Faksimile 0847 | Seite 839
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Joch
Jóch, n., –(e)s; –e, (Jöcher, uv., s. Anm.); -:
1) das krumme Gestell, mittels dessen die Last- und Zugthiere durch die Zug-Riemen und -Seile an den zu ziehenden Pflug oder Wagen etc. gespannt werden, vgl. Kummet: 4. Mos. 19, 2; 5, 21, 3: 1. Sam. 6, 7; Kannst du ihm [dem Einhorn] dein J. anknüpfen, die Furchen zu machen? Hiob 39, 10; Die Deichsel, welche die beiden J–e der Zugthiere überragte. Stahr Rep. 2, 160; Lasse man nie im J–e belastete Wagen sie ziehen. V. Georg. 3, 140; 157; [Der] dem ermatteten | Pflugstier das J. abnahm. Hor. 1, 175; Vater Lyäus, bogst | du deiner Tiger sträubende Häls’ ins J. 159 etc.
2) übertr. von 1: etwas Einem Aufgelegtes, woran man wie ein Jochstier zu tragen und zu ziehen hat, etwas Schweres, Drückendes etc., dann allgm. Bez. der Abhängigkeit, Dienstbarkeit, Knechtschaft (s. 6b) etc., zuw. auch in Bezug auf etwas nicht Persönliches, vgl. b, s. nam. Jer. 27, 2; 28, 14; Ein J. ist drückend, eisern, hart, schwer, unauflöslich, unzerbrechlich etc., leicht, sanft (Matth. 11, 29; W. 20, 151), glatt (Hagedorn 1, 17), gemächlich (L. 1, 24) etc.; Ein J. zu schwer (Jes. 47, 6), zu hart, das schwere leichter machen. 1. Kön. 12, 4; Einem ein J. an den Hals hängen (Jer. 27, 2), auf den Hals legen (5. Mos 28, 48), auflegen (Ap. 15, 10), anlegen (Hagedorn 1, 17), aufbinden (Heinse A. 2, 39; Stumpf 308b); Einen ins J. spannen (Chamisso 3, 235), einspannen wie einen Ackerstier (Tieck A. 1, 191), unters J. bringen, zwingen, biegen, beugen, treiben (Garzoni 55a); Sich, seinen Hals (Nacken, seine Schultern) unter oder in das J. geben (Jer. 27, 8), ergeben (Sir. 51, 34), biegen, beugen (Sch. 112a), schmiegen (W. 20, 151); Sich in das knechtische J. fangen lassen. Gal. 5, 1; Unter einem J. sein. 1. Tim. 6, 1; stehen, seuszen, erliegen etc.; Ein J. auf sich nehmen (Matth. 11, 29), tragen (Klagel. 3, 27); An, in einem J., ein J. ziehen; Ich ließ sie ein menschlich J. ziehn und in Seilen der Liebe gehn. Hos. 11, 4; Odysseus ... | zog, einverbündet, stets am gleichen J. [s. b; vgl. Strang] mit mir. WHumboldt 3, 61; Ziehet nicht am fremden J. mit den Unglaubigen. 2. Kor. 6, 14 etc.; Einem das J. abnehmen, vom Halse nehmen oder reißen; Das J. abschütteln, abwerfen, zerbrechen; Den Hals aus dem J–e ziehn; Sie möchte ihr müdes Haupt aus dem J–e ihres Jammers schlüpfen. Gervinus Sh. 2, 134; Sich einem J. entziehn, entwinden. Sch. 613b; entreißen. V. Hor. 2, 191; Ein J. gegen das andre vertauschen. Börne Frz. 46; Abschütteln will ich deiner Knechtschaft J. Chamisso 4, 189; Die Schmeichelei legt ... | ihr glattes J. nur eiteln Seelen an. Hagedorn 1, 17; Die Philosophie hat das J. der Autorität völlig abgeworfen. G. 39, 197; [Sie] reizte Manchen noch | durch Willigkeit und Scherz in ihr gemächlich J. L. 1, 24; Wo die J–e, wo die Ketten | schuld’ge Nacken schwer belasten. Rückert Morg. 1, 15; Müssen denn aber meine Entwürfe sich unter das eiserne J. des Mechanismus beugen? Sch. 112b; Die Gartenkunst beugte lebendige Vegetation unter das eiserne J. mathematischer Formen. 1235a; Sterben | eh’ ich den Freiheitsbrief des Mädchenthums | der Herrschaft Dessen überliefern will, | deß unwillkommnem J–e mein Gemüth | die Huldigung versagt. Schlegel Sommern. 1, 1; Den steifen Hals noch an des Lebens Rand | ins sanfte J. der heil’gen Eh zu schmiegen. W. 20, 151. b) zuw. auch das nur Etwas namentl. paarweise Verbindende: Die Zeilen, Paar und Paar, als in ein J., zu binden. LHNicolai 1, 87 etc., vgl. in a: Am gleichen J. ziehn etc., so z. B. auch: Deren Herz ein J. der Liebe trägt. Schlegel Kaufm. 3, 4 u. v., s. zusammenjochen.
