Faksimile 0574 | Seite 566
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geilen
Gēīlen: 1) intr. (haben): a) wählig ſpringen ꝛc.:
Iſt hier nicht Einer, reich an Herden, welchem geilt | der wohl-
genährte Hengſt auf fetten Maſten? Rückert Mak. 1, 57;
Mein Genie geilte frühzeitig über jedes Gehege. Sch. 15a;
Kaiſersberg Poſt. 42; 221b. b) die Geilheit befriedi-
gen; buhlen: Andre mögen näſchig g., da bei Greten, dort
bei Käten. Logau 3 Zug 138; Daß ſie von den Schlangen
empfahn und mit dem ſelbigen g. Ryff Th. 225 ꝛc., vgl.:
Wo es ſein Angeſicht in einem Waſſer ſieht und damit ſpielt
oder g. will. 71 ꝛc. c) anhaltend, dringend um Et-
was bitten, betteln: So wird er doch um ſeines unver-
ſchämten G–s willen aufſtehn und ihm geben. Luk. 11, 8;
Um Brot, um ein Amt g. Dazu: Damit ich meine Bett-
ler und Geiler, die Drucker auf dem Leipziger Markt [die
dringend Manuſkript von mir verlangen], nicht verſäu-
mete. Luther 5, 528b; VWeber 2, 261. d) (ſ. c) gierig
nach Etwas trachten: Arbeitslieb’ und flinke Hand | geilte nie
nach Stutzertand. Blumauer 1, 101. 2) tr.: a) düngen:
Den Acker g.; be-g. b) kaſtrieren, die Hoden ausſchnei-
den. Luther SW. 61, 297. 3) refl.: (weidm.) den
Samen von ſich laſſen: Es ſtinkt, hier muß ſich ein Fuchs
gegeilt haben. Schm.
Anm. Andre ganz veralt. Bed. bei Friſch, vgl. Benecke.
Es ſind mehrere Stämme zuſammengefloſſen, vgl. Geil I
und Galſtern, Anm., ſo nam. in 1c der Begriff der Gier und
Inſolenz, und des gellenden, heulenden Bettlertons.
Zu 2b, das, wenn es zu „Geile“ gehört, = ent-g. iſt, vgl.
köpfen neben enthaupten; Den Kohl blatten ꝛc., wie
Ohngeil (ſ. Geile 4) = Eunuch; doch ſ. Gelt, gelzen und
vgl. heilen 3.
Zſſtzg. z. B.: Áb-: 1) [1c] Einem Etwas a., ab-
betteln. Zwingti 1, 640. 2) [3 und 1b] refl.: a) die
Geilheit ſtillen: Nachdem ſie ſich einmal an der Tragödie
abgegeilt. Droyſen A. 3, 420. b) ſich durch Geilheit
entkräften. Be- [2a]: Daß mit 1200 Häuptern Schaf-
vieh in einer Nacht ein Morgen, wofern es ziemlich Land, nach
Nothdurft begeilt werden kann. Calenberg. Amtsordn. §. 29.
Ent-: tr. [2b und Anm.]. Er-: tr. [1c]:
erbetteln. Ver-: nam. im Partic. adjekt.: Vergeilt
ſein, der Geilheit ganz ergeben, ſ. vergeizt u. ä. m.