lesen
Lêsen, tr.:
las, läse; gelesen; liest; lies; Lese-: 1) Etwas klaubend, eins nach dem andern nehmen und aufheben:
a) um es zusammenzubringen, zusammen-l., vgl. auf-l., z. B.: Holz (4. 15, 32; 7, 18), Ähren 17, 5), Trauben (3. 25, 5; 11 etc.) l.; Kann man auch Trauben l. von den Dornen oder Feigen von den Disteln? 7, 16, so auch: Wein l. 5. 28, 39; Ar. 1, 361; Öl l. 368 etc. und meton.: Den Weinberg l. [ab-l.]. 3. 19, 10; 5, 24, 21; 24, 6 etc.; Den Acker l., vrsch. b = Ähren l.; Wie er . .| die Pfeile las, die er am Boden fand. 2, 157; Es hält dich auf, mit Seitenblick | der Blumen viel zu l. 4, 44 etc.; Kaum sind Hände gnug zum L. [der Kartoffeln]. 3, 210 etc. — Übertr.: Da ich des Lebens süßes Wesen | von ihren Lippen durfte l. [pflücken, mir nehmen]. —
b) um Etwas zu sondern, zu reinigen: Aus den Erbsen die wurmstichigen etc. l. und meton.: Die Erbsen l., durch Wegnahme der wurmstichigen etc. reinigen: Linsen, Bohnen l.; Die Köchin las ihren Salat. 20, 6, ihn von dem Untauglichen befreiend; Den Ackerl. (versch. a), v. Steinen reinigen; Wolle, Lumpen etc. l., reinigen und sortieren; Federn l. (s. d), die Flaumfedern vom Kiel oder vom Kleid, wie „klauben“ (s. d.); Weber: Die Fäden l. oder ein-l. (s. d.). Dazu mehr übertr.: Das ist ein tolles Wesen, | der Teufel mag das Ding nun aus ein- ander l. 7, 94; Zwölftausend Recken, frisch von Kraft und scharf von Schneide, | las er dazu und gab sie ihm. Rost. 17a, s. aus-, er-, aus-er- und ver-l. — Der sächl. Infin. (s. 2i). —
c) zu a: Es wird keine Wein- ernte, so wird auch kein L. [s. Lese 1] werden. 32, 10; Zu Ausgang des L–s [der Ernte]. Weltb. 516 und Zsstzg., z. B.: Das Ähren-, Holz-, Ol-, Trauben-, Wein-L. [oder -Lese], auch: Die Schweine nach dem Armen-L. [Ahren-L. der Armen] über die Stoppeln zu treiben. 2, 888 etc. —
d) zu b: Das L. der Erbsen, des Salats, der Wolle, des Papiers, z. B.: Das Putzen oder L ... besteht in der Entfernung aller nicht zur Papiermasse gehörigen Körperchen. 2, 804; Das Erbsen-L. etc., nam. oft sprüchw.: Ohne viel Feder- L–s. Gv. 355; Rev. 1, 45 etc.); nicht viel, nicht lang Feder-L–s M. 26; 2, 141) machen, nicht peinlich sein und Umstände machen, zaudern etc.; Nicht so vieles Feder-L.! 4, 140; Daß nicht zu Feder-L. Raum bleibt, sondern daß man sich entschließen und fertig werden müsse. 30,, 466 etc. —
e) selten Lesung außer Zsstzg. (s. d. und vgl. 2i). —
f) Leser(in), l–de Pers., nam. in Zsstzg., z. B.: Ich ziehe durch die Vergangenheit wie ein Ährenleser über die Stoppeläcker, wenn der Herr des Landes geerntet hat. Da liest man jeden Strohhalm auf. H. 1, 22; 2, 88; Halmen-, Holz-, Frucht-, Obst- und nam. Wein- leser [Winzer], z.B. 6, 9; 49, 9 etc., ferner: Feder- leser, auch übertr.: der viel Federlesens macht, und veralt. = Schmeichler, wie Federklauber (s. d.). Sprchw. 2, 85b etc., s. Zsstzg. v. l. — 2) (s. 1a und vgl. Buchstabe, buchstabieren, lautieren) in Bezug auf Geschriebnes oder Gedrucktes: die Schriftzeichen mit dem Auge zusammenfassend in die entsprechenden Laute der Wörter umsetzen, sei es laut ausgesprochen oder bloß gedacht, — mit oder ohne Obj., zuw. auch refl.:
a) eig., ohne Rücksicht auf das Verständnis des Gelesenen: Das Kind lernt l., kann noch nicht l., sondern nur erst buchstabieren; Der Setzer muß Griechisch lesen können, wenn er es gleich nicht zu verstehen braucht; Ich kann dies Wort nicht l.; Seine Handschrift ist kaum zu l., lässt sich kaum l. etc. —
