Faksimile 0766 | Seite 758
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Hīēr, adv.:
Ggstz. von Da (s. d.) u. Dort (s. d.), mit denen es auch oft verbunden erscheint: 1) (örtl.) an diesem Ort, der bald ein eng begrenzter, bald ein weit ausgedehnter sein kann: H. wo ich stehe; H. in der Stube, im Hause, in der Stadt, im (oder zu) Lande, auf Erden; H. zeitlich und dort ewig; H. im ird’schen Jammerthale etc.; H. oben, unten im Saale, vorn, hinten etc.; Ottilie (zeigt auf die Stirn): „Bist du nicht recht h.?“ O, ich bin nur zu sehr bei Sinnen. Benedir 8, 194; Wird die Sonne, die h. Lands uns schimmert, | in andern Zonen ohne Flecken sein? Blumauer 1, 8; Bis sechzig Kehlen rufen: H. Zürich! Habsburg h.! Reithard 55, als Schlacht- und Parteiruf, vgl. das bekannte: Hie Welf! hie Waiblingen, h. steht die Partei, zu der sich die Angehörigen sammeln sollen etc.; Verkündige dorten, du habest | uns h. liegen gesehn, wie das Gesetz es befahl. Sch. 76a etc. Abhängig von Präpos.: Die Post geht von h. um zehn Uhr ab; Von h. aus will ich Ausflüge in die Umgegend machen etc.; Ein großer Rückschritt schien von dort zu h. gethan. Rückert W. 3, 130 und nam. kaufm. auch: Ich komme Mittwoch auf h. [hieher] zurück; Sie wären schon unterwegs auf h. L. 13, 311; 292; Ich will Verwandte in Hannover besuchen und gehe über h. König Jer. 3, 32, wie sich h. auch zuw. allein statt hieher findet, z. B.: Komm, Küster, h.! B. 14b; Sasa, Gesindel, h.! komm h.! 15a; Käm ich auch wieder h., | du Närrchen du, was hülf’ es dir? 29a; Geselle dich zu uns, komm h.! G. 11, 49; H. gekommen, gleichsam gezwungen, endlich an einen Ruhepunkt. 23, 9; H. zu den Füßen lege sie mir! 8, 76 etc. Über die Verbind. mit Da und Dort, s. d. und Jenes 2, wo auch der Gebrauch als sächl. Hw. (z. B.: Wie ein Blick in jene Kläre | mir das H. verbittert. Daumer 1, 60; H. und Dort sind Brüder zwar etc. Logau (L. 5, 266) etc.; ähnlich: Punkte, die schlechterdings nur auf h. [die hiesigen Verhältnisse] passen. L. s. Guhrauer Beil. 2, 47) und die scherzh. Verkl. erwähnt sind. Auch findet sich statt: H. .., da .., dort etc. zuw., lebhafter vergegenwärtigend, ein mehrfach wiederholtes h.: Die Gemälde stellten die Geschichte des heil. Joseph vor. H. sah man ihn mit seiner Zimmerarbeit beschäftigt, h. begegnete er Marien. .. H. wird er getraut; es folgt der englische Gruß. H. sitzt er mißmuthig etc. G. 18, 10, auf den versch. Gemälden. 2) oftmit hervortretender Bed. des Gegenwärtig-, des Vorhandenseins, z. B.: Willst du Geld haben? H. [vgl.: Da 1 und frz. voici] nimm! Zuw. verbunden mit „da“: Auch ohne Ihre Wechselzahlung bin ich ausgestattet. Da h.! [frz. tenez, voici] die Ersparnisse einer längern Reise. Gutzkow Lenz 32 etc. Willst du ihn sprechen? er ist h. [anwesend]; Während seines Hierseins [vgl. Dortseins, versch. Daseins] etc. und übertr. (s. 3) aufs Zeitliche (veralt.): Die Stunde ist hie [,da“ Eß], daß du deinen Sohn verklärest. Joh. 17, 1. 