Kerl
Kérl, m., –(e)s; –e, –s; –chen; -:
Mann, mit sich versch. abstufenden, oft freilich in einander übergreifenden Begriffen (vgl. Bube, Bursch etc.):
1) mit dem der mannhaften Kraft und Tüchtigkeit (körperlich und dann auch geistig), fest, derb, kräftig, seinen Mann stehend, sich durch Nichts anfechten lassend etc., z. B.: Ein ganzer K. 9, 289; Ph. 3, 233; 3, 37 etc.; Ein K. auf dem Platz; Ein K., den alle Menschen hassen, | der muß ’was sein. 3, 137; „Was nennt Ihr brave K–s?“ Einen, der mittheilt, was er hat. 7, 226; Für den K. in dir hab ich Mitgefühl, über den Schöngeist in dir richte Gott einst! Fr. 89; Eine Freude anzusehen, was für baumstarke K–s. Ph. 3, 234; Ein hübscher gesunder K. 3, 18; Jeder rechte K. muß uns verachten. 534b; Nipp aus, mein Kördchen ... und werd’ ein Kord, der sich als K. versuche. 4, 139; Eh noch sein flaumig Kinn der Diener eingeseifet, | wird er ein voller K. 141 etc. —
2) der Begriff der Derbheit geht in den der Plumpheit über, z. B.: Ich bin halt ein plumper, gerader, deutscher K. 187a und daraus entwickelt sich die Bed.: eine Mannspers., zunächst aus den niedern Ständen (s. 4), roh und ungebildet, dann auch umgewendet auf die Niedrigkeit der Gesinnung, häufig als Schimpfw.: Was so ein K., so ein dummer, gemeiner, niederträchtiger, lausiger, lumpiger K., der K. von Pfaffe wohl will?; Diese rohen K–e. 23, 139; Die K–s nehmen keine Lebensart an. 7, 210; Unleidlich, was die K–e in Halle sudeln. 12, 189; Begegnete den schlechten K–en, wie ihnen gehörte. 13, 194 Wie konnte sonst | der K. der Ackerknecht, mich so bezwingen | im Ritterkampf? Cymb. 5, 2; Dieser Zuruf schien den alten K. ziemlich aus der Fassung zu bringen. 16, 14 u. o. —
3) zuw. auch mit verächtl. Sinn ein männisches Weib; Schalt auf den dummen Mann, der sie einen K. nannte. Kl. 1, 4 etc. —
4) ohne hervortretenden schlimmen Sinn (s. 1 und 2): eine Mannsperson aus den untern Ständen, z. B.: Ein K. [Bedienter] des Ministers .. fragt nach dem Geiger. 192a etc., s. Post-K., nam. aber auch in Bezug auf Liebes- oder Gatten-Verhältnisse: Ihr K. [des Schifferweibes Mann] ist zur Türkei geschifft. 288b; Was, Mensch [s. d.], du meinst, ich hätte deinen K. genommen? etc. Ph. 3, 46, vgl. 2, 330; 4, 133 und Bube 2. —
5) nicht selten verkl., theils in der Bed. des Winzigen, z. B.: Was? .. Ein K–chen mit getünchten Wangen, | ein Ding von Marcipan, | kommt und begehrt etc.! 11, 84, vgl.: Ein K., kaum drei Käse hoch etc., — theils (s. †Chen) in lobendem, bewundernden Sinn oder auch in dem der mitleidigen Theilnahme etc., z. B.: Ihr seid ein tapfres K–chen, Euch mag ich leiden. E. 1, 25; Ein fixes K–chen. Mus. 3, 245; Das K–chen ist höchst empfindlich darüber. Merck 2, 136; Im Grund ist’s auch wirklich ein gut K–chen. 157 etc. —
6) zuw. (s. Bursch 5) von gleichsam personif. Thieren etc.: Wer dächte, daß am Rheine | noch solch Geziefer [wie ein Löwe] sei! | Zwar hab’ ich es verwiesen | aus meiner Verse Bann; | doch kommt es mir auf diesen | K. mehr just auch nicht an. Garb. 83; Bedenke nur, der Leibgaul des russischen Gesandten, der ist ein K. von Gewicht. Sp. 331; Sieh den Hecht, den ich gefangen. Jst es nicht ein tücht’ger K.? etc., s. 2, 243 (von großen Früchten etc.).
