locken
Um-Locken
Um-Locken
Lócken: I. tr. und refl.: Um- [I]:
in Locken legen: Die Perücke frisch gebrannt und neu gelockt. R. 4, 51; Ob ein Haar sich gefällig lockt oder schlicht etc. 1, 358; Sie lockt’ ihm das Haar. H. 2, 33; Laß mich l. deines Haares Hyacinthen. 2, 7 etc. Bes. oft im Partic.: Gelockt = lockig (s. d.); Mit deines Haars | gelockter Tücke. 1, 294 etc. u. in Zsstzg.: Blond- 4, 24), finster- Od. 3, 3), gelb- Osts. 1, 85), gold- D. 189; 12, 185; M. 1, 1), vgl. II1f; grau- Rh. 3, 365), lang-(Sch. 237b), schön- Od. 12, 389), weiß- Ah. 38) gelockt etc., auch: Das ungelockte [schlichte] Haar etc., vrsch. II 1f. — II. tr. und intr. (haben): durch schmeichelnden Reiz kommen machen oder es zu bewirken suchen, eig. und übrtr.:
1) Einen Hund l., durch Rufen, Pfeifen, durch hingehaltnes Brot etc.; Den Fuchs etc. l., durch einen Köder, s. kirren, ködern: Der Vogelsteller lockt die Vögel durch eine Lockpfeife, durch einen Lockvogel; Die Schweizerhirten l. (oder löckeln) die Kühe durch einen Gesang, den sogen. Locker, s. etc.; Wenn dich böse Buben l., so folge ihnen nicht. 1, 10; 16, 29; 2, 14; Wenn er von seiner eignen Lust gereizet und gelocket wird. 1, 14; Ein Nachtigallmännchen wird l. die Braut. 61a etc.; Ein klarer See .., | den Dunstgequälten l–d lügenhaft. 4, 30; Lockte die Neugier nicht den Menschen mit heftigen Reizen, | sagt! erfuhr’ er wohl je, wie etc. 5, 7; Ein großer Mnler .. lockt durch .. empfundene Naturzüge den Zuschauer, daß er glauben soll etc. 31, 19; Ich locke den Schläfer, | ich zieh ihn herein. 516a. —
a) sehr oft mit Angabe des Woher und Wohin; z.B. (sprchw.): Den Hund (s. d. 1c) aus dem oder vom Ofen l., zu l. wissen; Den Vogel, Gimpel, Jemand ins Garn, ins Netz l. etc.; Er wird dieselbigen l. vom Ende der Erden. 5, 26; Sie l. an sich die leichtfertigen Seelen. 2. 2, 14; Lockt dich der tiefe Himmel nicht, | das feucht verklärte Blau? | Lockt dich dein eigen Angesicht | nicht her in ew’gen Thau. 1, 150; Aus dem Wasser lockt sie [die Physik] Flammenlicht. 6, 25; Die Aufmerksamkeit auf eine .. Procession gelockt. 26, 213; Wie eine Gluckhenne .. ihre Küchlein in den sichern Hühnerkorb lockt. M. 2, 68; Wir l. die Gab’ aus geschlossener Hand. Mak. 1, 71; Aus den goldnen Saiten | lockt Apoll die Harmonie. 56b; Ich lockt’ ihn schmeichelnd in das Todesnetz. 408a; Alle laute üppige Ergießungen der redlichsten Freude konnten kein Lächeln des Beifalls in seine Miene l. 786b; Jemand vors Thor, über die Grenze, zum Kampf, ins Verderben l. etc., s. her-, hin-l. etc. —
b) zuw. mit einer Nüance (s. ködern 2, vgl. 1, 104) mit persönl. Dat. st. des Obj.: Mit solchem Betrug locket es auch den Hunden zu sich. Th. 58; 2, 106 Z. 20); Er lockte mir, ich folgt’ ihm. Rol. 5, 7. —
c) oft ohne Obj.: Der Lockvogel lockt etc., auch: Die Turteltaube lockt (oder „kirrt“. 1, 52b, girrt) etc. und Kriegsw.: in Festungen, die Trommel einige Zeit vor Thorschluß rühren (um die draußen Befindlichen zum Kommen zu bewegen). —
