Faksimile 0136 | Seite 134
Faksimile 0136 | Seite 134
liefern
I. Līēfern, tr. und zuw. ohne Nennung des Obj.:
1) Etwas für Jemand, der Dessen bedarf oder es haben will, an Ort und Stelle schaffen, so daß es für ihn bereit, zur Empfangnahme da ist, eig. und übertr.:
a) Der Verkäufer muß dem Käufer die Waaren frei ins Schiff, ins Haus l.; Die Lieferanten haben nicht genug Proviant für die Truppen geliefert; Vom L. wird man nicht reich, hingegen aber vom Nicht-L. Mein Kippel hat mit dem Verpflegungskommissär gemuschelt. Auerbach Gv. 331 etc.; Die Handwerker l. selten die Arbeit zur versprochnen Zeit; Einen Zeugen, den Beweis für Etwas l.; Zum Glück lässt in diesem Handel das Faktum sich zu Tage l. Fichte 8, 69 etc.
b) zuw. auch ohne die Absicht des Subj.: Er liefert durch diese Äußerung oder: Diese Äußrung liefert [giebt] den deutlichsten Beweis, daß er den Schriftsteller nicht verstanden; Ich will es [das Pferd] selbst versuchen. | Trägt es mich und liefert mir die Probe [bewährt sich]. Platen 4, 276, so auch (s. a): Dies Land liefert nützliche Produkte; Kalifornien liefert das meiste Gold etc., vgl.: Die Paphlagonier lieferten [stellten] ausgezeichnete gute Kriegesmänner, Galatien Soldaten und Brot. JvMüller 1, 371 etc.
c) Ferner: Einen in Jemandes Hände, Gewalt l.; ihn (wie Schlachtvieh) vors Messer l. etc., so daß er Jenem preisgegeben ist; Er hat euch schändlich verrathen, | euch in Rüsteviel’s Hofe dem groben, zornigen Volke | .. treulos geliefert und Schlägen und Wunden. G. 5, 169; Ein Komplott geschmiedet, um uns Alle an dns Messer zu.l. Tieck A. 1, 295 etc., dazu: Der meinen Bruder geliefert [gemordet] hatte. G. 28, 111 und häufiger pass.: Er ist für ewige Zeiten geliefert [verloren]. Gutzkow R. 3, 37; Wer uns vor das Korn kommt, Der ist auch geliefert. Hausbl. (56) 1, 475; So ist man ein gelieferter Mann. IP. Fat. 1, XIV; Sch. 176b; 592a etc. und refl.: Sich Jemandes Händen (Rückert Rost. 26b), sich in seine Hände oder Gewalt l.
d) Eine Schlacht (Zinkgräf 1, 118 etc.), dem Feinde ein Treffen l., sich mit ihm schlagen, vgl.: Die Schlacht annehmen etc.
2) Dazu:
a) Der Lieferer, s. Lieferant.
b) Die Lieferung, sowohl das L., nam. insofern es auf gegenseitiger Verpflichtung zwischen dem Lieferanten und dem Empfänger beruht, als auch das Gelieferte, nam. das je zu best. Zeit auf einmal zu Liefernde: Die Lieferung, Getreide-, Brot-, Leder-, Schuh-Lieferung fürs Militär haben; Bei den Lieferungen wird schönes Geld verdient; Das Werk erscheint in monatlichen Lieferungen von je 10 Bogen etc. Veralt. = Verköstigung. Schm.
Anm. „L. . ., bes. Lebensmittel reichen, mlat. liberare, frz. livrer“. Schm., dazu auch: Livrée „Kleidung, die der Herr dem Bedienten giebt, eig. Geliefertes, urspr. auch auf Lebensmittel bezogen“. Diez 207. Nbnf.: Wenn man ihnen Silberkuchen in ihre Schatzkammer libert. Matthesius (Wackernagel 3, 1, 423 Z. 34 etc.), s. Liberei 2.
Zsstzg. z. B.: Áb-: an den Empfänger liefernd abgeben: Die entliehnen Bücher wieder a. (oder zurück-l.); Der Verkäufer hat nicht zur rechten Zeit abgeliefert; Ablieferung. Gutzkow R. 1, 370 etc. Scherzh.: zu sich genommene Speisen wieder von sich geben (vomierend oder als Erkremente).
Āūf-: Briefe a. (zur Post). Grimm, gw. aufgeben, s. d. 2.
