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Kraut
Krāūt, n. –(e)s; Kräuter; Kräutchen, lein, (el), Mz. Kräuterchen, lein; -:
1) niedrige Blattgewächse ohne bes. hervortretende Blüthe und Frucht und mit nicht holzigem Stengel, und das Blätterwerk daran im Ggstz. zu den härtern Theilen, und zwar theils, o. M., eine Gesammtheit solcher Pflanzen oder Theile, theils, m. Mz., einzelne:
a) So steht K. den Blumen (s. d.), Bäumen, Sträuchen, den Pilzen, dem Getreide etc. gegenüber, ferner auch wohl dem Gras, z. B.: Die Erde ließ aufgehen Gras und K., das sich besamete . ., und Bäume, die da Frucht tragen. 1. Mos. 1, 12; Gras und K. und Gesträuch mit Lorberstauden grünt und blüht überall. Heinse A. 1, 258. Doch gilt K. auch in umfassenderem Sinn, z. B.:
b) für Pflanzen oder Gewächse überh. (s. g) in den Zsstzg. Kräuter-Kenner, -Kunde, -Lehrer, -Reich etc., vgl.: Um ein Kräutchen aufzufinden, dem Linnäus noch keinen Namen gegeben hat. L. 10, 125 etc.
c) So wird Getreide gw. nicht zum K. gezählt, doch gilt die Bez. wohl von der sprossenden grünen Saat und den nicht reifen Halmen, z. B. Matth. 13, 26 (vom Weizen); 2. Mos. 9, 22 ff., vgl. 31 etc.
d) So heißt die Tabackspflanze, die eine ziemlich bed. Höhe erreicht, gw. nicht ein Kraut, wohl aber bekommen im Ggstz. zum Stengel die Blätter und dann der daraus bereitete Taback den Namen K., z. B.: Durch einige Züge sein gelbes K. wieder lebhafter anglimmend. Gutzkow R. 2, 63.
e) Ähnlich heißt das Blätterwerk an den Rüben, Kartoffeln etc. K. und, insofern dies in den Küchen von den Rüben oder Wurzeln abgesondert wird (das „Ab-K.“), gilt „K. und Rüben“ sprchw. als Bez. des ungeordneten Durcheinander (von Adelung zu i gezogen), z. B. Gott- helf U. 2, 55; Stoßt sie, daß sie über einander purzeln wie K. und Rüben. Grabbe Herm. 86; Das Gewimmel wühlt durch einander wie K. und Rüben. Hann. 48; Sie werfen Namen zusammen wie K. und Rüben. Gutzkow R. 1, 181; Wie sie da in der Kommode K. und Rüben anrichten (s. i) Kön. Jer. 1, 102; Das liegt wie K. und Rüben. Müllner 7, 151; Dieser Mickmack von K. und Rüben. Riemer G. 2, 684 etc.
f) (s. e): Eine Pflanze wächst, schießt ins K., treibt zu viel Blätter, zum Nachtheil der Wurzel oder Frucht. In engerm Sinn gilt K. für besondre Pflanzen, nam. in Bezug auf ihre Benutzung (s. den Ggstz. Un-K., ein unnützes K. etc.), so:
g) Kräuter in Bezug auf ihre arzneiliche Wirkung (s. b): Der Apotheker sammelt Kräuter, trocknet die Kräuter; Ein schlechtes Kräutchen verbirgt oft unter einer unscheinbaren Gestalt die herrlichsten Kräfte. W. 8, 191: Zarncke Br. 323b. Dazu übertr. u. sprchw.: Für den Tod kein K. gewachsen ist; vgl.: Für die Narrochtige [Närrischen] sei kein Kraut gut als einmal der Tod. Gotthelf G. 54; Für jede Wunde, die uns dasSchicksal haut, | ist treuer Menschen Liebe das allerbeste K. Reithard 48 etc.; ferner: Bei seinem Tod ging es mit [Gift-]Kräutern zu etc., vgl.: Ja, Fluch! Das ist ein böses K. [etwas Schlimmes]. Werner Febr. 147; Muß ist ein bitter K. (Sprchw.) etc.
