Faksimile 0965 | Seite 957
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knirschen
Knirſchen: 1) intr. (haben): a) Etwas knirſcht,
knirrt, indem es, od.: wie Etwas, das zermalmt wird:
Sand knirſcht unter den Füßen, unter den Zähnen ꝛc.; Hoble die
k–den Späne. Freiligrath 1, 85; Wie Deſſen Gebeine unter den
Rädern knirſchten. G. 25, 107; In des Schiffbruchs K. 11,
22; Die Achſe, worauf ſich mein Stück dreht (wie ich hoffe ohne
K. und Knarren). Zelt. 2, 161; Wann .. der Rinder ..
Herde .. den Klee . . mit k–dem Geräuſche | ſanft wieder-
kauend doppelt ſchmeckt. Haller 137; Der Schnee knirſchte
unter dem Fuß. Höfer V. 116; [Als Henker] das Eiſen .. an
den k–den Gelenken hinaufzuführen. Sch. 199a ꝛc. b)
Mit Etwas k., nam. mit den Zähnen, ſie hart gegen ein-
ander drängend und reibend, von Perſ. u. Thieren,
oft als Ausdruck von verbißnen Gefühlen, Schmerz,
Wuth, Verdruß ꝛc.: G. 14, 81; 90; 17, 90; Haler
130; L. 12, 508; 8, 292 (Scultetus vom Pferd); Sch.
193a ꝛc., ſelten: Auf den Zähnen k. Stilling 2, 96 ꝛc.;
oft: Nicht ſo bitter die Zähne geknirſcht! Sch. 198a ꝛc. U.
dazu: Mit heimlichen Zähn-K. G. 14, 116; Mattheſius Lthr.
118 ꝛc., vgl.: Die Zähne k. [ihm] und griesgrammen.
Schottel 1137a, u. ohne Nennung der Zähne: Vor Zorn
(Sch. 678a ꝛc.), vor Ungeduld (W. 20, 121 ꝛc.) k. ꝛc.; Der
Knabe weinte, knirſchte, ſtampfte. G. 16, 163; 8, 308;
Dem er k–d ſchon entſagt. Platen 4, 348; Schnauben und
k. und ſtampfen die Roſſe. Sch. 9a ꝛc.; So knirſcht es
[beißt k–d] in des Zügels Band. 98b; Der Köter knirſcht
in jeden Stein. B. 32b ꝛc.; Jeden k–den Seufzer [wobei
der Seufzende knirſcht ſ. a]. L. 10, 131; Ruhige Schwer-
muth trat an die Stelle k–der Verzweiflung. Sch. 711a;
Da die Furien jetzt von ihren Feſſeln losgelaſſen zu werden
knirſchten [k–d verlangten ꝛc.]. Sch. 1074b ꝛc. 2) tr.:
a) zu 1a: Etwas k., quetſchen od. zermalmen, ſo daß
es knirſcht, vgl. zer-k.; Etwas entzwei, in Stücke, klein k.;
Futter, welches aber geknirſcht ſein muß. Döbel 2, 241a;
Durch dieſe Bewegung läuft die Scheibe über die Pulvermaſſe
und knirſcht dieſelbe mit gelindem Druck ſo lange, bis ſie klein
genug iſt. Körner Schul. 3, 526; Das Zerbrechen, K. und
Knatſchen. Mügge Bild. 140; Iſt aber das Fleiſch verwundet
und der Nerv geknirſchet. Ryff Th. 34; Ich knirſchte den
Säugling. Schubert 2, 62; Ich knirſchte den Sand mit den
Zähnen. V. Ov. 2, 113, vgl.: Ins Gras beißen (ſ. d. 9).
b) Die Zähne k., ſ. 1b. c) Etwas k., es k–d (1b)
äußern: Beifall lächelt dir die Welt, | doch Rache k. [drohn
k–d] dir die Thoren. Göckingk Lieb. 89; In den innern
Tiefen ihrer vergebens aufarbeitenden Kräfte zu k.: Mein
Gott, warum haſt du mich verlaſſen? G. 14, 106 ꝛc.
Anm. Veralt., mundartl. knürßen. Eppendorf 8.
Zſſtzg. vgl. die von beißen, brechen, knacken,
quetſchen, knurren ꝛc., z. B.: Áb- [2a]: Wie ein Löw’
in die Rinder ſich ſtürzt und den Nacken der Starke | abknirſcht.
V. Il. 5, 162 (,,zermalmt“ B. 222a). Āūf-: 1)
[1a] Vor Wuth a., empor-k. 2) [2a] Hanfſamen a.,
durch Knirſchen öffnen ꝛc. Āūs-: tr. u. intr.
