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klar
Klār, a.:
–(e)st, klär(e)st:
1) Ggstz. von trübe, in hohem Grade durchsichtig, rein und frei von Trübendem, das Durchsehn Hinderndem: K–e Flüssigkeiten, Luft, Krystalle, Steine, Gläser etc.; Einen lautern Strom des lebendigen Wassers, k. wie Krystall. Offenb. 22, 1; Wo das k–este Wasser aus Marmorfelsen quillt. G. 14, 8; Honigscheiben .. die klärsten. 5, 147; Einer, der klärste, von Farben so rein, | farbig erblitzet der edelste Stein. 6, 113; Die k–ste Juwele. V. Ov. 1, 136 etc. Auch den Mangel an Konsistenz zu bez.: Die Sauce ist zu k., nicht seimig genug; Das Bier ist so dünn, so k. wie Wasser; Beim Durchfall ging ihm das k–e Wasser ab etc. Zuw. auch = unvermischt, vgl. pur, lauter, rein: Das k–e Fett schwimmt noch oben; In k–er Butter gebraten etc.; Weil sie die teutschen Namen selten lauter, k. und wohl im Latein herfürgeben. Stumpf 390a (s. 4 u. 5).
2) glänzend hell, z. B. von dem wolkenlosen Himmel etc.: Hiob 37, 21; 2. Mos. 24, 10; Es glitzert in der Sonne der Pflug so blank und k. Chamisso 3, 302; Das k–e Wetter. G. 14, 116; In k–en und trüben [glückeshellen und vom Unglück verdüsterten] Tagen. 12, 220; So steht dein Bild auch k. und glatt | in unserm Herzen. 6, 47; Schön wie der k–e Tag. Grimm M. 176; Sinket des Trübsinns nebliger Flor? | glänzet der Himmel ’mal klärer und blauer? Kosegarten Rh. 2, 345; Deck’ uns, o Ruhm, die Narben, | mach unsre Namen k. [ruhmstrahlend]. Platen 6, 19; K–e Spiegel, Augen, von keinem Flecken, trüben Anhauch etc. verdunkelt (s. ferner 4). Nach heutigem Gebrauch ungw. st. des bloßen „hell“, z. B.: Wie der Mestize an einer klärern Hautfarbe zu erkennen ist. G. 3, 343; [Da] es nicht finster mehr und noch nicht k., | von Beiden Keines und doch Beides war [Dämmrung]. Nicolai 3, 195, s. dunkel-k.
3) glänzend weiß: Reiner denn der Schnee und klärer denn Milch. Klagel. 4, 7; Auf dem weißesten, k–sten Haar von der Welt. G. 23, 95; Auf dem Halse blendend-k. Kinkel 484. Nach heutigem Gebrauch ungw. st. des bloßen „weiß“, doch s. Eier-k. 4) in Bezug aufs Sehn: wie Ggstde, die im k–en Lichte (s. 2) daliegen, erscheinend, nicht mit verschwimmenden, sondern mit ganz best. hervortretenden Umrissen etc., so daß man das Ganze und das Einzelne deutlich u. genau erkennt, und dann auch: K–e [k. sehnde] Augen (s. 2), vgl.: Sein ungetrübtes, freies Auge schaut | die Ferne k., die uns in Nebel liegt. G. 8, 98; Die Lage der Stadt konnte ich vom Observatorium aufs klärste überschauen. 23, 63; Ein klärer Gesicht .. als der Luchs. Stumpf 608a etc. 5) (s. 4) übertr. aufs geistige Gebiet:
a) Etwas k. einsehen, begreifen; mit k–em Auge, Blick, Sinn, Geist betrachten, erwägen, erkennen; K. in Etwas sehn: Eine k–e Einsicht von oder in Etwas haben; K–e Vorstellungen, Begriffe, Jdeen, deutlich, bestimmt und wohlgeordnet, so daß keine Verwirrung statt findet (s. 6); Ein k–er Kopf, Verstand, von k–en Begriffen; K–er Vortrag, k–e Schreibweise, deutlich, plan, wohlgeordnet und übersichtlich, so daß man sofort sowohl das Einzelne begreift, als auch dem Faden folgt; Etwas ist k., oft mit einem Vergleich: Das ist so k., wie daß 2 mal 2 = 4 ist (s. G. 29, 213) etc. oder: Das ist k. wie Kloßbrühe (s. 1, Holtei Lammf. 