Anm. Ahd. charal, mhd. karl (so noch Eigenname) und kerl, s. nam. 1, 501 (mit slaw. korol, kral (König) zusammengestellt), vgl. engl. carl (s. 2) und churl, bäurisch roher K. etc. Veralt., mundartl. Nbnf.: Kehrl. Reis. 248a; Wo will man jetzo wohl so einen Karrels finden. 7, 546; Der gute Kerrel. 4, 202; Andre Kerrel. 8, 290; Der standfeste Kärel. III und dem Rhythmus nach zweisilbig (– ⏑) K. Kind. 2, 18 etc., vgl. 4, 133, auch: Einem „Kerles“. Säug. 37. Die wechselnde Form der Mz. s. o.; Kerls, von systematisierenden Grammatikern als „niederd.“ verworfen (s. † S und Junge etc.), findet sich bei Schriftst. aus den verschiedensten Gegenden, z. B. Par. 1, 259; Sab. 445; Garb. 169; 7, 42; 174; 210; 214; 225; 226; 228; 9, 7; 83; 84; 114; 125; 30, 191; 23, 88 [,,Kerles“ in der 60bändigen Ausg. 27, 121]; Merck 98; Sal. 1, 38; F. 48 (K–e 49); Südr. 1, 101; Kl. 2, 344; 1, 156; 5, 177; N. 446; Ph. 1, 132; 3, 234; 24, 209; F. 23; 5, 132; 141; G. 1, 366; 368; (s. u.); Sh. 3, 67; 2, 122; Leg. 3, 161; Merck2, 72; 85; Sag. 1, 66; 1, 217; 8, 303, wozu sich noch viele Stellen bei 11 finden. Außerdem aber auch: Die Kerl. R. 1, 159; A. 2, 18; A–Z 1, 404; (s. u.) etc.; Die Kerlen. 90; Mas. 109; 163 etc., der Ez.: Kerle 104 etc. entsprechend; Einen klugen Kerlen 183 etc. und vereinzelt (s. o. und in der Ez. Das ist dir ein Korps Kerles. 2, 66, was der Korrektor [?!] der Ausg. in einem Bd. [117b] eigenmächtig in „Kerle“ ändert, ebenso wie die Formen: „Kerls“ 2, 24 [106b]; 27 [107b]; 68 [118a] etc.; Ganze Kerl. 66 [K–e. 117a], während er — nicht einmal konsequent, freilich durch den Vers an der Ändrung gehindert — Handfeste K–s. 398b stehn lässt. Für die Verkl. vgl. I. Karren, Anm., auch: Kerliches (pl.). F. 60 etc.
Zsstzg. vielfach, leicht zu mehren nach den folgenden: Bāūer-: Unter den B–s. Immermann M. 4, 49; Solche Bauernkerls wie du. Schubart 3, 55; Bauerskerl. Zinkgräf 1, 33 etc. —
Blítz-: (s. Blitz 2c). Schlegel Haml. 5, 1 etc., ebenso Donners- (Prutz Mus. 1, 201), (Donner-)Wetter-K. etc. — Dréck- [2]. — Hāūpt- [1]: Gotthelf G. 338; Heine Reis. 2, 112. — Jámmer- [2]: Droysen A. 1, 203. — Lāūse- [2]: Schlegel Sh. 1, 70; 6, 254 etc. — Lúmpen- [2]: L–s von Zeitungsschreibern. Börne Par. 1, 185. —
Mórd-: eig. Mörder (s. Mordkind), dann aber auch wie Blitz-K. etc. —
Póst-: Die Postmeister nennt man gewöhnlich hier [in Rußland] nur Postillione und den fahrenden Mann den P. Seume. —
Rīēsen-: Tieck NK. 3, 106. — Schēīß- [2]: Musst all’ die garst’gen Wörter lindern, | aus Sch. Schurk, aus Arsch mach Hintern. G. 6, 68; V. Ar. 1, 48. —
Tēūfels-: Blitz-K. etc. G. 3, 129; Zachariä 1, 11 etc. —
Wétter-: Blitz-K. etc.
Work in progress
Die Arbeiten am Wörterbuch sind noch nicht abgeschlossen. Beachten Sie daher folgende Hinweise:
- Artikel können falsch segmentiert sein.
- Lemmata können falsch aufgelöst sein.
- Die Struktur, v. a. von Lesarten, kann falsch ausgezeichnet sein.
- Falsch erkannte Zeichen sind nicht auszuschließen.
- Faksimiles können fehlen oder falsch beschnitten sein.
- Das generierte TEI/XML kann invalide sein.