Faksimile 0018 | Seite 16
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Lamm
Lámm, n., –(e)s; Lämmer; Lämmchen, lein, Mz. Lämmerchen, lein; -, –s-, Lämmer-:
1) das Junge des Schafs (ugw. für das alte Schaf 3. Mos. 22, 28, vgl.: Die Lampen. Schm. = Mutterschaf): Das Lamm bäht, mäht, bläkt, blökt; Sein L., das da fchreit. Tieck Viel Lärm 3, 3 etc.; daher (Kinderspr.): Bah-, Bäh-, Mäh-L., schwzr. Bäägeli-Lämmlein. Gotthelf Sch. 120, s. etc.; Ein leckendes L. mit quirlendem Schwänzchen. IP. 21, 102; Saugendes oder Saug(e)-, Sog-, Milch-L. im Ggstz.: Abgesetztes, abgespäntes, Absetz-, Span-L. etc.; Männliches L. oder Bock-, Hammel-, Stär-L.; weibliches L. oder Au- (V. Sh. 3, 67), Kälber-, Kilber-, Mutter- (s. 2), Schaf-L., und solang es die Milchzähne noch nicht hat, Küben-L., vgl. Schibben-, Zibben-L. bei Nemnich, der auch Gärm-L. aufführt etc., s. Schütze 3, 6; nach der Zeit der Geburt z. B. Frühlings- (s. Frühling 2), Maien- (s. 2), Herbst-L. etc.; Ein jähriges L. (s. Jährling) zum Opfern, Opfer-L. (s. 2), so nam. bei den Juden: das O ster-L.; Ich will sie hinunterführen wie Lämmer zur Schlachtbank. Jer. 51, 40; Zum Schlacht-L. (vergl.
2) auserkiest. L. 8, 294; Giebst uns hin wie Speiselämmer. Mendelssohn Ps. 44, 12, vgl. ferner Zsstzg. von Schaf, z. B. Halte-L., L. von einem Halteschaf etc. Sprchw.: L., L. ist des Wolfes Vesperglocke (s. d.) und nam. in Vergleichen (s. 2): Fromm, geduldig, kirr, sanft, schuldlos, unschuldig, zahm etc. wie ein L.; Halten (Heinse A. 1, 231), still halten wie ein L.; Wir wollen uns lieben wie die Lämmerchen. Gutzkow R. 6, 357; Da stand der Junge, wie ein verkauftes (s. d.) L. Rückert Mak. 1, 70 etc.
a) Auch von den Jungen schafartiger und schafähnlicher Thiere (s. Zsstzg. von Schaf), z. B.: L. eines Lama’s. Campe Rob. 1, 107; Ein Ziegen-L. [Zicklein]. Immermann M. 2, 128 etc. 2) übertr. (s. 1) auf lamm- ähnliche Wesen, z. B.: Ein Pferd, L. [so fromm wie ein L.] und Bucephal zugleich. Münchhausen 45 etc., nam. von Pers.: Du frommes Mutterlämmchen! Gutzkow R. 4, 348; Jene gerühmten Lämmer der Sanftmuth würden sich minder frömmig gebärden, besäßen sie die Zähne und die Tatzen des Tigers. Heine Rom. 304; Er war das geopferte L. der Saison, während Rossini der musikalische Löwe war etc. Lut. 2, 9; [Er] scheinet huldig | statt des [stößigen] Bocks [s. d. 5] ein L. zu sein. Rückert Morg. 2, 53; Verwilde zum Tiger, sanftmüthiges L.! Sch. 110a; „Das arme Väterchen scheint sich kein Lämmchen heimgeholt zu haben.“ Nein, aber einen stachligten Kaulbarsch. Temme SchwM. 1, 89; Da kam der Wehrwolf, nahm sie [meine Braut] untern Arm und trollte | vor meinen Augen weg mit meinem holden L. W. 20, 59 und so oft als Kosewort für geliebte Pers.: Mein Lämmchen etc. Ferner bibl. von Christus: Wir haben auch ein Oster-L., Das ist Christus, für uns geopfert. 1. Kor. 5, 7; Das ist Gottes L., welches der Welt Sünde trägt. Joh. 1, 29; Offenb. 5, 6 ff. u. v.; Gottes-L., s. Agnus Dei. So z. B.: L. und Olymp [Christenthum und griech. Heidenthum] kämpfen um die Seelen der gottverworrenen Menschen. Immermann M. 3, 396 etc. Dann auch als Bez. frommer oder frömmelnder Christen, mit Anspielung auf die Lieder der Herrenhuter (der sog. Lammsbrüder), z. B.: Pfaff: Die lieben wie Maien- lämmelein | sich und die Geistesbrüderlein. G. 7, 173; Meiner Lämmerlein und Schäflein treuer Hirt [s. d.]. Matthesius Pr. 109 etc.
