Faksimile 0662 | Seite 654
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Hafen
Hāfen, m., –s; uv., Häfen; Häfelein, Häfchen; -:
1) allgm. etwas Hohles, insofern es Etwas in sich fasst, z. B. schwzr. die Krystallhöhlen in den Bergen (Keller), ferner in den Stampfmühlen die Löcher im Grubenstock, worein das zu Stampfende gelegt wird; auch: Auf die Scheitel oder auf das Hintertheil des Haupt- H–s. Ryff Sp. 149a = Hirnschale etc. Gw. aber:
2) = Topf, allgm. nam. im Oberd. (s. Hafener), während es in Nordd. nicht sowohl den Kochtopf als vielmehr nur einen zur Aufbewahrung von Etwas dienenden Topf und bes. derartige Glasgefäße bez. und in techn. Anwendung sich nam. für die Schmelzgefäße der Glashütten findet: Irdene Geschirre von mancherlei Form und Anwendung als Töpfe, H., Tegel etc. Rumohr K. 31; Ein H. voll eingemachter Pflaumen; Ein H. Schmalz; Ein Schmalz-H. (oberd.: Schmutz-H. Gotthelf G. 258), zur Aufbewahrung von Schmalz dienend etc.; bair. aber z. B. nicht bloß einen Topf, sondern auch eine Art thönerner oder metallner Kessel und wohl nach der ähnl. Form die Kuhglocken etc. Auch vielf. sprchw., z. B.: Man kann an den Scherben sehn, was am H. gewesen (ex ungue leonem); Zwei Suppen in einem H. sieden, zu Viel auf einmal wollen etc.; Nicht aus einem hohlen H. (vgl. Faß) reden, nicht grundlos, mit leeren Reden oder Drohungen; In einen hohlen H. schreien, vgl. Prediger in der Wüste; Den Deckel (s. d. 2) vom H. nehmen; Statt alsbald Feuer unter den H. zu thun [die Sache selbst in Gang zu bringen], giebst du den Handel in seine Hand. Gotthelf Sch. 177; Den Fuß im H. haben [angesehn sein]. 261; Das ist nicht in seinem H. gekocht [kommt nicht aus seinem Kopf]. Pestalozzi 1, 68 etc. Die Mairiuh .., am Halse mit einer ungeheuren Schelle, der H. genannt, beschwert. Grube Geographie 3, 350 (Beda Weber).
3) eine Bucht zur sichern Aufnahme von Schiffen und übertr.: Sicherheits-, Ruheort überhaupt: Ein natürlicher H. (s. Schlup-H.), im Ggstz.: Ein künstlicher, durch Kunst verbesserter, befestigter H., H. im engern Sinn (vgl. Port): In den H. einlaufen; Im H. liegen; Einen H. anthun (s. d.), zu erreichen suchen; Den H. räumen, reinigen oder baggern (s. d.); Einen H. sperren, die Aus- und Einfahrt hindern; Am H. wohnen; Viele gute Haven [Anm.]. Forster R. 1, 141; Bei so schönen Hoffnungen ganz nahe vor dem H. zu scheitern. G. 18, 167; Weil man von der See her in die Häfen [Venedigs] den Faden der Ariadne braucht. Heinse A. 1, 38; In den Ocean schifft mit tausend Masten der Jüngling, | still auf gerettetem Boot treibt in den H. der Greis. Sch. 93b; In den H. der Ruhe einbugsiert. Zschokke 8, 386 etc.
Anm. Vom Stamme „haben“, lat. capere (in sich fassen). In Bed. 2 ahd. havan, mhd. haven; in Bed. 3 mhd. habe (fem.), was aber auch wie hap (n.) das Meer bed. (vgl. Haff). Gottsched u. A. (z. B. Forster, Platen) schreiben für 3: Haven; Spate etc. für 2 Hafe, mit der Fortbildung: Häfenes [irdenes] Geschirr etc. Zu 3 gehört das veralt. Zeitw. hafen, intr. (haben): in einen H. einlaufen: Wann ein Schiff . . vor ein Land käme, dar es haven müßte. Hamb. Stat. 2, tit. 16.
Zsstzg. z.B.: Āūßen- [3]: seem. auch in plattd. Form Buten-H., im Ggstz. zum innern oder Binnen- H. Bérge- [3]: zum Bergen vor Unwetter dienend: In den großen Noth- und B. des modernen Staats getrieben. Immermann M. 1, 292. Bínnen-, Būten-: s. Außen-H. Flúss- [3]: Ggstz. zum Meer- oder See-H. Flūth-: s. Zeit-H. Frēī- [3]: Hafen, wo Schiffe aller Völker frei einlaufen und handeln können, übertr.: Auf ihrer Flucht vor Napoleon nach England als dem F. der Menschheit. Schlegel Mißd. 61. Fréss- [2]: veralt. Wackernagel 3, 1, 811 Z. 27. Glās- [2]: gläserner Hafen oder Hafen zum Glasschmelzen. Glücks- [2]: Glückstopf; Gefäß, woraus in den sogen. Glücksbuden die Loose gezogen werden: Die erste die beste .. aus dem G. greifen. L. 10, 116; JP. 3, 156 etc. Gúss- [2]: in den Spiegelglasfabriken, im Ggstz. der Schmelzhäfen, die, woraus das geschmolzne Glas auf die Gießtafel gegossen wird.
Hāūpt-:
1) [1].
2) [3]: Der H. an dieser Küste. Krīēgs- [3]: für Kriegsschiffe. Mêêr-: s. Fluß- und See-H. Nōth-: s. Berge-H. Schlúp(f)- [3]: kleiner natürlicher Hafen, in den sich kleine Fahrzeuge vor heftigen Winden schützen können, Hafenschlupf. Schmálz-, Schmútz- [2]. Schmélz-: s. Glas- und Guß-H. Sēē- [3]: Ggstz. Fluß-H.: In andern Seehäven Englands. Forster R. 1, 79. Spār-: Sparbüchse, Behältnis für das ersparte Geld: Das Geld im Sparhäfele behalten. Kurz Weihn. 210; Das Gold .. aus ihrem eigenen Sp. dazu gelegt. Zschokke Nov. 3, 207 etc.; übertr.: Ein Haufen guter Verdienst und Werk in einem Sparhäflein sammlen. Fischart B. 18a etc. Stóllen- [2]: Topf der auf Füßen ruht, Dreifuß. Zēīt- [3]: in den man nur zu Zeiten, nämlich mit der Fluth einlaufen kann, Fluth-H. etc.