Faksimile 0663 | Seite 655
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hasten
Hásten: 1) tr. (veralt.):
in Haft, Verhaft bringen, gw. Ver-h. Dazu: In Haftung nehmen (Weidner 368), gerathen (395), kommen (418) etc. 2) intr. (haben):
a) fest an Etwas kleben, hangen, bleiben, davon nicht loslassen, sich nicht davon trennen (s. das mundartl. Hacken 1); auch: unabgelöst oder unablöslich damit verbunden sein etc.: Papier, mit Wasser aufgeklebt haftet nicht, bleibt nicht h.; Es haftet [ruht] ein Verdacht, Makel auf ihm; Es h. viele Schulden, große Abgaben, Lasten auf dem Gute; Du wolltest noch an morschen Trümmern h., | den Baum umklammern. Chamisso 4, 40; Seine Bannstrahl wollten nit mehr h. [gelten]. Fischart B. IVb; Mag seltsam auch der Schmuck an ihnen h. [mögen sie auch seltsamen Schmuck an sich haben]. G. 6, 50; Wie keiner Spinne schmutziges Gewebe | an diesen Marmorwänden h. soll. 13, 145; Aller Augen werden auf dir h. 244; Mit dieser unbezwinglich h–den Leidenschaft für Alles, was sie einmal anfassen. 14, 126; Das H. an eben denselben Gegenständen etc. 31, 21; Schauspieler haben noch immer von ihrer alten .. Stellung so Viel an sich h. Gutzkow R. 8, 205; Was in die jungen Seelen eingetrichtert wird, was sie nicht aus Lust und Liebe halten, haftet nicht. Heinse A. 1, 90; In der Mitte des Werks verließ er die h–de [nicht fortgezogne] Pflugschar. V. Ge. 3, 519 etc.
b) Für Etwas h., dafür bürgen, einstehen, eine dauernde, bindende Verpflichtung übernehmen (s. Verhaften 5): Mit seinem Kopf dafür h.; Daß sie am Irrthum schuldlos waren, | für den nun bloß der Zufall h. muß. W. 11, 245. 3) refl.: mundartl. st. 2a: Damit nicht auf ihm der Mehlthau sich hafte. Bettina (Brentano Fr. 1, 294) oder statt: sich heften: An eben diesen Austritt haftet sich auch der Fluch. Schelling 2, 2, 315.
Anm. S. Haft II., Anm. (z. B. für 2b mhd. haft sin mit Gen. oder mit „für“) und vgl. Heften, auch: Nothhaft.
Zsstzg. z. B.: An- [2a]: an Einem, an Etwas haften: Dieser Tiefsinn möge ihm wohl noch als Nachübel seines Zustandes a. Immermann M. 2, 228; Mit all dem Kleinkrame, welcher dem modernen Badeleben anhaftet. Stahr Jt. 2, 374; Zween Aasgeier zerhackten, der Seit a–d, die Leber. Wiedasch Od. 11, 578 etc., selten refl. [3]: Wie haftet [heftet] sich der Fluch der Endlichkeit an das Schönste an! Stahr Weim. 255.
Aūs-: im östreich. Kanzleistil: Zur Rückzahlung der daselbst a–den Vorschüsse. Nat.- Zeit. 12, 370 = als ausstehend zurückzuzahlend.
Be-:
1) intr. [1a]: Tief im Busen und fest behaftete Wort und Gebärde. B. 244a; B. bleiben etc.