3) (s. 1) ein Paar zusammen gespannte oder zu spannende Zugthiere, nam. von Rindern, Ochsen, ein Gespann: Er pflügete mit zwölf J–en vor sich hin .., nahm ein J. Rinder und opferte es. 1. Kön. 19, 19 ff.; Fünfhundert Joch Rinder. Hiob 1, 3; 42, 12; Luk. 14, 19 etc.; Mit zwölf Joch Ochsen. Hebel 4, 127; Ein J. Maulthier’. V. Od. 18, 84 etc. und in bittrer Jronie: Wie theuer der Fürst das J. Menschen verkaufe. Sch. 189a.
4) (s. 3) ein Feldmaß, urspr. soviel Land, als man mit einem J. Ochsen in einem Tage pflügt, Jauchert (s. d. und vgl. Koppel 5), z. B. in Ostreich = 16000 Wiener Quadratklafter.
5) (s. 1) ein nach der Gestalt des Nackens rund ausgeschnittnes, über die Schultern zu legendes Stück Holz, an beiden Seiten mit Stricken woran Haken befestigt sind, um daran Eimer etc. voll Wasser bequemer zu tragen, auch,,Schulter-J., Schanne, Tracht“.
6) (s. 1) mehrfach in techn. Anwendung ein jochähnliches Gestell, nam.:
a) Bauk.: ein horizontaler Tragebalken, bes. so ein aufsenkrechten Hölzern ruhendes Querholz; beim Brückenbau, eine Reihe eingerammter Balken (das Ständerwerk), die oberwärts mit einem horizontal liegenden Balken (,,Lagerbalken“, „Schwelle“) verbunden sind (s. Holm); auch der Raum zwischen zwei Brückenjochen etc.: Nie biege mehr Geschütz die J–e deiner Brücken. Freilig- rath Garb. 137; Kohl E. 3, 115; Sch. 76b; Eine Brücke von sechs J–en etc.
b) (s. a) nam. bei den Alten ein auf zwei Stangen ruhendes Querholz, worunter die Überwundnen zum Zeichen der Demüthigung hindurchkriechen mußten (s. 2 und vgl. unterjochen), auch: Gant-J.
c) (s. a) Bergb.: bei der Verzimmrung eines Schachts die zur Vierung gehörigen auf die Heidehölzer verzapften langen Hölzer: Die Jöcher in einander fällen oder verzapfen; Das J. verstirnen (s. d.); Ein verwandtes J., zu unterst auf die Stempel gelegt, worauf die andern Geviere zu liegen kommen; Die Jöcher haben sich verschlimmert, sind gefault etc. Ferner: Jöcher, die zur Unterstützung der Kasten nach der Länge des Schachts auf die Tragestempel gelegten Hölzer.
d) (s. a) Schiff.: auch in niederd. Form „Jock“, die Querhölzer, worauf die an den Außenseiten eines Schiffs für die Kalfatrer und Zimmerleute angebrachten Gerüste ruhn; ferner: eine durch den obern Theil des Steuerruders gesteckte, statt der Ruderpinne dienende kurze Stange; Ein J. aufs Steuer setzen, an die Steuertalje bei schwerem Wetter eine zweite Talje oder ein Reep befestigen, um das Steuern zu erleichtern.
e) (s. a) Weinb.: ein Gestelle aus Stangen, die im freien Felde wachsenden Reben („,Jochreben“) daran aufzubinden u. ä. m.