h) in Bezug auf den Küchengebrauch, zumeist kollektiv, z. B.: Suppen-K., die Kräuter, die gw. als Würze in die Suppe kommen, wie Petersilie, Selleri, Kerbel etc.; Aal-K., die Gesammtheit der zur Aalsuppe gehörigen Kräuter u. ä. m., vgl. K.-Garten.
i) (s. h.) ohne Zusatz gw. Kohl (s. d. u. Zsstzg.) als das gewöhnlichste unter den eßbaren Kräutern: K. schneiden, kochen, einmachen; Ein Gericht K. Spr. 15, 17; Ist mir verleidet wie kaltes K. Pestalozzi 4, 111; Wenn. . der Hase | diebisch meines Herrn K. ablase. Rollenhagen Fr. 114 etc. Sprchw.: Sollt Einer auch darüber zu K. verhackt werden. FrMüller F. 48 etc.; Fremd K. und meine Brühe drüber. Claudius 1, 27 etc.; Wir werden kein K. damit fett machen [Das wird nicht viel nützen oder schaffen]. G. Lav. 33; Während arme und geringe Kerle .. das K. fett machen müßten [die Hauptsache wären]. Weise Komödienpr. Vorr. etc., vgl.: Eine Laus im K. sei besser als gar kein Fleisch. Gotthelf Sch. 366 etc. Für die besondern Arten z. B.: Blaues oder Blau-, grünes oder Grün-, (auch = Spinat, u. s. 1), Kappes-, Kopf-, Roth-, Weiß-, Sauer-K., mundartl. auch Zettel- oder Langes K., im Ggstz.: Kurzes oder kleines K., weiße Rüben, ähnlich zubereitet wie Sauer-K. Dazu viell. (s. e) die Verbind.: K. und Rüben (Mischmasch, vgl. Krausimausi). k) Gärber.: (mundartl.) K. = Schmack und dazu: Kräuter = Schmackgärber.
1) m. Zusätzen (s. Zsstzg.) bestimmte Pflanzen, z. B. Grünes (oder Grün-)K., s. k, ferner Cucubalus behen; Geweihetes K., Verbena officinalis; Kräutlein der Geduld, Cerastium repens; Kräutlein Ungeduld oder Rühr mich nicht - an, Impatiens noli me tangere, das Spring-K. (s. 2) u. ä. m.
2) K., wie Pflanze, Früchtlein (s. d. 5) als iron. Bez. einer nicht gut gearteten Pers.: Sie war mir auch das rechte K., | nun brennt sie sich gar reine! B. 49a; Graf v. Rips, l ein K., wie Käsebier und Lips. 24b; Euer Früchtlin und Kräutlin zu Halle hat nun ausgeheuchelt. Luther 6, 115b; Urtheile, was für ein Kräutlin dies Volk sei. SW. 35, 314; Rabner Br. 65; Es war ein gar artiges feines Kräutlein. LSchücking Sph. 302; „Wo ist das K. [der Kobold]?“ . . Wo soll das Kindchen sein. Tieck N. 5, 95 etc. Vgl. dagegen: So oft die Rede auf deine Familie kam, bogst du davon aus, als ob du [nicht von Menschen stammtest, sondern] aus dem K–e gewachsen wärst. Heinse A. 1, 84. Ferner (s. 11): Ich mochte nicht gern für ein Kräutlein Rühr-mich-nicht-an oder für so Einen gelten, den die Fliegen an der Wand hindern. Kinkel E. 198.
3) K. = Schießpulver, zumeist verbunden mit Loth (= Blei), viell. in derselben Weise vom kleingehackten Kohl (s. 1h) übertr., wie „blaue Bohne“ (s. d. 4b) auf die Bleikugel (vgl.: Wie Jael .. | dem Sissera das K. um beide Schläfen schlug. Scultetus (L. 8, 275), vgl. Richter 4, 21, von dem tödtenden Werkzeug etc.): Freiligrath Pol. 63; Zur Unzeit kommen und damit nur, wie man sagt, K. und Loth in die Luft verschießen. Leibnitz 2, 110; Halt K. und Loth parat! Musäus Ph. 2, 174; Wackernagel 3, 1, 824; Z. 35 etc., seltner allein: N alten rostigen Muskedonner .. mit losem K. abgebrannt. Claudius 3, 63; Entzündendes K. Kl. Od. 2, 138, öfter die Zsstzg.: Zünd-K. (s. d.), ver- alt.: Büchsen-K., s. Schm.