b) mit Verständnis l.: Ein Buch, einen Schriftsteller, die Zeitung, einen Brief l., laut l., für sich oder leise l.; Anders l. Knaben den Terrenz, | anders Grotius. 3, 83; Etwas mit Urtheil, mit Kritik, kritisch, mit Verständnis, ohne Verständnis, oberflächlich, ohne in den Sinn einzudringen l.; Mit Ausdruck, schön l. etc.; In Tertia l. die Schüler den Ovid; In einem Buch, in der Bibel, im Homer l.; Wir l. in alten Chroniken, daß Dergleichen nicht selten vorkam; Ich lese eben in oder (mit Nüance) aus der Zeitung, daß der Frieden abgeschlossen ist; Was liest du aus seinem Brief?, welchen Sinn findest du darin, welche Absicht scheint er dir danach zu haben; Wie ich | aus jenen alten Büchern mir gelesen. daraus schöpfend erfahren; Nahm das Buch des Bundes und las es vor den Ohren des Volks. 2. 24, 7 (vgl. vor-l. 2); Er [der Dichter] liest es [sein Gedicht] Jedem, froh und laut, | ob es uns quält, ob es erbaut. 4, 6 etc.; Ich will es [das Gebet] .. über euch l., so geht ihr getrost. 5, 283; Messe (s. d.) l.; Eine Seelenmesse für Jemand l. (vgl. f) etc. Veralt.: Wie man liest mit der Insel Sicilia geschehen sein. 390a, — daß geschehn ist etc. —
c) (s. b) refl. sowohl: Dies Buch liest sich (s. d. † und Es 7) gut, leicht, vgl.: Deßwegen sich auch auf diese Weise der Text, als zusammenhängend und übereinstimmend, ganz bequem l. lässt. 29, 371 etc.; Daß sich von Rom aus die Geschichte ganz anders als an jedem Orte der Welt liest. Schill. 60 etc. —
d) (s. b) tr. und refl.: mit Angabe der Wirkung: Von diesem Schatze [Buch] trennte ich mich nicht eher, als bis ich ihn in Stücke gelesen. 27, 327; Er ergriff den Koran und wollte seinen Geist zur Ruhe l. Giaf. 501 etc.; Fast liest er sich die kleinen Augen blind. Fahr. Po. 4, 43; [Du] liesest Nächte hindurch dich blaß an Schriften der Weisen. 11, 159; Ich lese mich wohl und weh dabei. Leb. 2, 57; Ich habe mich so müde gelesen und geschrieben. 2, 188; Der... | sich froh an deinen Briefen liest. Ep. 1, 115; Man hat sich an dergleichen Beschreibungen so satt gelesen. 19, 152 etc. —
e) Einem das Kapitel 7, 187; Febr. 87 etc.), den Text Sch. 108; Gesellsch. 64; 11, 229; V. 110; 13, 257; HB. 1, 193 etc.), die Lektion Börn. 139 etc.), die Leviten Stillfr. 1, 124; Hausbl. — 57 — 1, 25; N. 486; Stadt 1, 9; N. 3, 90); den Psalter G. 2, 139); die Epistel und 15 schwzr.: den Hund Sch. 11) l., über Etwas l., einen derben Verweis geben, ihn abkapiteln (s. d.), wohl zunächst aus den Klöstern hervorgegangen. —
f) (s. b) auf Hochschulen: Lehrvorträge über Etwas halten, eig. nach einem Hefte (ablesend), dann aber auch allgem., von freien Vorträgen: Ein schwindsüchtiger Professor .. liest ein Kollegium über die Kraft. 106b; Naturrecht, Kirchengeschichte, Physik, über Elektricität l., öffentlich, privatim, vor einem großen Auditorium l. etc., s. vor-l. 2. —