d) der subst. Infin.: Er sparte kein L., die schüchterne Scham | zu seinem Gelüste zu kirren. 61a; Des Versuchers falsches L. Gd. 273 etc.; Ins Jodeln, ins Liebe-L. der Vögel. Zelt. 4, 338. —
e) das Partic. Präs. als Ew.: Die l–dsten Versprechungen etc. und mit dem Obj. verschmelzend: Das schlaf-l–de Haia-Popaia. 3, 1, 923); Es überwallet Wonne, thränen-l–d mich. 3, 42 etc. —
f) das Partic. Perf., nicht zu verwechseln mit I, z. B. auch verneint: Wenn .. ein Mädchen .. ungelockt mir auf die Schultern hüpfte. 10, 49 etc. und wortspielend: „Verdienet Lob ein junger goldgelockter Mann?“ Nein, sondern wenn das Gold ihn nicht verlocken kann etc. —
2) dazu auch:
a) Der Locker, Einer der lockt, auch zuw. von Sachen, s. 1 von dem Schweizer Hirtengesang als Lockruf der Kühe; „[Der Schmetterling] lockte mich von Strauch zu Strauch, bis an den Bach. Auf einmal war er herüber.“ Ja, ja. Es giebt solche Locker. 10, 261; Glaubst du, daß dieser Finken wohl einer | jemals des Lockers entbehren kann. Osts. 1, 38 etc.; Zsstzg. z. B.: Kassenlocker [ein Zugstück, das die Zuschauer an die Schauspielkasse lockt]. 58) 2, 150 etc. —
b) Lockung, f.; –en: das L. (o. Mz.) und der l–de, verführende Reiz etc.: Die scharfgeschliffenen Spitzen [der Degen] übten eine unwiderstehliche Lockung. gH. 3, 358; Die gefährliche Lockung einer unsichtbaren und unfehlbaren Rache. 791b; Da ihr den Lockungen der stillen Nacht | das Kleinod eures Mädchenthums vertraut. Sommern. 2, 1 etc.; Die Jagd- lockung wurde zu Kampfruf. Die Morgen- lockung, s. Gelock 1.
Anm. Ahd. I und II lochôn, Beides (s. Locke) dunkeln Stamms. Nbnf. zu II lockern, s. ab-l. etc.
Zsstzg. vgl. zu I frisieren, kräuseln etc., zu I ködern, kirren, reizen etc., z. B.: Áb-:
1) [I]: s. auf-l. —
2) [II]: fort-, weg-l.: Dieser falsche Holzweg .. wird 0 I Sie weit von Rennsdorf a. 7, 163 etc., nam. mit persönl. Dat.: Einem Tauben a. etc. und bes. in Bezug auf Innres, eig. und übrtr., wie: Einem Etwas ent-l., es durch schmeichlerische Einwirkung etc. von ihm erlangen, wo dann auch der Dat. etwas Sachliches sein kann: Was unser Fleiß und unsre List und Klugheit | den Männern u. den Weibern abgelockt. 8, 25; 13, 221; Essoll mir Keiner . . ein Vertrauen a. 19, 223; Sie war so außer sich, daß sie mir ein herzliches Mitleid ablockte [ohne Absicht]. 17, 243; Dem Aas eines faulenden Hundes versteht Nisami eine sittliche Betrachtung abzulocken. 4, 205; 533; Durch tausend Schmeicheleien lockte Reinald der zärtlichen Mutter endlich das Geheimnis ab. M. 1, 18; Fat. 1, 67; Er lockt der Sprache Zierden ab. 4, 38; Sie wußte mir auf eine eigene feine Art unvermerkt Fragen abzulocken. 17, 64 etc. Daneben: Mir mein Geheimnis abzulockern. Sch. 248 etc. — An-: an sich locken: Um sowohl den Gelehrten, den denkenden Leser, als auch fühlenden und Unterhaltung suchenden anzulocken und zu befriedigen. 33, 185; Ich wich und wich und kam nur immer näher, | so lieblich angelockt. 13, 167; Eine von den seltnen gefühligen Stimmen, die das Herz a. A. 1, 62; Daß Tempe’s Grün, bunt übersät, anlockt’. 4, 147; Ihr bleibt oft an der Stange kleben | und was euch angelockt, war kaum der Mühe werth. 3, 12 etc.; Schön und a–d. N. 6, 174; Die a–dsten Versprechungen; Anschlagzettel voll marktschreierischer Anlockungen. HambTh. 27. — Āūf-:
1) [I] in Locken aufkräuseln, aufwickeln: Wie Guido seine milden Kinder und Engelsköpfe auflockte. 41, 70; Gepuderter und aufgelockter Kopf. 4,5; Agathens Haar auf- und ab-zu-l. 7, 114 (s. aus-, ent-l. 1); Dieses Thier mit .. aufgelocktem Fell. NKr. 2, 221; Deine aufgelockten Locken. Luc. 1, 122 etc. —
2) [II] empor-, hinauf-, in die Höhe locken: Uns anzuziehen und in edlere Regionen aufzulocken. 4, 250 etc. — Āūs-:
1) [I] die Locken auswickeln, so daß das Haar nicht lockig bleibt: Im Nachtkostüm, mit ausgelocktem Haar. —
2) [II] aus Einem oder Etwas heraus-l.: Einem ein Geheimnis a. (oder auslockern); Von unsern Wächtern | hab’ ich bisher gar Vieles ausgelockt. 13, 32; Ihm Thränen a. Phil. 1, 63; Die Sonne lockt der Blüthe Knospen aus. 2, 610) etc., auch meton.: Einen a., ausfragend aushorchen, z. B.: 7, 279; Sie ihres Herkommens und ihrer Heimath halber auszulocken. Ph. 1, 131 etc. — Be-:
1) [I] mit Locken versehn: Du, o Graue, hast belockt dich | und betüncht dich. Ar. 3, 373; Dein unbelocktes Haupt. 2, 50. —
2) [II] durch Lockung berücken und (weidm.) mit Lock oder Lockvögeln versehen. — Eīn-:
1) [I] Die Haare brennen und e. —
2) [II] hinein-l.: Wie sie vorhin mit des Grafen von Strafford’s Person dieselbige eingelockt hatten [ins Garn etc.]. Fr. 430; Ist der gefiederte [Pfeil] einmal entflogen, | Niemand lockt wieder zum Köcher ihn ein. NGd. 172. — Empōr-: auf-l. (1 und nam. 2). — Ent-:
1) [I] der Locken berauben, s. aus-l. 1. —
2) [II] fort-, ab-l., lockend entziehn: Welche Klugheit hätte denn wohl das schöne Bekenntnis | dieser Guten entlockt? 5, 88; Das holde Frühjahr .. entlockt’ uns deinen Namen, wie es den Bäumen die Blüthen entlockt, und alle seligen Geheimnisse der Liebe ent- athmeten mir. H. 2, 34; Du entlocktest mich der einsamen Tugend. Giaf. 183; Sich der Verkennungshüll’ e. | zu lassen. Nal. 272; Die .. Küsse gab und Küsse dir entlockte. 229b; Wein . ., der .. | manches Wort auch entlockt, das mehr wohl frommte verschwiegen. Od. 14, 466; Den Reiz der Nebenbuhlerin .., | der ihr so viele Verehrer entlockt. 26, 8; 96 etc. — Fórt- [II]: weg-l., durch Lockung fortziehn etc. — Frōh-: s. in F. — Hêr-, Hin- etc., nam. [II], z. B.: Eh’ an die Ferse lockten wir selbst durch gräßliche Thaten | uns die Erinnyen her. 1, 226; O, eines Jägers Stimme, | den edlen Falken wieder her-zu-l.! Sh. 1, 57; Zu der Schönheit hingelockt zu werden. 1132b; Doch konnte mein Auge nicht lange dort verweilen, denn es ward durch ein reizenderes Schauspiel herabgelockt. 20, 65; Locket Übung des Gefährlichen | nicht die Gefahr an uns heran? 