Anm. Ahd. chrût, mhd. krüt (Gewächs; Kohl), wohl stammverwandt mit Gras, grün etc., das „Gewächs“ bezeichnend. Plattd. krüde = Würze und Mus, z. B. plumenkrüde etc. Die Bed. 3 zieht Adelung zu Grus, schroten etc.
Zsstzg. ungemein zahlreich, bes. als vielfach schwankende Namen von Pflanzen, für die wir außer auf Spate, auf naturgeschichtl. Werke, z. B. im Reg. bei Oken unter Herba, ferner auf Nemnich verweisen, uns auf einige der gewöhnlichsten beschränkend: Āāl- [1h].
Ab-:
1) [1e].
2) Eupatorium cannabinum, Alp-, Dosten-, Drachen-, Kletten-, Kunigunden- K. etc. Arznēī- [1g]. Bāde- [1g]: zu Kräuterbädern dienend. Berūfs-: Kräuter, die als heilkräftig gegen das „Berufen“ der Kinder gelten, s. bei Nemnich 12 Pflanzen dieses Namens. Bêsen-: Spartium scoparium u. ä. m. Bílsen-: Hyoscyamus niger. Blāū- [1i]. Blūt-: blutstillende Kräuter, z. B. Sanguisorba etc. Bōhnen- [1h]: Wurst-K., Satureia hortensis. Bōden-: im Ggstz. zu den Schmarotzerpflanzen, auf dem Erdboden wachsend. Burmeister gB. 2, 204. Bǘchsen- [3]. Dúrch-: Durchwachs (s. d.). Eīsen-: Verbena. Erd-: Fumaria. Färbe(r)-: zum Färben dienend, z. B. Genista tinctoria etc. Fár(r)n-: Polypodium; Pteris. Chamisso 6, 246; W. 27, 226 etc. Flīēgen-: in den Stuben bündelweise zur Vertreibung der Fliegen aufgehängt, z. B. Datura stramonium etc. Lewald W. 4, 119. Fünffínger-: Potentilla; Comarum palustre etc.; im Wortspiel: F. [Ohrfeigen etc.] bekommen. Schottel 1116b u. ä. m. Fútter-: als Viehfutter dienend. Gíft- [1g]: Giftkräuter wachsen auf dem einen, Heilkräuter treibt der andre Grund. Gotthelf U. 2, 12; namentl. Aconitum lycoctonum u. a. m. Hēīde-: Erica vulgaris etc. Hēīl-: heilendes Kraut, s. Gift-, Arznei-K.: Große Strecken mit Heilkräutern bestellt. G. 18, 53. Kánnen-: Equisetum: Ihm däucht, er liegt auf lauter K., | ihm kröchen zwischen Fleisch und Haut | 10000 Emsen, die wie Nadelspitzen stechen. W. 12, 112 etc. Káppel- (FischartB. IIa), Káppis- [1i]. Kartóffel- [1e]. Kátzen-: dessen Geruch die Katzen bes. lieben, z. B. Teucrium marum etc. Kópf- [1i]. Lǟūse-: als Mittel gegen die Läuse dienend, z. B. Pedicularis etc. Lêber-: als heilkräftig in Leberkrankheiten geltend etc., z. B. Anemone hepatica etc. Löffel-: Cochlearia etc., im Wortspiel: Wo das Tausendgülden-K. wächst [wo Geld ist], wird man auch finden das L. [Liebeln] und verstehen sich Münz und Metz trefflich wohl mit einander. SClara EfA. 1, 291 etc. Mútter-: heilkräftig bei Beschwerden der Gebärmutter, z. B. Matricaria etc. (s. Nemnich), ferner: Zu den berühmtesten milchreichen und aromatischen Futterkräutern der Alpentriften gehört bes. das überall hochgeschätzte Mutterkraut (im Engadin Matun, Meum mute1lina). Tschudi Th. 269; M. 586, s. Stalder, offenbar aus dem lat. Namen. Nárren-: scherzh. bei Weise Mas. 60 ein Kraut, aus dessen Samen Narren hervorwachsen. Rōth- [1i]. Sāūer-:
1) Oxalis acetosella etc.