3) Bot.: Betzchen (Lämmchen) und Kätzchen, die männlichen Blüthen verschiedener Bäume. Rückert Mak. 2, 59.
4) Meteorol.: Jene kleine Lämmerchen am Himmel. Gutzkow R. 5, 308, s. Cirrus, Schäfchen (G. 40, 315) und schäfeln.
5) (mundartl.) Art Fischernetz.
Anm. Goth. lamb, ahd., mhd. lamp. Als Bstw. z. B.: L–s-artig. L. 13, 145; L–s-mäßige Geduld. Gutzkow R. 3, 178 etc.; Lämmers felle. Weidner 33 etc.; Lämmchen- sanft. Heine NGd. 315 etc. Statt Lamm-, Lämmerfleisch etc. südd. auch: lämmernes Fleisch; A Lämmernes. Seydelmann 319. Dazu: Lammen (Goltz 1, 291 etc.), lämmern (Eppendorf 81 etc.), intr. (haben): Lämmer werfen (s. gebären 1b und für Zsstzg. fohlen II), viell. auch stammvrwdt: Lämmel (s. u.), n., –s; uv.: Saugflasche, Ludel (insofern L. etwa zunächst das saugende Thier bez., vgl. Labbern etc.); ferner: Lammel, m., –s; uv. = Hammel (s. d., Anm.), Kothrand unten an Kleidern. Campe; Sich belammeln und behammeln. ebd., vergl.: Belampert = beschmutzt. Simplicissimus 2, 336, belabbern etc., nam. aber: Belämmern, tr.: bedrecken: Das ist belämmert etc., auch übertr., wie „anschmieren, bescheißen“ etc. = betrügen, z. B.: Sie belämmern alle Menschen mit ihren Anstalten der Menschenliebe. Brentano Fr. 1, 36; Nein guter Freund, belämmern lasse ich mich nicht. Waldau N. 3, 182 etc.; dann aber auch: besetzen, bekramen, so daß man nicht hindurch kann etc. Schütze und demgemäß (Schiff.): Belämmerungen: Hindernisse durch im Wege stehende Dinge. Bobrick. Ferner: Verlämmert = bestürzt; verdutzt; Sich verlämmern: sein Spiel selbst verderben. Schütze; ferner, mit nicht ganz klarer Bed.: O ihr aufgelämmerten Gänseblumen! Tieck N. 7, 198, etwa: Ihr empfindsamen Werther-Schwärmer mit der Schafsnatur? Wir erwähnen noch hier einige stammversch. Wörter: Lämmel (s. o.), n., –s; uv.: Messerklinge (s. ital. lama, Diez 198; bei Campe Lummel, f.), so (Glash.): Streichlämmel, die Gläser oben und unten zu schlichten, vgl. Lamelle; ferner (weidm.): Lammer, f., –n: Filet von Wild, s. Schm. 2, 479.
Zsstzg. s. 1; 2; ferner: Hāfer-: (mundartl.) Heerschnepfe (s. d.).
Öhr-: (Schiff.) befahrner Matrose, Ggstz. Aufläufer oder Baar.