7) Naturgsch.:
a) Name einer Blasenschnecke, Bulla spelta.
b) Botan.: bei einem gefiederten Blatt die an dem gemeinsamen Hauptstiele befestigten Blättchenpaare, nach deren Zahl das Blatt ein-, zwei-, dreijochig heißt. 8) (vgl. 6): ein sich zwischen zwei Thälern hinziehender Bergrücken, Bergreihe, Hochgebirg (Frommann 3, 463); ein hoher, frei emporragender Fels des Hochgebirgs (Stalder); Auf der Nilgebirge J–en. Freiligrath 1, 203; Der Fels ..., der von Berges-J–en | zu Thale rollt. Hartmann Pet. 144; Mehrere J–e oder Bergreihen. Humboldt Ans. 42; Viele Jöcher. 39; Die Andeskette und die brasilianische Berggruppe senden einzelne Berg-J–e sich entgegen. 13; In der langen bald zwei-, bald dreifach gereihten und dann durch schmale Querjöcher gegliederten Andeskette. KlSchr. 1, 5; 10; K. 1, 250; Querjöcher oder Bergknoten. 39 etc.; Von dem langen Steigen über die unwegsamen Jöcher. Steub DTr. 2, 45; Welches hohe J. scheidet die Alpen und Güter Derer von Unterwalden und Haslithal. Stumpf 547b; Gezweige von .. Thälern, Jöchern und Querjöchern. Volger EE. 453 etc., s. Zstzg. und vgl. Sattel-J.
Anm. Goth. juk, ahd. joh, mhd. joch, vgl. latein. jugum, griech. (γóν, von einem „zusammenfügen, verbinden“ bezeichnenden Stamm. Mz. meist J–e, doch bergm. (s. 6c) auch Jöcher, vgl. nam. die wechselnden Formen in 8; als Maßeinheit (3 und 4) meist mit uv. Mz., vgl.: Drei Fuß, sechs Mann hoch etc. Die veralt. mhd. Konjunktion joch (s. Benecke) z. B. noch Stumpf lIa etc. Zsstzg z. B.: Bāū- [6c]: Oberschwelle auf den Seitenpfählen eines Gangs, damit Nichts hineinfallen kann. Bérg(es)- [8]. Brücken- [6a]. Dóppel- [1]: gemeinsames für die beiden Jochstiere. Auerbach Dorf. 1, 248. Ehe- [2]: die Eheverbindung, insofern sie der Freiheit beraubt. Eīsen- [1; 2]: eisernes hartes Joch. Gánt- [6b]: s. GantIII, Anm. Gebírgs- [8]. Hāken- [1]: für Zugthiere vor einem Hakenpflug. Háls- [1]: auf den Hals gelegt, im Ggstz. des am Kopf der Zugthiere befestigten Kopf-J–s. Hāūpt-: hauptsächliches J., nam. [8] = Hauptgebirgs-J., vom Mittel- J. ununterbrochen bis zum Fuß des Gebirgs laufend, s. auch: Kopf-J. Knéchtschafts- [2]: Sklaven- J. Kópf-: s. Hals-J. Lêbens- [2]: Du musst dich in ein festes L. schmieden. Gutzkow R. 6, 214; Seume Gd. 175. Löffel-; Art Haken-J. mit löffelartigen runden Überständen an der Stelle des Jochbaums, wogegen der Schuft der Ochsen liegt. Míttel- [8]: ein Gebirgs-J., worin die einzelnen Joche zusammenlaufen. Nêben- [8]: Gebirgsjoch zwischen Nebenthälern. Quêr- [8]. Sáttel-: der oberste hochragende Theil des Sattels, vgl. [8]: Rang ich doch | schon manchen Helden hoch herab vom S. Rückert Rost. 93b. Schlēūsen- [6a]: vgl. Brücken-J. Schúlter- [5]. Skláven- [2]: Sklaverei etc.: Für’s Sk. geboren. Sch. 604b. Sünden- [2]: drückende Sündenlast: Lebten frei vom S. | ... in Edens Garten noch. W. 11, 225 etc.