lose
Lōse, a.:
1) (s. los IV. 1 und die Bsp. dort) unfest in der Verbindung, ohne festen Halt und Zusammenhang, locker, s. d. 1, wo in allen Bsp. mit leichter Nüance und im Ganzen als das Gewöhnlichere l. stehen könnte, während in Bezug auf den Zusammenhang der Theil einer Masse unter sich locker (s. d. 2), nicht l. das Gw. ist, obgleich allerdings auch: L. Baumwolle (st. lockre) häufig genug ist u. ä. m.: L. Luke, s. Springluke; Sie hielten nicht, gleichwie ein l–r Bogen. 78, 57; Setzte es [das Reis] l. hin und es wuchs. 17, 5; Ein l–es Band. 3, 24; Und horch! und horch! den Pfortenring | ganz l., leise, klinglingling! 14a; Er schlich .. | so leise, so l. wie Nebel einher. 61a; ’N alten rostigen Muskedonner einmal mit l–em Kraut [mit Pulver, das nicht fest eingeladen, sondern nur l. oder leicht aufgestreut ist] abgebrannt. 3, 63; Betten l–r Kiesel, welche von den Bergen herabgeschwemmt. R. 1, 259; Nun soll ich gar von Haus zu Haus | die l–en Blätter alle sammeln. 1, 9; Das Alles hielt ich fest und mein, | nun aber l. wird es dein. 12, 196; Das l-geknüpfte Band noch fester zu ziehen. 18, 256; L. nur schienen seine Glieder zusammenzuhängen. G. 150; Keine steife Leinwand, Alles so locker und edel-l. Leb. 4, 436; Wie sollt’ ich scheiden aus dem Bunde, der die Wesen alle verknüpft? Der bricht so leicht nicht, wie die l–en Bande dieser Zeit. H. 2, 102; Der l. Zustand war nun ein freier geworden. Leb. 1, 60; Verschlang sie viele Meilen weit des l–en durchwässerten Moorlandes. Nachg. 115; In der blonden Locken l–s Schweifen. 5a; L–s Geld, das nicht eingerollt oder eingetütet ist, — dagegen mundartl. auch (s. 2b): Geld, das zu leicht ist oder auch falsches Geld etc. —
2) an 1 schließen sich einige besondere Anwendungen, z. B.:
a) L. Zeit, Augenblicke, Stunden etc., freie, insofern man nicht durch eine Beschäftigung gebunden ist: Man hatte immer Etwas zu thun und zu kramen, wo sich nur ein müßiger, l–r Augenblick zeigte. 24, 114. —
b) ohne innern Halt und Werth, ohne Kraft, unnütz, nichtstaugend, nichtswerth, schlecht, nam. bei äußerm Schein des Tauglichen und Guten, trüglich etc.: L–s Geld, s. 1; L–e Waare (s. d.), auch übrtr. auf Pers., nam. leichtfertige Frauenzimmer (s. d); Sprich zu den Tünchern, die mit l–em Kalk tünchen, daß es abfallen wird. 13, 11; Ihre Propheten tünchen sie mit l–m Kalk, predigen l. Theidinge und weissagen ihnen Lügen. 22, 28; Verführen mein Volk mit ihren Lügen und l–n Theidingen. 23, 32; Jst ihre Weisheit so l.? 49, 7; Der nicht Lust hat zu l–r Lehre und schwöret nicht fälschlich. 24, 4; 31, 7; L. Reden, Worte (vgl. e). 15, 2; 16, 3; Ungeistliches, l–s Geschwätz. 1, 6, 20; 2, 2, 16; Daß euch niemand beraube durch die Philosophie und l. Verführung nach der Menschen Lehre. 2, 8; Solche l. Ding und Bilder [wie Götzen etc.] aus .. Thon machen. 15, 13; Unsrer Seele ekelt über dieser l–n Speise. 4. 21, 5 [,,vor diesem elenden Brot“ u. danach z. B.: [Dann] würde Kohl ibm l. Speise sein. HB. 1, 242, eine elende, verächtliche Speise etc.; Märchen . ., | die reizend unterhalten und zuletzt, | wie l. [inhaltleere, trügliche etc.] Worte nur verklingend täuschen. 13, 103; Es ist ein l–s Fasten. 6, 477a; Auf dies sein kahles l–es Schwatzen. Heinr. 4, 1, 1, 3; Die Arge! Was hat sie Ihnen für l–s Zeug (s. d) erzählt! Flor. 63; Nicht werde durch die l. Sühnung | der selbstgewählten Abverdienung | das Himmelreich erkauft. 4, 21; Von den l–n und kahlen Entschuldigungen. 53 etc. —
c) zuw.: durch Nichts gebunden, frei, leicht beweglich etc. (vgl. d): Wunderlich umgaukelt | vom l–n Zauberspiel der Amoretten. 13, 121; Beseht den großen [Vogel], | den lustigen, den l–n, | er hüpfet leicht und munter. . . O seht den muntern Vogel. 1, 32; Der l–re Zustand, in dem eine solche Gesellschaft [von Schauspielern] lebt. 19, 19; Es hab durchstrichen | ein l–r Vogel [vrsch. d] den Hag. 269. —