g) übertr. auch auf Ungeschriebnes etc., z. B.: In dem Buche (s. d. 4) der Natur l.; In Jemandes Herzen wie in einem aufgeschlagnen Buche l.; Die Censur bringt das Publikum dazu, zwischen den Zeilen zu l., auch das Ungesagte, Verschwiegne zu verstehn; Daß er in ihrer Seele l. möchte. 14, 146; Laß tief in dir mich l., | verhehl auch Dies mir nicht! etc. 1, 122; Welch Volk wir einst gewesen, | wird der Sohn im Blick des Vaters l. 6, 22; Dein Flehen | .. las ich in deinem Antlitz schon. F. 3, 37; Jede Bewegung auf dem Schlachtfelde konnte man in dem Gesichte der Antwerper abgemalt l. 843b; Und dies Alles liesest du in meinem Gesichte? 16, 177; Die Chiromanten wollten das Schicksal eines Menschen aus den Zügen seiner Hand, die Astrologen aus dem Stand der Planeten l.; Die Zigeuner, die das Wahrsagen aus der Hand Planeten-L. nennen. Anthr. 101; Daß ich ihrem künftigen Manne den Planeten lese [von demselben prophezeie]. Br. 56 etc. —
h) das Partic. auch adjekt.: Ein vielgelesenes Buch; Einer unser gelesensten Schriftsteller etc., auch der Ggstz. mit „un“: Daß kaiserliche Majestät stracks ungelesen und ungehört Alles verdammt hätte. 5, 280b etc., und veralt. aktiv: Ging ich bisweilen ungelesen davon. Lthr. 145b, ohne das Kolleg gelesen zu haben, vgl. Essen. Anm. 3. —
i) der substant. Infin. (s. k und vgl. 1c und d): Das L. guter Bücher, vgl. Lektüre; Das Laut-, Leise-, Schön-, Mit - Ausdruck - L. etc. Das Griechisch - L. wird ihm schwer; Schädlichkeit des Roman-L–s für junge Mädchen; Zum Bücher-L. 12, 14 etc. — k) (s. i) Nach wiederholter Lesung des Briefes. 20, 200; Daß die flüchtige Lesung eines Buchs, das ihn unwiderstehlich fortriß .. schon die Wirkung entschied, zu der Wieder-Lesung und ernstliches Betrachten kaum in der Folge mehr hinzuthun konnte. 23, 230; Die Lesung der Alten. 9, 337; Durch die bloße Lesung .. eines Trauerspiels bis zu süßen Thränen gebracht. 535); Eine ohne alle Auswahl angestellte Lesung von Büchern. 4, 104; Br. 93; 16, 174; 1, 216 etc.; im engl. Parlament: Die Bill wurde bei der zweiten Lesung verworfen, s. ver-l. 2b. — l) Leser(in), l–de Pers., z. B.: Eine maskierte Gestalt huschte an den beiden Lesern [gw. L–den] vorüber. R. 4, 254 etc.; veralt.: Einer der an einer Hochschule Vorlesungen hält (s. f), Lektor, Professor etc.: Durch die Lektion vom Predigen gerissen ... Lieber einen guten Prediger ... weder einen guten Leser. SW. 56, 123; Leser in heiliger Geschrift, hebraischer und griechischer Sprachen. 496b etc.; Die beiden Leser im Reichskammergericht zu Wetzlar, welche die Akten foliieren, übergeben und aufheben. Früh. 10 etc., gw. aber in Bezug auf schriftstellerische Erzeugnisse: Die Leser, das l–de Publikum: Das Buch hat viele Leser; Ein aufmerksamer, fleißiger Leser etc., und kollektiv: Das mag der verständige und fleißige Leser und Wiederleser selbst entdecken. 29, 358; Der geneigte Leser ersieht hieraus etc., und selbst: Es sind dem zahlreichen geneigten Leser seine wahren Stammväter. 3, 330 etc.; Afterleser, s. Leserling; Halb- leser und Nichtleser. 4, VIII; Gesetz- Fat. 2, 10), Roman-, Zeitungs-Leser etc.
Anm. Goth. lisan in Bed. 1, ahd. lësan, mhd. lësen in beiden, wie lat. lego. Mundartl. les(n)en, mit schwacher Abwandlung, vgl. den Jmper.: So lese das Werk einmal. 6, 150; Fr. 1, 45; gr. L. 2, 240 etc. Über die gedehnten Formen: du liesest Po. 3, 58; 4, 333 etc.), er lieset 24, 15; 1, 3 etc.), vgl. Orth. 69 ff. In den Formen liest oft mit gekürztem Vokal gesprochen (vgl. er giebt, kriegt = bekömmt etc.), z. B. Ep. 1, 115, als Reim auf „vermisst“ etc. Impf.: Er lase. 2, 7 etc.
