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hetzen
Hétzen: 1) intr. (haben):
sich eilig auf einer Spur, nach einem verfolgten Ziele zu fortbewegen, darauf verfolgend losstürmen, nam. weidm.: Die nach dem Blut ihr, das von meinen Tritten | herniederträufelnd meinen Pfad bezeichnet, | wie losgelaßne Hunde spürend hetzt. G. 13, 25; So wie durchs Schilf der wilde Eber hetzt. Streckfuß Rol. 14, 120; Der Wolf hetzt [trollt] nach dem Raube; Der Leithund darf nicht hinter jedem Vogel h. etc. Daher der Jmper. als aufmunternder Zuruf für Hunde: Hetz Kaiser! hetz Jäger! erschallt es und: hetz Spitz! und eine Koppel von mehr denn zwölf Hunden fällt über mich. HKleist E. 1, 26 und verlängert: Hetzoh! nur besser drauf! Eichendorf Phil. 220, vgl.: Halloh, Feuerjo etc. 2) tr.:
a) (s. 1) auf Etwas verfolgend losstürmen machen: Die Hunde an oder auf einen Ochsen, auf den Bettler, hinter den Dieb her h.; Den Doggen auf ihn los zu h. Pfeffel Po. 3, 55; Hunde und übertr.: Leute an (Jes. 19, 2; G. 34, 263), wider (Sir. 28, 12) einander h., sie verfeinden, so daß sie sich gegenseitig in den Haaren liegen etc. Das Obj. bleibt zuw. fort: Das h–de Hallo der Jäger. Tieck 16, 220; Auf den Ball [auf den von dem Saufinder durch Bellen gegebnen Laut] h. etc.; Statt Frieden zu stiften, hetzt er vielmehr; und nüanciert mit „an“ statt des Obj., das fortwährende, wiederholte Anreizen zu bez.: Die Emigrierten behaupteten, er habe tausend Tode verdient, und hetzten deßhalb an den obersten Behörden. G. 25, 35 etc. Ferner mit Angabe der Wirkung aufs Obj.: Die Hunde müde h. und übertr.: Er hetzt seine Diener halb todt, setzt sie fortwährend in Bewegung etc. (s. 3).
b) metonymisch zu a, indem das Obj. den Verfolgten, Gejagten bez., vgl.: Hunde auf den Hirsch h. (a); Den Hirsch h., ihn durch verfolgende Hunde einherstürmen machen und jagen; Hasen, Füchse, Sauen, Bären (mit Hunden) h.; Gefangne Thiere in der Hetzbahn h. etc. Auch hier (s. a) mit zu ergänzendem Obj. und mit Angabe der Wirkung aufs Obj.: H. [auf die Hatz] reiten; Auf freiem Felde oder vom Strick aus h.; Ins Garn h.; Einen Bettler vom Hof h.; Ein Wild matt, müde, todt, zu Tode h., übertr.: Ein Gleichnis, Bild (Heine Reis. 4, 243). Wortspiel zu Tode h.; Meine Feinde haben mich gehetzet wie einen Vogel. Klag. 3, 52; Den jüngst er wacker gehetzt, | der Räuber. Chamisso 3, 217; Ob ihr ins Exil sie jagt, von Lande sie zu Lande hetzt. Freiligrath Pol. 2, 6; Athen war Alexander’s Dirne geworden und die Welt wie ein Hirsch, von dem großen Jäger zu Tode gehetzt. Hölderlin H. 1, 136; Lief, von Todes- angst gehetzt | .. Hals über Kopf. Langbein 2, 180; Stumpf gehetzt von finanziellen Verdrießlichkeiten. Lewald Ferd. 1, 314; Weil mich mein Elend hetzt. Schlegel Rich. II 4, 1; Als die Lust gehetzt bis zur Entseelung. Nhland 499; Allen, die jemals von dieser Plagegöttin [dem Ruhm] gehetzt wurden. W. 16, 14 etc. Sprchw.: Mit allen Hunden gehetzt, durchtrieben (s. d.), hergenommen von dem den verfolgenden Hunden immer noch entgangnen schlauen Fuchs (s. Abhetzen) etc.: Sie Vokativus enfin, der mit allen Hunden schon längst gehetzt ist. Tieck NKr. 4, 372 etc.
c) der substant. Infin. sowohl zu b z. B.: Das Fuchs-, Hasen-H. etc., als auch zu a: Das Wind- [Windhund-] H., s. Hatz 1.
d) statt des Jägers auch der verfolgende Hund als Subj.: Wenn eine Sau von einem Saubeller gefunden und gehetzt wird und ohne Obj.: Der Hund hetzt gern.
e) Ein gehetztes Treiben. Auerbach D. 4, 145, metonym.: wobei man gehetzt wird. 3) ref.: nicht bloß mit Angabe der Wirkung: Sich matt, müde, todt h., sondern auch absolut: durch übermäßige Hast des Thuns sich abmatten, sich ab-h.: Drum hetze dich nicht zur schlimmen Zeit ... | Hast in der bösen Stund’ geruht, | ist dir die gute doppelt gut. G. 2, 182. 4) dazu: Hetzer, Einer der hetzt, z. B. Windhetzer, Jäger der nam. die Windhatz versteht und übt etc.; auch ein junger in den Karpfenteich gesetzter Milchkarpfen, weil er die alten „hetzt“ (antreibt) und das Streichen befördert; ferner: Zu den Pfaffen, die verketzern, | zu den Deutern und den Hetzern [Feindschaftsstiftern 2a]. V. 3, 188 etc. Hetzerēī, f.; –en (L. 8, 382) = das Gehetze; Hetzung, in Zsstzg.
Anm. S. Heißen, Anm. (und Hast, Hasch!) und vgl. für die Form: Hitze zu heiß; Witz zu wissen etc. Nbnf.: Hessen. Roberthin s. WMüller Bibl. 5, 185 und: Ich hisst’ ihr zu bellen den Hund an. V. Th. 6, 29, wie umgekehrt: Ihr Segel gegem Wind aufhetzten. Waldis Es. 2, 30 statt aufhissen, vgl.: Hiß, Wächter, den Krummhorn dort mit der Schelle! V. Th. 2, 92, Ruf des den Hund auf das Schaf hetzenden Schäfers und ebenso: Huß als Hetzruf und: Hussa!
Zsstzg. (vgl. jagen etc.) z. B.: Áb-, tr. [2] und refl. [3]: hetzend abmatten: Hunde, Hirsche, sich a.; Abgehetzt und wundgehetzt. Freiligrath Pol. 1, 33; Sich um der Gunst des Tags willen abzuhetzen bringt keinen Vortheil für morgen. G.; Wo der Adel statt Dessen lärmende, nichtige Tage abhetzt, wie in den Zeiten jener Bürger’schen Parforcejagdballade. Immermann M. 1, 401; Nicht mehr Redlichkeit als ein abgehetzter Fuchs. Schlegel Sh. 6, 123 etc. Abhetzung. Án- [1a]: Jach fahren tausend Höllenhunde, | laut angehetzt, empor. B. 71b; Wenn man sie an lebendige Füchse anhetzt. Döbel 1, 121a etc. Böser Thaten, der er aller Anhetzer, Zuschürer und Ursacher gewest. Luther 5, 17a; Aufwieglern und Anhetzern des Volks. W. 31, 532 etc. Das A., der Zeitpunkt, wo die Windhunde auf Hasen gelöst werden. Laube Brev. 236. Anhetzungen, Anhetzereien etc. Āūf- [2a und b]: Das Wild a., hetzend zum Aufstehn und Laufen bringen: Jetzt aus dem Strauch mit klugen Hunden hetzen | sie den Fasan mit jähem Lärmen auf. Streckfuß Rol. 7, 32 etc., auch: Die Hunde a., hetzend aufmuntern, auffrischen, anregen und oft übertr.: Vielleicht hat .. Nichts so sehr das Volk gegen das Königthum aufgehetzt. G. 25, 18; Ich wußte nicht, ob ich Dies für Muthwillen, Satire oder Ernst aufnehmen sollte; doch hetzt es mich schnell auf. Heinse A. 1, 244; Kritik ist das einzige Mittel, mich zu Mehrerem aufzufrischen oder vielmehr aufzuhetzen. L. 12, 355; Die Bauern a., daß sie ihm Knall und Fall die Schippe geben. 3, 409; Die Mißvergnügten noch mehr a. W. 8, 270. Da seine Aufhetzungen einen Aufruhr unter dem Pöbel verursachten. 7, 173; Aufhetzer; Aufhetzereien. Aūs- [2b]: Den Fuchs aus dem Bau, dem Bettler vom Hof a., fort-h. etc. Be- [2b]: Hasen, Füchse etc. b.; auch: Hunde b., ein-h.; Einen Forst b., durch-h. etc. Durch-, tr.: Ein Revier d., hetzend durchspüren, durchjagen etc.
Eīn-:
1) Die Hunde auf ein Wild e., los-h.; übertr.: Hetzt die verschiednen Winde | widerwärtig auf sie ein. G. 4, 71.
2) hetzend einüben. Er-: veralt. s. Erbeißen. Fêhl-: vergeblich, erfolglos hetzen. Fórt-: aus-h., hetzend fortjagen. Hêr-, Hín- etc.: Die Könige, | die den Krieg, | den geflügelten Wolf | hin-h. | über die Herden der Völker. A Meißner Gd. 169; Thun Alles, was sie können, um mich aus meinen Sinnen herauszuhetzen [toll zu machen]. Schlegel Sh. 2, 285; Argwohn ist der Nachtreter der Liebe und hetzte [1] jetzt so in seinem Kopfe herum, wie die Windspiele des Kreuzherrn auf dem Komthurhofe. Musäus M. 2, 140; Daß mich der böse Feind .. wie sein Wildpret herumhetze [2b]. Sch. 183a etc. Lōs-: ein-h. 1. Nāch-: hetzend nachjagen und nachjagen machen: Auf meinem Felde | hat er dem Wilde nachgehetzt. Hagedorn 2, 255; Einem die Hunde n. etc. Über-: übermäßig hetzen: Der Jagdhund ist überhetzt, kann nicht mehr fort. Ver-:
1) auf-h., durch Hetzen verfeinden, aufwiegeln: Jemand wider (2. Macc. 14, 11; Schlegel Sh. 6, 302), gegen (Auerbach D. 4, 56; Droysen Y. 1, 51), auf (V. Sh. 2, 250) Einen v.; auch: Ihr verhetzt | durch einen vorgegebnen Eifer Gottes | das Volk dem König, seinem Stellvertreter. Schlegel Sh. 6, 311 etc.; Wenn Sie wüsten, wie ich verhetzt worden bin, wie ich durch mancherlei Rathgeber etc. G. 9, 263; Die Geister zu erbittern, die Gemüther zu v. König Jer. 3, 298; Sch. 835a; Einen Burschen von zwanzig Jahren bedeuten, was er zu thun hat, heißt nicht: ihn v. HKleist E. 1, 123 etc. So: Verhetzer. L. 8, 2; Verhetzungen. HVoß JP. 80 und refl.: Mit den Anverwandten verhetzte [verfeindete] er sich. Immermann M. 4, 197, vgl.: Die Verhältnisse verwickelten und verhetzten sich. G. 14, 146, wurden durch Feindschaft unauflöslich verwirrt [oder viell. Druckf. statt „versitzten“?] und im Partic. (als Ew.): Sein verhetztes und verstocktes Wesen zu schmeidigen. Auerbach D. 4, 262, vgl.: verbittert, vergrollt etc.
2) durch Hetzen rastlos fortjagen: Sie folgten seinen Spuren, verhetzten ihm die Rast. Freiligrath 2, 111 und so auch: ab-, matt-, todt-h.: Wie ein verhetztes Schwein abthun. Sch. 120b; Man soll dich in eine Sauhaut nähen und durch Hunde v. lassen. 121b etc.
3) (weidm.) Hatzhunde durch Fehlhetzen verdrossen machen. Vorbēī-: Von Flüchen ihrer Schuld | vorbeigehetzt, wie von ergrimmten Hunden. Mosen Ah. 141. Zū-: ein-h. 1 und 2. Zurück-: Wie würde jetzt | das arme Herz | zurückgehetzt | vom Dichterscherz. Thümmel 8, 73 etc., auch: Man hetzt auf dies Geräusch zurück [treibt die Hetzhunde rückwärts]. Hagedorn 2, 51.