1, 299; Zelter 5, 204), wie eine Wurstsuppe (Gotthelf U. 2, 147), wie die liebe Sonne (s. 2, Luther 8, 218a); Wie das Wörtlein .. Solches klärer als die Mittagssonne anzeigt. Rabner 3, 47 etc. s. sonnen-k.; Etwas ist oder wird Einem k.; Es ist. wird mir (daraus) k., daß etc.; Einem oder sich Etwas k. machen; Über Etwas k. werden. Eckermann G. 2, 152; War der .. Mann .. k. geworden [zur Einsicht gekommen], daß etc. G. 27, 136; Etwas nicht verstehn und k. kriegen können. Fichte Sanders, deutsches Wörterb. I. 8, 64; Einem Etwas k. beweisen, so daß er es einsieht; K–er Beweis etc.; Die Landleute haben die rechten Kenntnisse, ihre Mittheilungen aber sind konfus und nicht ehrlich; die Studierten .. sind wohl k. und ordentlich, aber es fehlt an der unmittelbaren Einsicht in der Sache. G. 15, 7; Manches war mir im Einzelnen deutlich, Manches im Zusammenhange k. 39, 442; Man bekömmt hierinnen eher kein kläreres Licht etc. L. 3, 254; Wir gelangen zu keiner weder k–en noch verworrenen Vorstellung von ihr. Sch. 1135b etc.
b) ferner: Etwas mit dürren, k–en [deutlichen, bestimmten, keiner andern Deutung unterworfnen] Worten aussprechen; Sich k. über Etwas aussprechen; Das k–e Testament angreifen. Nicolai 1, 84; Bekam Muth sich klärer zu entdecken. Stilling 2, 84; Heraus damit nur kurz und k.! W. 11, 91; Einem einen k–en Bescheid geben und dafür sprchw.: K–en Wein (Hebel 3, 246; Keller gH. 2, 298 etc.) und schwzr.: K. Wasser (Gotthelf Sch. 217) einschenken. Ferner: Daß er die Wort noch einmal und ’was klärer und deutlicher lesen wollte, damit sie es recht verstehen möchte und nicht vor [für] „dein Herr“ „dein Narr“ verstünde. Weidner 200.
c) offenbar, entschieden, unverkennbar; Von der k–sten [ausgesprochensten, selbstbewußtesten] Verruchtheit bis zur dumpfsten Ahnung. G. 39, 296; Das k–e [pure], platte Gegentheil. L. 8, 513; Bringt k–en Unsinn auf die Bahn. W. 12, 12 etc.
d) substant., s. nam. a: Ins K–e sehen. Hebel 3, 341, gw. k. sehn; Über Etwas im K–en sein, ins K–e kommen; Er suchte ins K–e zu kommen, welchen Eindruck sie auf ihn gemacht hätten. FSchlegel Fl. 36; Einen oder Etwas ins K–e bringen oder setzen. G. 33, 15; W. 17, 41; 22, 160. Auch: Man ist mit den Leuten, in deren Gesellschaft ich dich gebracht, nicht so leicht im K–en [im Reinen, fertig, s. 6]. 16, 104; Wo er es nöthig fand, sich ein für alle Mal mit ihm ins K–e zu setzen. HB. 1, 137. 6) so ge- ordnet, daß keine Verwirrung (s. 5a), keine Verwicklung statthat, glatt, keine Schwierigkeiten darbietend: Das Geschäft war k. und bald berichtigt. G. 16, 99; Das ist klapp (s. d. und klappen 1e) und k. Droysen Ar. 2, 417; Es ist im Leben nicht Alles klipp und k. Höfer Hausbl. (55) 1, 115; Ich bin mit Allem (klipp und) k., meinethalb kann’s losgehn = fertig, vorbereitet, rein und frei von allem Hinderndem. Selten wird dies Hindernde im Genit. beigefügt: Machte ihn zuvor des Schneees k. [reinigte ihn davon]. Tieck 2, 211, gewöhnlicher „vom Schnee“ etc. Dazu [5d], ferner nam.
a) Schiff.: Ein Tau fährt k. (Ggstz. un-k.), wenn es sich nirgend reibt, kneift oder verwickelt; Etwas k. machen oder halten, so daß es augenblicklich zum verlangten Dienst bereit ist; Die Riemen (Ruder) k. machen, an die Dullen legen und ruderbereit sein; Anker k.! Scherr Pilg. 2, 108; Das Schiff .. ist heil und k. und fix getakelt. V. Sh. 1, 99 etc., s. klaren und klarieren.