2) tr.: sich an Etwas hängen und Besitz davon nehmen: Kunstneid kann keinen Turner b. Raumer Päd. 3, 1, 227; nam. oft: Mit (seltner von) Etwas behaftet (bei Altern, z.B. Luther: behaft, s. Verhaften 5) sein, etwas Lästiges, Übles an sich, auf sich haften haben; Mit mancherlei Seuchen behaft. Matth. 4, 24; Unsre mit dem Skorbut behafteten Kranken. Forster R. 1, 213; Unser Urtheil ist jederzeit mit einem gewissen Grade von Willkür behaftet. Gentz 1, 80; Mit solchen Unarten behaftet. G. 39, 296; Jhre Kinder, die von irgend einem Übel behaftet waren. 15, 311; Mit einer Schuld von 340 Gulden behaftet. König (Hausbl. [56] 1, 150) etc. Seltner: Soll er mit Krankheit behaftet werden. Wessely (Klein Volkskal. 9, 194). So nam. früher: Mit, vom bösen Geist behaft(et), oder bloß: Behaftet = besessen; ferner ohne Zusatz auch = gequält, in übler Lage befindlich: Feuer, das .. im Sturm behafteten Seefahrern leuchtet. L. 11, 161; Behaftete [befangne, bestrickte] Güter etc. So auch: Behaftung [Krankheit, Seuche] einzelner Geschlechter etc. V. Ge. 159. Oberd. auch in unnachtheiligem Verstande = versehen: Mit einer Brille behaftet. Auerbach Leb. 1, 5; Mit was für Begier der Wissenschaft ihr behaftet seid. Opitz etc. Vgl. Beheften. Um-: tr.: (selten) haftend umgeben: Das ambrosische Kleid umhaftete dunkele Asche. V. Il. 18, 25. Ver-: tr.: 1) mit Haften oder Hefteln befestigen, nam. dadurch ein Kleidungsstück zumachen, zuschnüren etc.: Daß man sich dann nicht allein anziehen kann und Jemand zum V. braucht. Auerbach D. 1, 80. 2) Etwas festhalten, haften machen, so daß es der freien Bewegung beraubt ist: Da es [das Licht], soviel es strebt, | verhaftet an den Körpern klebt. G. 11, 56; Wenn ihr v–der Biß einen andern Körpertheil erfasst. Linck Schl. 52; An der Schwanzspitze ergriffen, wendet die Kreuz- otter .. den Vorderleib an der verhafteten Stelle. 101; Dich erwarten Klosterzellen, | mich v. Schiffskajüten. Platen 2, 81; Daß es darin behanget und sich also selber verhaftet. Ryff Th. 3; Er mit der Lanze | weit ausholend verhaftet den lastenden Schild und den Harnisch. V. Äneis 10, 552; Ov. 2, 341 v. 137 etc. S. 1Verheften. 3) (s. 2) in der heute gewöhnlichsten Bed.: Einen arretieren, in Verhaft nehmen: Der Richter ließ den Verdächtigen gleich v.; Die Verschwornen wurden verhaftet; Man hört von neuen Verhaftungen etc. 4) (s. 2) Etwas v., als Unterpfand verschreiben, es dadurch in fremde Gewalt geben und sich der freien Verfügung darüber berauben: Dies sei Alles unterpfändlich verhaftet. Gotthelf Sch. 183, vgl. ver- alt.: Seine Hand verheften, als Bürge (sie sich gleichsam dadurch binden). Spr. 6, 1; 22, 26. 5) (s. 2 u. 4): Einem verhaftet sein, ihm verpflichtet sein, so daß er ein Anrecht auf uns hat, z. B.: Einem Gläubiger, Einem mit Geld, mit einer Schuld, durch Bürgschaft [indem man für einen Andern haftet] verhaftet sein; Dennoch wollte ich in dem zweiten Theile Beiden nicht verhaftet sein [ihnen als Mustern der Nachahmung Nichts zu danken haben]. Hagedorn 3, XXXV; Unverweslich | und unverhaftet dem Tod [so daß der Tod kein Recht, keine Macht darüber hat]. V. Ov. 2, 142; In Persephone befreit sich das Bewusstsein erst von seiner dem realen Gott verhafteten Natur. Schelling 2, 2, 630. Auch veralt. (s. Be-h. 2): Dem Fleiße will ich sein als wie ein Knecht verhaft [ergeben]. Logau (L. 5, . . .); Mit Schwangersein verhaft (179).