Zsstzg. z. B.: Áb-:
1) [1] Raupen, die Frucht vom Baum 2, 274), die Oliven 23, 144), Maulbeer[en] 7, 14), die Trauben 773) a.; Sie lasen ab ihre Weinberge und kelterten. 9, 27 etc., übertr.: Was übrig ist blieben von Jsrael, Das muß auch nachher abgelesen werden, wie am Weinstock. 6, 9; Jch will sie Alle a. . ., daß keine Trauben am Weinstock und keine Feigen am Feigenbaum bleiben. 8, 13; Die Ableser werden sie a. und ihre Faser verderben. 2, 2 etc. —
2) Ⅰ0] [2]:
a) Die Wärmegrade von der Thermometerskale a. etc.; Eine Predigt, Rede, ein Gedicht a., nicht frei vortragen; Er bat mich nun, ihm Etwas vor-zu-l. Aber nach den ersten Zeilen schon sagte er ..: „Das nenne ich a.“ 99 etc., auch übertr. [2g]: Sie meinte, man müsse ihr Innerstes an dem Gesichte a. Ab. 70; JP. 6 etc. —
b) Ein Buch a., zer-l., durch Lesen abnutzen etc. —
3) Ablesung (zu 1 und 2). — An- [2], z. B.: Sich Etwas a., durch Lesen aneignen; Angelesne Floskeln, die nicht aus dem Hérzen kommen. Lit. 3, 356; [Jean Paul] las sich nun seine Wortspiele künstlich an. 5, 228; Die kränkliche Empfindsamkeit . ., jene aus Büchern angelesene Krankheit. 12, 10 etc., ähnlich: Indem man das Ernsthafte ironisch liest .., kann man sogar einem Buche Sinn a., in dem keiner ist. 11, 251 etc. Seltner: Ich habe Ihnen die Mühe . . . wohl angelesen [angemerkt]. 1, 55 etc. und: Das Büchelchen habe ich nur angelesen [zu lesen angefangen] und dabei genug gehabt. Knebel 315. — Aūf-:
1) [1]:
a) eig.: Ähren 2, 2 etc.), abgefallne Beeren (3. 19, 10), Steine (1, 31, 46), Holz (1. 17, 10 ff.), Pfeile (1. 20, 38), die Brosamen etc. 1, 7) a.; Ein vom Sturm herabgerißnes Ästchen a. gB. 2, 204 etc.; Ein auf der Straße gefundnes Kind, einen Findling a. (versch. b); Von der Straße aufgelesen. Unst. 2, 264; Er hab’ es [das Mädchen] in der Kindheit aufgelesen, | gekauft, gestohlen. 2, 301; Berede dich, ich wär’ ein Waisenkind, | das du am Thron mitleidig aufgelesen. 245a; 9, 167 etc.; Vom Staube hat er Manchen aufgelesen [emporgehoben], | zu hoher Ehr’ und Würden ihn erhöht. 388a etc. —
b) zuw.: unabsichtlich Etwas an sich oder in sich aufnehmen, z. B.: Ungeziefer, eine Krankheit a., auffangen (s. d. 2); Ein Kind a. (versch. a), unabsichtlich koncipieren, schwanger werden; Der in den schmutzigsten Kneipen sich schimpfliche Krankheiten auflieset. A. 1, 304; Wer ernstlich suchet, findet immer Etwas, das des A–s (a) werth ist. . . Danischmend suchet sich ein Weib .. und fand sie, wie man einen Schatz findet oder den Schnupfen aufliest, unversehens und ohne zu wissen wie. 9, 12; Eros .., den seine Mutter Penia . .. von dem nektartrunknen Gott der Betriebsamkeit Poros im Göttergarten aufgelesen. 23, 273; Knaben | . ., den sie aus einem Zwist | mit Mulcibern soll aufgelesen haben. 3, 166; 12, 14 etc. —
2) [2] ugw.: Namen a. [her-l.]. — Āūs-:
1) [1] auswählen (s. er-l. und aus-er-l.): Las die Knechte aus, das beste Volk, das er unter ihnen fand. 3, 7; 2. 12, 21; 2. 17, 1; Aus den Schriften .. Dasjenige erkiesen und a., was zu ihrem Vortheil dient. B. 35a; So will ich a. [unter den Freiern]. G. 318; Die das A. hat [wählen kann, wen sie will]. A. 2, 35; Ein ausgelesener [Erz-] Schalk. Ul. 122; 135; Das unschätzbare Recht, sich seine Pflicht auszulesen. 1004b; Der neue Statthalter hatte ein schreckliches A. [der Hinzurichtenden] unter der ganzen Nation. 858b; Die Auslesung [der Rekruten etc.]. Stein 1, 215. —
