Faksimile 0637 | Seite 629
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grob
I. Grōb, a. gröbſt: Ggſtz. von fein (ſ. d., worauf
ſich die Zahlen in [] beziehn): 1) [1] im Ggſtz. des
Dünnen und Zarten, oft mit dem Nebenbegriff des
Plumpen, Derben: G–e Fäden, Haare, Späne, Knochen,
Glieder, Hände; G–er Draht (ſ. 4) ꝛc.; G–e [keine feinen
Striche gebende] Federn, Pinſel, Schrift; Eine ins G–e
verſtellte Frauenhand. König Kl. 3, 133 ꝛc.; G–e Lettern,
z. B. Buchdr.: G–e [Ggſtz.: Kleine] Cicero ꝛc. und
ſo öfter im Ggſtz. von klein, z. B.: G–s Geſchütz;
Geld, Kourant; weidm.: G–e [ſtarke] Sauen ꝛc.
Ferner im Ggſtz. des Feintönenden: G–e [tiefe, rauhe]
Stimme, Töne ꝛc. 2) [2] aus nicht feinen Theilen be-
ſtehend: G–es Pulver, Mehl, Brot; G–e [derbe] Speiſen,
Koſt; G–er Sand, Sandſtein; Das Zeug, Tuch, die Lein-
wand, der Rock, Kittel iſt g. (ſ. 4); Den Faden g. ſpinnen,
den Draht g. ziehn, das Gewürz g. ſtoßen, die Farben g.
reiben, den Kaffe g. mahlen; Ein g–es Sieb, mit großen
weit von einander ſtehnden Löchern ꝛc. 3) [3] im
Ggſtz. des fein bis aufs Einzelne Ausgearbeiteten: Du
haſt das Gröbſte weg, jetzt iſt die Arbeit Luſt. Günther 391;
Nachdem er die Platten aus dem Gröbſten geſchmiedet. L. 6,
481; Stilling war .. zu einem brauchbaren Werkzeug aus
dem G–en gearbeitet, nun fehlte ihm noch die Feile und Po-
litur. Stilling 4, 152; Eine g–e Arbeit ꝛc. 4) [4] im
Ggſtz. des Feinen als des in ſeiner Art Vorzüglichen,
nam. von Waaren: G–es Tuch (ſ. 2); G–er Zucker; Die
gröbſte Sorte; G. Kourant, g–es Geld ꝛc. 5) [5]
bergm.: G–e Gänge, Geſchicke, nur geringhaltige Sil-
bererze führend. 6) [9] ſtark in die Sinne fallend,
ſo daß es auch ſtumpferm Gefühl nicht entgehn kann,
vgl. Plump, Handgreiflich, übertrieben ꝛc.: G–e Züge;
G–er Betrug, Betrüger; G–e Mißbräuche, Jrrthümer, Ver-
ſehen, Lügen, Lügner; Er lügt gar zu g.; Etwas g. auf-
tragen; G. komiſche Rolle; Es zu g. [zu arg] machen; Das
g–e Selbſtempfinden [ſtark hervortretendes Selbſtgefühl].
G. 4, 52; Ob wir gleich uns ſehr hüteten, .. im g–en Sinne
falſch zu ſein, ſo waren wir es doch im zartern. 19, 138;
39, 113; Weil wir gleichſam einen gewiſſermaßen g–en An-
ſtoß ſo zarter Erſcheinungen bemerken können. 307; Die g–en
Verſuche durch Prismen. 429; Jch laſſe mich [meine Kaſſe]
nur einmal ſo g. mitnehmen. Seume Sp. 425; Die g–e Ab-
götterei, die mit ihr getrieben wurde. W. 23, 64 ꝛc. So
auch von dem Sinn, Gefühl, Geiſt, denen das Feinere
entgeht: Wer iſt ſo g. und unverſtändig, der von ihm ſelbs
nit merken kann, daß ꝛc. Fiſchart B. 55a; Die Einfalt ...
hört auch g. und in der Melodie | der Nachtigall erſchallt kein
Ton für ſie. Hagedorn 1, 100; Groß gewachſen, aber an Ver-
ſtand etwas g. [ge]blieben. Zinkgräf 1, 314. Dieſer Ge-
brauch veraltet, ebenſo wie G. als Ggſtz. von Fein [10]
= ſchlau: So würden ſich wenig Leute ſolchen g–en Geiſt
oder des ſubtilen Geiſts g–e Stück laſſen bewegen. Luther 6,
317b. 7) [8] Ggſtz. von fein, im Sinn von höflich:
roh, ungebildet, von Unbildung zeugend: G–er Kerl,
Flegel, Lümmel, Bauer, Eſel ꝛc.; G. wie ein Bauer, wie ein
Fuhrmann (Gutzkow R. 4, 260); G. wie Bohnenſtroh.
Auerbach D. 1, 98, wie Sackleinwand. Brachvogel FB. 3,
167 (ſ. Sack-g.) ꝛc.; G–e Worte, Schimpfworte, Reden,
Zoten, Scherze, Späße ꝛc.; Einen g. behandeln; Etwas g.
herausſagen; Die g–en plumpen Worte, die das Unzüchtige
gradezu ausdrücken. L. 11, 175. 8) Veralt. in einigen
Wendungen ſtatt hoch (ſ. 1), z. B.: G. ſchwanger;
ſeem.: G–e [hochgehende, hohle] See, vgl. frz. une
grosse mer.
Anm. Ahd. gerob, Ableitung unſicher. Über die ge-
ſchärfte Ausſpr. des Vokals in Nordd. ſ. Sanders Orth. 34.
Zſſtzg. nam. zu 7 und 2, zur Bez. des hohen Gra-
des, z. B.: Erz-, pump-, ſack- (Gotthelf U. 2, 284; Immer-
mann M. 3, 290), ſau-, ſtein- (Steingrobes Hemde. Grabbe
Hann. 68, ſ. Schm. 2, 99), ur-g. (Gerſtäcker Miſſ. 3, 297) ꝛc.