2) [1i] oft als „deutsches Essen“, z. B. Uhland 89 etc., daher z. B.: Müssen sie [die Franzosen] jetzt sogar den Abhub unsrer romantischen Küche, versificiertes S., die Burggrafen von Viktor Hugo, verschlucken. Heine Lut. 2, 81; Wenn irgend eine Schöne etwas allzusäuerlich aussah, so hatte sie entweder S. gegessen [war sie eine Deutsche] oder sie konnte Klopstock im Original lesen. Verm. 1, 37 etc. Schlíng-: Schlinggewächs, das sich um andre Gewächse etc. schlingend rankt: Laß das Sch. nicht erdrücken | deine junge Rosensaat. Grün Gd. 212. Spríng- [1l]. Súppen- [1h]. Tausendgilden-: Gentiana centaureum etc., s. Löffel- K. Un-: gw. kollektiv, unnütze Pflanzen, z. B. [1g] im Munde des Kräutersammlers etc., die nicht heilkräftigen, nicht officinellen Pflanzen; nam. aber (Landwirthsch.): Pflanzen, die, wild zwischen den angebauten wachsend und wuchernd, diesen die Nahrung entziehn oder sie gar ersticken etc., danach oft übertr.: Das U. ausraufen, ausgäten (s. unkrauten); Säete U. zw. den Weizen etc. Matth. 13, 20—30; U. verdirbt (Hackländer Hdl. 1, 6 etc.), vergeht (Höser V. 51 etc.) nicht, Sprchw. von mißrathnen Pers., denen es wohl geht etc.; Der Ackerboden durch Unkräuter [häufiger: U.] entstellt. Freytag Soll 2, 280; Sie wachsen wie U. [wild, wuchernd]. G. 14, 109; Keimt ein Glaube neu, | wird oft Lieb’ und Treu, | wie ein böses U. ausgerauft. 1, 188; Gleich dem U. wüste Häupter schüttelnd | und tausendfält’gen Samen um sich streund. 13, 40; Ein großer ungejäteter Garten voll Kraut und U. H. Human. 1, 27; Den Samen der Vernunft, | den er so rein in meine Seele streute, | mit deines Landes U. oder Blumen | so gern zu mischen. L. Nath. 3, 1; 5, 5; Mächtig schoß das U. des zerstörenden Zweifels empor. Lewald Ferd. 2, 221; Bis die Verbreiter der reinen Lehre alles ketzerische U. ausgerottet. Thümmel 7, 16; V. Georg. 2, 411 etc. Auch wohl einige bes. schädliche Pflanzen, z. B. Lolium temulentum etc. Wáld-: im Walde wachsendes Kraut, nam. Galium mollugo. Wēīß- [1i]. Wīēsen-: auf Wiesen wachsende Kräuter, z. B. Sanguisorba officinalis; Statice armeria etc. Wóll-: Verbascum etc. Wúnd-: Name vieler bei Verwundungen als heilkräftig angewandter Pflanzen: Heilendes W. Rückert Mak. 1, 37 etc. Wúrst-: s. Bohnen-K. Zünd- [3]: Schießpulver, womit Etwas entzündet wird, z. B. eine Mine, oder das auf die Pfanne etc. geschüttete. Karmarsch 2, 81; Schüttet Z. auf! knallt ihn nieder! Kürnberger Am. 428 etc. und übertr.: Der Genfer Begebenheiten .., indem sie als Z. einer ungeheuren Explosion erscheinen etc. u. v. ä.