2) [2] zu Ende lesen: Das Buch a. 51, 63; 32, 51; Les Er doch ganz aus! 206b etc., vgl.: Keiner von uns hatte das Buch hinaus gelesen. 22, 52; Lengf. 489 etc. — Be-:
1) [1] Belasen Erbsen, Linsen oder Bohnen. Moz. 3, 120, aus-l., ver-l., durch Wegnahme des Schlechten reinigen. — 2) [2]:
a) (veralt.) Ein Buch etc. b., lesen. Proc. 1, 11; 1, 161b etc. —
b) (veralt.) Ihn mit besonderen Zauberworten b. B. 182b, sie über ihn lesen; Wie viel man sie auch weihe und belese. 186a; Beschwörungen und Belesungen. 195a etc. —
c) im Partic.: B. sein, in Büchern bewandert; Ein belesner Mann. 223b etc. Dazu: Ihre erstaunliche Belesenheit in Chroniken und Ritterbüchern. 1, 5; 35, 21 etc.; Wohl-B–heit. 2, 477 Z. 22), vergl.: Da Viellesenheit nicht zu meinen Ritterpflichten gehört. 6, 37 etc. — I. Dúrch- [2]:
1) von Anfang bis zu Ende lesen: So habe ich es denn .. fort- und durchgelesen. 32, 288; Den Brief nochmals durchzulesen. 15, 12; Durchgelesen hab ich Ihr . . Werk, aber noch nicht durchstudiert. G. 84 u. o.; in einzelnen Fällen unentschieden, ob zu I oder I gehörig: Wenn ich die Bedingungen durchlese. 18, 7; 22, 349; Mit Durchlesung eines Theils meines Tagebuchs. 19, 36; 34, 248 etc. Selten zu [1]: Das ganze Feld nach Raupen d. (––⏑ oder ⏑– ⏑). —
2) refl.: sich lesend hindurcharbeiten, sich hindurch-l.: Da mag er sich d., wenn er Muth hat. 86; Wenn ich mich durch die 21 Stücke durchgelesen habe. G. 6, 170 etc. — II. Durch-: 1) = I 1 (s. d.): Jetzt durchlese man das .. Register. 3, 189; Man braucht nur die Helena zu d. A. 3, 231; Was er damals mehr durchstürmte als durchlas (s. I). Lit. 5, 228; D. Sie’s! ler F. 3, 163; 659b; Att. Mus. 2, 2, 52 etc. — 2) zer-l., ab-l.: Ähnliche Bücher finden sich auf Bibliotheken sehr d. und vergriffen. 32, 306. — Eīn-:
1) [1]:
a) Blumen, Kräuter, Früchte e., einsammeln. —
b) (Weber) die Kettenfäden so ordnen, daß sie auf dem Stuhle Fach (s. d. I12) machen od. sich durchkreuzen, was z.B. durch ein mit Löchern versehnes Brettchen geschieht, das Einlese- oder „Lese-Brett“ 3, 595), vgl. Gelese 2. —
c) (vgl. b) Eine seidene Sonntagsschürze, ringsum in Falten gar sauber eingelesen [gelegt]. Moz. 3, 166. —
2) [2] refl.: Sich in Etwas e., sich lesend darin finden und heimisch machen; Daß er sich so völlig in Dessen Form einlas, daß er zunächst fast Nichts mehr schrieb, als was an Lucian erinnert. Lit. 5, 334. — Er-:
1) [1] aus-l. (s. d. 1):
a) Etwas sortieren und es zugleich von dem Untauglichen oder minder Tauglichen absondern: Die Flocken der Baumwolle auseinander zu zupfen und die Samenkörner, Splitter von den Schalen der Nüsse nebst andern Unreinigkeiten wegzunehmen. Sie nennen es e. . .. Die e–e oder gereinigte Baumwolle. 19, 41; Erbsen, Bohnen e., ver-l., aus-l. etc.; Sie zogen ihr Geld hervor, erlasen dasselbe und Resli las einen .. Zwanziger aus. G. 208; Sie wollten die Sache einmal e. [rein, klar etc.] haben und wissen, wo das Geld sei. Sch. 256; 309; Sie wollen’s aufs allerstrengest und aufs reineste e. haben. 5, 355b etc. So im adjekt. Partic. von dem in seiner Art Vorzüglichen (s. b), z. B.: Mit einer kleinen e–en Schaar. N. 297 etc. —