Āūs-:
1) Etwas, das man in Händen hat, aus den Händen fort einem Andern, darüber zu schalten geben: Einen Ausreißer an das Regiment; dem Feinde die Stadt, die Schlüssel der Festung; dem Käufer die Schlüssel des Hauses, die Waare a.; Die Auslieferung eines Verbrechers etc. Zuw. mit sachl., doch personif. Subj.: Symphonien, welche . ., nachdem sie alle ihre [der Seele] edleren Kräfte entwaffnet hatten, die erregte und willige Sinnlichkeit der ganzen Gewalt der von allen Seiten eindringenden Wollust auslieferten. W. 4, 59.
2) (s. 1) Buchhändl.:
a) Ein Kommissionär liefert einem Sortimentshändler Bücher aus, sendet diesem von den ihm vom Verlagshändler übergebnen Exemplare zum Vertrieb.
b) ein in Liefrungen erscheinendes Werk zu Ende liefern. 3) [1b] Vergnügen, die immer ’was Neues a., die eine unaufhörliche Quelle neuer Vergnügen sind. Stiling 1, 83. (Kanzleispr.) ab-, über-l.: Adressierte er den Bericht an den Grafen von Taxis, der ihn auch richtig belieferte. Moser Mann 1, 202. Dem Zinsherrn den Zins, Briefe zur Post, Geld e.; Deinen Brief habe ich eingeliefert [abgegeben]. Baader 15, 272; Dorthin [in die Wiegekammer] wird die gefertigte Seide wieder eingeliefert. Hackländer Hdl. 2, 127 etc. Daß er ihm seine Söhne wieder h. wolle. Zinkgräf 1, 314. Hêr-, hín- etc.: Da sich Niemand darum kümmert, mir die Materialien her-zu-l. Forster Br. 1, 517; Welche lediglich der Fleiß herbeiliefert. Fichte 6, 373; Dieser hat ihn meuchelmörderisch hin-l. [1c] wollen. Herrig 16, 277 etc. s. zurück-l. Einem Etwas übergeben, es in seine Hände, in seinen Besitz, zu seiner Kunde gelangen lassen: Einem ein Pfand, ein anvertrautes Gut, die Schlüssel des Hauses, der Festung, das Haus, die Festung, Geißeln, einen Brief, eine Nachricht, eine Lehre ü.; O könnt’ ich dir .. | ü. sogleich glücklich das lösende Wort [des Räthsels]! G. 2, 291; Dem Sohne alles irdische Glück an diesem Tage ü. 33, 39; Die unter seinem Namen überlieferten [auf uns gekommnen] Gedichte. 50; Das Treibholz, welches Amerika’s Flüsse im Busen von Mexiko seinen tragenden Wellen ü. Volger EE. 328 etc. Die überliefrung, sowohl das Ü. als das Überlieferte, nam. auch wie Tradition (s. d.) das Fortpflanzen einer Kunde vom Vater auf den Sohn und so fort und die so fortgepflanzte etc., z. B.: Etwas nur durch mündliche Überliefrung wissen; An den alten Überlieferungen hängen, halten; Er malte Wieland’s Porträt und meines nach der Person, Herder’s und Schiller’s nach der Überlieferung [nach ältern Porträts etc.]. G. 27, 271; Eine Rückkehr zur Natur im Ggstz. der Unnatur, der Freiheit im Ggstz. zu Konvenienz und Überlieferung. Guhrauer Less. 1, 153; Die Stimme der Überlieferung wird sie aufbehalten [aufbewahren]. H. 4, 53. (veralt.) Einen verl., ihm Lebensmittel liefern, ihn verköstigen. Schm. wiedergeben: Dieses Gespräch, das wir nur skizzenhaft w. G. 18, 39. über-l.: Glücklicher konnte . . das Schicksal nicht für diese Künstlerin gesorgt haben, als daß es sie einem Schröder zulieferte etc. [zuführte]. Schütze Hamb.Th. 646; Tradition und Geschichte haben uns manche Spuren .. zugeliefert. 2. liefernd zurückgeben, in den untrennbaren Formen auch rück-l., und so z. B.: Die Rückliefrung der entliehnen Bücher etc.
Be-: Eīn-: Hēīm-: Rück-: Über-: Ver-: Wīēder-: Zū-: Zurück-: