Faksimile 0143 | Seite 141
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lind Linde
II. Lind(eLind(e), a.:
weich, milde, sanft, im Ggstz. zu streng, hart, rauh, ungestüm, heftig etc., sowohl in Bezug auf Körperliches als Geistiges, z. B. eig. und übrtr.: Eine l–e Antwort stillet den Zorn. Spr. 15, 1; Eine l–e Zunge bricht die Härtigkeit. 25, 15; So ein Rock, den Einem ein Anderer vorher l. getragen hat, sitzt so geschmeidig. Auerbach Ab. 273; Der Weg ist oben l–er als auf der Landstraß und das Schwärzle [Kalb] hat weiche Klauen. D. 4, 13; 70; O wie werd’ ich wunder-l. | rasten! Daumer 1, 76; Müsst ihr dasselb mir, l. und wohl, wie gewachtelt Stiefel, mit Öl beschmieren. Fischart B. 271a; Sei ihr Schlummer l.! Freiligrath 2, 21; Als nun seine Wunde l–er [besser; weniger schmerzend] wurde. G. 1, 206; Was mich in l–e [angenehme] Stimmung setzt. Stein 1, 47; Laues L–e-sein [gegen Einen, der gefehlt hat]. Gryph. Fr. 380; Füllte ihn mit l–em Trost. Gutzkow R. 3, 330; Die leichteste, die l–este [Sklaverei]. 6, 16; Der Tag so l–e; am Abend weht ein kühlerer Lufthauch. 7, 487; Die Lüfte wehen lieb und l. Heine Lied. 6; That einige l–e Griffe auf ihrem Saitenspiel. H. 13, 63; So ist Dies, aufs l–este gesagt, ein Unbenehmen. 349; 11, 73; Halbringe von l–em Knorpel. Linck Schl. 108; Der Schnee war l., d. h. weich und nachgiebig. Kohl A. 1, 130; B-Moll übersetzt Logau das l–e B (Sinnged. 1366), ein Kunstwort, welches eingeführt zu werden verdienet etc. L. 5, 309; Sie l. und schmeidig zu erhalten. Musäus M. 1, 108; Ist doch ihr Hülf so schwach und l. Rollenhagen Fr. 59; Mich weht an deiner Schwelle ein l–er Schauder an. Salis 16; Mit l–en, sanften Worten. Schaidenreißer 41b; Holdes Gesäusel bald, | schmeichlerisch l–e. Sch. 3a; Schläft hier l–e bei des Baches Rieseln. 8b; Lind und nachgiebig. Spindler Stadt 1, 22; [Sie] hält ihren linken Arm weich und l. hinabgesenkt über die Schulter der .. Schwester. Stahr Jt. 3, 10; Wird .. aufs l–este [gesagt etc.] ein Thor. Tiedge Ep. 1, 64; Die l–en Lüfte sind erwacht. Uhland 49; Mit l–er Macht der Menschheit Knosp’ entfaltend. V. 3, 223; Mit l–em Gebrumm antwortet’ er [der Stier]. Mosch. 2, 97; Ob Artemis .. dich getödtet, mit l–em Geschoß dich ereilend. Od. 11, 173; Weil wir zu l. sind und das Maul nicht aufthun mögen. W. Merck 1, 160. Schwzr.: Die L–en, Parteiname für die gegen die (aristokr.) Regierung Nachgiebigen im Ggstz. der „Harten“. Stalder; ferner: L., vom Wein, der allmählich umschlägt: zäh u. schleimig. ebd.; Kupferst.: L–es Kupfer, das nicht ausspringt; Goldschm.: Halb- l–e (Feile), auch mit Auslassung des Hw. substant., Feile von mittlerer Weiche.
Anm. Ahd. lindi, mhd. linde, s. Schm. 2, 479 und vgl. 470 ff. das gleichbed. len, wie lat. lenis (vgl. lehne II. wie auch goth., ahd. linnan, weichen). Häufig ge-l., doch zeigen die Bsp., daß l. nicht, wie Adelung meint, nur „dem gemeinen Leben“, sondern ganz bes. der gehobnen Sprache angehört. Schwzr.: Lings [frisches, lockres] Brot. Gott- helf Sch. 263; G. 70 etc.
Zsstzg. s. o., nam.: Ge-: G–es [weiches, geschmeidiges] Leder; G–es [weiches, mürbes] Fleisch; G–er [milder, sanfter] Regen; G–es Wetter, Ggstz.: strenge Kälte; G. [Ggstz. heftig] abführende Arznei; G. [sanft, s. lehne II.) abhängige Bretterflächen. G. 23, 46; Auf einem g–en Hügel. Haller Us. 215; Bei g–em Feuer [das nicht heftig, lodernd brennt]. Rumohr Kochk. 59; G. 10, 317 etc.; G–e Schmerzen; G. [nicht streng] strafen; G–e Strafe; G. mit ihm verfahren. G. 13, 155; Allzu-g. | macht böse Kind’. Sprichw.; Mit einem g–en [nicht harten, strengen], mit dem g–esten Ausdruck bezeichnet, g–est gesagt; Daß jene Handlungen .. Sünden oder gelindestens Verirrungen zu nennen wären. Tieck N. 3, 22, vgl.: So könnte man nach der Strenge dem Deisten allen Glauben an Gott absprechen .., indessen .. ist es g–er und billiger zu sagen, der Deist glaube einen Gott, der Theist aber einen lebendigen Gott. Kant Kr. d. r. Vern. 661 etc.; G–ere Saiten aufziehn, sprchw.: nachgiebiger, minder heftig sein, z. B. von Pers. Sch. 196a; Stilling 2, 125 etc., aber auch: Das Fieber zog g–ere Saiten auf [ließ etwas nach]. B. 495a etc.; Einem Etwas in einem g–en Säftchen (s. d.) eingeben, beibringen etc.; Seid unterthan den Herren, nicht allein den gütigen und g–en etc. 1. Petr. 2, 18; Ihre Worte sind g–er denn Öl. Ps. 55, 22; Nicht hadern, g–e sein. Tit. 3, 3 etc.; Schob g–e [sanft, leise] | ihn vom Versteck zurück. Cham. 4, 126; Freundlich begleiten | mich Lüftlein g–e. G. 8, 117; Leise müsst ihr Das vollbringen, | die g–e Macht ist groß. 10, 231; Was sucht ihr, mächtig und g., | ihr Himmelstöne mich am Staube? 11, 33; Wenn du .. nicht der Billigkeit | g–e Stimme hörest. 13, 84; Ich denk ihn mir als meinen ärgsten Feind | und wär untröstlich, wenn ich mir ihn nun | g–er denken müßte. 184; 25, 203; Auch gegen Schuldige g., gegen Verbrecher schonend. 18, 51; Ist strenge gegen sich selber, | jedem Schwachen g. Lavater (WKoner 224); Geh mit deinem Feind erst die g–re Bahn. Lichtwer 244; Dein Odem sei g. Rückert Morg. 1, 10; Die Inquisition sollte auf einen g–ern Fuß gesetzt werden oder auch gänzlich ruhen. Sch. 822a; So g. und still floß seine Regierung. 1030a; Gift, Feuer, Strang und Dolch | sind zu g–e noch, die Majestät zu rächen. W. 12, 19 etc. Zuw. im Ggstz.: Eines nur schien un-g. [schlimm]. Rückert Erb. 2, 83; Dein Kind | traurt um den Gatten un-g. Nal. 212 etc.