Faksimile 0917 | Seite 909
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Kinn
Kinn, n., –(e)s; –e; –chen, lein; -: 1) der Theil
des (menſchl.) Geſichts unterhalb des Mundes, vgl.
Bart 2: Glattes, unbehaartes, rundes, langes, ſpitzes,
hervorſtehendes K.; Grübchen im K.; Doppeltes (oder
Doppel-) K., bei fetten Perſ., wo ſich ein dem Kinn
ähnlicher Hautwulſt (Unter-K.) unter dem eigentl.
Kinn bildet, ſ. Goder und: Lachte, daß ihr der Kader
ſchwoll. Arnim 77; Die .. den Hals, ſoweit ihr dop-
pelt K. | verſtattet, rückwärts dreht. W. 11, 228; Fängt an
beim letzten Wort ein langes K. zu machen | und ſtarret ſie
aus großen Augen an. 12, 290 [den Hals reckend, ver-
wundert]; Sein K. wird ellenlang. 12, 49 [verwundert];
Sobald ihm etwas Flaum | durchs K. geſtochen. 20, 15 ꝛc.
a) zuw. ausgedehnt auf ähnl. Theile bei Thieren,
z. B. bei Pferden, die rundliche Erhabenheit in der
Mitte der Hinterlippe. Falke; Die Kuh . ., der .. vom
K. die Wampe herabhängt. V. Georg. 3, 53; Den Bart des
.Bockes | ſchiert man, ſein grauendes K. 313 ꝛc.
b) mit Ew. oder in Zſſtzg. (ſ. d.) zur Bez. einer Perſ.
nach der Beſchaffenheit ihres K–s: Nun aber fällt ſein
Bart .. | Wer mag das glatte K. wohl ſein? G. 12, 54;
Manch mit Reif bedecktes K. [manchen Graubart, Greis] |
erſchien daſelbſt [am Jugendquell] und ward ein Knabe. Licht-
wer 96 ꝛc. 2) zuw. ähnl. Hervorragungen an Sachen,
z. B.: a) Bauk.: die untre etwas ausgekehlte Fläche
einer Kranzleiſte (vgl. lat. mentum, z. B. beiVitruv.).
b) Schiff.: K. oder Kinnback des Kiels, das vorderſte
Ende, woran der Steven ſtößt ꝛc.
Anm. Ahd. chinni, mhd. kinni, vgl. goth. kinnus,
lat. gena, Wange; gr. νéς, Bart, Kinnbacke, Kinn, wohl
ſtammverwdt. mit Keim (ſ. d.). Mundartl. masc., z.B.:
Der große Unter-K. ꝛc. Stilling 2, 119; nach Adelung auch
fem. (wie im Niederländ.).
Zſſtzg. ſ. [1 und 1b] z. B.: Ápfel-: apfelrundes,
glattes Kinn, lockend wie ein Apfel: Wer nie | in das
A. gebiſſen eines Liebchens. Platen 2, 355. Dóppel-:
doppeltes Kinn. Prutz Muſ. 1, 286; Fel. 1, 195 ꝛc.
Glátt-: glattes Kinn, auch [1b] junger, bartloſer
Menſch: In dem Bilde, das Meiſter G. entworfen hat.
Muſäus Ph. 2, 76. Kāhl-: ſ. Glatt-K.: Sie ſchreien
Kahlkopf über ihn, die K–e. L. 6, 9. Unter-: ſ. dop-
peltes Kinn: Ein langfleiſchig herabhängendes U. Heine
Reiſ. 1, 99; Paalzow Th. 1, 6 ꝛc. Wáckel-: wackeln-
des Kinn, bei alten Perſ.: Die ein lederfarbenes W. ihm
entgegenſtreckte. Muſäus M. 4, 95 u. ä. m.