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Kram
Krām, m., –(e)s; Kräme; Krämchen, lein; -:
1) der Ort oder das Behältnis, worin ein im Einzelnen
verkaufender Händler ſeine Waare feik hat, Bude,
Laden ꝛc. und (o. Mz.): die darin enthaltne Waare:
Vitriolum romanum .. findt man in den Krämen. Büchſen-
meiſterei 30; Die Hauſierer oder Störer, ſo ihre Kräm (ſ. u.)
am Hals tragen. Garzoni 631a; Andere hätten einen kleinen
K. mit Schwefelfaden u. dgl. ſo erweitert und veredelt, daß
ſie nun als reiche Kauf- und Handelsmänner erſchienen. G.
20, 207; Nimm für einen deiner Blicke | unſer ganzes
Krämchen hin. Gotter 3, LXVII; Daß ſie den Krämern ihre
Kräme ſollten über den Haufen reiten. Kerner 494; Ein
Krämchen von allerlei Spielereien und kleinen Brauchbarkeiten.
König Leb. 2, 133; Uns gab Vergnügen, wie er auslegte
ſeinen K. (ſ. u.). Rückert Mak. 1, 113; „Er erbt .. einen
K. und Laden.“ | Pfui, wer handelt mit Schwefelfaden?
Sch. 323b; Frute, der Däne, ſchlug ſeinen K. nun auf. Sim-
rock Gudr. 324 (im Urtert: Fruote hiez uf swingen
siner krâme dach); Allerlei K. .. vertrödeln. V. H. 2,
246; Kein Kaufmann rath ihm [ſich] aus ſeinem Beutel oder
K. Weidner 58, ſprchw.: Niemand giebt einen Rath, der
ihm ſchadet, wobei er verliert ꝛc., ſ. Zſſtzg. Veralt.:
Ich bin ohn Das den Fröſchen gram | und ſäß ihn[en] längſt
gern auf dem K. Rollenhagen Fr. 605, vgl. Dach 2c.
Nam. im Sinn von Bude, Verkaufsort gilt mundartl.
auch das Femin., Schm. und ſ. o. Garzoni, vergl.: Der
Weg nach der neuen Stadt, durch die neue Kräm [in Frank-
furt a. M.]. G. 20, 15. Oft übertr., von Etwas,
das man wie eine Waare an den Mann zu bringen
ſucht; ferner, wie „Geſchäft“: Das, was man be-
treibt; wie „Zeug“: Allerlei durcheinander (vgl.
Trödel) ꝛc., z. B.: Etwas paſſt (Danzel 284; Immermann
M. 1, 433 ꝛc.), dient (Fichte 8, 68; G. 2, 120; Gotthelf
U. 2, 206 ꝛc.), taugt (Forſter Br. 2, 560; G. Sch. 1, 198;
Langbein 1, 59; L. 8, 337; Schlegel Mißd. 72 ꝛc.) Jeman-
dem in den K. oder in Jemands K., es iſt ihm recht, ge-
nehm, willkommen, er kann davon Gebrauch machen ꝛc.;
Dieſe Abreiſe paſſt nicht in den ſaubern K.? Waldau N. 2,
279 ꝛc.; Was ihr in ihrem K. und Bienenkorb am beſten
anſtehet. Fiſchart B. 53a; Jedem glauben, der ihnen in den
K. [wie es ihnen recht iſt, paſſt] zu reden weiß. Gotthelf
Sch. 245 ꝛc. Ferner z. B.: Einem den K. [ſein Vor-
haben] verrathen; Den ganzen K. verderben; Das iſt ein
böſer K. [Handel, Geſchichte]; Nur keine Garderobe! ...
Es iſt mir Nichts unerträglicher als ſo ein alter K. von Be-
ſitzthum. G. 17, 8; Da ich mit allerlei K. [Zeug] meine
Zeit hinbringe. Stein 3, 39; Dort predigt man den alten
K. Klencke Gſp. 2, 113; Der Einzige, um den es mir der
Mühe lohnt, mit meinem K–e ganz an den Tag zu kommen.
L. 12, 229; Das Land durchzieht mit geiſtlichem K–e [ſ.
Ablaß-K.] | die Krüdener. Platen 3, 13; Daß ſie Rang,
Luxus und alle den vornehmen K. gering ſchätzt. Scherr Gr.