b) Kriegsk. z. B.: Rotten k. gemacht! . Auf dies Kommando entfernen sich die Troßbuben, Marketender etc. von den Rotten. Rüstow gK. 121.
c) Landwirthsch.: ausgerodet und somit durch Freimachen von den hindernden Wurzeln (s. klären 3) für den Ackerbau vorbereitet: Den .. fruchtbaren Boden urbar oder nach der [engl.] Landessprache „k.“ zu machen. Gerstäcker Miss. 3, 213; Land, wo k–es d. h. angebautes Land mit Wald und Weideplätzen wechselt. vHorn Schmj. 72 etc.
d) Glasschleif.: K. schleifen, alles Rauhe durch Schleifen wegnehmen.
e) Seifensied.: Die grüne Seife k. sieden, nach dem „Vorsieden“ das überschüssige Wasser abdampfen, s. Karmarsch 3, 265, vgl. Kochk.: K. sieden, von Suppen oder Saucen durch Kochen auf einer Seite das Fett scheiden. Dagegen (s. 1): Bernstein k. kochen, durch Kochen k., d. i. durchsichtig machen.
f) Bäcker.: Der Teig ist k., bis zur gehörigen Steife geknetet.
g) Spinner. (s. 8): Wollkämme, mit denen sie die k. gezupfte Baumwolle spinngerecht in lange Streifen rollte. Gerstäcker Wald-u. Strombild. 2, 51 u. ä. m. 7) von der Stimme, nicht rauh oder grobtönend: Ich war heiser, nun wird meine Stimme wieder k. etc. Zuw. auch = fein, helltönend: Ein solcher Lärmen, ein Geschrei, | so grob, so k., so mancherlei. Lichtwer 101. 8) (s. 7) auch sonst zuw. (meist mundartl.) = fein: K. spinnen, weben (s. Gg); K–es Garn. Gellert; K–es Mehl; K. schreiben; K–e Schrift, s. Adelung. 9) substant. nicht bloß: Das K–e, s. 4d, sondern auch: Das K., vgl.: das Dunkel, das Hell etc., z. B.: Schlug der Augen K. [die k–en Augen] .. nieder. Mühlpforth Hochz. 4; 7; Des Himmels lichtes K. Rückert 1, 170 (s. Kläre, Klarheit).
Anm. Mhd. klar, aus lat. clarus. Heute Steigrung am häufigsten ohne Uml.; Adelung und Campe etc. führen nur die mit Uml. auf, die Grimm dagegen nur der Volksspr. zu- erkennt, mit Unrecht, s. o., ferner: klärer, z. B. Klag. 4, 7; Engel 1, 349; 7, 281; 8, 115; G. 26, 311 (310 „klarer“); 3, 343; 23, 225; 27, 49; 32, 204; 33, 143; 36, 87; Heinse A. 1, 114; H. R. 7, 111; Kant SW. 1, 432; L. 1, 178; 3, 254; 280; 7, 405; 8, 339; Luther 6, 385b; 379b; 8, 12a; Matthesius Luth. 12a; Opitz 2, 57; Stiling 2, 84; W. 13, 70; 23, 93; 33, 138; Merck 2, 77 u. ä. m.; klärst. Engel 1, 350; Geßner 1, XII; G. 27,514; 38, 22; 39,189; H. R. 7,117; L. 6, 430; 11, 92; Die klärsten Farben. G. 26, 332; Die kläreste Beweise. Kant Rein. Vern. 651; Sch. Wallst. 1, 218, was Sch. 356b unbefugt in „klaresten“ geändert ist, freilich für das heutige Überwiegen der Nichtumlautung zeugend, vgl. klarer. Eckermann G. 2, 152; G. 15, 241; 23, 93; 134; 38, 110; Thümmel 4, 204 etc.; klarst. G. 6, 131; 39, 80; 259; 25, 211.
