Faksimile 0583 | Seite 575
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gellen
Géllen: 1) intr. (haben): durchdringend und er-
ſchütternd tönen, klingen, z. B.: Zinken und Trompeten
g. Heine Rom. 20; Pfeffel Po. 3, 112; Ein Schrei gellt.
Freiligrath Gd. 2, 149; Das Kriegshorn (1, 51), das Lied
des Krieges (429), eine Pfeife (HvKleiſt Erz. 1, 26) gellt;
Erſcholl ein gellender, markdurchbohrender Pfiff. Gutzkow R.
4, 394; Mit g–dem Pfeifen. V. Od. 9, 315; Erſcholl der
g–de Feldton. Ov. 2, 320; Die g–de Fiedel einer Dorfſchenke.
G. 19, 126; Die g–den Trommeln. Sch. 189a; Ein Ru-
fen, Schreien, Lachen ꝛc. gellt, ſchallt g–d ꝛc.; Von ihr ..
gellt der zerplauderte | Mund. Kl. Od. 2, 95; Die Ohren g.
Einem von Etwas. 1. Sam. 3, 11; G. 19, 79; Thümmel
8, 52 ꝛc.; Daß ihm die Ohren davon gegellet hätten. Muſäus
Ph. 1, 169 u. v.; Paukt dann mit dumpfigem Geſchrei | die
Kanzel, daß es gellt. Hölty 33; Dann ruft er, daß es ſchaurig
durch Schloß und Garten gellt. Uhland 445 ꝛc.; Ob er aus
dieſem ſchrill g–den Gemüthe nicht auch den reinen Ton her-
vorlocken könne. Auerbach Leb. 2, 27; „Rache, Rache!“ gellte
es (ſ. 2) in mir. Waldau N. 1, 210 ꝛc. Auch von Vö-
geln, namentl. vom Wachtelruf: Die Wachtel gellet hell.
Alxinger D. 178; Ramler 25; V. 3, 104; 1, 197; auch:
Fröhlich umher in g–den Lenzmelodieen | tönt der Amſelchen
Chor ꝛc. Theokr. Ep. 4, 9; Es ſoll mir der Nachteule Gall |
nicht vergällen das G. der Nachtigall. Rückert Mak. 1, 102 ꝛc.
2) tr. (ſ. 1): Bald gellt vielleicht mit ſchwerem Eiſen-
ton | Bellone von des Nordens rauher Zone | auch mir noch
einen Schlachtgeſang. Seume Gd. 16.
Anm. Ahd., mhd. gillen, mit dem Faktitiv gellen, vgl.
Brem. Wörterb. 511; Weinhold 27b. S. Gall (mundartl. auch
Galm, dazu Galmen = ſchallen) Gälſe, Geilen (1c), Gel-
fe(r)n, Galſtern, Anm. ꝛc., u. vgl. mit andrem Anlaut: Bel-
len, Hell (Hall, Hallen), ſchallen ꝛc. Nbnf.: Gellern,
ſchreien: „Wer that das?“ gellerten die Novelliſten nach.
Eichendorf Lärm. 40. S. auch IlI. Gelt, Anm.
Zſſtzg. vgl. dievon ſchallen, tönen ꝛc., z. B.: Áb-:
ſ. Gellig, Anm. Aūf-: intr. (ſein): emporſchal-
len: Daß unverſehns aufgellte zum Gruß ein Allegro. V. 1,
153. Āūs-: tr.: durch gellende Töne erſchöpfen:
Die Nachtigall, ſie gellt in tauſend Nächten | nicht aus die
ew’ge Melodie der Roſen. Rückert 2, 436; Ein gräßlicher
Fluch, in prahlendem Tone ſcharf ausgegellt [gellend aus-
geſtoßen]. V. Sh. 2, 361 ꝛc. Dúrch-: tr.: gellend
durchdringen: Ihr Schrei, der ähnlich dem Pfiff des Orkans
dreimal die Luft durchgellt. Hartmann Unſt. 2, 134; im
Partic. auch ohne Obj.: Seine helle d–de und durchquie-
kende Manier. Arndt Erinn. 28. Entgêgen-: Wie
die Trompeten ihm e. Er-: intr. (ſein): gellend er-
ſchallen: Die Häuſer e. . . . von der Gewalt des Stoßes
[beim Erdbeben]. Volger EE. 254; Still iſt’s rings, da
ergellet ein Pfiff: vorſtürzen die Räuber ꝛc. ſ. auch Gellig,
Anm. —— Hín- ꝛc.: Ließen einen letzten Schrei des Froh-
lockens über das Thal h. Scherr Pilg. 2, 61; Plötzlich gellt
ein gräßlich Heulen | aus der dunkeln Fluth hervor. Koſe-
garten Rh. 3, 360. Nāch-: Eine Rede an Helenens
Grabe, die mir wie ein ewiger Wehruf nachgellt. Waldau N.
1, 314. Über-: tr.: gellend übertönen. Um-:
tr.: gellend umſchallen. Ver-: intr. (ſein): ver-
hallen, in Bezug auf gelle Töne. Vōr-: gellend
vortönen. Wī(ē)der-: gellend widerhallen, ſ.
zurück-g.: Schallendes Gelächter gellt wi(e)der in den Oh-
ren. Schwab 482; Die Weiſe, die ſo recht ſchnalzend von den
Bergen wi(e)dergellt. Waldau N. 1, 6. Zurück-: intr.
(ſein) und tr.: gellend zurückſchallen und ſo ſchallen
laſſen: Der Schrei gellte von den Bergen zurück, die Berge
gellten ihn zurück ꝛc.