b) (s. a) auswählen: Den Gottes ewige Gerechtigkeit | zur Abwehr dieser Sünde hat e. 4, 44; [Du hast] dem Ausdruck, Schall und Reim ihr wahres Amt e. 205; Phil. 1, 19; 42; Erlas den Aushub von allen Waaren. Mak. 2, 21; Erlas er Rosse von hartem Kern. Nal 231; Wollt ihr .. | mir helfen Putz e.? Sh. 1, 133 etc., auch zuw. refl.: Wo meinem Herzen sich ein Kreis e. 6, 97 und im Partic. (s. a) mit Dat.: Diese sind die ganz besonders diesem Held E–en. Kutr. 143, ferner: Edleres Getränks Erleser. 4, 73 etc. —
c) Doppelzsstzg.: Aus-e. (a und b): 600 aus-e–[e] Wagen. 2. 14, 7; Aus-e. Silber. 8, 19 etc.; Alles schien recht dazu aus-e. mich zu ängstigen. Br. 1, 518; 20, 200; Als ein Opfer ward ich aus-e. 4, 342; Dies Plätzchen hab ich mir längst zum Liebling aus-e. 247a; Aus-e–e 20,000 Mann. Sh. 6, 215; Die .. das schönste Heu ihm aus-e. Rol. 1, 75; Das aus-e–e Wild. Cymb. 3, 4; Einen Platz in der aus-e–sten Gesellschaft. HB. 1, 163. —
2) [2]:
a) schwzr. = lesen: Du hast diesen Morgen den Kalender e. Sch. 149; 3, 132a etc. —
b) durch Lesen erwerben: Kennen die Liebe nur . . aus Büchern e. V. 257 etc. — fortfahren zu lesen (s. durch-l. I 1) und weg-l. 1 und 2. — Hêr- etc.: nam. [2], z. B.: Unsre Väter haben es ihre Väter daraus her-l. hören. 10, 151 etc. — Nicht im Stande, die eigenthümliche Gestalt aus dem Dunkel des Waldes heraus-zu-l. [zu unterscheiden etc.]. gB. 2, 260; Der Zünftler wird sich sein Zunftsprüchlein heraus-l. [aus dem Buch lesend herausnehmen]. Lit. 5, 127; Was ich mir aus dem Werk mag herausgelesen, was ich in dasselbe hineingelesen [lesend hineingetragen] haben, davon wüßte ich keine Rechenschaft zu geben. 22, 219; Liest doch nur Jeder | aus dem Buch sich [seinen eignen Sinn etc.] heraus und ist er gewaltig, so liest er | in das Buch sich hinein, amalgamiert sich das Fremde. 1, 268; Bot. 1, V; Dein Liederheft . . Jch habe mich manchmal recht hinein- und viel Erfreuliches herausgelesen. 6, 111; N. 5, 211; H. 138 etc. — Ein Buch hinaus-l., aus-l. (s. d.). — Las [1: wählte] 20 Ruderer hinein. 145b, ferner [2]: Der einsichtige Leser, welcher fähig ist, zwischen diese Zeilen hin- ein-zu-l., was nicht geschrieben steht, aber angedeutet ist. 22, 345; Er hatte .. in keines [der Werke] auch nur bis in die Hälfte sich hinein-l. können. 16, 35; Ich las nicht nur mich .., aber auch sie in den Enthusiasmus hinein. Jahr. 1, 342; M. 1, 54 etc., s. ein-l. (2) und heraus-l. — Als er .. eine aufgeschlagene Seite des Tagebuchs herunterlas. 19, 371; Die Clarke’sche wörtliche Übersetzung las ich deutsch, so gut es gehen wollte, herunter. 22, 127 etc. u. ä. m. — gemeinsam lesen [1; 2], s. zusammen-l. 2. —
Fórt-: Mít-: Nāch-: 1) [1] Nachlese halten, eig. und übertr.: Als wenn man nachlieset, so die Weinernte aus ist. 24, 13; 5. 24, 21 etc.; Wir müssen in diesem dritten Theil gleichsam nachernten und n. 8 etc. —
2) [2] z. B.:
a) nach dem Muster eines Vorlesenden lesen. —
b) einem Lesenden lesend folgen, nam. um das von ihm Gehörte mit dem Text, den man vor sich hat, zu vergleichen. —
c) nachträglich lesen, lesend Versäumtes nachholen: Ich war nicht im Kolleg, leih mir dein Heft zum N. der vorigen Stunde. —
d) etwas Durchgenommenes nochmals lesend durchnehmen: Die Schüler müssen das Durchgenommene zu Hause in ihrem Lehrbuch n. — Über- [2]:
1) tr.:
a) durch-l. (auch trennbar – ⏑ – ⏑): Dieses Gebet. . . Man muß es nüchtern des Morgens | ü. . . . Ich will es morgen bei Zeiten | über euch lesen. 5, 282; Nachdem er den Brief, bei einigen Stellen lächelnd, bei andern den Kopf wiegend, ü. hatte. 22, 151; Die Journale wollen doch auch ü., oder wenigstens durchblättert sein. 35, 15 etc. —
b) bei flüchtigem Lesen Etwas übersehen, nicht darauf achten, darüber wegl. —
c) (vralt.) Ich acht, du bist zu Tölpel in die Schul gangen, der Esel hat dich ü. 1, 374b, wohl: dich überhört (s. d. 2), war dein Schulmeister etc. —
2) ret.: sich durch zu vieles Lesen schaden etc.: Sie hatte sich sozusagen ü.; jede Persönlichkeit und jede Lebensbeziehung, die ihr in den Weg kam, hatte sie schon da und dort von Dichtern und Philosophen glänzender und tiefer dargestellt gefunden. Dicht. 2, 45, so auch im Partic.: Ü–e und überspannte alte Jungfern, s. ver-l. 2d. — Ver-:
1) [1] tr.: rein aus-l., er-l.: Erbsen verl.; Ein V. der gehörig gar gebrannten Stücke von den ungaren. 2, 668; Verlas sie die Wolle zum Tuch. Leb. 44 etc. —
2) [2]:
a) tr.: mit Lesen verbringen: Die Stunden zu verl. Ⅰ0] und zu verträumen. G. 1, 281. —
b) tr.: durch Lesen Etwas den Betheiligten, Denen, für die es best. ist, bekannt machen, vgl. vor-l. 2: Das Evangelium, öffentliche Bekanntmachungen in der Kirche verl.; Jede ins Parlament eingebrachte Bill muß dreimal verl. werden (s. Lesung) etc., dagegen veralt.: Einen Brief verl. 1, 100b = für sich lesen. —
c) tr. und refl.: falsch lesen: Der Dichter habe die Zahl 1780 als 1783 verl. 23, 205; Als ich deinen Brief bei ihr bekam und auch las, mußte ich so ungezähmt lachen, daß ich ihr Vieles verlas. 1, 386; Ich habe mich verl. —
d) refl.: sich in die Lektüre allzu sehr vertiefen, vergl. sich über-l. (s. d. 2): Die Offenbarung Johannis, in die er sich ganz verl. hat. Zaubr. 2, 89; R. 6, 111 etc. und im Partic.: aufs Lesen versessen: Ernste heilige Gedanken finden keine Stelle in einem solchen v–en Mädchen. Päd. 3, 2, 175; O du v–er Mensch ..., Kienraupe der Bibliotheken, Verwüster der Schriften! N. 1, 144 etc. —
3) (s. verlieren, Anm.) Einzeln sind wir verl. [verloren] und lassen uns nach einander geduldig langen. M. 72; Jetzt glaubt’ ich natürlich, ich wäre verl., | rief schluchzend: Laß Er den Ziemer nur ruhn! 246b. — Vōr-: im Ggstz. zu nach-l.:
1) [1] im Weinberg etc. Vorlese (s. d.) halten. —