(ſein): knirſchend aushauchen ſ. [2c]: Laß mich mein
einſames Leben noch ſo a. G. 9, 287; Zäh, wie das Leben
ihm iſt, ausknirſcht’s mit geſendeten Wäldern. V. Ov. 2,
279, es entknirſcht, entflieht knirſchend unter der Laſt
auf ihn gethürmter Wälder. I. Dúrch- [2a]: Das
Roß knirſcht das Gebiß durch. II. Durch-: es durch-
arbeiten ꝛc., ſo daß es knirſcht, ſ. zer-k.: Die durchknirſch-
ten und durchbebten Cirkaſſier. Klinger 10, 175. Em-
pōr-: auf-k. (1): Mit giftigem Grimme | knirſcht ſie
[die Natter] empor. Sch. 33a, fährt knirſchend empor,
ſo auch mit „,ſein“. Ent-, intr. (ſein): knirſchend
entfahren: Dem Mund entknirſcht ein grauſer Fluch.
Er-: 1) intr. knirſchend erſchallen, ſich hören laſſen:
Die Körner .., die am Strand | des Meeres unter mir
e. Freiligrath 1, 27; Vor Wuth e. 2) tr. (veralt.):
knirſchend erdrücken, gewöhnl. zer-k. Ryff Th. 28.
Hêr-, Hín- ꝛc.: Einen Fluch heraus-, hervor-k.
[2c], und intr. (ſein): Der Fluch knirſchte zwiſchen
den bleichen Lippen hervor ꝛc.; [Die Erde] reißt ihre
tiefen Spalten grauſend auf und knirſcht das Mordgerüſt
hinunter [verſchlingt es knirſchend]. G. 9, 229; [Die
Pferde] knirſchen den Hafer herunter. Tieck NKr. 2, 38
u. übertr.: Er war ſo gehetzt, daß er auch dieſe Abfertigung
hinunterknirſchte [verſchluckte, knirſchend hinnahm].
Palltske Sch. 1, 346; Er knirſchte den boshaften Einfall,
der ſchon den Zaun der Zähne durchbrechen wollte, wieder
herunter oder nieder ꝛc.; Knirſchet er die Schläfe hin-
durch [durchbohrt ſie knirſchend]. V. Ov. 2, 259 ꝛc.
Nāch-: z. B. (vgl. nachfluchen ꝛc.): Mit leiſen
Flüchen | knirſcht ihm nach der tiefbeſchämte Balz. Reithard
39. Ver-: knirſchend verbeißen oder verſchlucken,
bezwingen: Seine Wuth ver-k. Zer-: knirſchend
zermalmen, auch übertr. auf den Geiſt, das Herz: ſie
durch etwas ſchwer auf ſie Drückendes gleichſam zer-
malmen, ſo daß ſie durch eigne Kraft ſich wieder zu
erheben unfähig ſind, ſo nam. theolog. = im höchſten
Grade ſeiner Sündhaftigkeit bewuſſt und reumüthig:
Wenn der Leu .. einem Stier .. das Genick zerknirſcht. B.
160b (ſ. ab-k.); Sein hart Gebiß zerknirſcht er [der
Hengſt]. Freiligrath Ven. 22; Jene Träume, die der Welt |
unüberwindlich ungeheure Laſt | auf eine Menſchenbruſt z–d
wälzen. G. 13, 251; Ich erkannte den großen Fehler, den
ich begangen hatte, und war recht innerlich zerknirſcht. 19,
70; Um uns mit großen Gedanken vertraut zu machen, zu
verbannen, was zerknirſcht. 27, 461; 33, 74; Daß du mich
„zurknirſchet“ haſt . . Darum fürchte ich mich für Deinem
Zorn und „zurknirſche“ mich ſelbſt, daß ich Deinem Gericht
zuvorkomme. Luther 1, 37a; Gott wird das Haupt ſeiner
Feinde „zurknirſchen“ [zerſchmeißen. Pſ. 68, 22] 470b;
Ein betrübtes Herz und „zurknirſten“ Geiſt tröſten und auf-
richten. Mattheſius Luth. 116a; In meinem „zerknirſten“
Geiſte. Prof. 184; Die Elende, die ſich, | zerknirſcht von
Reue, Scham und Selbſtverachtung | zu Ihren Füßen krümmt.
Sch. 293a ꝛc. Dazu: Er iſt in eine Art von Zerknirſchung
gefallen. G. 9, 45; Voll Scham und Zerknirſchtheit.
Keller gH. 4, 197.