3) übertr., z. B. zunächst = an dieser Stelle (eines Buchs, des Gesprächs etc.): Geschrieben steht: „Im Anfang war das Wort“. | H. stock’ ich schon. G. 11, 51; Das Lied stehet h. nicht so gut wie zum ersten Male. H. R. 7, 25; „Sechs Scheffel Haber noch dazu“. | (H. wieherte das Pferd vor Freuden). Gellert 1, 42; H. war Zerbin [soweit war er in seiner Erzählung gekommen], als etc. W. 12, 247 etc. Allgm. h., wie es auch oft hinzeigend zu ,,dieser“, „der“ beigefügt wird: Dieser h., Der da, Jener dort etc., = in dieser Sache, in diesem Punkt, Fall, in diesen Verhältnissen, in dieser Beziehung etc., z. B.: H. hast du Unrecht, im Übrigen aber muß ich dir Recht geben; H. bleibt Einem nun Nichts weiter übrig als das Vertrauen auf Gottes Hilfe; „Ich will mirs noch bedenken“. H. ist Nichts zu bedenken; Ich wollte, ich sähe kein schönes Gesicht wieder, das ich vor 15 bis 20 Jahren gesehen; mit ihm aber ebenso lange zusammenleben will ich, weil es hier [dann, in diesem Fall] unter dem Schutze der Allmählichkeit weniger scheinbaren Verlust erleidet. IP. HVoß 113 etc. So nam. auch in Verschmelzung mit Präpos. etc.: Hier-an, -auf, -aus, -ein, -ob, -über, -um, -unter; Hier- oder Hie-bei, -gegen, -her, -hin, -hinter, -mit, -nach, -neben, -von, -vor, -wider, -zu, -zwischen etc. = a dieser, oder an diese Sache (Umstand etc.), z.B.: Hieran erkenn ich ihn; Hieran hab ich nicht gedacht etc., vgl. Daran etc. und Da, Anm. Zuw. auch rein zeitl. (s. 2): So triff mich binnen h. [jetzt] und einer halben Stunde. Prutz Mus. 3, 373, meist aber nur eine Beziehung auf einen genannten oder gedachten Zeitpunkt hervorhebend: Von h. an beginnt ein neuer Abschnitt in meinem Leben etc.
Anm. S. Her, auch hiesig. Nbnf. hie, die aber außer in der Verbind.: „hie und da“ (z. B. G. 19, 99; Kinkel E. 343 etc.) alleinstehend im Allgm. veralt. ist und sich nur noch hin und wieder, dichterisch findet, z. B.: Bleib hie und lerne schweigen. Chamisso 3, 328; Er ist nicht hie. G. 2, 112; Steht unser theurer Meister hie. 117; 6, 79; Der Menschen täuschend Dasein hie. H. 15, 6; Des menschlichen Hieseins. 9, 140; Walte Gottes Gnad’ hie. Rückert Mak. 1, 63; Morg. 1, 179; 240; Uhland 425, vgl. alterthüml.: Hie Welf, hie Waiblingen (s. 1) etc. In den unter 3 erwähnten Verschmelzungen mit Präpos. etc. gilt, wenn h. einem vokal. Anlaut vorangeht, nur die Form hier, sonst hier und hie, welches letztere in der Verbindung „hienieden“ fast allein üblich ist.
Zsstzg. als Verstärkung wie bei da etc.: All-: Jch darf a. nicht hausen. B. 14a; Ich bin a. erst kurze Zeit. G. 11, 76; Mein Bleiben ist nicht mehr a. Schwab 16; Selber indeß verweil ich a. V. Od. 16, 132 etc. und mit ungewöhnl. Betonung: Sind jetzt Gesandt a. (– ⏑) angelangt. Tieck 2, 28, veralt.: Allhie, z. B. 1. Mos. 40, 15 u. o.
An-: Der Andre ist nicht a. Zelter 4, 346, vgl. Anher etc. Da- (s. Da 1): Dies d. habt ihr gethan in der Meinung etc. Claudius 5, 103; Froher Stirn stehst du d. im Thal. Gleim 6, 116; Ihm wird nicht wohl d. G. 6, 33; Willkommen d.! 5, 146; 11, 179; 25, 137; Langbein 1, 306; Rückert 1, 177; 2, 310; 340 etc.