1, 280; Laſſt den K.! [das Zeug, Gerede]. Tieck A. 1,
16; Den vielräumigen Kopf, der ſo vielartigen K. im Nu
faſſen und entwirren konnte. V. Ant. 2, 124; Und aus war
der K. [der Handel, die Sache]. Sh. 2, 452 ꝛc. 2)
mundartl.: a) oberd.: Ein Mitbring von der Reiſe heißt
Krohm, K. Auerbach D. 1, 247; Wie ſie kämen und was ſie
brächten an K. und Neuigkeiten. Gotthelf G. 188; K–s-weiſe
[als Geſchenk]. 264 ꝛc., ſ. Schm.; Stalder und kramen 3.
b) niederd.: Wochenbett. Dazu: Miß-K., unzei-
tige Niederkunft; kramen: in die Wochen kommen.
Brem. Wörterb.; Schütze; Frommann 4, 271.
Anm. Ahd. chrâm, mhd. krâm. Dazu: Kramen,
mhd. krâmen; Krämer, ahd. krâmari, mhd. krâmare,
krâmer; Krämerei, mhd. kramerie, vgl. Grämpel, Kräm-
pel ꝛc. Die Bed. 2b gehört wohl zu 1 als Euphemismus.
Zſſtzg. nach dem Feilgebotnen ꝛc., z. B.: Eine
Hökenfrau, ſitzend in der wohl verſorgten Fülle eines Ge-
müs-K–s. G. 27, 185; Er treibt im Schlaf auch träumend
noch den Pferde-K. V. Ar. 1, 199; Der Eiſen-K. hat
den Kleinſchmied .. verdorben. Möſer Ph. 1, 23; Galan-
terie-, Gewürz-, Herings-, Käſe-K. ꝛc., vergl.
die von Handel ꝛc., auch übertr., ſ. die von Zeug,
z. B.: Āblaß-: Luther .., da er gegen den A. aufſtand.
Sch. 778a. Āderlaß-: alles zum Aderlaß noth-
wendige Geräth oder Zeug: Einen großen ſchwarzen Dok-
tormantel und darüber A., Pflaſterzeug ꝛc. Arnim 83.
Béttel-: armſeliger, Lumpen-K.: Den ganzen Zettel-u.
B. der deutſchen Familie. Immermann 12, 115. Bílder-:
Zu nachſichtig gegen den B. und Firlefanz [vgl. Bilderdienſt].
Alexis H. 2, 3, 137. Brāūt- [2a]: Geſchenk für
die Braut; ſchleſ. ihre Ausſtattung an Hausgeräth und
Möbeln, die ins Haus des Bräutigams gefahren wird,
Hochzeits-K. Bǖcher-: 1) Kramhandel mit alten
Büchern. 2) ſ. Wort-K. Falk G. 249. Díchter-:
Der fordert auf ein Blatt den ganzen D. Günther 388.
Flóskel-: ſ. Wort-K. Grün Gd. 284. Gedä́cht-
nis-: allerlei bloß im Gedächtnis ohne ſelbſtthätiges
Denken Aufgeſtapeltes: Das ſo oft gemißbrauchte Wort
G. dürfte doch paſſen, um das Wiſſen vieler Mädchen zu be-
zeichnen. Raumer Päd. 3, 2, 205. Hóchzeits-:
Braut-K. Höcken- (Muſäus Ph. 4, 99), Hȫker-:
Kram wie ihn ein Höker feil hat. Idēē(e)n-: ver-
ächtl. Bez. (wie ,,Zeug“) von Ideeen, Philoſophie ꝛc.:
All der I. | der Weltenflicker, ſagt, was hat er je gebeſſert?
W. 10, 283. Jāhrmarkts-: Ein J. [wüſtes
Durcheinander] von geretteten Fahrniſſen. Kürnberger Am.
499. Klēīn-: Höker-K.; die Geſammtheit all der
Bagatellen, die ſich in einem ſolchen Kram finden und
danach übertr. (vgl. Kleinigkeitskrämerei): Ein unge-
heuerer Badeort mit all dem K–e, welcher dem modernen
Badeleben anhaftet. Stahr Jt. 2, 374; Enſe Humb. 302.
Klingel-: Kram eines Herumziehenden, der die
Käufer durch Klingeln herbeilockt, vgl.: Dieſer hämiſche
Hanswurſt, dieſer literariſche K.-Krämer. Seydelmann 307.
