Eingeschloßne reiht, vgl. Luke (s. d.), Brem. Wörterb. 3, 97, wofür oberd. ebenfalls Lucke vorkommt, und selbst umgelautet: Oben an einer Dachlücke sitzen. Möricke N. 418. Bsp. für Lucke in beiden sich zuw. nah berührenden Bedd.: Was er spärlich und obenein nur durch sehr schmale Lucken [Öffnungen] vom Getriebe der Welt erschaut. Beck Mat. Dol. 65; Behielt ich dieselbige Lucken [L.] . . innen, daß sie die Wagenburg nit gar schließen könnten. Berlichingen 54; Die Zähne ausbrechen und in die Lucken [L–n] scheißen. Fischart B. 138a; Ein Lucken. Ders. (Wackernagel 2, 156 Z. 14); Eine offen stehende Lucke [Luke]. Immermann M. 4, 15; Der Burgvogt rennt zur Lucke [Luke], lugt wundernd in das Thal. Reithard 65; 59; Aus Dach und Lucken | bricht ein mörderischer Brand. 347; 388 etc.; Im Wald die Lucken [Lücken] verstellen. HSachs G. 2, 115. Zsstzz. zu 1 z. B.: In den Brettern des Verschlags eine Ast-L. (s. Astloch). G. 25, 175; Deich-L., vom Wasser ausgespült, und [2]; Durch die Krümmungen der gähnenden Kanten-L. am walachischen Ufer in das stille Fahrwasser hinuntergleiten. Falmerayer Or. 1, 7; Schiffs-L. [2]; Eine Sturm-L. in den Befestigungswerken zu öffnen. .. Als die Bresche (s. d.) gelegt. Stahr Rep. 3, 170; Stilling 4, 167; Wasser-L–n, L–n in den Zähnen alter Schafe; Über alle Wissens-L–n | geht’s sicher auf den Eselsbrücken. Rückert 6, 15; Ein paar Zahn-L–n. Thümmel 4, 111; Bedeutende Zwischen-L–n ausgefüllt. G. Br. 485b u. ä. m.