Zsstzg. vielfach (vgl. die von hell), leicht zu verstehen und zu mehren nach den folgenden: Anschau- ungs- [5]: Gutzkow R. 5, 68. Áther- [1; 2]: Lüfte ohne Wolken, ätherreine und ä–e. Immermann M. 4, 71. Bláß- [2]: Am herbstlich b–en Himmel. Scherr Gr. 1, 43, s. herbst-k. Blēī- [8]: (veralt.) Spießglas. Bléndend- [3; 2]. Dúnkel- [2]: s. Helldunkel, nach dem Frz. clair–obscur, nam. [8]: In d–en Nächten. Kosegarten Rh. 3, 374; Rings umfloß ein heilig D. | Arkona’s Hochaltar. Po. 2, 287; Durch ein trüglich D. | die Augen .. zu verwirren. W. 20, 42. Eīer- [3 und 8]: veralt. statt Eiweiß, z. B. Ryff Sp. 278; Th. 41 etc., vgl.: Das halbflüssige Glahr oder Eiweiß. Oken 4, 306. Hérbst- [2]: s. blaß-k.: Der Abend war so h. Stahr Par. 2, 5. Kapéllen- [8]: Kapellenkläre, trockne Knochenasche, womit die Höhlung der Kapelle oder des Tests bestreut wird. Kátzen- [8]: Kirschharz, auch ,,Katzengold“. Klink- [1]: vom Wein, ohne Hefe, lauter, klinkschön. Krystáll- [1]: Die k–en Wasser. Humboldt K. 2, 57 etc.; Krystallen-k. Waldau N. 1, 5. Lä́chel- [2]: das Antlitz von Lächeln verklärt etc. Rückert N. 38. Mōnden- [2]: klar, hell wie der Mond: Lilien von Silber glänzten | ob der Heil’gen m. Kerner 199.
Mórgen-: s. tag-k.: Wenn sie alle offenbar, | scheint das Leben m. Arnim 306. Pérlen- [1; 2]: Ein Wässerlein .. eiskalt und p. Immermann 12, 209; Es war ein schöner Glanz und p–e Zier. Mühlpforth Hochz. 4; 6 etc. Quéllen- [1]: Der q–e Perltrank. Keller gH. 4, 267 = der perl-k–e Quellentrank etc. Sêgel- [6a]: segelfertig: Die Brigg ist s. Hausbl. (58) 2, 86. Sílber- [1; 2]: klar, rein, hell wie Silber: Springquell .. mit s–en Fluten. Platen 4, 345; Deine Seele, gleich der Spiegelwelle, | s. und sonnenhelle maiet noch den trüben Herbst um dich. Sch. 4a. Sónnen- [2]: im hellen Sonnenlichte liegend, s. monden-, sternen-k., klar wie die Sonne; auch übertr., s. [5]: Es folgte s. daraus. G. 29, 213; Seine Gegner durch eine so s–e Überzeugung zu demüthigen. L. 7, 322; In diesem Stücke war | das Recht des Hahnes s. Ramler F. 3, 24; 2, 295; Da sieht man’s ja s., wie etc. Sch. 181b; Daß Feeerei dabei im Spiele war, | ist s. W. 12, 31; Ob sein Bericht .. zuverlässig war, | .. Das können wir nicht wissen, | allein das gute Kind fand Alles s. 214 etc. Spīēgel- [1; 2]: Diese reine, sp–e Natur. Gutzkow R. 3, 203; So sanft verwallt, so sp. und eben | an deinem Busen mir das süße Leben. Kosegarten Po. 2, 235, vgl. Sch. 72a etc.
Stérnen-: s. monden-k.: Sein Auge st. Stilling 2, 160.
Stóck-: Ggstz. stockdunkel, so klar, daß man es gleichsam ,,mit dem Stock fühlen kann“: Sie thäten’s nicht begreifen, wie st. es auch sei. Gotthelf G. 216 etc.
Stūfen-: stufenweise, allmählich klar werdend etc.: Was .. die Horizonte st. erweitert. G. 6, 127.
Tāg-: s. stern-k. etc.: In einer t–en Nacht. G. 18, 261.
Ǖber-: allzu klar. G. 19, 92 etc.
Ún-: Ggstz. von klar, gw. [5], s. auch [6a], verworren etc.: U–e Köpfe, Begriffe, Darstellung etc.; Was un-k. in ihrem Herzen gärte, konnte leicht zu einem deutlichen Ausbruch kommen. RugeRev. 116 1, 175 etc. Vernúnft- [5]: Auerbach SchV. 27; Gutzkow R. 3, 236. Verstándes- [5]: 2, 14; 8, 10. Wásser- [1]: Geschmolznes Glas .. darf keine wolkige Trübung zeigen, sondern muß völlig w. erscheinen. Karmarsch 2, 136 etc. u. ä. m.