Kríms-: gw. Krimskrams (vgl. in der Anm. zu
Gekrabbel die Formen Kribskrabs, Kribbelkrabbel und
Schm. 2, 99); Allerlei, Zeug, Geſchichten ꝛc.: Er hat
auch vielerlei gelehrten K–s im Kopf. Höfer Hausbl. (58) 2,
408; Ich ſchor [ſcherte] mich den Teufel um den K–s hier
unter den Bauern. Immermann M. 4, 49; Packen Sie Jhren
K. ſchnell zuſammen! Klencke Parn. 1, 26; Da hört aller
K–s auf mit Titeln. Laube DW. 5, 151; Prutz Muſ. 1,
135 ꝛc. Lúmpen-: Bettel-K. Míß- [2b].
Mōde-: Kram mit Modewaaren, auch übertr.: Er
erkannte das wahre Talent und verachtete dagegen allen M.
Heinſe A. 2, 7. Nēūgierde-: das läſtige Treiben
und Durcheinander von Neugierigen: Damit dem ganzen
N. ein Ende zu machen. Vogt Oc. 2, 238. Pfáffen-:
Mit Sophiſtereien und Pf. überdeckt. H. Phil. 13, 78,
Dinge, wie ſie den Pfaffen in ihren Kram dienen ꝛc.
Phrāſen-: Wort-K. Plúnder-: Trödel-K.,
Kram mit altem Plunder; alter Plunder. Quêſen-:
Unſinn, vgl. Queſenkopf: Mache mir keinen Q. Wilkomm
Bank. 1, 292. Rǟthſel-: allerlei Räthſel, räth-
ſelhaftes Zeug: Mit ſolchem R. verſchone mich. G. 12,
234. Rēgel-: allerlei äußerlich zuſammengeſtop-
pelte Regeln. G. 32, 17. Rúmpel-: ein Durch-
einander von Dingen aus oder in einer Rumpelkammer
(ſ. d.): All dieſer antiquariſche R. der Vergangenheit. Stahr
It. 1, 351; Jahr. 1, 42 ꝛc. Schánk-: Weinſchank
ꝛc.: Jedes Jahr iſt ein anderer Hausbeſitzer zum Schank-
halten berechtigt; gw. indeß bleibt doch Einer, der ſich ein-
mal auf den Sch. eingerichtet hat, im Beſitz. Monatbl. 1,
436a. Schmīēr-: Kram mit ſchmierigen, ſchmu-
tzigen Waaren; dann auch eine ſchmierige Wirthſchaft,
ſchmierige Sachen ꝛc.: Zum Würz- und Schmerkram
ſind ſie gut, | daß man Dutten [Düten] draus machen thut.
Garzoni 331b ꝛc.; ebenſo: Schmutz-, Sudel-K. ꝛc.
Sónnen-: (veralt.) Kram und Bude eines Sonnen-
krämers (ſ. d.). Spate. Trȫdel-: Plunder-K. eines
Trödlers, z. B. von einer Theatergarderobe ꝛc. G. 16,
125; Den T. in meinem Hauſe, geh, | bring’ ihn hieher,
das Diebsvolk anzukörnen. Schlegel Sh. 3, 108 ꝛc. Un-:
unnützer Kram, unnützes Geräth. Wáppen-: ver-
ächtl. Bezeichn. des Adels. Freiligrath SW. 4, 176.
Wéchſel-: Wechslerbude: Wechſelkräme und -Bänke.
Garzoni 628a. Wēīber-: Weiberangelegenheit. L.
12, 495. Wórt-: ein Kram von oder mit Wör-
tern, d. h. von leeren inhaltloſen Wörtern, die man
für bedeutend ausgiebt oder ausgeben möchte, Floskel-
K.: Daß nicht Alles von freiem Herzen gehe, ſondern daß
viel W., Bilder ... ſich immerfort wie um eine gemeinſame
Achſe herumdrehten. G. 19, 138; Damit ſtatt des alten
W–s die Erſcheinungen ſelbſt und ihre wahren Verhältniſſe
dem Wißbegierigen anſchaulich werden. 39, 465; Der leerſte
W. H. Ph. 13, 231 ꝛc.; Der leere Wörter-K. Günther 654
ꝛc., vgl. Phraſen-K., Wortkrämerei, Wortgekram. Werner
Luth. 235 ꝛc. Würz-: Kram mit Gewürzen,
Materialladen ꝛc., ſ. Schmier-K. Zéttel-: zu-
ſammengezettelter Kram, ſ. Bettel-K. u. ä. m.