2) [2] Einem etc. Etwas vorl., das Vorliegende lesend vortragen, zum Hören, nam. zum Genuß oder in Bezug auf die ästhetische Wirkung, vgl. Lektüre, ab-l. 2 und ver-l. 2b: Ich lese mir das Geschriebene selbst laut vor, um etwaige Mißklänge darin zu bemerken; Mit Lesen und Vorl. sich und die Mutter zu unterhalten. 18, 268; Beim V. von Gedichten, Schauspielen, Erzählungen war es die natürliche Folge der lebhaften Absicht, die der V–de so gut als der Dichter, der Schauspieler, der Erzählende hat, zu überraschen, Pausen zu machen, Erwartungen zu erregen ... Wenn ich Jemand vorlese, ist es denn nicht, als wenn ich ihm mündlich Etwas vortrüge? Das Geschriebene, das Gedruckte tritt an die Stelle meines eigenen Sinnes etc. 15, 36 ff.; Einem eine Rede des Demosthenes, eine Predigt von Schleiermacher vorl., vgl.: Anstatt frei zu sprechen, liest der Prediger seine Predigt [die doch nicht als etwas fertig Vorliegendes erscheinen soll]; Der Professor liest [2f] vor einem großen Auditorium Literaturgeschichte, er liest dabei Stellen aus den bedeutendsten Autoren vor etc., doch s. b. — Dazu:
a) Sich einen Vorleser, eine Vorleserin halten; Der Vorleser des Fürsten; Vorleser beim Fürsten sein etc. —
b) Vorlesung, f.; –en: das V. und sowohl etwas Vorgelesenes als auch etwas vor einem Auditorium Gelesenes, namentl. auf Hochschulen [2f] = Kolleg: Die Vorlesung eines Trauerspiels etc.; Eine Vorlesung bei einem Professor belegen, hören, nachschreiben, schwänzen; Aus der Vorlesung wegbleiben; Verzeichnis der im Wintersemester zu haltenden Vorlesungen etc. — Vorāūs- [2g]: Wenn ér nicht die Gabe hatte, Gesinnungen in meiner Seele vorauszulesen, die in vielen Tagen erst entstehen sollten. 16, 189. —
Wég-: 1) [1] lesend wegnehmen: Indem er einige welke Weinblätter, die auf ihren Nacken gefallen waren, weglas. R. 6, 151; Er liest den Räuber weg, der bei der Wurzel sitzt. 657 etc. —
2) [2] lesen, so daß man dar- über wegkommt, sich nicht davon aufhalten lässt: Er liest die schwersten griechischen Schriftsteller vom Blatt [s. d. 2] weg; Daß philosophische Untersuchungen sich unmöglich so leicht w. können als ein modischer Roman. 6, 288; Wir, die wir das Epos nur vom Blatt w. [statt es zu recitieren]. 5, 12; Alles ohne Wahl und Ordnung unter und über einander w. 35, 14; Die Anspielungen sind so fein, daß unaufmerksame Leser leicht darüber w. etc. — Zer-, tr.: durch Lesen [nam. 2] zerstören, s. ab-l. 2b: Ganz zergriffen und z. Ber. 65; Schade, daß man zu Liebesbriefen kein Pergament nimmt, das dünne Postpapier zerliest sich zu rasch. 8, 176 etc. — Zurück-, z.B. [2]: Es sind unsere Gedanken, die wir in die Sachen hineintragen, unsere Worte, die wir aus ihnen wieder z. Volksk. (61) 96. — Zusámmen-: gemeinsam lesen [1 u. 2] und durch Lesen [1 und 2] zusammenbringen, z. B.:
1) [1] Brosamen, Brocken, Körner, Ähren z.; Eine Reihe von Gesichtern, die nicht trauriger hätten zusammengelesen werden können. St. 1, 49; Ich mußte sie freilich ziemlich einzeln z. 1, 5; 8 etc. —
2) [2]
a) Zumal bei dramatischem Z. auch den schlechten Lesenden der Vortrag des Bessern . .. hebt und, da Jeder in den Leistungen seiner Mitleser einen fast gleichzeitig an seine eigene anzulegenden Maßstab in Händen hat, so bildet sich das Gefühl für Schönlesen dadurch wohl am schnellsten zum Bewusstsein aus. Gespräche (1845) VI. —
b) Sich seine Weisheit z., nicht aber sie zusammenforschen, zusammendenken. G. 1, 343 etc.
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