Faksimile 0096 | Seite 94
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Leiche
I. Lēīche, f.; –n; –n-:
1) der entseelte Leib eines Menschen oder in gehobner Rede eines größern Thiers, insofern er noch nicht (ganz) verwest, noch die Form des lebenden Körpers bewahrt, gw. mit Hinblick auf die Bestattung (vgl. das umfassendere Leichnam, das mehr die Materie bez., während L. mehr die todte Pers. hervorhebt; Aas 2b und s. Anm.): Bei der L. klagen; Die L. einbalsamieren, waschen, putzen, anziehn, ankleiden, zur Parade stellen; Die L. in den Sarg legen, in die Gruft senken, bestatten, begraben, beerdigen, beisetzen, verbrennen [bei den Alten], über Bord werfen [auf Schiffen] etc.; Bleich, blaß, kalt wie eine L.; Auf dem Schlachtfeld lagen L–n von Menschen und Pferden; Sollt’ ich Nichts als seine L. finden, | laß beerdigen mich des Bruders Asche. Platen 4, 278; So saß er, eine L., | eines Morgens da. Sch. 65a etc. Also hob man vorsichtig die Schein- L. auf das Polster. Möricke N. 575, vgl. scheintodt.
a) übrtr.: eine (lebende) Pers., insofern sie so gut wie todt ist: Was frommte mir annoch in später Stunde | zu wandeln eine L. über L–n? Cham. 4, 162; Der seinen Freund in voller Blüthe der Jugend verließ und ihn jetzt einer wandelnden L. gleich wiederfindet. Sch. 763b; Du siehst, wie es um meine Wandel-L. steht. Goltz 1, 332, um meinen [hinfälligen] Leib, s. Anm.
b) an Wendungen wie: Der L. folgen; Die L. begleiten; Mit der L. gehen etc. schließen sich andere, worin L. = L–n-Gefolge, -Begängnis: Einem zur L. gehn. JvMüller 14, 108; Zur L. gehn, bitten; Es war eine große L.; Eine vornehme L.; Eine L. anstellen, halten.
2) Buchdr.: Ob [im Satz] nicht einzelne Wörter oder Sätze ausgelassen (L.) oder doppelt (Hochzeit) gesetzt sind. Franke Kat. 72.
3) Nadler.: ein unbrauchbarer Nadelknopf.
Anm. In der ältern Sprache weitern Umfangs: goth. leik (n.), ahd. lîch (n. und gw. f.), mhd. lîch, Fleisch, Leib, äußre Gēstalt, todter Leib. Überrest der Bed. noch in Leichdorn (s. d.), eig.: Dorn im Fleisch; nach Schm. auch in der ersten Hälfte von Leilach (s. Laken, Anm.) und in einigen mundartl. Wörtern (s. Leik); ferner (vgl. Leichnam) z. B. noch: Habe ich die todte L. in ihren Sterbekittel gekleidet. Schweinichen 3, 254, wie Luther SW. 60, 128 etc. Die ältre Form noch bei Luther: Die Leiche [Mz.] der Könige. Hes. 43, 7; 9 und so in ältern Zsstzg. wie Leichnam (s. d.), Leich-Dorn, -Kar (oder -Korb), -Huhn, neben dem gewöhnlicheren Leichenhuhn etc., vgl.: Einer angesteckten Leichen. G. 11, 164. Zu demselben Stamm gehört Gleich (s. d.), goth. ga–leiks etc., eig.: übereinstimmender Leibesgestalt, wie: ähnlich, goth. ana-leiks; ferner die Nachsilbe lich (s. d. †), goth. leiks etc., vgl. auch: (Aller)männiglich, in voller aufgelöster Form ahd. allero manno gilîh, mhd. manneclich, menneclich, Etlich, Jeglich, Welch, Solch etc.