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hinken
Hinken, intr. (haben):
1) lahm gehn, so daß der Körper beim Fortschreiten jedesmal auf eine Seite etwas tiefer sinkt, fei Dies krankhaft oder absichtlich (wie beim Hüpfen auf einem Fuß): Auf (mit) einem Fuß, auf beiden Füßen h.; Jakob hinkte an seiner Hüfte; Trotzdem er kläglich h. und humpeln (s. d.) muste. Gutzkow R. 2, 10 etc.; Sie hinkten [hüpften] um den Altar. 1. Kön. 18, 26 etc.; sprchw.: Zeitigen Dieb erläuft ein h–der Scherge; Der h–de Bote (s. d. und Her-h.). Mit dem Hilfszeitw. „sein“, wenn die Ortsverändrung hervorgehoben wird (s. fliegen etc.): Er ist ins Haus gehinkt, s. Zsstzg. und vgl.: Kaum sah er es [das Podagra] gehinket kommen. Zachariä und so: An-, daher-, einher-, her-, hin-, herbei-, hereinetc., nach-gehinkt kommen etc. 2) übertr.:
a) sich langsam fortbewegen, vgl. kriechen, schleichen etc.: Wenn der Sommer uns erreicht, | hinkt die Lust; im Winter schleicht | sie den Gang der Schnecken. Göckingk Lieb. 59; Soll denn ein Verliebter wie ihr andern vernünftigen Leute von Gedanken zum Entschluß und vom Entschluß zur That Tagereisen h.? Leisewit Jul. 43, sich langsam fortbewegen etc.
b) von Maschinen: nicht gleichförmig gehn: Die Uhr hinkt, wenn die Spiralfeder nicht gleich große Schwingungen macht etc.
c) Etwas hinkt, es hinkt damit, es will nicht recht damit fort, es hapert etc.; Nachdem hinkte es aber, man forderte mehr. Alexis Dor. 1, Kap. 6; Kommt man ins Feld und naht sich dem Werke, da hinkt es gewaltig. G. 5, 246; Rollenhagen Fr. 139; Hinkt ein Vers und humpelt. V.; H–de Jamben, s. Choliamben etc.; nam. aber: Ein Gleichnis, zu weit durchgeführt, hinkt. G. 4, 231; Daß jedes Gleichnis hinke, welches eigentlich nur soviel heißen will, daß es nicht identisch mit dem Verglichenen zusammenfalle. 39, 154 etc.
d) Auf beiden Seiten h. 1. Kön. 18, 21, in der Wahl zwischen Zweien schwanken; Entweder rechts oder links h. Niebuhr Nachgel. 164; Als ob er nicht merkte, auf welcher Seite Sie h. L. 10, 170. 3) dazu: Wenn auch ein Flinker | von einem Hinker | erreicht wird nie. Rückert Mak. 1, 6. Statt „Hinkung“ aber gw.: „das H.“
Anm. Ahd. hinkan, mhd. hinken (hank, gehunken), vgl.: So hank auch sein Dechant. Stumpf 343h; Gehunken noch bei Gryphius Sq. 27; Opitz 1, 143 und mundartl. wahrscheinl. vrwdt. mit hangen (s. d.). Vgl. hampeln, humpeln und s. zucken.
Zsstzg. s. 1 und die von ähnl. Wörtern der Bewegung, z. B. auch hüpfen, springen, tanzen: Äb-: Hinkte ab am Stabe. Rückert Mak. 1, 23.
Dahêr-: Jene Beiden auch hinkten daher .., sie trugen noch schmerzende Wunden. V. Il. 19, 47. Dahín-.
Einhêr-: Nachahmer, die hinter einem Mann von überlegenen Kräften e. W. 33, 398.
Ent-: sich hinkend entfernen: Vulkan enthinkte der Schmiede. Er-, tr.: z. B. von einem lahmen Spaziergänger: Um mir draußen noch einige Eßlust zu e. IP. 2, 67.
Fórt-:
1) weiter-, fortfahren zu hinken. 2) weg-h., sich hinkend fortbegeben. Hêr- etc.: Der Lahme hat drei Stunden hergehinkt, so lange zu dem Wege gebraucht; ist in drei Stunden hergehinkt; Die Strafe hinkte mit der Krücke | gar langsam hinter ihnen her. Lichtwer 14; Keinerlei Worte sollen hinter den Thaten h. Chamisso 5, 202; Da haben wir also schon wieder den Vorwurf, der hinter dem Lobe herhinkt. G. 19, 376, ihm nachhinkt, hinterdrein kommt und so sprchw.: Der hinkende Bote, von etwas Unangenehmen, das hinter dem Angenehmen herkommt, z. B. der Katzenjammer nach dem Trinken etc. Der Baron, der geführt herbeihinkte. G. 16, 190; Brummend hinkt’ er nach dem Zelte hin. W. 11, 115 etc. Nāch-: hinter Einem oder hinter Etwas her-h. (s. d.): Sonst hinket dem Entschluß, den ihr nun fasset, Schmach, | Verderben eures Lands und späte Reue nach. Alxinger D. 98; Daß sie allem Lob | zuvoreilt und ihr nach es hinken lässt. Schlegel Sh. 3, 98; Unterschied zwischen dem .. Gang des Meisters und dem N. und Nachkriechen der Nachahmer. W. 13, 174 etc. Auch: Einem Hinkenden n., seinen Gang nachahmen. Wég-: s. fort-h. 2. Zū-: Als dann der alte auf seine alte Bekanntschaft zuhinkte. Goltz 1, 331 u. ä. m.