Faksimile 0872 | Seite 864
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Kante
Kánte, f.; –n; Käntchen, lein; –n-:
1) Mathem., bei Polyedern, d. h. von Ebnen begrenzten Körpern die Durchschnittslinien je zweier an einander stoßender Grenzflächen: In jedem Euler’schen Polyeder ist die Zahl der K–n um 2 kleiner als die der Ecken und der Grenzflächen zusammen; Ein Würfel hat 12 K–n. Es verdient Beachtung, daß im gewöhnl. Leben man meist nur die K–n (und Ecken) einer Seitenfläche ins Auge fasst und daher Würfeln, Balken, Stuben etc. nur vier K–n (und Ecken) beilegt und sie also vierkantig (s. d.) und viereckig (s. d.) statt zwölfkantig und achteckig nennt, vgl. Ecke 2 u. Vierkant [Quadrat]. Frisch. So: Oktaeder-, Pyramiden-, Würfel-K. etc.; In der Mineralogie unterscheidet man Achsen-, Seiten-K–n etc. 2) im gewöhnl. Leben die scharfe hervorspringende Seite eines Dings, der Vorsprung, der vorragende Rand, die scharfe Ecke (s. Ecke 2a und c): Es fehlt an allen (Ecken und) K–n, überall; Die Außen-, die Binnen-K., die äußre, die innre Seite; Die Achter-, die Vor-K. [Hinter- und Vorderseite] des Stevens etc.; Die K. [der Rand, die Küste] des Meers, die Meeres-, See-K.; Die Wasser-K. [das Ufer], die Nord-, Süd- K. eines Flusses; In dieser wogen- und sturmumbrausten K. germanischer Welt. Willkomm Wald 109; Bei Opitz ist der Damascener Kant [m.] die Seeküste von Damaskus. V. 1, 203; Schroffe Felsen am Strom, auf deren schmalen vorragenden K–n der Weinstock .. gedieh. G. 25, 141; Tritt er wohlgemuth zur K., zu dem Überhang. 12, 209; 208; Sturz von der Felsen-K. Gutzkow Zaubr. 2, 273; Bröckelte ..an den Urzacken und Ur-K–n [des Urgebirgs]. Kohl A. 3, 250 etc.
a) Auf die hohe K. legen, stellen, auf die schmalere Seite, so daß der Körper mehr in die Höhe steht, namentl. bei Bauten: Mit Backsteinen auf der hohen K. ausgesetzt. G. 23, 78; Bretter, Balken auf die hohe K. legen, übertr. auch: Geld, es nicht ausgeben, sondern bewahren, indem nur mehrere sich gegenseitig Halt gebende Stücke füglich auf die hohe K. gestellt werden können.
b) Gärtn., Rabatte, schmales Beet.
c) ein von dem Ganzen sich abhebender Rand, z. B. eine verzierende Holzleiste an einem Holzgeräth; Ein Briefchen auf Seidenpapier, | umrändelt mit goldenen K–n. B. 60b; ferner der schmale Besatz eines Kleides, nam. aber:
d) die zum Besatz dienenden geklöppelten Spitzen (s. d. und vgl. frz. points): K–n nennt der Niedersachse die geklöppelten Spitzen wegen ihres eckigen, gespitzten Randes. V. 1, 203; Darauf zu K–n und zuletzt wohl gar zu [den feinern?] Spitzen verführt. Möser Ph. 1, 222; Dem Silberschein | der Brüßler K–n. Thümmel 2, 204; 8, 22; Was K–n wirkt mit Klöppeln. V. Sh. 2, 321, vgl.: Die jungen Mädchen, wenn sie Spitzen weben. Schlegel Sh. 2, 213; Schielt fleißig nach der K., die ihren Busen nicht deckte. W. 15, 16. Dazu: Ein Kleid bekanten, mit K–n besetzen etc.
Anm. Niederd. kant(e), s. Brem. Wörterb. und Schütze, altnord. kantr, wie auch ähnlich in den roman. Sprachen, z. B. it., span. canto, Ecke, und dazu it. cantone, span., frz. canton, die z. B. auch eine Ecke, einen Abschnitt im Wappenschild, ferner (vgl. „Ort“) eine Landesabtheilung, einen Bezirk bez. Mhd. mit Übergang des niederd. ,,t“ in „z kanz. Niederd.: Ein Kanten [m.] Brot, das Ende, der Knaust.
Zsstzg. s. o., ferner z. B.: Stōß-: (Schiff.) Bergholz (s. d.). Adelung. 2) (Schneid.) bei Frauenkleidern, Beinkleidern etc. unten, wo sich das Zeug leicht durchstößt, als Futter untergelegter schmaler Leinwandstreif.
Stúmpf-: stumpfe Kante.
Wāhn-: (Zimmerm.) das von wahnkantigem (s. d.) Holz, um es in Balkenform zu bringen, Abgesägte. Bobrik, nach Adelung eine fehlerhaft, nicht scharfgenug behauene Kante.
Wêber-: bei Frisch statt Weberkarde etc.