13, 255; So wird er durch Das, was ihn aus sich selbst heraus-l. sollte, in sein Innerstes zurückgewiesen. 22, 158; Lockt ihm keine Wendung des Gesprächs | heraus, warum er die Verwirrung angelegt? Haml. 3, 1; Da ich in gräuliche Wüsten heraus dich lockte bei Nachtzeit. Ov. 2, 208; Der nicht allein keine Gefahr scheut, sondern sie muthwillig herbeilockt. 21, 87; 13, 143 etc.; Es ist ein großes Verdienst lebhaft geschriebener Memoiren, daß sie uns durch ihre zudringliche Einseitigkeit in das Studium der allgemeinern Geschichte herein-l. 29, 157 etc.; Die Alte suchte .. durch ihre Prose die Poesie ihrer Freundin ins Gebiet des gemeinen Lebens herunter-zu-l. 16, 46 etc.; Ob er aus diesem schrill gellenden Gemüthe nicht auch den reinen Ton hervor-l. könne. Leb. 2, 27; So ist es keinesweges die Brechung, welche die Farben aus dem Licht hervorlockt. 38, 10; 39, 120; 364; Damit lockt man keine Katze hinter dem Ofen hervor. W. 2, 120; Die Armee aus ihren Verschanzungen hervor-l. 947b; Hexe, die .. oft auch Saaten hinweglockt. 2, 903 Z.
1) etc., seltner [I]: Das Haar lockte sich auf die Schulter herunter etc. — Lōs- [II]: durch Lockung los machen: Nicht sehr lange haftet die Jugend an falschen Maximen, das Leben reißt oder lockt sie bald davon wieder los. 21, 7. — Mít- [II]: lockend mitziehn etc. — Nāch-:
1) [I] nachbessernd locken: Die Perücke, den Haarputz n. etc. —
2) [II] lockend nachziehn: Ein Tropfen lockt den andern unaufhaltsam nach. 22, 338 etc. und: Dies Lied .. lockt uns nach, und nach [immer weiter]. 13, 136 etc. — Nīēder-: herunter-l. — I.
anders locken. — II.
Um-: 1) [1] mit Locken umgeben: Wer umlocket seine bleiche Wange | freundlich mit dem frühbereiften Haar? 2, 342 etc., nam. im Partic.: Die grauumlockte Stirn. Ritt. 185; Der schönumlockten Briseīs. 203a; Die haupt umlockten Achaier. Od. 1, 90; 2, 7; Jl. 2, 11 etc., auch: Als nun schön hergrünte der Kranz aus schöner umlockung. 1, 108 etc. — 2) [II] allseitig mit Lockungen umgeben: Vorwärts immer, ohne Stocken, | wie Sirenen dich uml.! — Ver- [II]: von rechtem Wege ab-l. etc., verführen: Eine verlockte Taube. 7, 11; Wie ein Irrlicht hat er mich heute von meinem vorgezeichneten Wege verlockt. R. 4, 232; Er hatte Kornelien in seine Richtung hineinverlockt. W. 2, 210; Ihr habt mein Volk verführet, verlockt ihr nun mein Weib? 444 etc.; Es gleißet arg v–d. 4, 149; Die deutsches Wörterb. II. v–dsten Reden; Die Verlockungen von sich weisen etc. — Vōr-: hervor-l., nam. [II]: Wenn nicht der bittere Angriff eine ebenso bittere Vertheidigung vorgelockt hätte. H. 1, 1, 61. — Wég- [II]: fort-l.: Euch wegzulocken von dem guten Pfade. 372a; Du hast mich trüglich durch verstellte Flucht | vom Schlachtfeld weggelockt. 472b etc. — Zū- [II]: Einem z., lockend zurufen: Wälder voll Blüthen und Düften, die uns aus Amerika z. 3, 364. — Zurück- [II]: Ihn in seine früheren Verhältnisse z. W. 2, 475; 515a. — Zusámmen- [II]: lockend zusammenrufen etc. — u. ä. m.
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