d) in Bezug auf Pers., deren Handlungen und Worte (s. e) vereinigen sich in l., verschiedne in einander übergreifende Bestimmungen (s. b und c) zu einem schillernden Begriff, worin je nach Anwendung und Auffassung bald die eine, bald die andre schärfer hervortritt, nam.: frei und ungebunden, vagabundenhaft, locker (s. d. 4) und lax in den Grundsätzen, leichtfertig, muthwillig-schelmisch, abgefeimtschelmenhaft, betrügerisch, arg, schlimm, böse, gottlos etc., so z. B. in entschieden hart tadelndem Sinn nam. oft bibl.: L. Buben (vgl. Lotterbube), Leute, Männer etc.; L. leichtfertige Männer. 9, 4; 11, 3; Stellet zween l. Buben vor ihn, die da zeugen. 1. 21, 10; L. Leute und Kinder Belial’s. 2. 13, 7; Die Kinder l–r und verachteter Leute. 30, 8; Zu Schanden müssen sie werden, die l–en Verächter. 25, 3; Du wolltest deine Magd nicht achten wie ein l. Weib [die sich betrinkt]. 1. 1, 16 etc.; Ein solcher gottloser abgeschäumter l–r Kund. 753a; Falscher Verräther! | L–s Geschöpf. 5, 142; Dem l–n Verbrecher [Reineke]. 167; Falsch und behende, | l. und tückisch kennen wir ihn. 238; Viel von l–en Mäulern [s. e] erdulden und falschen Verklägern. 240; Wir halten dich für keinen trughaftigen l–n Landfahrer. 48a; Das Haus von allem dem l–n Gesindel zu reinigen, das den Herrn bestahl. 9, 215; L. Bälg [Huren] und böse Buben. 1, 270 etc.; ferner z. B. von durchtriebnen wilden Knaben in minder hartem Sinn: Als er noch klein war, der Vetter, da sei er ein l–er Schelm gewesen, da hätt’s geheißen: Der verdirbt nicht. 634b; Schon von der Schule her war er für einen l–n Buben bekannt. 706b etc., und so auch von unschuldiger oder doch mindestens nicht bösartiger, an fremder Verlegenheit sich weidender Schelmerei, leichtem Muthwillen, muntrer Schalkhaftigkeit etc., vgl. d und schelmisch etc.: Hält das liebe l. Mädchen | mich so wider Willen fest. 1, 57; O du l–s, leidig liebes Mädchen. 2, 78; Der Hausfreund hat viel gute Freunde .., unter andern ein paar l. 3, 292; An der Ecke drehet | das l. Ding [Mädchen] sich um. 3, 183 etc.; An l–n Streichen Gefallen finden; Einem einen l–n Possen spielen etc., dagegen vralt.: Widerfuhr mir ein l–r Poß. hagen Fr. 128 = es ging mir schlimm, ohne daß Jemand den Possen bereitet, um sich an der Verlegenheit etc. des Andern zu weiden, ferner nam. oft: Ein l–r Vogel, zur Bez. einer muthwillig-schelmischen Pers., z. B.: Eigenheiten, welche der junge l. Vogel, auf alle Handlungen seines Gegners gespannt, zu bemerken, hervorzuheben und zu bescherzen nicht ermangelte. 27, 176; Bisweilen thut auch ein l–er Vogel dem Visitator einen Schabernack an. 3, 294; 242; 254; Ich war immer ein l–r Vogel. 7, 134 etc., andrerseits aber auch wie „Lockrer (s. d. 4) Zeisig“ in Bezug auf lare, leichtfertige Grundsätze im Genuß des Lebens, Ungebundenheit des Lebens etc.: Den l–sten Vogel | scheucht’ er heute, der ihm Gärten und Nichte bestiehlt. 1, 236, und so auch: In der Jugend ein l–s und rauschendes Leben geführt. 22, 161; Ein Pedant, den es jückt locker und l. zu sein. Xen. 37; Alles da lustiger, l–r ging, | Soff und Spiel und Mädels die Menge. 322b etc. Zuw. auch (vgl. armer Schelm etc.) in mehr verächtlich oder mitleidigbedauerndem Sinn, z.B.: Wenn die l–n Schlucker etwan uneins werden, so kommt mit dem kurzen Gewehr dazwischen. Abs. 302 etc. —
e) (s. d) in Bezug auf Worte etc., auf den Mund etc. = schimpfend in ehrenrühriger Weise, z. B.: Ein l–s Maul, einen l–n Mund, eine l. Zunge haben; Einem l. Worte geben; Jeder [Frau] hing der Richter dann | ein l–s Wort für ihren Hahnrei an. 1, 120; Sie dem l–n Hohngelächter | junger Schwätzer preiszugeben. 34, 304 etc.
Anm. S. Los IV, mhd. ls, das aber auch = anmuthig, lieblich, reizend. 1, 1034, vgl. als sinn- und wohl auch stammvrwdt lot(t)er 1044, ahd. lotar, erhalten in Lotterbube (s. d.), lottern, vgl. schlottern. — Vralt. Steigrung mit Uml.: Die ander Mauer ist noch löser und untüchtiger. 1, 291b; Die allerleichtfertigsten lösesten Buben. 5, 234a; Die allerlösesten Hummeln, so die Erde trägt. 6, 149a etc. — Dazu: Die Losheit, das L.-Sein, bei auch: Losigkeit.
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